Rechte Wahlergebnisse seit 1994:Wie Deutschland nach rechts rückte
Ganz Deutschland ist in den letzten drei Jahrzehnten nach rechts gerückt, zeigt eine taz-Datenanalyse. Im Osten besonders drastisch.
1.9.2024, 12:10 Uhr
Im Juni feierte die rechsradikale AfD in Mecklenburg-Vorpommern einen erneuten Erfolg: In Wilhelmsburg, einer beschaulichen Gemeinde am Rande der Ueckermünder Heide, gewann ihr Kandidat die Bürgermeisterwahl. In dem 720-Menschen-Ort gaben bei der Stichwahl 54 Prozent der Wähler*innen Peter Volker Weimer ihre Stimme. Landesweit erhielt die AfD bei den Kommunalwahlen mit 25,6 Prozent die meisten Stimmen – mehr sogar als die CDU. „Die Zeit der Brandmauern ist vorbei“, feierte Landeschef Leif Erik Holm.
Mit den zu befürchtenden Wahlerfolgen der Rechtsextremist*innen in Thüringen und Sachsen dürfte diese Vorstellung nun noch mehr in der Partei verankert werden. Es ist ein starker und schneller Aufstieg: Schon zehn Jahre nach ihrer Gründung kann die AfD regional größte Kraft werden und hat lokal vielerorts bereits die Mehrheit der Wähler*innen hinter sich.
Am Beispiel Wilhelmsburg wird exemplarisch sichtbar, was sich fast überall in der Bundesrepublik vollzogen hat, aber nicht gerne wahrgenommen wird: ein deutlicher Rechtsruck. Sichtbar wird auch, dass die AfD von der Vorarbeit anderer rechtsextremer Parteien profitiert: In Wilhelmsburg hatten 1998 noch knapp 10 Prozent der Wähler*innen für die Rechtsextremist*innen von DVU, Republikaner oder NPD gestimmt. Bei der Bundestagswahl 2021 machten 40 Prozent ihr Kreuz bei der AfD und 5,6 Prozent weitere bei der rechtsextremen Kleinpartei Die Basis und weitere 2 Prozent wählten die NPD. Insgesamt 47,5 Prozent.
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In den vergangenen Monaten haben wir die Wahlergebnisse der Bundestagswahlen seit 1994 analysiert und berechnet, wie sich in den Gemeinden Deutschlands der Zweitstimmen-Anteil rechter Parteien über die Jahre verändert hat. Das Ergebnis: In fast allen der mehr als 10.000 Gemeinden ist der Stimmanteil rechter Parteien gestiegen, teilweise um über 50 Prozentpunkte – wo in den 1990er Jahren rechtsradikale Politik nur einen einstelligen Stimmenanteil bekam, war er bei den vergangenen zwei Wahlen oft schon mehrheitsfähig.
So erhielten rechte Parteien in Karlsdorf, Thüringen, 1998 noch 3 Prozent der Stimmen – inzwischen sind es 54 Prozent. In Groß Luckow, Mecklenburg-Vorpommern, stieg der Anteil von 7 auf fast 60 Prozent. Auch im Westen gibt es neue Hochburgen dort, wo rechte Wähler*innen früher rar waren: In Molbergen, Niedersachsen, und Augustdorf, Nordrhein-Westfalen, erhielten rechte Parteien 2021 etwa 20 Prozent der Stimmen. 1998 gab es in den Orten jeweils noch weniger als 1 und 3 Prozent rechte Wähler*innen.
In Deutschland wird bei der Bundestagswahl in 300 Wahlkreisen gewählt, dennoch konnten wir für diese Analyse die Wahlergebnisse für mehr als 10.000 Gemeinden in Deutschland darstellen.
Die Bundeswahlleiterin stellt auf ihrer Website die Ergebnisse der Wahlbezirke von allen Bundestagswahlen zur Verfügung. Da bekannt ist, in welcher Gemeinde sich die Wahlbezirke befinden, können Ergebnissummen für die Gemeinden in Deutschland erstellt werden.
Dafür gibt es zwei Einschränkungen. Erstens sind manche Gemeinden so klein, dass sie mit einer benachbarten Gemeinde in einem Wahlbezirk zusammengefasst werden. In diesem Fall taucht das Ergebnis nicht bei der kleineren Gemeinde auf, sondern nur bei der größeren. Zweitens werden in manchen Regionen die Briefwahl-Stimmen für mehrere Wahlbezirke zusammen gesammelt, so dass eine Zuordnung der Briefwahlstimmen zu einer Gemeinde nicht mehr möglich ist. In diesen Fällen haben wir die Briefwahlstimmen dieser Gemeinden nicht gezählt. In der Regel wird damit das rechte Wahlergebnis leicht überschätzt, da die Wähler*innen dieser Parteien seltener per Briefwahl abstimmen.
Da sich die Gemeindegrenzen in Deutschland von Jahr zu Jahr verändern, haben wir die Wahlergebnisse jeweils für die Gemeinden im Jahr 2021 umgerechnet. Die grauen Flecken in der Karte sind vor allem Gebiete, die unbewohnt sind. Zudem gibt es auch Gemeinden, in denen das Ergebnis nicht sauber umgerechnet werden konnte, beispielsweise, weil eine frühere größere Gemeinde in mehrere kleineren aufgeteilt wurde. Für dieses Projekt nutzen wir Daten für 10.457 Gemeinden, insgesamt gab es im Jahr 2021 10.994 Gemeinden.
Um das rechte Wahlergebnis zu errechnen haben wir die Zweitstimmen in den Gemeinden für folgende Parteien zusammengezählt: AfD, NPD/Die Heimat, Republikaner, DVU, III. Weg, Die Basis, Die Rechte, Pro Deutschland, Bund freier Bürger/Offensive Deutschland, Bürgerbewegung pro Deutschland, 50Plus, Partei Rechtsstaatlicher Offensive (‚Schill-Partei‘), „Ab jetzt…Demokratie durch Volksabstimmung“, Freie Wähler Deutschland (nicht zu verwechseln mit der Bundesvereinigung Freie Wähler, die beispielsweise in Bayern mitregiert) und Deutsche Mitte. Die Stimm-Anteile werden gezählt, auch wenn die Partei an der 5-Prozent-Hürde bei der Wahl scheiterte und nicht in den Bundestag einzog.
Das Datenprojekt bietet einen zeitlich und regional differenzierten Überblick. Der Rechtsruck ist in Ostdeutschland viel ausgeprägter als in Westdeutschland. Im Westen gibt es zwar mehr rechte Wähler*innen, aber die Akzeptanz ist in der Gesellschaft etwas geringer. AfD-Bürgermeister sind in den tausenden Gemeinden Deutschlands noch Einzelfälle, dürften aber in den kommenden Jahren häufiger werden – wenn der Trend sich nicht umkehrt.
Die Daten legen für den Osten nahe, dass das rechtsradikale Wähler*innenpotenzial dort erst erschlossen werden musste: mit den Baseballschlägerjahren in den 1990er Jahren, dem Aufstieg der NPD in den 2000er Jahren und schließlich der Neuerfindung im neurechten Gewand in den 2010er Jahren. Im Westen wurden länger bestehende rechte Milieus reaktiviert.
Frühe Erfolge im Westen
Schon vor der Wiedervereinigung gewannen extrem rechte Politiker im Westen immer wieder Wähler*innenstimmen. In den 1960er Jahren war die NPD bereits in sieben Landtagen präsent, die Republikaner zogen 1989 ins Berliner Abgeordnetenhaus und ins Europaparlament ein und saßen schließlich von 1992 bis 2001 im Landtag von Baden-Württemberg. Die DVU zog kurz nach der Wende in die Bremer Bürger*innenschaft als auch in den Landtag von Schleswig-Holstein ein. In Hamburg konnte hingegen die extrem rechte Schill-Partei im Jahr 2000 gleich die Regierung mitbilden – dank einer CDU, die unbedingt die Macht der SPD brechen wollte.
Damals zeigte sich in Hamburg, wohin eine mangelnde Abgrenzung nach rechts führen konnte und offenbarte die Gefahr, wenn Politik und Medien die Themen der Rechten aufgreifen – gegen eine multikulturelle Gesellschaft und für eine scheinbar harte Law-and-Order-Politik. Dass rechte Bewegungen verharmlost werden und ihren Forderungen politisch sogar entgegengekommen wird, zieht sich als bundesweiter Trend durch die Jahrzehnte. Während – beispielsweise – Klimaaktivist*innen schnell zu „Terroristen“ abgestempelt werden, diskutieren Politik und Medien oft über Jahre hinweg, ob rechte Parteien wirklich „rechtsextrem“ sind und ob ihre Wähler*innen nicht einfach nur „Wutbürger“ oder „Protestwähler“.
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Die Hochburgen der rechten Parteien im Westen sind heute oft Hochburgen für die AfD. In Großerlach, Baden-Württemberg, wählten 1998 noch mehr als 11 Prozent der Menschen eine rechte Partei, 2021 waren mehr als 25 Prozent. Im hessischen Freiensteinau erreichten rechte Parteien bei der Bundestagswahl 1998 schon mal 10 Prozent, 2021 waren es mehr als 20 Prozent. In Pfeffelbach, Rheinland-Pfalz, wählten 16 Prozent der Wähler*innen 1998 rechts, 2021 waren es fast 30 Prozent. Im bayerischen Oberrieden wählten 9 Prozent rechte Parteien, 2021 waren es mehr als 25 Prozent. In Langenlehsten, Schleswig-Holstein, wählten 1998 mehr als 8 Prozent rechts, 2021 waren es fast 17 Prozent.
Rechte Gewalt im Ost-Alltag
In Ostdeutschland vermochten es rechte Parteien dagegen noch nicht, direkt nach der Wende Stimmen einzusammeln: Bei der Bundestagswahl 1994 gab es kaum Gemeinden, wo sie zusammen mehr als 5 Prozent der Stimmen erhielten. Doch das Potenzial gab es: Inzwischen wird die gewalttätige rechte Hegemonie in den Ost-Bundesländern als „Baseballschlägerjahre“ zusammengefasst. Einzelne besonders gewaltsame Ereignisse, wie die Pogrome von Rostock und Hoyerswerda, wurden überregional wahrgenommen – für viele Menschen war aber auch der Alltag von rechter Gewalt durchsetzt, der linke oder unangepasste Jugendliche traf, aber auch Arme, Obdachlose und als nichtdeutsch wahrgenommene Einwohner*innen.
Dass rechte Stimmen im Osten inzwischen soweit normalisiert sind, dass die AfD – wie in Wilhelmsburg – eine Mehrheit sichern kann, führt der Soziologe Steffen Mau in seinem Buch „Ungleich vereint“ auf eine „Verfestigung grundlegender kultureller und sozialen Formen“ zurück, die der AfD nützen. In der Wiedervereinigung seien die Ostdeutschen in die „Rolle des Sich-Einfügens, Unterordnens und Lernens“ verwiesen worden und wurden auch ökonomisch ausgegrenzt: Massenhafte Arbeitslosigkeit und berufliche Deklassierungen lösten nachhaltige Verletzungen aus.
Die „Pulverisierung“ der alten Gesellschaft führte zu einer ideellen Orientierungslosigkeit, die durch eine „Aufwallungen nationaler Gemeinschaftsgefühle“ ausgefüllt wurde, so Mau. Diese Effekte wirken generationsübergreifend nach. Hier – so könnte man subsumieren – wurde die Basis gelegt, die sich in den darauf folgenden Jahrzehnten voranschreitenden rechten Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft weiter ausdehnen konnte. So weit, dass im rechten Wahlergebnis 2021 die Grenzen der ehemaligen DDR wieder deutlich erkennbar sind.
1998 gab es dann in Ostdeutschland bereits flächendeckend mehr als 5 Prozent für rechte Parteien. In diesen Jahren zog die DVU in die Landtage von Brandenburg und Sachsen-Anhalt ein und Anfang der 2000er Jahre schaffte auch die NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern den Sprung in den Landtag.
Auch im Osten gibt es die damaligen Hochburgen wie Wilhelmsburg, die auch heute noch rechte Hochburgen sind. In Kaulsdorf, Thüringen, wählten bei der Bundestagswahl 1998 noch 8 Prozent der Menschen eine rechte Partei, 2021 waren es mehr als 41 Prozent. In Neusalza-Spremberg, Sachsen, gaben 1998 12 Prozent einer rechten Partei ihre Stimme, inzwischen sind es 46 Prozent. In Hirschfeld, Brandenburg, stieg der Anteil von 14 auf 51 Prozent und in Plötzkau, Sachsen-Anhalt, von 8 auf 34 Prozent.
Entscheidender Wendepunkt mit Sarrazin
Ende der 2000er Jahre flaute das Interesse an den rechten Parteien kurz ab. In Sachsen, wo die NPD 2006 zum zweiten Mal einzog, grenzten die demokratischen Parteien die Rechtsextremist*innen dezidiert aus und interne Konflikte führten dazu, dass die NPD-Fraktion deutlich schrumpfte. In Mecklenburg-Vorpommern belasteten die Parteiverbotsverfahren die NPD, die hier ebenfalls nach zwei Legislaturperioden rausgewählt wurde. Und so bildet die Bundestagswahl 2009 vielerorts ein Zwischentief für das rechte Wahlergebnis.
Doch schon ein Jahr später kam der entscheidende Wendepunkt für die Szene: Thilo Sarrazin veröffentlichte sein Buch „Deutschland schafft sich ab“, das schon mehrere Jahre vor Gründung der AfD die neurechte Wende im rechtsextremen Milieu vorbereitete. Während die Neonazis der NPD noch relativ offen von Nationalsozialismus geschwärmt hatten, verankerte Sarrazin biologistische Positionen und eugenische Traditionen ohne direkten NS-Bezug breit in der deutschen Öffentlichkeit.
Dass er SPD-Mitglied war, verlieh seinen rechtsextremen Thesen ein 'neutrales’ Image. „Sarrazin war ein Rammbock“, sagte der rechtsextreme Verleger Götz Kubitschek in einem 2015 erschienenen Gesprächsband. Er sei „auf eine vorher nicht zu ahnende Weise durchgestoßen. Das war eine Resonanzbodenerweiterung für uns, Begriffe wurden ventiliert, die wir seit Jahren zuspitzen, aber nicht im Mindesten so durchstrecken können, wie Sarrazin das konnte.“
Von Anfang an von Rechtsextremismus durchsetzt
Als sich dann 2013 kurz vor der Bundestagswahl die „Alternative für Deutschland“ gründet, wählen fast überall in Deutschland mehr als 5 Prozent der Menschen rechte Parteien und die AfD verpasst nur knapp den Einzug in den Bundestag. Ihr Erfolg zeigt, dass rechtsextreme Wähler*innen sehr wohl verstanden, wer sich hier anbietet. Von Anfang an war die Partei von Rechtsextremismus und Rechtsextremist*innen durchsetzt. Björn Höcke, beispielsweise, trat bereits in den ersten Monaten bei. Ein Jahr später schaffte sie den Einzug in die Landtage von Thüringen, Sachsen und Brandenburg – in Sachsen und Thüringen wird sie mittlerweile vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft.
In den Folgejahren wächst auch im Westen die Verunsicherung durch die kurz aufeinander folgenden Krisen: von der Krise der Flüchtlingspolitik 2015 über die Krise durch die Covid-19-Pandemie und dem gestiegenen Handlungsdruck in der Klimakrise. 2017 steigt die Zustimmung für die AfD bei der Bundestagswahl auf über 12 Prozent und sinkt 2021 wieder leicht auf 10 Prozent. Unsere Wahlanalyse zeigt: Fast überall in Deutschland ist inzwischen die Zustimmung für rechte Parteien weit höher als in den 1990er Jahren. In Hessen erzielte die AfD bei der Landtagswahl 2023 mit über 18 Prozent eines ihrer besten Ergebnisse im Westen.
In Ost und West formiert sich eine Abwehr gegen eine vielfältige Gesellschaft und gegen die durch den Klimawandel notwendig werdende ökologische Transformation, getrieben von der Angst, den eigenen Lebensstandard nicht mehr halten zu können. Daniel Mullis hebt im Buch „Der Aufstieg der Rechten“ hervor, dass solche Abstiegsängste desintegrierend wirken und sich zu „rechten Einstellungen“ entwickeln können – selbst wenn der Abstieg nicht erfolgt. In Thüringen und Sachsen ist aus der Abwehrhaltung inzwischen ein Machtanspruch geworden.
Leser*innenkommentare
V M
Froschperspektive
Nicht Deutschland, sondern Europa rückt nach rechts-
Günter Witte
Wahlen sind das Arbeitszeugnis für die regierenden Parteien. Wenn das jetzt nicht passend ausfällt kann man natürlich dem Wähler die Schuld geben oder die Politik danach ändern was die Mehrheit haben möchte.
eine Stimme
Und das ist ja noch nicht einmal die ganze Wahrheit. Sieht man sich an, wie weit auch die nicht zum rechten Spektrum gezählten Parteien ihre Positionen in den letzten Jahren nach rechts verschoben haben, dann befürchte ich, ist der Kipppunkt bald erreicht. Ich mag die weitere Entwicklung gar nicht extrapolieren, das macht mir mehr als Sorge. Werde ich als liberaler Humanist in 10 Jahren gesellschaftlich noch akzeptiert?
Nina Zabienski
Nicht ganz so rechts scheinen unsere Mitmenschen in Schleswig- Holstein und in Rheinland-Pfalz, vielleicht auch noch in Bayern zu wählen.
Da könnte man auch mal hinschauen wie das mit den jeweiligen Landesregierungen zusammenhängen könnte.
Sicher wählt man weniger rechts wenn man insgesamt zufriedener leben kann in seiner/ihrer Umgebung !?
Farang
@Nina Zabienski Bayern hat mit CSU und Freie Wähler zwei in diesem Bundesland sehr konservativ agierende Parteien. Das stiehlt der AfD Boden. Wenn man allerdings diese drei (CSU Freie Wähler, AfD) zusammenzählt kommt auf +-70%.
Die These "Sicher wählt man weniger rechts wenn man insgesamt zufriedener leben kann in seiner/ihrer Umgebung" würde ich komplett verneinen mit Blick auf Baden-Württemberg und Hessen, zwei absolute Hochlohn-Bundesländer und dennoch mit die höchsten AfD-Werte im Westen... 🤷♂️
Man kann es auch genau andersrum sehen - wer am meisten zu verlieren hat (vom Wohlstand her), wählt eher rechts um seinen Wohlstand vermeintlich zu wahren.
Rechts wählen ist wie alles im Leben nicht schwarz-weiß, es gibt unzählige Grauschattierungen/Beweggründe für den Einzelnen dies zu tun oder nicht.
Der Cleo Patra
Jetzt wird ja nach rechts massiv abgegrenzt. Ergebnis kann man sehen.
Bahnfanatiker
Malen nach Zahlen, ein tolles Spiel für klein und groß...
Malt die Karte doch noch inklusive der CDU Ergebnisse, dann ändert sich gar nicht so viel und ihr müsst euch vor den gefährlichen Farbtupfern nicht einmachen.
Rudi Hamm
Mauerfall 1989 plus 3 Jahrzehnte - merkste watt?
Die Frage jedoch bleibt: Warum rutschen die neuen Bundesländer viel schneller und extremer nach rechts als die alten?
Uns Uwe
"Als Vorläufer der Parteigründung gelten liberale, konservative und nationale politische Vereinigungen wie der Bund freier Bürger, die Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, das Bündnis Bürgerwille, die Wahlalternative 2013 und die Zivile Koalition. Als spiritus rector der Gründung gilt Thilo Sarrazin. Spätere AfD-Funktionäre kamen vor allem aus der „zweiten Reihe“ von CDU und FDP. "
de.wikipedia.org/w...C3%BCr_Deutschland
Neoliberalismus ist die ursprüngliche ideologische Grundlage der AfD und Funktionäre kamen aus den neoliberalen Parteien CDU/FDP.
"Die „Pulverisierung“ der alten Gesellschaft führte zu einer ideellen Orientierungslosigkeit, die durch eine „Aufwallungen nationaler Gemeinschaftsgefühle“ ausgefüllt wurde ..."
Nicht nur der DDR-Sozialismus, sondern alles Linke verschwanden plötzlich als politische Perspektive im Osten. Im Westen waren bereits seit langem alle Reste linker Politik beseitigt. Dort gab es teilweise noch reformistische Ideen, die aber durch die Schröder-SPD zerschlagen wurden. (Rechtsruck innerhalb der Parteien)
Übrig bleibt Existenzangst und rechter Nihilismus ohne Perspektive = AfD.
Magnus_15
Der Artikel sieht den rechten Erfolg ein bisschen wie eine Verschwörung. Die traurige Wahrheit ist m. E. dass der Zeitgeist konservativer geworden ist und die Wähler gegenüber Muslimen skeptisch geworden sind, wegen Gewalt und Terrortaten und der Erfahrung, wie schwer einige sich bei der Integration tun. Wähler sind also nicht einer Verschwörung aufgelaufen, sondern drücken ihre veränderten Haltungen in Wahlstimmen aus.
Stoersender
Diese politische Topographie stimmt doch schon lange nicht mehr. Sie entspringt zufälligen Sitzordnungen in den frühen Parlamenten Frankreichs und des deutschen Kaiserreichs.
Wichtiger für die politische Einordnung sind Einstellungen zu Themenfeldern wie Mitbestimmung/Führung, Wettbewerb/Solidarität usw. Und da sehe ich in Deutschland ein lange Kontinuität sozialdarwinistischer Orientierung an Differenzierung, Individualisierung, und Eliten.
Nach 1945 gehörte die zur DNA der Parteien aus dem konservativen und liberalem Spektrum. Die SPD hat da früh nachgezogen und die Grünen haben sich in Rekordzeit eingereiht. Selbst die Linke hat Anschluss gefunden. Über AfD und BSW muss man da gar nichts zu sagen. Heute dreht sich in Politik, Medien, Kultur, Sport usw. alles ums Leistungsprinzip und Wettbewerb. JedeR muss nur ihr/sein Ding machen, dann wird alles gut.
National wie internationale Solidarität, Kooperation und sozialer Ausgleich bleiben als Themen für Sonntagsreden erhalten, in der Praxis gelten sie aber nur, wenn sie eigenen Interessen dienen.
Wee
die durch den Klimawandel notwendig werdende ökologische Transformation,
Wobei 84% aller Maßnahmen wirkungslos oder schädlich sind, aber trotzdem gegen den Widerstand der Wähler umgesetzt werden müssen. Wenn die Wähler stur sind schieben wir die Schuld einfach auf Brüssel.
Farang
"In Ost und West formiert sich eine Abwehr gegen eine vielfältige Gesellschaft"
Das ist aber per se nicht verwerflich sondern ein Versäumnis der Politik.
Deutschland profitierte durch die Jahrhunderte bisher fraglos maßgeblich von Einwanderung - allein der soziale Aufstieg im letzten Jahrhundert wäre ohne die 'Gastarbeiter' undenkbar.
Dennoch: offene Grenzen, Zuwanderung, eine multikulturelle Gesellschaft - das sind alles bloß Ideen einer Gesellschaftsform, nicht festgeschriebenes Gesetz. Es gibt daneben noch andere gleichwertige Ideen. Auch Monokulturalismus ist eine Gesellschaftsidee.
Wer Offenheit will muss die Bevölkerung fortwährend dafür gewinnen - das fehlt. Mittlerweile steckt die Debatte längst in einer Sackgasse.
(Leit)Medien und Politik stellten über Jahre Zuwanderung als unverhandelbar dar, Gegenstimmen oder Bedenken wurden mit einem 'wir schaffen das' übergangen.
Dieses unbeachtete Überstimmen bot der AfD einen sehr fruchtbaren unbestellten Acker (Kümmerer und Zuhörer der abgehängten Übergängen) und erschuf gleichzeitig von sich aus das Narrativ der 'abgehobenen entrückten Politiker in Berlin'.
Philippo1000
Vielen Dank für diese sehr überzeugende journalistische Arbeit !
chinamen
Was ist sonnst noch so in den letzten 3 Jahrzehnten in Deutschland geschehen?
Die Wiedervereinigung.
Die Globalisierung, die rupft der Wirtschaft die nationalen Wurzeln aus.
Sozialabbau, insbesondere nach der Wiedervereinigung.
Neoliberaler Kapitalismus, hat sich wie so eine Krake, überall festgesetzt.
Als natürlich Folge davon, Diät für die Mittelschicht und das 'Grosse Fressen‘ für die Oberschicht.
Eine weitere Folge des Kapitalismus, sind gewinnorientierte Kriege, Rohstoffe zum Schleuderpreis aus armen Regionen und die dann flüchtenden Menschen, die nur noch weg wollen, auf der Suche nach einem besseren Leben. Wie die Bremer Stadtmusikanten 'Etwas Besseres als den Tod findest du überall'.
Corona, und voallem das Danach, als viele Kleinbetriebe starben und die Großen noch grösser daraus hervorgingen.
Da geschah bestimmt noch einiges mehr, was mir aber gerade nicht einfallen will. Egal, muss mich mal hinsetzen und überlegen ob das alles irgendwie was mit der braunen Soße zu tun hat.
Lars Sommer
Die Gefahr die von dem BSW ausgeht, wird einfach ignoriert? Da ist doch auch eine Eskalationsstufe der Großen Vorsitzenden zu beobachten: Von SED, PDS, Linke hin zu einer Partei, die dem Personenkult huldigt und neben ihr auch nochden großen Führer Putin anbetet - das sind doch auch faschistoide Tendenzen!
1Pythagoras
Grau ist alle Theorie.
Es fehlt die Antwort, welche Partei wie die realen Sorgen und Probleme der Bürger lösen kann, so dass diese nicht mehr motiviert sind AfD zu wählen.
Troll Eulenspiegel
@1Pythagoras Die realen Sorgen und Probleme werden durch den Kapitalismus getrieben.
Wenn ich aber eine Partei gründe, und Reden halte, und den Mittelfinger gegen das Problem ausstrecke, wird es als unprofessionell dargestellt.
Und die meisten Menschen ziehen eh nicht mit. Sie sind sich bewusst, dass Reiche reicher werden, und Arme ärmer, aber kapitalistischen Wohlstand in Frage zu stellen, wollen die lieber doch nicht. Solange Menschen in Afrika es schlechter haben, kann man den Wohlstand ja nicht opfern.
1Pythagoras
@Troll Eulenspiegel Grau ist alle Theorie
Es fehlt weiterhin….
Christian Clauser
Die CDU/CSU hat den Weg geebnet und manche faschistoide Debatte überhaupt erst hoffähig gemacht. Sie fehlt hier im Abriss über rechte Parteien. "Rechts" macht sich ja nicht an "rechts des Durchschnitts" fest.
Aber das Ganze ist ein Spiegel der Gesellschaft. Der IQ sinkt, die Angst vor Luxus-Verlust nimmt zu, und fast keiner hat mehr selber den zweiten Weltkrieg erlebt, immer weniger kennen noch jemanden, der es hat.
Die Verlogenheit in einer angeblichen Brandmauer fängt an, wenn wirtschaftliche Interessen über Menschenrechte gestellt werden. Danke dafür an die Rechten, die sich Volkspartei nennen.
Kriebs
@Christian Clauser "Der IQ sinkt [...]"
--> Diese linke Herablassung ist meines Erachtens ein wesentlicher Teil des Problems. Für viele Linke hat das rechts oder konservativ sein etwas mit (vermeintlich) minderer Intelligenz und/oder fehlender Bildung bzw. Erkenntnis zu tun.
Deswegen sprechen auch linke Politiker immer davon, man müsse die Politik "den Bürgern nur besser erklären". So als wären die Bürger, wie Kinder einfach nur zu unwissend die Brillianz linker Politik zu verstehen.
Mit Verlaub, ich halte diese Sichtweise für ausgemachten Unfug. Man kann rechten Vordenkern, wie Kubitschek, Sellner, Höcke oder Krah viel vorwerfen, aber nicht fehlende Intelligenz.
Genauso sollte man die Wähler nicht für ein bisschen dämlich halten. Bürger kann man Politik nicht erklären, sondern man muss sie überzeugen. Und zwar mit Argumenten und nicht mit Parolen, wie "Hass ist keine Meinung", "Transrechte sind Menschenrechte" und "Migranten sind eine Bereicherung". Der Übergang zu Parolen und Dogmen ist ein Zeichen von Schwäche, denn sie legen nahe, dass man keine guten Argumente hat.
Stoffel
@Christian Clauser Es ist nicht nur die Angst vor Luxus Verlust. Es ist auch die Angst vieler durch reale Verluste, zb bei Rentnern.