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Corona-Aufarbeitung bei der AfDDoppelt und dreifach

In Sachsen und Thüringen wollen AfD und BSW jeweils ihre eigenen Untersuchungsausschüsse. Dabei treibt die AfD das BSW zur Kooperation an.

Jörg Urban, Vorsitzender der AfD in Sachsen, stellt den Einsatz eines Corona-Untersuchungsausschusses vor, am 22.10.2024 Foto: Robert Michael/dpa

taz | Dresden Gleich zu Beginn der Sacharbeit in den Landtagen von Sachsen und Thüringen werden absehbar Corona-Untersuchungsausschüsse eingesetzt. Dabei kommt es zu grotesken Konkurrenzen der verschiedenen Antragsteller.

Die sächsische AfD-Landtagsfraktion ging am Dienstag in die Medienoffensive und stellte ihren Antrag zur „Untersuchung der Krisenpolitik der sächsischen Staatsregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ vor. Auf dem Online-Fraktionsblatt sind dazu reißerisch unter der Überschrift „Corona-Unrecht“ ein Atemschutz und eine große Spritze zu sehen. Im Mittelpunkt werde die Frage der Verhältnismäßigkeit eingeleiteter Schutzmaßnahmen während der Pandemie stehen, sagte der Abgeordnete Thomas Prantl. Geklärt werden soll, ob Schließungen und Eingriffe in die Grundrechte tatsächlich Gesundheitsrisiken minimiert haben oder ob die Vorkehrungen selbst negative Auswirkungen auf die Bevölkerung hatten.

Nach Konsultationen mit dem Juristischen Dienst des Landtages korrigierte die AfD ihren Antrag, beispielsweise Bundesrecht und Rechte Dritter betreffend. Am bevorstehenden Freitag soll der Landtag auf einer Sondersitzung über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses entscheiden.

Sie gehört zu den Minderheitenrechten und kann von einem Fünftel der Mitglieder des Landtages beantragt werden. Die AfD überschreitet mit 40 Abgeordneten dieses Quorum, braucht es also nicht. CDU, SPD, Grüne und Linke wollen mögliche Fehler während der Pandemie hingegen von einer Enquete-Kommission aufarbeiten lassen, die aber über nicht so weitreichende Befugnisse verfügt.

Anträge von AfD und BSW konkurrieren

In derselben Landtagssitzung am Freitag steht aber auch ein ähnlich intendierter Antrag des BSW zur Abstimmung. Die Wagenknechtpartei verfügt nur über 15 Sitze und wäre für einen Erfolg auf Leihstimmen angewiesen. Mit einem geschickten Schachzug stürzt die AfD nun das um Abgrenzung bemühte und in Koalitionssondierungen mit CDU und SPD stehende BSW in ein Dilemma. In einem offenen Brief bittet die Fraktion die Wagenknecht-Kollegen, dem AfD-Antrag beizutreten. Sie sollten „das Ziel der Aufarbeitung dieser unseligen Zeit über die Befindlichkeiten ihrer beiden (Koalitions-)Verhandlungspartner stellen“. 60 Prozent der Bürger forderten laut Umfragen angeblich diese Untersuchung.

Fraktionschef Jörg Urban machte für ein gemeinsames Einsetzungvotum nicht nur Vernunft- und Effizienzgründe geltend, sondern sieht andernfalls den Ausschuss überhaupt gefährdet. Sollten plötzlich zwei Untersuchungsausschüsse zum selben Thema existieren, müsste vermutlich das Landesverfassungsgericht angerufen werden. Das könnte die Arbeit lange blockieren.

In Thüringen entwickelt sich eine vergleichbare Situation mit umgekehrten Vorzeichen. Schon Anfang Oktober entschlossen sich die potenziellen Koalitionspartner CDU und BSW, einen Corona-Untersuchungsausschuss zu beantragen. In der vorigen Woche zog die AfD nach, ließ aber die Möglichkeit offen, dass die Landtagsverwaltung zwei parallele Ausschüsse koordinieren könne.

Es ginge nicht um Abrechnung

In der MDR-Debattensendung „Fakt ist“ ließ der Thüringer BSW-Fachpolitiker Stefan Wogawa erkennen, dass man bei den unter hohem Druck getroffenen Entscheidungen in der Coronakrise differenzieren wolle und nicht die Abrechnung, sondern präventive Lehren im Vordergrund stünden. „Es wurde nicht alles falsch gemacht!“

„Jeder Untersuchungsausschuss ist retrospektiv“, setzte hingegen Sachsens AfD-Landes­chef Jörg Urban einen anderen Akzent, redete aber auch davon, zukünftig Fehler vermeiden.

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6 Kommentare

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  • Es sollte bei dem ganzen Theater immer klar sein: ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat nie die Aufgabe, nach Verbesserungsmöglichkeiten für die Zukunft zu suchen. Dafür wäre eine Expertengruppe z. B. wesentlich geeigneter Ein Untersuchungsausschuss dient immer dazu, nach Versagen oder Fehlverhalten zu suchen, vorzugsweise beim politischen Gegner. Das hat durchaus seine Berechtigung. Wenn jedoch behauptet wird, das Ganze solle dazu dienen, es beim nächsten Mal besser zu machen, dann ist das schlicht gelogen.

  • Naja, da kann das BSW mal zeigen, ob es ihm -wie angekündigt- wirklich um die Sache geht. Wahrscheinlich wird es aber wieder nichts. Das Problem daran ist, dass eine erheblicher Anteil der BSW-Wähler die AfD nicht als das "Absolut Böse" ansieht und eine Wahl der AfD durchaus in Betracht zieht, wenn das BSW in solchen Fragen versagt (z.B. wenn ein Corona-Untersuchungsausschuss durch den doppelten Antrag um ein Jahr verzögert wird).

    • @XXX:

      Also, das BSW soll „wirklich um die Sache“ zeigen, indem es der AfD hinterherrennt?



      Interessant.

      Und weil „ein erheblicher Anteil der BSW-Wähler die AfD nicht als ‚Absolut Böse‘ sieht“, sollen sie jetzt deren Anträge unterstützen?



      Vielleicht gibt es ja doch Gründe, warum das BSW nicht jede politische Agenda der AfD übernimmt.



      Aber klar, wenn’s mal kompliziert wird, ist natürlich das BSW schuld – wie bequem.

  • "60 Prozent der Bürger forderten laut Umfragen angeblich diese Untersuchung."



    Öhm, sagt wer genau?

    • @Encantado:

      Wahrscheinlich die Statistik.

      • @Leningrad:

        "Wahrscheinlich die Statistik."



        Die Fantasie-Statistik oder die AfD-Umdeutungs-GmbH?



        Laut Artikel behauptet das die AfD-Fraktion. Glauben Sie das ohne weitere Belege?