Sanierungsplan der Deutschen Bahn: Wie schön wären wirklich neue Ideen
Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen. Sie sollte kunden- und klimafreundlichen Verkehr ermöglichen, so weiträumig und preiswert wie möglich.
S o richtig überzeugt scheint kaum einer der Aufsichtsräte, wenn es um den Sanierungsplan der Deutschen Bahn geht. Und doch hat der Rat die Grundidee des Plans in seiner Sitzung am Dienstag abgesegnet. Jetzt muss die Führungsriege um Bahnchef Richard Lutz den Aufsehern bis Dezember noch genauer sagen, wie sie wieder auf Kurs kommen will.
Das bisherige Sanierungskonzept hat der Vorstand am Mittwoch mit dem Aufsichtsrat diskutiert und „S 3“ getauft. Es soll die DB in drei Jahren und in drei Feldern, in der Infrastruktur, im Betrieb und in finanzieller Hinsicht, fit machen. „Rentabilität ist oberstes Ziel“, steht laut der Süddeutschen Zeitung darin. 2023 machte der Konzern 2,4 Milliarden Euro Verlust, 2027 sollen 2 Milliarden als operativer Gewinn zu Buche stehen.
Also will Lutz sparen, zum Beispiel beim Personal, und allein bis 2027 bis zu 15.000 Stellen abbauen. Das sollen vor allem Jobs in der Verwaltung und im Vertrieb sein. Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat vermissen aber zu Recht das Versprechen, dass keine Stellen im Betrieb draufgehen. Außerdem will die Bahnspitze weniger Geld in den Fernverkehr stecken, der trotzdem wachsen soll. Sie will weniger in Reservezüge investieren, die bei extremen Verspätungen oder Ausfällen als Ersatz dienen, aber pünktlicher werden. Und sie will weniger Züge über Knotenpunkte fahren lassen, um Stau zu vermeiden – also Züge streichen.
Ob und wie genau das die gesamte DB in die schwarzen Zahlen zieht, ist unklar. Das merkte eben auch der Aufsichtsrat an und forderte Details. Wirklich schade ist doch aber, dass der Vorstand noch immer an der Idee festhält, der Sparkurs mache die Bahn pünktlicher, zuverlässiger, generell: besser. Vor fünf Jahren schmiedete er ähnliche Pläne für 2024. Die gingen nicht auf, im Gegenteil, im Juni kamen zum Beispiel weit weniger Fernzüge pünktlich an als erhofft.
Eine langfristige Finanzierung gibt es nicht
Jetzt sollen die Ziele einfach später erreicht werden, ohne einen echten Strategiewechsel. Verkehrsminister Volker Wissing ist optimistisch, schließlich gebe der Bund mehr Geld als noch vor fünf Jahren. Das stimmt. Doch eine langfristige Finanzierung, etwa einen haushaltsunabhängigen Fonds, gibt es nicht. Und das Geld hält den Vorstand offenbar nicht von Sparmaßnahmen ab, die ihm später nur auf die Füße fallen können.
Die Bahn sollte nicht als oberstes Ziel rentabel sein müssen. Sie sollte keine Verbindungen opfern, um auf dem Papier ein wirtschaftliches Unternehmen zu werden. Sie sollte kund:innen- und klimafreundlichen Verkehr ermöglichen, an so vielen Orten und so preiswert wie möglich. Vielleicht schafft es dieses – oberste – Ziel ja bis Dezember noch in das Gesamtprogramm.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
AfD-Verbotsantrag im Bundestag
Wahlkampfgeschenk für die AfD