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Autofahren lernenIst der Lappen zu teuer?

Die Union will einen „bezahlbaren Führerschein“. Eine Mehrheit im Bundestag lehnte ihren Antrag ab, dennoch will die Re­gie­rung tätig werden.

Laut ADAC bezahlen Prüflinge zwischen 2.500 und 4.500 Euro für ihren Führerschein Foto: Swen Pförtner/dpa

Berlin taz | Für den Bundestagsabgeordneten Florian Müller ist der Auto-Führerschein ein Mittel zur Unabhängigkeit. „Das ist kein Stück Plastik, das ist der Schlüssel zur individuellen Mobilität“, so der CDU-Politiker am Donnerstag im Bundestag. Seine Unionsfraktion will die Bedingungen für Fahr­schü­le­r:in­nen verbessern und stellte deshalb einen Antrag für einen „bezahlbaren Führerschein“ – ohne Erfolg. Die AfD stimmte zu, eine Mehrheit aus Ampel-Parteien und Linken lehnte den Antrag hingegen ab.

Dabei sehen durchaus auch manche Re­gie­rungs­po­li­ti­ke­r:in­nen ein Problem. „Wir sind uns einig, dass wir die Prüflinge entlasten müssen“, so die SPD-Abgeordnete Nadine Ruf. Die Fahrschulkosten haben sich in den letzten Jahren fast verdoppelt.

Laut Auto-Club ADAC bezahlen Prüflinge zwischen 2.500 und 4.500 Euro. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede: Wer in Berlin wohnt, zahlt – wahrscheinlich durch die hohe Fahrschul-Dichte – rund 1.300 Euro weniger als jemand in Leipzig. Die Fahrschulen dürfen die Gebühren selbst festlegen, nur die Abschlussprüfung wird von den Prüfgesellschaften Tüv und Dekra bundesweit gleich bepreist. Neben den hohen Preisen beklagt die Union auch Terminstau bei Prüfungen und hohe Durchfallquoten.

Die Konservativen wittert parteipolitische Hintergründe hinter der Ablehnung. Hier werde etwas abgewiesen nur, weil es von der Opposition komme, beklagte Müller. Die Regierung hingegen meint: Die Forderungen von CDU und CSU seien nicht zielführend. Die Überschrift des Antrags habe ihn gewundert, sagte etwa der FDP-Abgeordnete Jürgen Lenders, denn keiner der inhaltlichen Punkte senke die Kosten vom Führerschein.

Grüne kritisieren „Auto-Glorifizierung“

Die Union schlägt vor, dass Fahrlehrende nicht mehr ausgebildete In­ge­nieu­r:in­nen sein müssen, zudem will sie externe Prü­fe­r:in­nen von der Bundeswehr und der Polizei zulassen. „Diese werden woanders gerade dringender gebraucht“, entgegnete die Grünen-Abgeordnete Swantje Michaelsen.

Zusätzlich will die Union Digitalisierung beim Fahrunterricht voranbringen, Online-Anträge ermöglichen, E-Learning im Theorieunterricht fördern und durch Fahrsimulatoren die Anzahl von Fahrstunden im Auto reduzieren.

Insgesamt ist der Fahrunterricht in den vergangenen Jahren ausgiebiger geworden. Zum Beispiel durch neue Verkehrsteilnehmer wie E-Scooter gibt es mehr Lehrstoff. Früher waren 25 Fahrstunden üblich, nun eher 45 bis 50 Stunden. Auch die Fahrprüfung dauert wegen zusätzlichen Inhalts zehn Minuten länger.

Die Grünen warfen der Union vor, in ihrem Antrag „Auto-Glorifizierung“ zu betreiben. Der Straßenverkehr ist der Hauptgrund dafür, dass das Verkehrswesen in Deutschland zu klimaschädlich ist. Immer wieder reißt der Bereich die gesetzlich vorgeschriebenen CO2-Grenzwerte.

Bis Ende des Jahres wollen die Ampel-Parteien nun einen Gegenentwurf zum Unionsantrag vorlegen. Als Option, um den Führerscheinpreis für Fahr­schü­le­r:in­nen zu senken, diskutierten Grüne und SPD am Donnerstag beispielsweise eine Zuschusspflicht für Arbeitgeber oder Organisationen. Die könnte greifen, wenn für einen Job oder ein Ehrenamt ein Führerschein vorausgesetzt wird.

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21 Kommentare

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  • Zum Teil geht es hier auch darum, Statistiken zu interpretieren. Hieß es nicht einmal, dass sich die Quote der nicht bestandenen Prüfungen erhöht hat? Also mehr Fahrstunden zum Üben, mehr als Vorbereitung auf die Wiederholung = Mehrkosten.

  • Hmm, ja, stimmt ja, die jungen Leute sind ja auch die aktuelle Regierung besonders schlecht zu sprechen.

    Da muss man sich ja nochmal schön ranwanzen.

    Aber die sind nicht doof ...

  • Warum ist der Führerschein denn in anderen EU-Ländern so viel günstiger? Sonst zeigt man doch so gerne als Beispiel auf andere Länder, wenn in Deutschland etwas teurer werden soll.



    Die Haltung der Grünen ist leider auch typisch und zeigt die Grünen wieder einmal als eine Art grüner FDP, die keinerlei Sinn für soziale Belange hat.



    Warum die Fahrprüfer Ingenieure sein müssen, erschließt sich auch nicht. Vielleicht mag dies bei LKW-Führerscheinen ja erforderlich sein, obwohl ich daran zweifele, aber bei meinen Klasse 1 und 3 Führerscheinen gab es in der Prüfung rein gar nichts, was dies erforderlich machte. Vermutlich sichern sich hier die Prüforganisationen ihre Pfründe.

  • taz: *Laut Auto-Club ADAC bezahlen Prüflinge zwischen 2.500 und 4.500 Euro.*

    4.500 Euro sind nun wirklich unverschämt, aber 2.500 Euro für einen "Lappen" der ein Leben lang hält, sollte doch wohl aufzubringen sein.

    taz: *Die Union schlägt vor, dass Fahrlehrende nicht mehr ausgebildete Ingenieur:innen sein müssen, ...*

    Ingenieure? Aus welchem Märchenbuch hat die Union das denn? Bei den vielen Fahrlehrern in Deutschland müsste man ja dann an sämtlichen Hochschulen und Universitäten schon haufenweise Studiengänge für "Ingenieur"-Fahrlehrer haben. Auf dem Studienplan steht dann wohl so etwas wie 'Höhere Mathematik' und 'Theoretische Mechanik' für Fahrlehrer.

    taz: *Die Grünen warfen der Union vor, in ihrem Antrag „Auto-Glorifizierung“ zu betreiben.*

    Die Grünen sollten lieber gar nichts Negatives zum Thema Auto mehr sagen, dann bekommen sie auch keine "Dresche" von den Mainstreammedien. Die Grünen sollten am besten nur noch sagen, "Die Autoindustrie ist sehr wichtig für unser Land und wir brauchen sogar mehr Autobahnen aber weniger Bahnschienen. Und der Führerschein sollte wie in den USA nur maximal 300 Dollar (ca. 275 Euro) kosten." - aber dann wären die Grünen ja die CDU/CSU-FDP.

    • @Ricky-13:

      Die Union möchte, dass die Fahrprüfer kein Ingenieursstudium mehr benötigen, dies ist heute gesetzlich festgelegt. Hier hat die TAZ einfach wieder was falsch abgeschrieben.

  • Der Sicherheitsnachteil leichterer Prüfungen nach weniger Fahrstunden liesse sich durch Begleitmassnahmen wie verschärftes Tempolimit für Fahranfänger und eine online-Überwachung des Fahrverhaltens - wer sich riskant verhält, muss den Lappen wieder abgeben - sicherlich ausgleichen.



    Im CDU- Antrag steht offenbar nichts davon.

  • Könnten sich nicht die Aufsichtsbehörden darum kümmern, warum die Preise explodiert sind? Die Löhne der Fahrlehrer haben sich wahrscheinlich nicht verdoppelt.

    Und warum in Leipzig der Führerschein so viel mehr kostet, wie ich für den Führerschein insgesamt bezahlt habe, lässt sich bestimmt auch nicht mit "Kosten" erklären. Klingt eher nach Abzocke und örtlicher Absprache.

  • Und wenn bei den Grünen die Wärmepumpe kaputt ist kommt der Klempner mit ÖVP, die Materiallieferungen beim Einbau natürlich auch :-)

  • Wenn ich mich nur in der Großstadt bewege brauche ich weder Auto noch Führerschein. Ist auf dem Land leider anders, sollte eigentlich allgemein bekannt sein. Das hat nichts mit einer "Glorifizierung" des Autos zu tun. Mit solchen Aussagen brauchen sich die Grünen nicht wundern, wenn sie auf dem Land kaum noch jemand wählen will. Ich bald auch n7cht mehr.



    Der Führerschein ist mittlerweile irrsinnig teuer geworden, in Österreich geht es etwas billiger. Ich befürchte aber, dass es wie mit dem "Bürokratieabbau" läuft, wird immer wieder gerne öffentlichkeitswirksam gefordert, aber wenn es dann um die Umsetzung geht, kommt nur heiße Luft raus.

  • Wie mein Fahrlehrer schon sagte, der Führerschein ist in einem Autofahrerleben das Kostengünstigste (ich würde noch hinzufügen, je nach Auto und Situation neben der KfZ-Steuer).

    • @Ciro:

      Ja, aber die Kosten des Autofahrerlebens werden (wie der Name schon sagt) über das gesamte Leben verteilt ausgegeben, auch dann, wenn man ein höheres Einkommen hat. Die Führerscheinkosten müssen auf einen Schlag und zu einem Zeitpunkt ausgegeben werden, wenn die entsprechende Person meist noch weder Einkommen oder Rücklagen hat.

    • @Ciro:

      Ja ist grundsätzlich richtig. Aber viele Kosten des Autofahrerlebens kommen eben nicht auf einen Schlag. Sprit (und auch Versicherung) kann man monatlich zahlen, während der Führerschein ein großer Batzen auf einmal ist.

      Wer geringere Einkommen hat, hat es ja gleichzeitig oftmals schwer Rücklagen zu bilden um so größere Einzelposten zu begleichen.

      Ist ja das selbe Prinzip bei vielen Dingen. So habe ich einige Gebrauchgegenstände geschenkt bekommen die mich schon lange begleiten, diese waren aber in der Anschaffung schon sehr teuer (aber eben auch sehr qualitätvoll). Genau diese Summe hat aber auch nicht jeder herumzuliegen um sie als Investition zu binden.

    • @Ciro:

      Dass ein Fahrlehrer sowas sagt, ist ja verständlich.

      • @celcon52:

        Ist ja auch objektiv korrekt. Hier einmalig im o.g. Beispiel 4.000 Euro, demgegenüber die Kosten für Fahrzeuge, Reparaturen, Treibstoff, Stellplatz, leicht sechsstellig in einem Autofahrerleben.

        • @Ciro:

          Diese Investition soll aber von Personen geleistet werden, die naturgemäß wenig Geld hat und auch nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat, dieses Geld zu verdienen.



          Ein 17 jähriger Schüler, wie soll der 4000€ auftreiben für einen Führerschein? Das sind 9 Monate arbeiten auf 450€ Basis. Die Möglichkeit muss man auch erstmal haben und dürfte dann sonst für nichts anderes Geld ausgeben.

          Die Kosten müssen runter auf 1000-1500 maximal.

          Das wäre auch echt mal Politik für die Jugend und mit Schwerpunkt der Ländlichen Regionen.



          Hier hätten die Grünen zeigen können nicht nur Urban zu denken. Chance vertan, aber passt ins Bild dieser Partei!

  • Die gleiche Ausbildung in der EU deutlich günstiger.

    www.chip.de/news/K...and_184794772.html

  • "Fahrlehrende"? Wer denkt sich denn so etwas aus? Müsste es dann nicht auch heißen "Arbeitgebende"? Wenn schon total verquer, dann bitte auch konsequent.

  • "Die Grünen warfen der Union vor, in ihrem Antrag „Auto-Glorifizierung“ zu betreiben."

    Leider bestätigt diese Aussage der Grünen den Vorwurf der Union:

    "Die Konservativen wittert parteipolitische Hintergründe hinter der Ablehnung. Hier werde etwas abgewiesen nur, weil es von der Opposition komme, beklagte Müller. "

    Dass es den Fahrschülern zu Gute kommt, interessiert die Grünen nicht. Die Grünen bleiben ihrer Linie treu und gehen den Weg, dass nur besser betuchte Auto fahren könnne, nur Bürger, die sich das auch leisten könnnen. Nicht der zukünftige Pendler, der us einem Dorf kommt, nicht die allein erziehende Mutter, die mit dem Auto ihr tägliches Geschäft nachgehen muss. Es sollen nur Einfamilienhausbesitzer mit dem nötigen Vermögen Auto fahren, die sich gefälligst auch ein neues E-Auto leisten können.



    Dass die FDP sich wundert ist auch nicht verwunderlich. Sie steht immer auf der Seite der Unternehmer. Wenn ein Unternehmer den Bürger abziehen kann, dann sagt die FDP ja. Bei allem anderen sagte sie naturgemäß nein.

  • In meinem Berufsfeld ist der Führerschein tatsächlich sehr oft unter Vorraussetzungen gelistet.

    Zudem ist er in den Regionen wo Pendeln mit Öffis problematisch ist auch ohne Auflistung zwingend notwendig. Ich wohne auf dem Dorf (bezahlbarer Wohnraum und so) und muss für den Arbeitsbeginn um 5:00 am Bahnhof sein um den Zug zu meiner Arbeitsstelle zu nehmen. Um diese Uhrzeit fährt aber schlichtweg kein Bus auf meinem Dorf. Nun kann man sich im Sommer durchaus mit dem Rad behelfen, das wird aber bei Winterwetter schwer. Selbst für Menschen die in der direkt nebenan gelegenen Stadt nur hin müssten um um 6 Uhr anzufangen wird um diese frühe Uhrzeit das Pendeln zu einer mehr als einstündigen Fahrt weil sie ne halbe Stunde auf den Umstieg warten, zum Vergleich Nachmittags dann keine halbe Stunde, weil die Busabdeckung dann besser ist.

    Zudem sind junge Leute eher die Gruppe die klassisch weniger Geld zur Verfügung haben.

    Das wäre zumindest etwas was bei dieser Debatte in Betracht gezogen werden müsste. Das hat mit Glorifizierung nichts zu tun, sondern mit Bedenken der Realität.

  • Fahrlehrende müssen ausgebildete In­ge­nieu­r:in­nen sein? Stimmt das denn überhaupt?

    • @ratlos:

      Trifft meines Wissens nur für die Prüfenden zu.