Die Rollen von Europa und Afrika: Wir sinken zusammen
Europa braucht Afrika mehr als andersherum. Europa muss aufhören, Afrika ständig zu belehren. Der Kontinent kann seine Umwelt gut selbst schützen.
0.000 Elefanten als Geschenk an Deutschland. Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi sorgte für Schlagzeilen in deutschen Zeitungen, als er im Frühjahr der deutschen Regierung symbolisch Elefanten anbot. Das war Ausdruck seiner Frustration über deutsche Kritik und die Doppelmoral im Umgang mit der Elefantenpopulation seines Landes.
In einigen amüsanten Kolumnen gab es satirische Spekulationen darüber, wie viele Elefanten wohl auf das Tempelhofer Feld in Berlin passen würden oder ob die Fläche des Saarlandes ausreichen würde. So unterhaltsam das Thema auch schien, die darauf folgende Debatte war wichtig und längst überfällig: Wie kann Europa Afrikas Forderung nach Gleichberechtigung respektieren, ohne Afrika ständig zu belehren?
Was steckte also hinter Masisis Frustration? Es sind vor allem westliche Naturschutzbemühungen, die oft von außen auferlegt werden, ohne die lokalen Gegebenheiten und die damit verbundenen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu berücksichtigen.
Botswana kämpft nicht nur mit der anhaltenden Dürre im südlichen Afrika, die ganze Flusspferdherden in ausgetrockneten Flussbetten auszulöschen droht. Sondern auch mit der größten Elefantenpopulation Afrikas, die selbst Experten für untragbar halten. 150 Liter Wasser braucht ein Elefant am Tag. Auf der Suche nach Wasser zerstören diese Tiere immer wieder Dörfer und verwüsten Ernten, was wiederum den Hunger der Menschen verschärft.
Kontrollierte Dezimierung
Der Klimawandel heizt buchstäblich den Konflikt zwischen Mensch und Tier um Ressourcen an. Eine vorgeschlagene Lösung ist die kontrollierte Dezimierung einzelner Tiere.
Dies geschieht derzeit in Namibia. Das Land plant, rund 700 Wildtiere, darunter Elefanten, Zebras und Flusspferde, zu jagen, da Namibia unter der schlimmsten Dürre seit 100 Jahren leidet. Etwa die Hälfte der Bevölkerung Namibias hungert. Die Dezimierung soll erstens den Druck auf Wasser- und Nahrungsressourcen verringern und zweitens die Wildtierpopulationen in Gebieten reduzieren, in denen sie die verfügbaren Weideflächen und Wasserressourcen überbeanspruchen. Und schließlich, drittens, soll sie die Menschen mit Nahrung versorgen. Die bisher 150 getöteten Tiere haben bereits über 55.000 Kilogramm Fleisch geliefert.
Namibia ergreift diesen Schritt nicht leichtfertig: Der Wildtiertourismus ist der zweitwichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Dennoch ist es eine notwendige Maßnahme. Die Situation erinnert an die gezielte Dezimierung von Wildtieren in Deutschland, die von prominenten Umweltorganisationen unterstützt wird, um junge Bäume vor dem Verbiss durch zu viele Rehe und Hirsche zu schützen. „Wo zu viel hungriges Wild die Knospen abfrisst, hat der Waldnachwuchs keine Chance.“
Wichtiger noch: Diese Maßnahme schafft Akzeptanz und Verantwortungsbewusstsein für den Naturschutz. Für einen Bauern, der ums Überleben kämpft, sind Weideland und ausreichend Wasser für Hühner und Ziegen weit wertvoller als Wildtiere. Wenn der Westen den Menschen in Afrika den Eindruck vermittelt, dass ihr Überleben weniger wert sei als das der Tiere um sie herum, wird dies unweigerlich zu Widerstand gegen Naturschutzbemühungen führen. Sie werden den Schutz von Wildtieren als Bedrohung für ihr eigenes Leben und das ihrer Kinder betrachten.
Wenn Afrikas einzigartige Biodiversität für die ganze Welt bewahrt werden soll, muss der Westen die Bedürfnisse und Perspektiven der lokalen Bevölkerung ernst nehmen. Es gibt keine nachhaltige Zukunft, wenn der Schutz der Natur gegen Entwicklung ausgespielt wird. Afrikanische Führer müssen beide Aspekte ausbalancieren. Und der Westen muss aufhören, afrikanische Regierungen wie Bittsteller zu behandeln, die Belehrungen aus Europa benötigen, wie sie ihre Umwelt zu schützen haben.
Das Funktionieren der Gesellschaften
Europa versteht die Bedeutung Afrikas mehr als jeder andere Entwicklungspartner, wie die gestiegenen Investitionen in den letzten Jahren zeigen, insbesondere im Hinblick auf die Beschleunigung des grünen Wandels, den die meisten Länder der Welt anstreben. Um sicherzustellen, dass die in der EU-Afrika-Strategie festgelegten Pläne in die Tat umgesetzt werden, muss ein ganzheitlicher und kohärenter Ansatz verfolgt werden, der verschiedene Sektoren zusammenbringt, die für das Funktionieren der Gesellschaften wichtig sind.
Die Menschen Afrikas sind Hüter eines unglaublichen Naturerbes, das für die Eindämmung des Klimawandels und den Schutz der Biodiversität von globaler Bedeutung ist. Niemand wünscht sich den Schutz dieser Ressourcen mehr als diejenigen, die direkt von ihnen abhängig sind. Doch historisch gesehen folgte der Naturschutz einer externen Agenda, die Afrikas Menschen von der Natur, die der Westen schätzt, entfremdet. Investitionen wurden isoliert betrachtet, was den Naturschutz von wirtschaftlichem Wachstum trennte. Dies muss sich ändern, will man tatsächlich eine Wirkung erzielen.
Die Welt, in der wir heute leben, hat die ähnlichen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Herausforderungen auf allen Ebenen in den Vordergrund gerückt. Darüber hinaus gibt es kein Patentrezept, das alle Interessengruppen zufriedenstellt. Aber Deutschland hat die Chance, seine Führungsrolle innerhalb der Europäischen Union zu nutzen, um sicherzustellen, dass der Multilateralismus uns eine bessere Chance gibt, globale Herausforderungen zu bewältigen. Zweifellos sinken oder schwimmen wir zusammen.
Jedes Land, ob entwickelt oder in Entwicklung begriffen, hat eine integrale Rolle zu spielen. Daher müssen wir alle unser Gewicht und unsere Verantwortung tragen und uns von einer hilfsbasierten Beziehung zu einer gegenseitig respektvollen Partnerschaft bewegen, die die langfristigen Ziele versteht, die die Menschen in den Mittelpunkt dieser Naturschutzlösungen stellen.
Hinweis aus der Redaktion: Wir haben Afrika in der Textzusammenfassung als Land bezeichnet. Das war ein Fehler, der behoben ist. Wir bitten, dies zu entschuldigen.
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