CDU gewinnt bei der Europawahl: Die Wiederauferstehung der CDU
Die Union wird bei der Europawahl stärkste Kraft. Für Friedrich Merz ist das ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Kanzlerkandidatur.
Für Friedrich Merz steht an diesem Sonntag einiges auf dem Spiel. Für den CDU-Chef ist seine Partei nach dem Debakel bei der Bundestagswahl inzwischen in Phase drei ihrer Auferstehung. Nach dem Ankommen in der Oppositionsrolle im Bundestag und der inhaltlichen Neuaufstellung durch das neue Grundsatzprogramm der Partei, geht es nun um die Macht: Phase drei, das ist der Kampf ums Kanzleramt. Die Europawahl ist dafür der erste bundesweite Stimmungstest.
Als Merz sich am Sonntag um kurz nach halb sieben in der Parteizentrale, umgeben von Mitgliedern aus dem Bundesvorstand, auf die Bühne stellt, sieht er sichtlich zufrieden aus. „CDU und CSU haben zusammen mit Ursula von der Leyen die Europawahl gewonnen“, sagt Merz. Und: „Das ist ein guter Tag für die Union.“
Nach ersten Hochrechnungen sind CDU und CSU klar stärkste Kraft und haben etwa 30 Prozent der Stimmen bekommen, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zur Bundestagswahl und auch etwas mehr als bei der letzten Europawahl. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert von der Ampel dann auch umgehend einen deutlichen Kurswechsel – oder gleich Neuwahlen. Friedrich Merz ist einer Kanzlerkandidatur an diesem Abend wieder ein Stück nähergekommen.
Knüpfen musste der CDU-Chef sein Schicksal ausgerechnet an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die ihm innerhalb der Partei, vorsichtig formuliert, nicht besonders nahesteht. Dem Green Deal für Klimaschutz, den von der Leyen als „Europas Mann-auf-dem-Mond-Moment“ bezeichnete und dann doch aufweichte, sah Merz von Beginn an kritisch. Doch von der Leyen ist biegsam. Um von der CDU als europäische Spitzenkandidatin der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) nominiert zu werden und mit Blick auf die später notwendige Mehrheit für ihre Wiederwahl, machte sie Zugeständnisse. „Diese Wahlkampagne ist mit das Beste, was ich bisher in meinem politischen Leben erlebt habe“, sagte sie bei einer TV-Debatte im Europaparlament. Nie habe sie sich den Europäern näher gefühlt.
Von der Leyens Image und die Realität
Friedrich Merz, CDU-Parteichef
Entgegen dem Trend in Deutschland, zeichnen sich auf EU-Ebene keine großen Zugewinne für die Europäische Volkspartei und ihre Spitzenkandidatin von der Leyen ab. Nach ersten Schätzungen von ARD und ZDF könnte die EVP auf rund 180 der 720 Sitze im neuen Europäischen Parlament kommen. Das wären aber nicht mehr als bei der Wahl 2019, als der CSU-Politiker Manfred Weber für die Konservativen antrat.
Bei ihren Wahlkampfauftritten pflegte von der Leyen das Image der erfolgreichen Krisenmanagerin. Ein Video zeigt sie in einem modernen Kriegsbunker in Finnland. Sie lobt die Arbeit der Finnen und verspricht, dieses Mind-Set in Brüssel zu pflegen. Allerdings fällt die Bilanz ihrer Arbeit nicht so rosig aus, wie sie gern behauptet. Der Green Deal steht nach fünf Jahren auf der Kippe. China und die USA haben Europa bei zukunftsträchtigen grünen Technologien überholt. Zudem wächst die europäische Wirtschaft kaum noch. Der Binnenmarkt müsse generalüberholt werden, fordert der frühere Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi.
Und ganz einfach wird auch von der Leyens Wiederwahl zur Kommissionspräsidentin nicht werden. Zwar wird die EVP nach allen Prognosen vom Sonntagabend als stärkste Fraktion aus der Wahl hervorgehen. Doch von der Leyen muss zunächst von den europäischen Staatschef*innen nominiert werden und sich dann im Parlament eine absolute Mehrheit sichern.
Kooperation mit Rechtspopulisten
Dafür wird wohl die Unterstützung von Sozialdemokrat*innen und Liberalen nicht reichen. Deshalb wird die CDU-Politikerin, das hat sie bereits angekündigt, neben den Grünen auch mit der rechtspopulistischen EKR-Fraktion sprechen. Sie werde mit allen kooperieren, die sich für Europa, für die Ukraine und für den Rechtsstaat einsetzen, so von der Leyen. Dies schließe die postfaschistische italienische Fratelli d’Italia von Regierungschefin Giorgia Meloni mit ein.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte von der Leyen davor, sich auch auf Parteien rechts von der EVP zu stützen: „Es dürfen keine rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien dabei sein.“ Er drohte, von der Leyen in diesem Fall nicht als deutsches Kommissionsmitglied vorzuschlagen. Im Parlament wollen nicht nur die SPD, sondern auch Grüne, Linke und einzelne Liberale von der Leyen ihre Stimme verweigern, wenn sie sich nicht klar von den radikal Rechten distanziert. Ein Eklat bei der im Juli geplanten Wahl der Kommissionsspitze ist deshalb nicht ausgeschlossen.
Für Merz wäre das ein herber Rückschlag. Von der Leyen ist seine einzige Chance, eine Christdemokratin in der Kommission zu platzieren. Im Koalitionsvertrag der Ampel steht nämlich: Wenn die Präsidentin keine Deutsche ist, liegt das Vorschlagsrecht für den Kommissionsposten bei den Grünen.
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