+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ukrainische Jets über Region Kursk
Die Luftwaffe will eine wichtige Autobrücke auf russischem Gebiet zerstört haben. Moskau bezichtigt die Ukraine, das AKW Kursk angreifen zu wollen.
Selenskyj: 80 Orte eingenommen
Die Ukraine festigt Präsident Wolodymyr Selenskyj zufolge ihre Position in der russischen Region Kursk. Es seien mehr als 80 Ortschaften auf einer Fläche von 1150 Quadratkilometern eingenommen worden, erklärt Selenskyj. Armeechef Olexander Syrskyj habe ihm mitgeteilt, dass die ukrainischen Truppen weiter vorrückten und weitere Kriegsgefangene gemacht hätten. „Vielen Dank an alle Soldaten und Kommandeure, die russische Militärgefangene nehmen und die Freilassung unserer von Russland festgehaltenen Soldaten und Zivilisten näher bringen“, schreibt Selenskyj auf dem Messagingdienst Telegram. (rtr)
Russland: Ukraine will uns Angriff auf AKW in die Schuhe schieben
Russland verdächtigt die Ukraine, einen Angriff auf das Kernkraftwerk Kursk zu planen. Für diese „Provokation“ solle anschließend Russland verantwortlich gemacht werden, berichtet die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau. Sollte so etwas vorfallen, werde Russland scharf reagieren, da weite Teile der Umgebung verseucht werden könnten. Die Ukraine hat am 6. August einen Vormarsch auf die russische Region Kursk gestartet. Das AKW Kursk, das etwa 30 Kilometer westlich der gleichnamigen Stadt liegt, wird nach wie vor von Russland kontrolliert. (rtr)
Straße nahe AKW unter Beschuss
Russland bezichtigt die Ukraine, eine Sprengladung mit Hilfe einer Drohne auf einer Straße nahe des Atomkraftwerks Saporischschja abgeworfen zu haben. Dadurch seien Mitarbeiter, die die Straße benutzen, gefährdet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Tass. Russland hat die Kontrolle über Europas größtes Kernkraftwerk Saporischschja kurz nach dem Beginn des Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 übernommen. Moskau und Kiew haben sich wiederholt gegenseitig beschuldigt, den Betrieb des Kraftwerks sabotieren zu wollen. (rtr)
Ukraine soll 14 russische Drohnen aus der Luft geholt haben
Die ukrainische Luftabwehr hat eigenen Angaben zufolge am Samstag alle 14 russischen Drohnen abgeschossen, mit denen das Land in der Nacht angegriffen worden sei. Diese seien über sechs Regionen im Süden und Zentrum des Landes abgeschossen worden, wie die Luftwaffe mitteilte. Dabei soll es sich um aus dem Iran stammende Schahed-Drohnen gehandelt haben. (rtr)
Brücke mit Himars-Raketen und Gleitbombe attackiert
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben eine strategisch wichtige Autobrücke bei ihrer Offensive im Gebiet Kursk zerstört. Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk veröffentlichte in einem Telegramkanal ein Video, das die Bombardierung einer Brücke zeigt. Experten halten das Video nach Auswertung der Geodaten für echt. Das Bauwerk am Fluss Sejm im Kreis Gluschkowo lag in Trümmern. Damit ist eine wichtige Versorgungsroute für die russischen Truppen zerstört. Russland hatte zuvor ebenfalls gemeldet, die schon seit Tagen von ukrainischen Streitkräften beschossene Brücke sei zerstört.
Die Luftwaffe nehme aktiv an den Kampfhandlungen der ukrainischen Streitkräfte in der Region Kursk teil, bestätigte Oleschtschuk. „Ukrainische Piloten führen Präzisionsschläge aus gegen die feindlichen Hochburgen, gegen Ansammlungen von Technik und gegen Logistikzentren und Nachschubrouten des Feindes“, sagte der Kommandeur. „Danke an die Piloten und alle, die den Kampf der Luftwaffe garantieren!“
Die Ukraine führt in ihrem Abwehrkampf gegen den seit fast zweieinhalb Jahren andauernden russischen Angriffskrieg seit dem 6. August eine beispiellose Bodenoffensive im Raum Kursk. Kiew will damit nach eigenen Angaben Moskau zu Verhandlungen zwingen, den Krieg zu beenden.
Der Kursker Gouverneur Alexej Smirnow hatte am Freitagabend die Zerstörung der Brücke gemeldet. Nach Angaben russischer Militärblogger des Telegram-Kanals „Rybar“ wurde die Brücke zunächst mit dem Mehrfachraketenwerfer vom US-Typ Himars beschossen und dann durch den Schlag mit einer Gleitbombe zerstört. Es seien schon bei vorherigem Beschuss mit einer „Totschka-U“-Rakete zwei Freiwillige getötet worden in einem Auto, die Menschen hätten in Sicherheit bringen sollten, hieß es.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, kritisierte, dass die Ukraine westliche Waffen benutze, um zivile Infrastruktur im Kursker Gebiet zu zerstören. Die Verantwortlichen für das „unmenschliche Vorgehen“ würden bestraft.
Im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine sind dort unzählige Brücken, Energieinfrastruktur und Tausende zivile Objekte zerstört worden. Die Schäden und die Zahl der Opfer auf russischer Seite stehen weiter in keinem Verhältnis zu den massiven Zerstörungen und Tausenden Toten und Verletzten in der Ukraine. (dpa)
Keine weiteren Hilfszahlungen an Ukraine
Die Bundesregierung will für die Ukraine einem Medienbericht zufolge keine neuen Hilfszahlungen bereitstellen. Nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) steht dafür nach der aktuellen Haushaltsplanung ab sofort kein neues Geld mehr zur Verfügung. Bereits bewilligtes Material wird demnach zwar meist noch geliefert, zusätzliche Anträge aus dem Verteidigungsministerium sollen jedoch auf Wunsch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nicht mehr bewilligt werden, hieß es in dem Bericht.
Wie die FAS aus Dokumenten und E-Mails sowie nach Gesprächen in mehreren Häusern der Bundesregierung und im Parlament erfuhr, hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) eine entsprechende Bitte am 5. August in einem Brief an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weitergegeben. Darin heißt es demnach, „neue Maßnahmen“ dürften nur eingegangen werden, wenn in den Haushaltsplänen für dieses und die kommenden Jahre „eine Finanzierung gesichert ist“. Dabei solle sichergestellt werden,„ dass die Obergrenzen eingehalten werden“.
Für das laufende Jahr sind die Mittel für die Ukraine in Höhe von rund acht Milliarden Euro bereits verplant. Die geplante Höchstgrenze im kommenden Jahr liegt bei vier Milliarden Euro und ist offenbar bereits jetzt überbucht.
Eine Bestätigung dazu kam laut FAS aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages. Der für Verteidigungspolitik zuständige SPD-Haushaltsexperte Andreas Schwarz sagte der Zeitung, im Augenblick würden für die Ukraine „keine neuen Bestellungen ausgelöst, weil diese nicht mehr finanziert sind“. Auch der CDU-Haushaltspolitiker Ingo Gädechens bestätigte die Einschränkung der Ukraine-Hilfen: „Von heute auf morgen frieren Olaf Scholz und seine Ampel die finanzielle und damit militärische Unterstützung der Ukraine ein.“
Das Verteidigungsministerium und das Bundesfinanzministerium (BMF) wollten sich zu dem Medienbericht auf AFP-Nachfrage zunächst nicht äußern. Aus BMF-Kreisen hieß es dazu aber am Freitagabend, grundsätzlich gelte, „dass alle Entscheidungen zur Unterstützung der Ukraine in engster Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt getroffen“ würden. Die Bundesregierung arbeite „im Kreis der G7-Staaten und der EU insbesondere daran, der Ukraine kurzfristig ein Finanzierungsinstrument in Höhe von 50 Milliarden Dollar zu eröffnen, indem eingefrorene russische Vermögenswerte genutzt“ würden. „Die bilaterale deutsche Hilfe bleibt auf höchstem Niveau, setzt aber auf die Wirksamkeit dieses Instruments“, verlautete aus BMF-Kreisen.
Kurz vor Ablauf einer selbst gesetzten Frist hatte sich die Spitze der Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP auf Änderungen am Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 verständigt. Dabei wurden einige Streitpunkte abgeräumt, gleichwohl verbleibt noch eine Finanzlücke von zwölf Milliarden Euro. Dieses Geld muss eingespart werden, ohne dass schon feststeht, wo genau. (afp)
Selenskyj: Offensive in Kursk soll russische Armee schwächen
Bei der Offensive ukrainischer Truppen in der westrussischen Region Kursk geht es nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj auch um eine nachhaltige Schwächung der feindlichen Armee. Die Verluste Russlands seien „sehr nützlich“ für die Verteidigung der Ukraine, sagte er in seiner abendlichen Videoansprache. „Es geht um die Zerstörung der Logistik der russischen Armee und um den Verbrauch ihrer Reserven“, erklärte Selenskyj. „Wir müssen allen russischen Stellungen maximalen Schaden zufügen, und das tun wir auch.“
Die Washington Post berichtete von einem weiteren Vorstoß der Ukraine auf russisches Gebiet, und zwar in Richtung Belgorod. Dort seien die russischen Einheiten jedoch nach den Ereignissen in der Region Kursk schon in Bereitschaft gewesen, der ukrainische Angriff habe sich bereits im Grenzgebiet festgefahren.
Oberkommandeur Olexander Syrskyj erklärte, die ukrainischen Truppen seien bei Kursk weitere ein bis drei Kilometer vorgerückt. „Die Kämpfe gehen entlang der gesamten Frontlinie weiter“, sagte er in einem am Abend verbreiteten Videoausschnitt. „Im Allgemeinen ist die Lage unter Kontrolle.“
Syrskyj habe ihm auch Bericht über die Lage an anderen Frontabschnitten erstattet, sagte Selenskyj. Dabei sei es vor allem um die Abschnitte bei Pokrowsk und Torezk am Rande des von Russland besetzten Donbass im Osten der Ukraine gegangen. Details nannte Selenskyj nicht.
Der Generalstab in Kiew berichtete von 23 Angriffen russischer Truppen bei Pokrowsk. „Die Verteidiger haben 17 Angriffe abgewehrt, weitere sechs Gefechte dauern noch an“, hieß es am Abend. Bei Torezk seien acht russische Angriffe abgeschlagen worden. Während der Kämpfe habe die russische Luftwaffe sowohl Torezk als auch die kleineren Orte Nju Jork (New York) und Nelipiwka bombardiert. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Russland führt seit zweieinhalb Jahren einen unerbittlichen Angriffskrieg gegen die Ukraine und hat größere Gebiete im Osten des Nachbarlandes erobert. Um weitere Eroberungen möglichst zu verhindern, hat das ukrainische Militär eine Gegenoffensive in die westrussische Region Kursk hinein gestartet. Damit soll möglicherweise auch die Verhandlungsposition bei eventuellen Gesprächen zwischen Moskau und Kiew verbessert werden. (dpa)
Botschafter Lambsdorff: Moskau nicht verhandlungsbereit
Der deutsche Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, sieht derzeit keine Chancen auf Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg. „Im Moment lässt die russische Seite keine Verhandlungsbereitschaft erkennen, sondern pocht auf weit überzogene Vorbedingungen“, sagte Lambsdorff, der seit rund einem Jahr Botschafter ist, in einem Interview des „Bonner General-Anzeigers“.
Wenn der russische Präsident Wladimir Putin erkläre, er sei nur zu Gesprächen mit der ukrainischen Seite bereit, wenn diese sich zuvor vollständig aus allen Gebieten zurückziehe, die Russland seiner Meinung nach bereits annektiert habe – also auch aus den Teilen, die Russland gar nicht militärisch kontrolliere –, „dann ist ja klar, dass da keine Ernsthaftigkeit hinter steht“, sagte Lambsdorff.
Die Arbeit der deutschen Botschaft in Moskau sei darauf ausgerichtet, präsent zu sein, um tätig werden zu können, falls sich die Haltung Moskaus ändern sollte. „Denn eines Tages muss auch Russland erkennen, dass es mit diesem Krieg deutlich weniger erreicht, als es sich zu Beginn vorgenommen hat, dass es sich international schweren Schaden zufügt und dass es sich in einer Kriegswirtschaft befindet, die völlig überhitzt ist und nicht durchzuhalten sein wird.“
Der ukrainische Vorstoß in das russische Gebiet Kursk mit Bodentruppen habe Russland nervös gemacht, sagte Lambsdorff. Für die Grenzschutztruppen, den Geheimdienst, das Militär, die Zivilverteidigung und auch die Bevölkerung sei es eine böse Überraschung gewesen, dass den ukrainischen Truppen eine derartige Aktion gelingen konnte. (dpa)
Leiter von ukrainischen Rekrutierungszentren festgesetzt
In der Ukraine sind indes die Leiter von zwei Rekrutierungszentren in der Nähe von Kiew wegen Annahme von Schmiergeldern für die Freistellung von Wehrpflichtigen festgesetzt worden. Die Ukrajinska Prawda berichtete, bei der Durchsuchung von Büros und Wohnungen in den Vororten Butscha und Boryspil seien Geldpakete entdeckt und beschlagnahmt worden. Die Leiter der Rekrutierungszentren und ihre Komplizen sollen insgesamt rund eine Million Dollar (umgerechnet etwa 900.000 Euro) für ihre Dienste kassiert haben.
Nach den bisherigen Ermittlungen sorgten die Leiter für gefälschte medizinische Gutachten, mit denen junge Männer für wehrunfähig erklärt und von der weiteren Registrierung ausgeschlossen wurden. Zunächst seien 20 Personen identifiziert worden, die versucht hätten, sich auf diese Weise vom Kriegsdienst befreien zu lassen.
Junge Ukrainer versuchen aus verschiedensten Gründen und auf verschiedenste Weise, sich dem Wehrdienst zu entziehen. Vielfach versuchen sie einfach, sich über die grüne Grenze in Nachbarländer abzusetzen. Wegen der verschärften Kontrollen suchen inzwischen Schleuserbanden immer neue Wege, flüchtige Wehrpflichtige für hohe Summen ins Ausland – meist nach Rumänien – zu bringen.
Auch viele Russen entziehen sich dem Wehrdienst durch Flucht ins Ausland. Seit Kriegsbeginn haben bereits zehntausende Männer Russland verlassen und sich unter anderem in benachbarten Ex-Sowjetrepubliken niedergelassen. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück