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KrankenhausreformKurz vor Abschluss

Der Entwurf der Ampelfraktionen zur Krankenhausreform ist fertig. Nächste Woche soll das Gesetz im Bundestag verabschiedet werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach während eines Besuchs im Sana-Klinikum in Berlin Lichtenberg, 3. Mai 2024 Foto: Sean Gallup/epa

Die Ampelfraktionen haben sich auf die finale Fassung für die Krankenhausreform geeinigt. Das verkündeten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die gesundheitspolitischen Spre­che­r:in­nen der SPD-, Grünen- und FDP-Fraktion am Dienstag. Das Gesetz soll nächste Woche im Bundestag verabschiedet werden. Im November soll sich dann der Bundesrat damit befassen.

Heute sei ein guter Tag für die deutschen Krankenhäuser und die Patient:innen, so Lauterbach. „Die Fließbandmedizin durch die Fallpauschalen werden abgeschafft“, führte er aus, die Daseinsvorsorge werde entökonomisiert. Insgesamt soll es 10 Jahre dauern, bis die Krankenhausversorgung umgebaut ist.

Im Kern sieht die Reform eine grundlegende Veränderung der Krankenhauslandschaft vor. Krankenhäuser sollen sich künftig stärker spezialisieren, um eine flächendeckend gute Gesundheitsversorgung zu bieten. Gleichzeitig wird das System der Fallpauschalen durch sogenannte Vorhaltepauschalen ersetzt. Die Häuser werden dafür bezahlt, Behandlungskapazitäten bereitzuhalten, anstatt wie zuvor mit einer Pauschale pro getätigtem Eingriff. Insbesondere Krankenhäuser in ländlichen Regionen soll das finanziell entlasten.

Kein Beitrag der privaten Krankenversicherungen

Finanziert werden soll der Umbau mithilfe eines Transformationsfonds, der von den Bundesländern und den gesetzlichen Krankenkassen getragen wird. Die privaten Krankenversicherungen (PKV) werden nicht an den Kosten beteiligt. Durch steigende Beitragssätze wären gesetzlich Krankenversicherte zukünftig deutlich stärker belastet als Privatversicherte. „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns bei der SPD damit schwergetan haben“, so Baehrens. Man hoffe, dass die PKVs ihren Beitrag leisteten, sonst müsse gesetzlich nachgeschärft werden.

Über 50 weitere Änderungen auf über 100 zusätzlichen Seiten Gesetzestext haben die Ampelparteien in den erstmals im Juni vorgestellten Entwurf eingearbeitet. Neuerungen gibt es vor allem im Gebiet der Facharztleistungen. In bestimmten Gegenden mit wenigen Fach­ärz­t:in­nen dürfen diese zukünftig auch in Versorgungseinrichtungen und Sicherstellungskrankenhäusern praktizieren. Auch bei der Öffnung einer ambulanten Versorgung für Kinder wurde nachverhandelt.

Zufriedenheit bei der Ampel

Die Ver­tre­te­r:in­nen der Fraktionen zeigten sich zufrieden mit dem Beschluss. „In der Gesundheitspolitik funktioniert die Ampel“, so Heike Baehrens, Gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Das habe der konstruktive und kritische Austausch gezeigt. „Menschen könnten sich nun darauf verlassen, dass spezialisierte Versorgung drin ist, wenn spezialisierte Versorgung draufsteht“, so Janosch Dahmen (B90/Grüne). Andrew Ullmann (FDP) lobte den Mut der Ampel, die Krankenhausstrukturreform anzugehen.

Sollte die Krankenhausreform wie geplant vom Bundestag verabschiedet werden, muss der Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Trotz teils harter Verhandlungen mit den Ländern rechnet Lauterbach nicht mit Blockaden. Den Ländern sei entgegengekommen worden. „Wenn die Reform scheitert, hätten wir einen Scherbenhaufen“.

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5 Kommentare

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  • "Die privaten Krankenversicherungen (PKV) werden nicht an den Kosten beteiligt. Durch steigende Beitragssätze wären gesetzlich Krankenversicherte zukünftig deutlich stärker belastet als Privatversicherte. „Es ist kein Geheimnis, dass wir uns bei der SPD damit schwergetan haben“, so Baehrens. Man hoffe, dass die PKVs ihren Beitrag leisteten, sonst müsse gesetzlich nachgeschärft werden."

    Vielleicht hätte man einfach "gesetzlich vorschärfen" sollen? Das ist doch schon wieder ultraneoliberale Kacke. Haben sie sich also "als SPD" schwer getan, die Ärmsten. Natürlich auch alle privat versichert, wie das bei den Beamtenprivilegien so üblich ist.

    Hi Marc-Uwe! "Wer hat uns verraten? Sozialdemo..." Man stelle sich den Abeiterkinderchor dazu vor.

    youtu.be/8vFL0QWxugI

  • Dass der Stein des Weisen gefunden wurde, ist ein Gerücht. Ob die Reform den berechtigten Ansprüchen der Versicherten genügt, wird sich zeigen, durch den Kostenrahmen, die Fallzahlen und auch in Ergebnissen der Qualitätssicherung, die noch optimiert werden muss.



    Bei deutschlandfunk.de in 9/24 als Quelle:



    "...um eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu erreichen. Der Gesetzentwurf vom 15. März 2024 sieht vor, die Fallpauschalen abzusenken und setzt auf Großzentren statt auf kleine Kliniken."



    (...)



    "Gerald Gaß von der Deutschen Krankenhausgesellschaft verweist im Interview mit dem Deutschlandfunk auf das schon existierende Krankenhausregister. Qualität, Fallzahlen, Personalausstattung würden dort aufgeführt. Lauterbach stelle sich als Erfinder der Qualität dar, das sei aber falsch."



    (...)



    "Der Freiburger Medizinethiker Giovanni Maio sagte im Deutschlandfunk, die geplante Reform sei „eine Fortsetzung der Ökonomisierung“. Es handele sich dabei nicht um eine echte Abkehr der Fallpauschalen, denn durch die Vorhaltepauschale bliebe der ökonomische Druck erhalten, da auch sie letztendlich von Fallzahlen abhinge. Die Folge sei eine Ausdünnung der Krankenhauslandschaft und Sozialabbau..."

  • "Den Ländern sei entgegengekommen worden. „Wenn die Reform scheitert, hätten wir einen Scherbenhaufen“.



    /



    Heißt das vice versa, dass wir uns vor dem Abgrund befinden? Ich kann mich gut an die Einführung der Fallpauschalen erinnern, auch an die spöttischen Bemerkungen australischer Kolleg:innen, dass nur Deutschland in der Lage sein, DRGs für psychische Erkrankungen einzuführen.



    Und wer war/ist der "Master of Disaster"?



    Die Ökonomisierung und Merkantilisierung im Gesundheitswesen unter neoliberalen Kautelen hat bewirkt, dass Kolleg:innen vorzeitig das Handtuch geworfen haben oder der gut ausgebildete Nachwuchs mit Gewissen sich abgewendet und umorientiert hat.



    Der Volksmund kennt viele Sprichworte, auch zu denen, die sprichwörtlich große "Böcke geschossen" haben.



    /



    taz.de/Abrechnunge...ile2=1562284800032



    /



    "Wie sich das DRG-System in der Praxis bewähren wird, das ist heute noch eine theoretische Frage. Zwar existiert das System in den USA und auch in Australien. Aber ob man die dort positiven Erfahrungen auch auf Deutschland ohne weiteres übertragen kann, bleibt abzuwarten."



    Quelle



    deutschlandfunk.de 2001



    Das entlockt mir nur noch Schmunzeln

  • "Es ist kein Geheimnis, dass wir uns bei der SPD damit schwergetan haben“, so Baehrens"

    Ja, arme SPD. Tut sich schwer damit die Reichen weiter zu bevorteiligen, weil es denen ohnehin so schlecht in diesem Land geht. Zum Glück haben wir ja keine Armut oder soziale Notlage. /s

    Es gibt wahrlich keinen Grund mehr die SPD zu wählen. Da kann man auch gleich das Original, sprich CDU, wählen.