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Putin in VietnamSeiltanz mit Bambusstange

Sven Hansen
Kommentar von Sven Hansen

Putin mag sich durch seinen Empfang in Vietnam neue Chancen ausrechnen. Aber das südostasiatische Land verfolgt eine ganz eigene Diplomatie.

Russlands Präsident Putin besucht Vietnam Foto: Vladimir Smirnov/sputnik/pool via reuters

L ässt sich anhand von Vietnams Empfang des russischen Autokraten Wladimir Putin Hanois Außenpolitik als pragmatisch, flexibel, opportunistisch, antiwestlich, prinzipienlos oder gar skrupellos charakterisieren? Für jede dieser Zuschreibungen gibt es Indizien, doch zeugt der Empfang Putins vor allem für die von Hanoi so genannte Bambusdiplomatie. Laut dem greisen orthodoxen Parteichef Nguyen Phu Trong hat Bambus „starke Wurzeln, einen kräftigen Stamm und flexible Äste“.

Zentral für Hanois Bambus-Diplomatie ist die Betonung der eigenen Unabhängigkeit bei gleichzeitig guten Beziehungen zu möglichst vielen Staaten, ohne sich vereinnahmen, in Bündnissen binden oder gegen andere Länder in Stellung bringen zu lassen. Das autoritäre Regime geht davon aus, dass es so für das Land die größten Vorteile erzielt. Da ist was dran, bedenkt man, dass in den vergangenen Monaten sowohl Chinas Xi Jinping, Amerikas Joe Biden und jetzt Russlands Putin Hanoi besucht haben. China ist Vietnams Nachbar und größter Handelspartner, stellt aber auch die größte Bedrohung seiner Sicherheit dar.

Der alte Kriegsgegner USA ist wichtigster außerasiatischer Exportmarkt und Gegengewicht zu China. Und Russland ist größter Waffenlieferant, hat aber an Gewicht verloren. Hanoi will Moskau im Spiel halten, aber dafür nicht seine Beziehungen zum Westen riskieren.

Mit diesen Mächten – wie auch mit anderen wie Japan, Indien und Deutschland – schloss Vietnam strategische Partnerschaften. Dabei ist die Bambusdiplomatie ein Seiltanz, der die Fraktionen des Regimes spiegelt und voller Widersprüche ist. So hat Hanoi Putins Angriff auf die Ukraine nicht verurteilt, obwohl es bei Chinas maritimen Gebietsansprüchen auf dem internationalen Recht und der Unantastbarkeit der Grenzen besteht.

Putin kann jetzt zwar als Plus verbuchen, in Hanoi wie ein normaler Staatschef und Freund empfangen worden zu sein. Aber es zeigte sich auch, dass Russland an Gewicht eingebüßt hat und er nicht alle Wünsche erfüllt bekommt.

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Sven Hansen
Auslandsredakteur (Asien)
Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin
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7 Kommentare

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  • Vietnam ist einfach viel eigenständiger und erfolgreicher, als wir es hierzulande in der Regel wahrnehmen. Gleiches gilt für andere südostasiatische Länder. Die Amerikaner haben das längst erkannt und fördern neue Partnerschaften. Die Zeiten, in denen eine Macht in der Region das sagen hatte, sind auch für die Xinesen vorbei.

  • Vietnam nutzt die Gunst der Stunde, Putin Braucht dringend Partner und Freunde, dafür muss er zahlen, und das nützt Vietnam aus. Ansonsten wird Vietnam die Achse Moskau - Peking kritisch beobachten. Vietnam will nicht von Peking gelenkt werden. Putin hat immerhin ein Photo, eine Meldung und ein kleinen Hoffnungsschimmer einsammeln können. Im Grunde zeigt sich hier, wie stark Putin unter Druck geraten ist. Ihm droht in Europa eine starke Isolation.

  • Vietnam ist eben eine klassische kommunistische Einparteiendiktatur ohne Menschenrechte etc. Kein Wunder, dass Putin da anklopft.

    • @Luftfahrer:

      "Vietnam ist eben eine klassische kommunistische Einparteiendiktatur ohne Menschenrechte"



      echt waren sie schonmal da?

      • @Frank Meier:

        Nö. Brauch ich aber auch nicht. Als Gast bekommt man sowieso nur eine Fassade vorgesetzt. Versuchen Sie mal als Einheimischer, etwas zu machen, was der Parteispitze missfällt (z.B. an ihr Kritik üben oder eine Oppositionspartei gründen). Da werden Sie die klassischen Diktatoreninstrumente wie Entführungen, Verschwindenlassen, Schauprozesse usw am eigenen Leib erfahren.

    • @Luftfahrer:

      Ich glaube, dass dies keine Rolle spiel, allenfalls alte freundschaftliche diplomatische Beziehungen. Ansonsten sind Putin seine Freundschaften relativ egal, er selber ist nur am Anfang seines Lebens Kommunist gewesen, jetzt ist Vertreter eine kapitalistischen Oligarchie, dagegen ist Vietnam dann wirklich ein linksradikales Land.

  • Russland ist wirtschaftlich, militärisch und demographisch auf dem absteigenden Ast, aber viele Länder nutzen die Chance um da nochmal was rauszuholen. Für Vietnam und Indien kommt das Problem dazu von einem russischen Rüstungsswktor abzuhängen der nicht mehr liefern kann wie vorher und dessen Produkte sich nicht so richtig bewährt haben.