piwik no script img

EU warnt IsraelMilitäreinsatz muss beendet werden

Die EU fordert Israel auf, den Militäreinsatz in Rafah sofort zu beenden. Währenddessen planen die USA trotz Kritik, Israel weitere Waffen und Munition zu liefern.

An der Grenze zum Gazastreifen geparkte israelische Panzer. Bald sollen sie Munitionsnachschub aus den USA bekommen Foto: Leo Correa/ap/dpa

Washington/Beirut ap/afp | Die Europäische Union hat Israel aufgerufen, seinen Militäreinsatz in Rafah im südlichen Gazastreifen sofort zu beenden. Eine Fortsetzung des israelischen Militäreinsatzes in Rafah würde „die Beziehungen der EU zu Israel unweigerlich schwer belasten“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch in Brüssel. Israel dürfe „die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage“ im Gazastreifen nicht weiter verschärfen. Auch der Grenzübergang Rafah müsse wieder geöffnet werden, forderte Borrell.

Als Druckmittel hatte Belgien kürzlich EU-Sanktionen gegen Israel gefordert und konkret ein Waffenembargo genannt. Das Land, das traditionell den Palästinensern nahesteht, hat in diesem Halbjahr den Vorsitz im Ministerrat. Allerdings erfordert ein Sanktionsbeschluss Einstimmigkeit, Israel-freundliche EU-Staaten wie Deutschland, Österreich und Ungarn sehen Strafmaßnahmen jedoch kritisch.

Borrell betonte, die EU erkenne zwar das Recht Israels an, sich zu verteidigen, doch müsse Israel dies im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht tun und die Zivilbevölkerung in Sicherheit bringen. Dies sei bei der Evakuierung der Menschen aus Rafah nicht gewährleistet. Der EU-Außenbeauftragte rief alle Seiten auf, sich für einen sofortigen Waffenstillstand und die bedingungslose Freilassung aller Geiseln einzusetzen, die von der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen festgehalten werden.

Neue US-Waffen für Israel

Trotz Kritik an Israels Kriegsführung im Gazastreifen will die US-Regierung weiteres militärisches Gerät und Munition an seinen Verbündeten liefern. Das Paket habe einen Umfang von mehr als einer Milliarde Dollar, erfuhr die Nachrichtenagentur AP aus Abgeordnetenkreisen.

Konkret umfasst es demnach 700 Millionen Dollar an Panzermunition, 500 Millionen für taktische Fahrzeuge und 60 Millionen für Mörsergeschosse.

Erst vor einer Woche hatten die USA eine Lieferung von 3.500 Bomben an Israel auf Eis gelegt. Grund war die Sorge, dass Israel diese in einer Offensive in der Stadt Rafah einsetzen könnte, in die Hunderttausende Palästinenser aus anderen Teilen des Gazastreifens geflohen waren. Mittlerweile haben zahlreiche der Geflohenen Rafah wieder verlassen, um anderswo Schutz zu suchen.

Wann die neue Munition an Israel geliefert werden soll, war zunächst unklar. Zwei Mitarbeiter im Kongress sagten der AP, die Lieferung sei nicht Teil der lange verzögerten Militärhilfe für Israel, die im April beschlossen worden war. Unklar war auch, ob es sich möglicherweise um die jüngste Tranche aus einer bereits existierenden Vereinbarung für Waffenlieferungen handelte.

Der Kongress müsse das neue Waffenpaket noch genehmigen, sagte ein US-Regierungsvertreter.

Die US-Regierung wurde wegen ihrer militärischen Unterstützung für Israel im mittlerweile siebenmonatigen Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen vielfach kritisiert. Einige von US-Präsident Joe Bidens demokratischen Parteikollegen haben ihn dazu gedrängt, die Lieferung von Angriffswaffen an Israel zu begrenzen, um den US-Verbündeten unter Druck zu setzen, mehr für den Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung zu tun.

Bei Protesten an Universitäten in den USA wurde ebenfalls ein Ende der militärischen Unterstützung für Israel gefordert. Die Republikaner wiederum wollen im Kongress die Lieferung neuer Offensivwaffen an den Verbündeten Israel erzwingen.

Israel tötet Hisbollah-Kommandeur im Libanon

Bei einem israelischen Angriff im Süden des Libanon ist ein Kommandeur der Hisbollah-Miliz getötet worden. „Ein Flugzeug der israelischen Luftwaffe hat Hussein Makki in der Region Tyros getroffen und eliminiert“, teilte die israelische Armee am Mittwoch im Onlinedienst Telegram mit. Zudem veröffentlichte sie ein aus der Luft aufgenommenes Video von der Explosion eines Autos.

Den israelischen Angaben zufolge war der 55-jährige Makki verantwortlich für die „Vorbereitung und Ausführung zahlreicher Terroranschläge gegen Zivilisten und das israelische Staatsgebiet“.

Zuvor hatte die Hisbollah-Miliz erklärt, Makki sei „als Märtyrer auf dem Weg nach Jerusalem“ gestorben. Die libanesische Nachrichtenagentur Ani berichtete von zwei Toten nach einem israelischen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug im Süden des Libanon.

Am Dienstag hatte die israelische Armee den Tod eines Zivilisten im israelischen Grenzgebiet nach einem Raketenangriff aus dem Libanon gemeldet. Zudem hatte sie erklärt, „dutzende Ziele“ der Hisbollah-Miliz im Südlibanon angegriffen zu haben.

Seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen kommt es fast täglich zu gegenseitigen Angriffen der von Iran unterstützten und mit der Hamas verbündeten Hisbollah im Libanon und der israelischen Armee.

Im Libanon wurden dabei nach einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP seit Oktober mindestens 413 Menschen getötet, darunter vor allem Hisbollah-Kämpfer, aber auch dutzende Zivilisten. Nach israelischen Angaben wurden auf der israelischen Seite der Grenze 14 Soldaten und 10 Zivilisten getötet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Das eigentliche Problem ist ja, dass wohl niemand einen Hebel hat, um die Hamas zur schnellen Geiselfreigabe zu drängen. Weder Amerikaner, noch Araber, noch Türken, noch die UNO, die EU, oder gar die leidende palästinensische Bevölkerung. Sonst würde doch bestimmt irgendwer ganz einfach diesen Lösungsansatz wählen.

  • So hässlich es auch klingt, nur wenn Biden wirklich die " Daumenschrauben " zum Einsatz bringt ", dürfte es Bibi zum Einlenken bewegen. Solange dass nicht geschieht wird er weitermachen, nicht um die Hamas zu besiegen, nein um selbst weiter an der Macht zu bleiben, denn bei seinem Rücktritt würde er sich mit vielen Fragen konfrontiert sehen die er nicht beantworten will, oder kann und die im Zweifelsfall eine gewisse Zeit hinter " schwedischen Gardinen " mit sich bringen.

    • @flaviussilva:

      Ich hoffe, Bibi zieht durch und besiegt die Hamas. Israel braucht die USA keineswegs, um die Hamas zu besiegen. Übrigens ist "Bibi" weder Führer, Anführer, Kapitän oder Häuptling von Israel oder der Armee. Die militärischen Entscheidungen werden momentan im Gesamtkabinett mit allen Parteien gemeinsam beschlossen, also auch der Arbeiterpartei. Und die wollen verständlicherweise die Hamas zerstören.

  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    "Panzermunition, taktische Fahrzeuge und Mörsergeschosse" sind exakt die Waffensysteme, die Israel einsetzt, um bis Heute ca. 35.000 Zivilisten (in Relation zu ca. 4.000 getöteten Hamas Kämpfern) zu töten.



    Die Bomben, die Biden vorerst mit Lieferstopp belegte, sind noch in reichlicher Quantität in den Arsenalen der IDF und dienen weiterhin der systematischen Zerstörung von Höusern, Krankenhäusern, Strassen, Elektritizität und der Wasserversorgung in Gaza.



    Panzerfahrzeuge, Mörsergranaten und Panzergranaten dienen dem Beschuss von palästinensischen Wohngebieten und Farmen in der Westbank, durch die IDF.



    Währenddessen schreiben Foristen auch hier davon, dass sich palästinensische Zivilisten als Schutzschilde der Hamas zu Verfügung stellen, dass Anrainerstaaten in Gaza für lebenswerte Verhältnisse sorgen sollen, übernehmen ungeprüft Angaben einer rechtsextrem-religiösen Regierung unter Führung eines unstrittig Kriminellen zu Anzahl von sich weiterhin in Gaza verseteckenden Hamas Terroristen und fordern dabei von Anderen gefälligst in jeden Kommentar auf die Grausamkeit der Terrorattacke vom 07.10. hinzuweisen, aber die menschenverachtende Konfliktführung, die jahrzehntelange Apartheidspolitik Israels in Gaza und Westbank sowie den mutmasslichen Genozid derzeit auszublenden oder schlicht ebenfalls zu unterschlagen.



    Was ist nur mit den Leuten los?



    Es ist doch völlig unstrittig, das der Terrorangriff der Hamas menschenverachtend war. Das die Hamas an sich ein Krebsgeschwür im Nahen Osten ist. Ebenso unstrittig ist, was wir Alle an Israels Reaktion wahrnehmen. Masslose Rücksichtslosigkeit, gewollte Entmenschlichung der Palästinenser per se, unbeschreibliche, monatelange Grausamkeit gegen Zivilisten und Landraub unter Schutz der IDF in der Westbank.



    Warum weiter Waffen leifern?



    Warum gewinnen wollen, hier im Forum mit Meinung, dort mit Auslöschung eines Volkes?



    Warum nicht beider Seiten Grausamkeiten benennen und eine Lösung, eine Zwei-Staaten-Regelung, bereiten?



    Warum?!

    • @608196 (Profil gelöscht):

      Ich stimme Ihnen zu! Aber lassen Sie sich nicht von den vielen proisraelischen Kommentaren hier täuschen.

      Nur 18% der Deutschen halten Israels Kriegsführung für gerechtfertigt, 69% nicht!

      de.statista.com/st...r%20gerechtfertigt.

    • @608196 (Profil gelöscht):

      "Warum nicht beider Seiten Grausamkeiten benennen und eine Lösung, eine Zwei-Staaten-Regelung, bereiten?"



      Davor müssten die Palästinenser erst einmal für sich selbst so etwas wie eine Ein-Staaten-Lösung realisieren.

      • 6G
        608196 (Profil gelöscht)
        @Vigoleis:

        Dazu bedarf es z.B. Planungssicherheit.



        Dazu braucht es Strom, Wasser, Ackerfläche, Industrieansiedlung, freien Handel, Reisefreiheit, respektierte Grenzen - selbst verwaltet und bewacht - eine Währung, etc.



        Fällt Ihnen da etwas auf?

        • @608196 (Profil gelöscht):

          Naja, wenn sich die Hamas, seit 2006 de facto Machthaber im Gazastreifen, es sich zur Aufgabe gemacht hätte, die vorhandenen Ressourcen zum Aufbau von zivilen Strukturen, einer zivilen Wirtschaft, Strom- und Wasserversorgung etc. zu verwenden, also so etwas wie einen guten Willen und good Governance gezeigt hätte, wäre vieles andere nachgekommen.



          Stattdessen hat man sich, koste es, was es wolle, aufgerüstet, für einen Krieg gegen Israel, der sowieso nicht zu gewinnen ist, militärische Infrastruktur in Wohngebieten installiert (also Zivilisten von Beginn an als lebende Schutzschilde vorgesehen), massenhaft sinnlose Tunnelbauten geschaffen, Geld dafür aufgewendet, Menschen von sich abhängig zu machen, anstatt nachhaltige Betriebe aufzubauen etc. pp.



          Wenn sich die Hamas als nichts anderes definiert denn "als Stachel im Fleisch Israels" und nichts zuwege bringt, was auf so etwas wie Kooperation schließen lässt, sondern auf totale Rache und Vernichtung des Staates Israel und seiner Bewohner setzt, sollte man sich nicht immer beschweren, sondern selbst mal darüber nachdenken, was in Zukunft anders gehen könnte.

  • Das wird Joe Biden die Stimmen der Linken und der arabischen Community kosten, der Welt Trump2 bescheren und uns alle einer Welt-Nakba näher bringen.

  • Ich dachte ja, die Kurskorrektur der Biden-Administration gegenüber Israel sei nachhaltiger - so kann man sich täuschen. Die Meldungen über den möglicherweise völkerrechtswidrigen Einsatz von US-Waffen durch die IDF sind ja noch ganz frisch.



    Es zeigt, wie sehr diese US-Regierung zwischen die Fronten der innenpolitisch einflussreichen Israel-Lobby und den pro-palästinensischen Kräften im eigenen, demokratischen Lager geraten ist.



    Welche Gruppe mag da wohl ausschlaggebend für den Wahlausgang im November sein? Auch darum geht es bei Bidens Entscheidungen in der Nahostpolitik.



    Ein Schlag ins Gesicht der Palästinenser und verantwortungsbewusst gegenüber Israel - und den Bemühungen der israelischen Opposition, Netanyahu und seine rechten Spiessgesellen los zu werden - ist so eine „Schaukelpolitik“ übrigens auch nicht.