piwik no script img

Agrar- und Umweltverbände bei EU-ForumVager Konsens für Landwirtschaft

Umweltschützer und Bauernlobbyisten einigen sich auf mehr Naturschutz. Ob dieser allgemeine Kompromiss wirklich der Ökologie nützen wird, ist unklar.

Frisch und knackig: Aber ist es auch ökologisch? Foto: Lando Hass/dpa

Berlin taz | Landwirtschafts- und Umweltorganisationen haben gemeinsam mehr Geld für Bauern gefordert, die natur- und tierfreundlicher arbeiten. „Die finanzielle Unterstützung für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen muss in den kommenden Finanzierungsperioden der Gemeinsamen Agrarpolitik jährlich und substantiell aufgestockt werden“, heißt es im am Mittwoch veröffentlichten Abschlussbericht des „Strategischen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft in der Europäischen Union“, den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen initiiert hatte.

Zuerst müssten die Mitgliedstaaten mehr als das bisherige Drittel der Agrarsubventionen in solche Programme umschichten. Die Einigung ließ aber große Interpretationsspielräume. Zudem ist unklar, ob die EU sie umsetzen wird.

Die Landwirtschaft ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben. Die Branche verursacht inklusive der Emissionen aus Böden und Maschinen laut Umweltbundesamt 13 Prozent der Treib­hausgase in Deutschland.

Mit den im Januar begonnenen Gesprächen zwischen knapp 30 Gruppen wie dem EU-Bauernverband Copa-Cogeca oder der Umweltorganisation Greenpeace wollte von der Leyen vor allem auf Proteste von Bauern gegen schärfere Umweltauflagen eingehen.

Schlechtes Vorbild aus Deutschland

Das Forum unter Leitung von Peter Strohschneider, früher Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, hat nun einen Konsens zustande gebracht. Die Einigung wird von den beteiligten, aber auch anderen Umweltorganisationen als Schritt in die richtige Richtung begrüßt. Aber sie ist oft nur vage und lässt Auslegungen zu, die etwa Umweltaktivisten gar nicht gefallen dürften.

Zum Beispiel lässt der Bericht offen, was genau unter den Umweltmaßnahmen zu verstehen ist, für die Bauern mehr Agrarsubventionen bekommen sollten. Für Landwirtschaftsverbände gehören dazu „Precision Farming“-Methoden wie die computergesteuerte Ausbringung von Pestiziden – statt durch mehr Vielfalt auf dem Acker das Auftreten von Krankheiten und Schädlingen zu reduzieren.

Dass die Dialogergebnisse derartig genutzt werden könnten, dafür sei das Vorbild für den EU-Dialog, die deutsche Zukunftskommission Landwirtschaft, ein Indiz, sagte der taz Hannes Lorenzen, Vorsitzender der Gruppe Arc2020, die sich für mehr Umweltschutz in der EU-Agrarpolitik einsetzt. In dem deutschen Gremium habe der Bauernverband ebenfalls „wohlklingende Forderungen“ unterschrieben. „Aber als es zum Schwur kam, scherte er aus, es gab nach den Bauernprotesten einen Super-Rollback, und die EU strich wichtige Umweltbedingungen für die Agrarsubventionen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Habe neulich gelesen, dass in Bayern mehr Flächen stillegelegt wurden, obwohl die Verpflichtung dazu aufgehoben wurden.



    Subventionen ganz streichen. Mittel bereit stellen, deren Verwendung vor Ort zielgerichtet und sinnvoll umgesetzt wird. Dafür würde das Personal in den unteren Naturschutzbehörden nahezu ausreichen.



    Das würde bedeuten, man könnte EU-weit Zehntausende nutzlose Jobs in der Verwaltungsindustrie streichen. Die Menschen könnten dann einer sinnstiftenden Tätigkeit nachgehen, wie zB Altenpflege, Handwerk, oä

  • „Die finanzielle Unterstützung für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen muss ….. jährlich und substantiell aufgestockt werden“.



    Hört sich erstmal positiv an, aber später heißt es dann „ Zuerst müssten die Mitgliedstaaten mehr als das bisherige Drittel der Agrarsubventionen in solche Programme umschichten.“



    Das bedeutet, es wird allen Landwirten die bisherige Ausgleichszahlung für die Erfüllung der bisherigen Auflagen gekürzt, ohne aber die dazugehörigen Auflagen zu verringern. Tendenz ist bei den Auflagen sowieso eher steigend. Auch wenn einige angedachten zusätzlichen Maßnahmen nach Protesten wieder zurückgenommen wurden.

    Es entsteht also der Eindruck dass die zusätzlichen Anforderungen mit zusätzlichem Geld bezahlt würden. Und deshalb verstehen einige nicht warum die Bauern unzufrieden sind.

    Das wäre so, als wenn die IG-Metall in Verhandlungen jetzt freiwillig für einen Teil der Mitarbeiter von 35 auf 40 Wochenstunden erhöht. Das zusätzliche Geld wird dadurch aufgebracht, dass der Lohn für die 35 Stunden pauschal bei allen gekürzt wird, auch bei denen die 40 Stunden arbeiten. Selbst derjenige, der 40 Stunden arbeitet bekommt seine ersten 35 Stunden schlechter bezahlt als vorher.

  • "Für Landwirtschaftsverbände gehören dazu „Precision Farming“-Methoden ..."

    Precision Farming ist auch längst im Ökolandbau angekommen. Auch dort wird nicht mehr wie vor hundert Jahren mi Pferd gepflügt und per Hand das Unkraut gejätet.

    Ob ein Betrieb in die Digitalisierung einsteigt, ist unabhängig davon, ob er biologisch oder konventionell wirtschaftet. www.agrarheute.com...tschaft-bio-563417

    Da wieder einen Gegesatz aufbauen zu wollen erscheint mit mächtig ideologiebehaftet zu sein.

  • Ist auch der Oberumweltschützer Rukwied dabei??