Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU: Das Hufeisen aufbiegen

Die CDU hat sich einen hufeisernen Käfig gebaut: den Unvereinbarkeitsbeschluss. Sie muss aus dem dogmatischen Verbot ein inhaltlich begründetes machen.

Vier CDU Männer unterwegs in Brandenburg: Mario Voigt, Friedrich Merz, Jan Riedmann und Michael Kretschmer

Vier CDUler unterwegs beim Wahlkampf in Brandenburg am 04.09.2024 – der Unvereinbarkeitsbeschluss lebt Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Die CDU hat ein Problem. Sie hat sich in einem Hufeisen verschanzt und kommt nicht mehr raus. 2018 hat die Union auf einem Parteitag festgelegt, dass sie Koalitionen und „ähnliche Formen der Zusammenarbeit“ mit der AfD und der Linken gleichermaßen ablehnt. Schon damals ging es eigentlich um die Brandmauer nach rechts. Aber um diese in der konservativen Partei durchzusetzen, musste auch die nach links her. So konnte sich die CDU weiter in der selbsterklärten Mitte wohlfühlen.

Das Hufeisen der Extremismustheorie war schon immer fragwürdig. Unter den neuen Mehrheiten wird es für die CDU aber zunehmend zum Käfig. Dass sich die Extremismustheorie nun gegen ihre Verfechter wendet, ist eigentlich eine schöne Pointe.

Bleibt die CDU bei ihrem Beschluss, gibt es keine Möglichkeit, in Thüringen eine Koalition zu bilden. Und um es noch komplizierter zu machen, fordern nun manche CDUler, die Liste der verbotenen Parteien noch zu erweitern, diesmal um das BSW. Sie verschließen damit die Augen vor der demokratischen Realität in Ostdeutschland.

Wie kommt die Partei da raus?

Die CDU bräuchte einen Parteichef, der erkennt, dass der Beschluss überholt ist. Und einen Vorschlag für einen neuen macht, der die Wirklichkeit nicht ausblendet und gleichzeitig der CDU in ihrer fragilen Identität gerecht wird.

Statt pauschale Verbotslisten zu führen, könnte die CDU zur Abwechslung mal inhaltlich werden: Sie könnte festlegen, welche Positionen eine Zusammenarbeit unmöglich machen würde. Ein neuer Beschluss könnte beispielsweise festlegen, dass die CDU nicht mit Parteien zusammenarbeitet, deren Landesverbände vom Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft sind. Es wäre eine inhaltliche Festlegung: Eine Partei, deren Verfassungstreue in Zweifel steht, kann kein Koalitionspartner sein. Das würde die AfD ausschließen.

Und bei der Linken und dem BSW?

Da die Parteien nicht verfassungsfeindlich sind, wäre eine Zusammenarbeit möglich. In Koalitionsverhandlungen könnte die CDU dann weitere Bedingungen formulieren. Es wäre nicht das erste Mal. Ein Vorbild könnte die SPD und ihr Umgang mit der PDS sein, etwa vor der ersten rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern 1998. Die Sozialdemokraten forderten von der PDS, im Koalitionsvertrag das Unrecht der SED anzuerkennen. Auch Ramelow entschuldigte sich vor seiner ersten Wahl zum Ministerpräsidenten bei den Opfern der SED. Nach dem gleichen Vorbild könnte die CDU nun Bedingungen an das BSW stellen: Ja zur Westbindung, ja zur Nato.

Wenn sich das BSW darauf nicht einlassen sollte, hätte die CDU eine zweite Möglichkeit. Sie könnte sich von Linken und BSW im Landtag tolerieren lassen. Das wäre sicherlich nicht einfach und würde Höckes AfD zu parlamentarischen Spielchen animieren. Aber die CDU hätte klargemacht, wofür sie steht.

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Kersten Augustin leitet das innenpolitische Ressort der taz. Geboren 1988 in Hamburg. Er studierte in Berlin, Jerusalem und Ramallah und wurde an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München ausgebildet. 2015 wurde er Redakteur der taz.am wochenende. 2022 wurde er stellvertretender Ressortleiter der neu gegründeten wochentaz und leitete das Politikteam der Wochenzeitung. In der wochentaz schreibt er die Kolumne „Materie“. Seine Recherchen wurden mit dem Otto-Brenner-Preis, dem Langem Atem und dem Wächterpreis der Tagespresse ausgezeichnet.

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