+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Gespräche über deutschen Häftling

Berlin soll sich mit Belarus im Austausch befinden. Es geht um einen wegen „Terrorismus“ zum Tode Verurteilten. Trump sagt Selenskyj, er werde den Krieg beenden.

Profilbild von Alexander Lukaschenko

Belarus' Machthaber Alexander Lukaschenko, hier beim Shanghai-Cooperation-Organization-Gipfel im kasachischen Astana, Kazakhstan am 4. Juli Foto: Sergei Savostyanov/reuters

War Verurteilter im Kastus-Kalinouski-Regiment?

Nach dem Todesstrafen-Urteil gegen einen Deutschen in Belarus ist die Regierung in Minsk nach eigenen Angaben in „Konsultationen“ mit der Bundesregierung. Dabei würden „konkrete Lösungen“ gesucht, teilte am Samstag das belarussische Außenministerium mit. In dem Fall geht es um einen 30-jährigen Deutschen, der nach Angaben der belarussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna wegen „Terrorismus“ und „Söldnertum“ zum Tode verurteilt wurde.

„Die belarussische Seite hat konkrete Lösungen vorgeschlagen, die auf den gegenwärtigen Möglichkeiten zur Änderung der Situation basieren“, erklärte der belarussische Außenamtssprecher Anatoli Glas am Samstag im Onlinedienst X. „Die Außenministerien beider Länder führen Konsultationen zu diesem Thema.“

Die Organisation Wjasna hatte am Freitag bekanntgegeben, dass der Deutsche bereits am 24. Juni von einem belarussischen Gericht wegen mehrerer Straftaten schuldig gesprochen worden sei, darunter „Terrorismus“ und „Söldnertum“. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es daraufhin, der Fall sei bekannt und die deutschen Behörden setzten sich „intensiv“ für den Mann ein. Die Todesstrafe sei „eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die Deutschland unter allen Umständen ablehnt“, hieß es weiter.

Der Prozess gegen den Deutschen fand laut Wjasna zum Teil hinter verschlossenen Türen statt. Seine Verurteilung hänge mit dem Kastus-Kalinouski-Regiment zusammen, einem militärischen Verband aus belarussischen Freiwilligen, die an der Seite der Ukraine gegen Russland kämpfen. In Belarus ist das Regiment als „extremistische Gruppe“ eingestuft. (afp)

Iryna Farion ist einem Attentat zum Opfer gefallen

In der Ukraine ist eine frühere Parlamentarierin auf offener Straße erschossen worden, die als glühende Nationalistin und vehemente Verfechterin der ukrainischen Sprache galt. Laut Behörden erlag die umstrittene ultrarechte Politikerin Iryna Farion in Lwiw ihren bei dem Angriff am Freitagabend erlittenen Verletzungen am Samstagmorgen. Lesen Sie den entsprechenden Bericht unseres Ukraine-Korrespondenten Bernhard Clasen.

Pro-russische Hacker in Spanien festgenommen

In Spanien hat die Polizei nach eigenen Angaben drei pro-russische Hacker festgenommen. Ihnen würden Cyberangriffe gegen Spanien und andere NATO-Länder zu terroristischen Zwecken vorgeworfen, teilte die Guardia Civil am Samstag mit. Dabei gehe es um die mutmaßliche Beteiligung an sogenannten DDoS-Angriffen, bei dem Webseiten-Server mit Anfragen überflutet werden, um sie zum Absturz zu bringen. Die Angriffe hätten sich gegen Webseiten öffentlicher und privater Organisationen im Regierungssektor, kritische Infrastrukturen und wichtige Dienste in Ländern, die die Ukraine im Krieg mit Russland unterstützen, gerichtet gewesen. Die Verdächtigen seien in Manacor auf Mallorca sowie in Huelva und Sevilla in Südspanien festgenommen worden.

Die Polizei veröffentlichte auf der Online-Plattform X ein Video von einer Razzia in der Wohnung eines der Verdächtigen, in der eine Hammer-und-Sichel-Flagge aus der Sowjet-Ära an der Wand angebracht war. Die Cyberangriffe seien von der Hackergruppe NoName057(16) organisiert worden, die nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gegründet worden und eine der aktivsten Hackergruppen sei, so die Guardia Civil in einer Erklärung. In ihrem eigenen Gründungsmanifest habe die Gruppe angekündigt, dass sie „auf die feindseligen und offen antirussischen Aktionen russophober Vertreter des Westens angemessen reagieren wird“. (rtr)

Zwei ukrainische Zivilisten bei russischen Angriffen getötet

Bei russischen Drohnen- und Raketenangriffen in der Nacht zum Samstag sind in der Ukraine nach Behördenangaben zwei Zivilisten getötet worden. Energieanlagen und Bahninfrastruktur seien in mehreren Landesteilen attackiert worden. In der Kleinstadt Barwinkowe in der nordöstlichen Region Charkiw sei eine Infrastruktureinrichtung getroffen worden, teilte Regionalgouverneur Oleh Synjehubow auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit. Dabei seien zwei Menschen getötet und drei weitere verletzt worden. Mehr als 50 Wohnhäuser sowie Verwaltungs- und Geschäftsgebäude seien beschädigt worden. Details zur Art der getroffenen Infrastruktureinrichtung wurden nicht genannt.

Die ukrainische Luftwaffe erklärte, die russischen Streitkräfte hätten in der Nacht mit vier ballistischen Iskander-Raketen angegriffen. Der Luftabwehr sei es nicht gelungen, sie abzuschießen. Dagegen seien 13 von 17 russischen Angriffsdrohnen über fünf Regionen im Osten, Norden und dem Zentrum des Landes abgefangen worden. Nach Angaben des Netzbetreibers Ukrenergo wurden Stromverteilungsanlagen in der zentralen Region Poltawa, in der Region Sumy im Nordosten und in der nördlichen Region Tschernihiw mit Drohnen attackiert. In den Regionen Poltawa und Tschernihiw musste demnach zeitweise der Strom abgeschaltet werden. In einigen Teilen der Region Charkiw wurde den Angaben zufolge Bahninfrastruktur beschädigt.

Russland hat seit März verstärkt die ukrainische Energieinfrastruktur mit Luftangriffen attackiert. Dadurch wurde etwa die Hälfte der ukrainischen Stromerzeugungskapazitäten lahmgelegt, was zu längeren Stromausfällen für Millionen Menschen geführt hat. (rtr)

Scholz: Ukraine-Hilfe ist eine Frage historischer Verantwortung

Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnet die Unterstützung der Ukraine als Frage der historischen Verantwortung Deutschlands. „Schon aus der Verantwortung vor unserer eigenen Geschichte kann es in dieser Lage für Deutschland nur einen Platz geben: An der Seite der Ukraine“, sagte Scholz am Samstag in einer Rede zum 80. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin. „Im Jahr 2024 können wir diesen 20. Juli nicht begehen ohne Gedanken an die tapferen Bürgerinnen und Bürger der Ukraine, die seit mehr als zwei Jahren dem verbrecherischen russischen Angriffskrieg widerstehen.“

In Anspielung auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin sagte Scholz, es handle sich um einen Krieg, „mit dem Russlands Machthaber erklärtermaßen das Ziel verfolgt, die Ukraine zu erobern und als souveränes Land zu zerstören – 79 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und 79 Jahre nach Inkrafttreten der Charta der Vereinten Nationen.“

Mit Blick auf die deutsche Innenpolitik mahnte Scholz zur Wachsamkeit bei der Verteidigung der Demokratie. Demokratie lebe davon, dass sich Bürgerinnen und Bürger engagierten, mit Respekt begegneten und jeder Art von Menschenfeindlichkeit und jedem Extremismus entgegenträten. „Diejenigen, die unsere Demokratie bekämpfen, werden stets auf unseren entschiedenen Widerstand treffen“, betonte der Kanzler.

Am 20. Juli 1944 hatten Wehrmachtsoffiziere um Claus Schenk Graf von Stauffenberg versucht, Hitler mit einem Sprengstoffanschlag zu töten und das nationalsozialistische Regime zu stürzen. Hitler überlebte jedoch und führte den von Deutschland begonnenen Krieg noch mehr als neun Monate lang weiter. Stauffenberg und zahlreiche seiner Mitstreiter und Unterstützer wurden hingerichtet. (rtr)

Neue Angriffe auf ukrainische Energieinfrastruktur

Russland hat nach ukrainischen Angaben in der Nacht erneut Einrichtungen der Energieinfrastruktur in der Ukraine angegriffen. Russische Drohnen des iranischen Typs Schahed hätten jeweils eine Anlage in der Region Sumy und eine in der Region Tschernihiw getroffen, erklärten Vertreter ukrainischer Behörden. Reparaturkräfte seien im Einsatz. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe schoss die Flugabwehr 13 von 17 russischen Drohnen über insgesamt fünf Regionen ab. (rtr)

Russland meldet Abschuss von 26 ukrainischen Drohnen

Russland hat nach Angaben eines Gouverneurs in der Nacht zum Samstag 26 ukrainische Drohnen über der an die Ukraine angrenzenden südrussischen Region Rostow abgeschossen. Es habe keine Opfer gegeben, erklärte Gouverneur Wassili Golubew im Onlinedienst Telegram.

Am Samstag vergangener Woche war eine Ölraffinerie in der Region Rostow nach einem ukrainischen Drohnenangriff in Brand geraten. Russland und die Ukraine setzen seit Beginn des Konflikts im Februar 2022 bei ihren gegenseitigen Angriffen regelmäßig Drohnen ein. Die Ukraine hat ihre Angriffe auf russisches Territorium in den vergangenen Monaten verstärkt und zielt dabei unter anderem auf Einrichtung der Energieinfrastruktur Russlands, die nach Angaben Kiews zur Versorgung der Armee verwendet werden. (afp)

UN-Flüchtlingskommissar warnt Ukraine vor hartem Winter

Angesichts der durch russische Angriffe verursachten Energiekrise in der Ukraine hat der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, vor einem harten Winter gewarnt und um weitere Hilfen geworben. „Energie, Energie, Energie. Ich habe noch nirgendwo eine solche Einmütigkeit gesehen“, schilderte Grandi der Deutschen Presse-Agentur seinen Eindruck von Gesprächen mit ukrainischen Offiziellen.

Die Verantwortlichen seien sehr besorgt. Und auch normale Menschen besonders in der ostukrainischen Metropole Charkiw hätten bereits Angst, im Winter ohne Heizung zu bleiben. Gleichzeitig mahnte der UN-Vertreter die internationale Gemeinschaft: „Halten Sie die Unterstützung aufrecht.“

Insbesondere nach den verheerenden russischen Raketenangriffen auf ukrainische Kraftwerke beobachte das UN-Flüchtlingshilfswerk in den vergangenen zwei bis drei Monaten wieder einen leichten Anstieg bei den Flüchtlingszahlen. „Sie sind besorgt, dass sie den Winter oder sogar diese sehr heiße Jahreszeit ohne Strom überstehen müssen“, sagte Grandi.

Daher sei gerade die Stromkrise und nicht unbedingt die militärischen Angriffe der Hauptgrund für Ukrainer, Schutz im Ausland zu suchen. Bei russischen Raketen- und Drohnenangriffen wurden seit März Kraftwerkskapazitäten von mehr als neun Gigawatt zerstört. Landesweit gibt es daher seit Mai stundenlange Stromsperren.

Die UN beobachtete dabei jedoch auch eine nicht unerhebliche Zahl von Rückkehrern „Die Schätzung ist, dass seit Februar 2022 eine Million Menschen für mindestens drei Monate zurückgekehrt sind“, sagte Grandi. Dabei gehe es um Menschen, die nicht nur kurz nach ihrem Haus geschaut haben. Dennoch seien weiterhin etwa 6,5 Millionen Ukrainer außerhalb des Landes.

Damit sei etwa ein Siebtel der ursprünglichen Flüchtlinge wieder im Land. Und den Einschätzungen seiner Organisation nach sei der Rückkehrwille weiterhin hoch. „Weiterhin sagen 60 bis 70 Prozent der in Europa befragten Flüchtlinge, dass sie zurück in die Ukraine wollen“, teilte der Flüchtlingskommissar mit. Als Haupthindernisse werden die andauernden Kämpfe, die Energiekrise, aber auch fehlende Einkommensquellen angegeben.

Der russische Großangriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Im Land gibt es den Vereinten Nationen zufolge derzeit gut 3,5 Millionen Binnenvertriebene. (dpa)

Donald Trump zu Selenskyj: „Werde Krieg beenden“

Der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj telefoniert und angekündigt, bei einer Rückkehr ins Weiße Haus den Krieg in der Ukraine zu beenden. „Ich bin Präsident Selenskyj dankbar dafür, dass er sich an mich gewandt hat, denn als Ihr nächster Präsident der Vereinigten Staaten werde ich der Welt Frieden bringen und den Krieg beenden, der so viele Menschenleben gekostet und unzählige unschuldige Familien zerstört hat“, erklärte Trump am Freitag (Ortszeit) in seinem Onlinenetzwerk Truth Social.

Selenskyj bestätigte das Telefonat und gratulierte Trump zur Nominierung als Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner. „Wir haben mit Präsident Trump vereinbart, bei einem persönlichen Treffen zu besprechen, welche Schritte einen fairen und wirklich dauerhaften Frieden ermöglichen können“, erklärte er im Onlinedienst X, ehemals Twitter. Selenskyj verurteilte zudem das „schockierende“ Attentat, das Trump bei einer Wahlkampfkundgebung am Samstag vergangener Woche in Butler im Bundesstaat Pennsylvania knapp überlebt hatte.

Ein Sieg Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl im November könnte Washingtons Unterstützung für die Ukraine infrage stellen. Trump hat wiederholt erklärt, er werde den Krieg sehr schnell beenden. Das könnte bedeuten, dass Kiew aus einer geschwächten Position zu Verhandlungen mit Moskau gezwungen sein würde. Einzelheiten nannte Trump nicht.

Trumps Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance ist ein entschiedener Gegner der US-Waffenlieferungen an Kiew. Unter anderem hatte er sich Anfang des Jahres vehement gegen die Genehmigung neuer US-Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von 61 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) ausgesprochen. (afp)

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