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++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++Ukraine entlässt Außenminister

Außenminister Dmytro Kuleba wird entlassen. Putin erklärt, dass Russland zu Verhandlungen bereit sei. Selenskyj wird am Freitag in Deutschland erwartet.

Dmytro Kuleba nach einer Sitzung des Nato-Ukraine-Rates im April in Brüssel Foto: Johanna Geron/Pool Reuters/dpa

Ukrainisches Parlament entlässt Außenminister Kuleba

Das ukrainische Parlament hat Außenminister Dmytro Kuleba nach dessen Rücktrittsgesuch in einer formellen Abstimmung entlassen. Für die Entlassung des 43-Jährigen stimmte eine deutliche Mehrheit, wie örtliche Medien meldeten. Kuleba gehörte zu den bekanntesten Gesichtern der Ukraine im Westen. Der Chefdiplomat warb immer wieder eindringlich um Unterstützung für die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen die russische Invasion.

Designierter Nachfolger ist der bisherige Vize Andrij Sybiha. Der 49 Jahre alte Diplomat war bis April noch stellvertretender Leiter des Präsidentenbüros. Nach der Verfassung wird der Außenminister dem Parlament vom Präsidenten vorgeschlagen.

Kuleba, der das Ministerium seit 2020 geleitet hatte, war selbst Medien zufolge nicht im Parlament erschienen. Er hatte am Vortag seinen Rücktritt eingereicht. Medienberichten zufolge soll er sich künftig auf einem neuen Posten für die Nato-Integration seines Heimatlandes einsetzen. Einem Bericht des ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehens zufolge hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj Kuleba auf einer Fraktionssitzung der Präsidentenpartei „Diener des Volkes“ vorgeworfen, sich ungenügend für weitere Waffenlieferungen einzusetzen.

Die Entlassung Kulebas ist Teil eines Regierungsumbaus in der Ukraine. Insgesamt sollen etwa die Hälfte der Ministerposten neu besetzt und auch einige Ressortzuschnitte geändert werden, hieß es in Kiew. Selenskyj hatte den Regierungsumbau damit begründet, dass das Land einen Neustart brauche. „Wir brauchen heute neue Energie“, sagte der Staatschef.

Kritiker halten den Umbau für Augenwischerei und Aktionismus, um Veränderungen vorzutäuschen und um von den Misserfolgen im Abwehrkampf gegen die russische Invasion abzulenken. Auch die Probleme bei der Energieversorgung durch die ständigen russischen Angriffe auf die Infrastruktur lassen die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der eigenen Führung wachsen. (dpa)

Russland zu Verhandlungen bereit

Russland ist nach Angaben von Präsident Wladimir Putin zu Verhandlungen mit der Ukraine bereit. „Sind wir bereit, mit ihnen zu verhandeln? Wir haben uns nie geweigert“, sagte Putin am Donnerstag bei einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok. „Wenn es (in der Ukraine) den Wunsch nach Verhandlungen gibt, werden wir uns nicht verweigern.“

Zuvor hatte Moskau erklärt, dass der Einmarsch Kiews in die westrussische Region Kursk Verhandlungen unmöglich mache. Mit Blick auf den ukrainischen Vorstoß in Kursk sagte Putin nun: „Unsere Streitkräfte haben die Lage (in Kursk) stabilisiert und damit begonnen, (den Feind) allmählich aus unserem Gebiet zu verdrängen.“

Ziel des ukrainischen Vorstoßes sei es gewesen, Moskau zu „beunruhigen“ und seine Offensive in Schlüsselregionen zu stoppen, insbesondere im Donbass in der Ostukraine, sagte Putin. Dessen „Befreiung“ bezeichnete der Kremlchef als „unser wichtigstes Ziel“.

Außerdem kündigte Putin in seiner Rede an, er wolle im US-Präsidentschaftswahlkampf die demokratische Kandidatin Kamala Harris „unterstützen“. US-Präsident Joe Biden habe seinen Wählern empfohlen, Harris zu unterstützen – „also werden wir sie auch unterstützen“, sagte Putin. Über den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten und Ex-Präsidenten Donald Trump sagte der Kreml-Chef, dieser habe zahlreiche „Beschränkungen und Sanktionen“ gegen Russland verhängt. (afp)

Selenskyj am Freitag in Deutschland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird einem Medienbericht zufolge am Freitag persönlich bei dem Treffen der sogenannten Ramstein-Kontaktgruppe in Deutschland erwartet. Er wolle bei dem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt im rheinland-pfälzischen Ramstein um weitere Waffenlieferungen werben, berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“. Es gehe insbesondere um Raketen mit längerer Reichweite und mehr Flugabwehr. (rtr)

Kühlturm soll abgerissen werden

Der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO), Rafael Grossi, berichtet von schweren Schäden an einem Kühlturm des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja. „Bis jetzt konnten wir noch nicht so weit in den Turm vordringen, um die Schäden besser beurteilen zu können“, sagt Grossi in einem Video auf der Nachrichtenplattform X, in dem er die Schäden im Inneren des Kühlturms begutachtet. Er gehe davon aus, dass der Turm abgerissen werden müsse.

Der Kühlturm war im vergangenen Monat bei einem Brand schwer beschädigt worden, für den sich Russland und die Ukraine gegenseitig verantwortlich machen. Das größte Atomkraftwerk Europas steht seit der russischen Invasion im Februar 2022 unter russischer Kontrolle. Es ist derzeit heruntergefahren, benötigt aber externe Stromversorgung zur Kühlung des Atommaterials. Bei einem Treffen mit Selenskyj am Dienstag bezeichnete Grossi die Situation in Saporischschja als „sehr fragil“. Inspektoren der IAEO sind seit Mitte 2022 in der Anlage stationiert. (rtr)

Tote und Verletzte in der Ostukraine

Russische Streitkräfte beschießen ukrainischen Angaben zufolge ein Wohngebiet in der ostukrainischen Stadt Kostjantyniwka. Bei dem Angriff wird eine Person getötet und drei weitere verletzt, wie die Staatsanwaltschaft mitteilt. Nach Angaben der Ermittler in der Region Donezk wurde ein Mehrfachraketenwerfer eingesetzt. Kostjantyniwka gilt als wichtiges Ziel für die russischen Streitkräfte, die langsam durch die Region Donezk nach Westen vorrücken. Die Stadt liegt nordöstlich von Pokrowsk, dem am heftigsten umkämpften Gebiet im östlichen Teil der 1000 Kilometer langen Frontlinie. (rtr)

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17 Kommentare

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  • Ich staune immer wieder, wie viele Menschen glauben, dass durch das ständige Wiederholen der (sicher berechtigten) Anschuldigungen und Schmähungen gegen Herrn Putin, der Krieg in irgendeiner Weise beendet werden könnte.

    Möglicherweise verpassen diejenigen Entwicklungen, die derzeit noch außerhalb ihrer Vorstellungskraft liegen.

    Nun bin ich weit davon entfernt, den ehemaligen Ukrainischen Botschafter Herrn Melnyk in mein Herz geschlossen zu haben...



    Trotzdem überraschen da schon die Töne, die er in einem Interview mit der Berliner Zeitung angeschlagen hat.



    www.berliner-zeitu...kau-auf-li.2251637

    Wie auch immer die Äußerungen von Russischer und Ukrainischer Seite zu bewerten sind, lohnt es sicher auch auf die Zwischentöne beider Kriegsparteien zu achten.

  • "Russland zu Verhandlungen bereit"



    Die Bedingungen Putins für Verhandlungen sollte man vielleicht nochmals aufschreiben: bedingungslose Kapitulation der Ukraine, Abtreten aller annektierten gebiete, Installation einer russischen Marionettenregierung und eine vollständige Entwaffnung der Ukraine, damit es sich in Zukunft leichter einmarschieren lässt.

  • Die Ukraine beginnt auch das Schuld-Spiel. Jetzt noch Russland in den Rückzug bringen, dann wären beide Parteien reif für einen Frieden auf dem Status Quo Ante (2020, besser gleich: 2013).

    • @Janix:

      2013 ist vollkommen illusorisch und vermutlich auch 2020. Ich glaube nicht, dass Russland zb nochmal ein Angebot machen wird, dass der Status der Krim für die nächsten 15 Jahre neutral bleibt und zu einem späteren Zeitpunkt entschieden wird. Putin hat zuviel in diesen Krieg investiert und wird ihn inzwischen auch nur nur mit terretorialen Gewinnen beenden - wobei man diese natürlich nicht offiziell anerkennen muss und in Zukunft schauen kann, ob man mit einer anderen russischen Regierung darüber nochmal verhandeln kann.



      Kich erinnert die ganze Situation ein wenig an Afghanistan wo man bis zum Ende auch nicht die Realitäten aktzeptieren wollte und es dann irgendwann für eine aktzeptable Lösung für die Afghanen zu spät war.

  • Das sagt der Moskauer Massenmörder doch schon seit Jahren. Vorbedingung ist allerdings - auch schon seit Jahren bekannt - dass die Ukraine alle Forderungen des Moskauer Regimes akzeptiert.

  • Uuuhh... Putin will verhandeln. So plötzlich. Aber leider leider stehen ukrainische Truppen in Russland. Also dann doch lieber nicht.



    Muss man Wagenknecht- oder AfD-Wähler sein, um auf so ein billiges Theater reinzufallen?

  • "Putin ... wolle im US-Präsidentschaftswahlkampf die demokratische Kandidatin Kamala Harris „unterstützen“ "



    Oha, wie vergiftet das ist...

  • Er ist und bleibt ein Meister der „vergifteten Geschenke“. Eigentlich leicht durchschaubar, aber trotzdem sehr effektiv bei seinen Leichtgläubigen und hiesigen Alternativknechten.

    • @vieldenker:

      Ja, ich bin mir ziemlich sicher, dass seine Aussagen in den sozialen Medien dankbar aufgegriffen werden und dort weiter das Zersetzungswerk fortsetzen.

  • Tja...quo vadis. Was soll man tun? Ewig weiterkämpfen? Wird schwierig da die ukraine ja schon Probleme hat weitere Truppen zusammen zustellen und die Soldaten ja auch mal weg von der Front müssen.



    Russland schmeist alles an Mensch rein was es finden kann. Die scheinen den längeren Atem zu haben.

    Wie lange soll das gehen? Putin wird nicht einfach umdrehen. Sollte man vielleicht zumindest schauen was man verhandeln könnte? Krim weiter SRussland. Grenzen Donbass wie vor Krieg? Und erst mal Luft holen?



    Wartet man das Putin irgendwann mal stirbt und hofft das der Nachfolger kein Egomane ist?

    Es scheint ausweglos.

    • @Welt Bürger:

      "Sollte man vielleicht zumindest schauen was man verhandeln könnte?"



      Dazu sei doch einfach nochmal zitiert, was Russland dazu so sagt:



      "Friedensgespräche mit der Ukraine sind nach Ansicht Russlands derzeit nicht angebracht. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, zitiert die Nachrichtenagentur RIA"

  • "Friedensgespräche mit der Ukraine sind nach Ansicht Russlands derzeit nicht angebracht. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, zitiert die Nachrichtenagentur RIA"



    Sollte man den Aposteln, die gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen sind, vielleicht mal wieder unter die Nase reiben.

    • @Encantado:

      "Sollte man den Aposteln, die gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen sind, vielleicht mal wieder unter die Nase reiben."

      Oder den "Bellizisten" - die Verhandlungsposition der Urkaine verschlechtert sich und verschlechtert sich von Tag zu Tag.

      Mittelfristig wird kein Weg daran vorbeiführen neben Waffenlieferungen auch auf Diplomatie zu setzen. Leider hat sich der Westen da ja kollektiv aus dem Spiel genommen und ist inzwischen auf Länder wie Katar oder Türkei angewiesen. Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass es nicht einen einzigen westlichen Staat noch gibt, der hier vermitteln könnte.

      • @Alexander Schulz:

        ""Sollte man den Aposteln, die gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen sind, vielleicht mal wieder unter die Nase reiben."



        Oder den "Bellizisten"..."



        Warum bringen Sie an dieser Stelle Russland an? Das passt irgendwie gar nicht zu dem, was ich geschrieben habe. Oder haben Sie jemand anders antworten wollen?

        • @Encantado:

          Gerne erkläre ich Ihnen meinen Kommentar.



          Es gibt bei uns immer noch viele 'Bellizisten" und auch wirkliche Bellizisten, die eine militärische Lösung befürworten.

          Ich benutze den Begriff Bellizist in den meisten Beiträgen mit Anführungszeichen. Es besteht ein großer Unterschied, ob jemand sich einfach für einen militärischen Lösungsansatz einsetzt oder diesen auch noch verherrlicht und glorifiziert. Die wenigsten User gehören in die letzte Kategorie.

          In Bezug auf Russland oder Putin würde ich wohl kaum Bellizist ohne Anführungszeichen verwenden, oder?

          "Friedensgespräche mit der Ukraine sind nach Ansicht Russlands derzeit nicht angebracht. Die Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben, zitiert die Nachrichtenagentur RIA"

          Ähnliche Aussagen hatte man auch vor den Istanbuler Verhandlungen gehört. Und letztendlich wurde am Ende viel verhandelt, auch wenn die Verhandlungen am Ende nicht erfolgreich waren.



          Auf öffentliche Aussagen, weder positiv noch negativ, aus Moskau sollte man nicht viel geben.

          • @Alexander Schulz:

            "Ich benutze den Begriff Bellizist in den meisten Beiträgen mit Anführungszeichen. Es besteht ein großer Unterschied, ob jemand sich einfach für einen militärischen Lösungsansatz einsetzt oder diesen auch noch verherrlicht und glorifiziert. Die wenigsten User gehören in die letzte Kategorie."



            Wissen Sie was, Herr Schulz, Sie sind ein "Troll", und so werde ich Sie zukünftig auch titulieren.



            Ich setze den Begriff dabei in Anführungsstriche, denn es macht einen großen Unterschied, ob jemand ein Troll ist oder sich nur wie einer benimmt. Das soll deutlich machen, dass Sie kein Troll sind (Sie haben gewiss gute Absichten, auch wenn Sie diese gekonnt verschleiern), aber Sie benehmen sich wie ein Troll und wirken wie einer. Deshalb: "Troll". Ich schreibe Ihnen das deshalb, weil ich es für möglich, bzw. sogar wahrscheinlich halte, dass Ihnen gar nicht bewusst ist, dass Sie wie ein Troll wirken, und dass Sie viel lieber wie ein normaler User wirken möchten. Dazu müssen Sie natürlich überhaupt erstmal wissen, wie Sie wirken. Und meine Auffassung von wertschätzender Kommunikation verpflichtet mich regelrecht, Ihnen das zu sagen: Wie ein "Troll".

          • @Alexander Schulz:

            Erkenne keine Ernsthaftigkeit bei der Unterscheidung bzgl. der 2 Bellizismus Varianten, da sie am 23. Juli selber „"Bellizisten" sehen Krieg als Lösungsmöglichkeit an und glorifizieren ihn“ geschrieben haben.

            Ihre aktuelle Aussage „In Bezug auf Russland oder Putin würde ich wohl kaum Bellizist ohne Anführungszeichen verwenden“ sehe ich als Bestätigung an, sie verbinden damit die, die sie als Bellizisten bezeichnen bzw. mit Bellizismus in Verbindung bringen, mit Putin und Russland und suggerieren (Variantenunabhängig) das diese auf eine Stufe stehen. Bzgl. militaristischer Praxis in Russland können sie ja z.b. nochmal taz.de/Kriegspropa...-Kindern/!5906866/ lesen.

            Ihre Aussage „Ich benutze den Begriff Bellizist in den meisten Beiträgen mit Anführungszeichen“ ist technisch gesehen auch falsch, da sie den Begriff bisher 21 mal ohne Komma und 18 mal mit verwendet haben.