Fachkräftemangel in der Pflege: Mehr Geld löst die Probleme nicht

Die Gehälter in Pflegeberufen sind überdurchschnittlich hoch. Das ändert aber nichts an den belastenden Arbeitsbedingungen.

Eine Pflegerin und eine Heimbewohnerin schauen zusammen aus einem Fenster im Wohnbereich des Pflegeheims. Im Vordergrund steht ein Rollator

Pflegeberufe wie Alten- und Krankenpfleger führen die Spitze der Berufe mit Fachkräftemangel an Foto: Tom Weller/dpa

BERLIN taz | Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind hierzulande katastrophal und die Bezahlung schlecht? Zumindest letztere landläufige Meinung hat das Statistische Bundesamt am Montag jedenfalls teilweise entkräftet. Demnach verdienen ausgebildete Pflegekräfte in Deutschland im Schnitt deutlich mehr als Beschäftigte in anderen Ausbildungsberufen. Während Personen mit Ausbildungsabschluss im April 2023 durchschnittlich 3.714 Euro verdienten, lag das Durchschnittsgehalt in der Krankenpflege bei 4.067 Euro, in der Altenpflege bei 3.920 Euro.

Für Barbara Susec, zuständig für Pflegepolitik und Pflegeversicherung bei verdi, ist dieses vergleichsweise hohe Gehalt in der Pflege auch ein Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen: So hätten gute Tarifabschlüsse zu einer Anhebung der Pflegemindestlöhne geführt. Seit 2015 gilt in der Alten- und Krankenpflege dieser spezielle Pflegemindestlohn, der aktuell bei 14,14 Euro für Pflegehilfskräfte und 18,25 Euro für Pflegefachkräfte liegt und bis 2025 auf 16,10 Euro beziehungsweise 20,50 Euro steigen soll.

Thorsten Mittag, Referent für Altenhilfe und Pflege beim Paritätischen Gesamtverband, findet, die Bezahlung sei inzwischen dort, wo sie hingehört, doch „der Weg dahin war erheblich schwer“. Zumindest die angemessene Bezahlung sei damit keine Baustelle mehr, um die vielen freien Stellen in der Pflege zu besetzen, insbesondere aufgrund der tariflich vereinbarten Lohnsteigerungen in den nächsten Jahren.

Allerdings glaubt Mittag nicht, dass sich nur dank höherer Gehälter wesentlich mehr Menschen für den Pflegeberuf entscheiden würden. Es komme jetzt vielmehr auf Faktoren wie Dienstplan, Sicherheit, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Entwicklungsmöglichkeiten an.

Viele Auszubildende brechen Ausbildung ab

Pflegeberufe wie Alten- und Krankenpfleger führen die Spitze der Berufe mit Fachkräftemangel an. Insgesamt arbeiten rund 1,2 Millionen Menschen in der Pflegebranche. Doch die Arbeitsbedingungen sind oftmals extrem belastend, sodass mit 65 Prozent ein Großteil der Pflegekräfte in Teilzeit arbeitet. Nicht wenige Auszubildende brechen aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen ihre Ausbildung vorzeitig ab. Vor allem die Personalnot und die damit oft einhergehende Arbeit in teilweise krasser Unterbesetzung bringen viele Menschen in der Pflege an und über die Belastungsgrenze.

Der oft viel zu niedrige Personalschlüssel wird sich in den nächsten Jahren zudem durch einen eklatanten Anstieg an Pflegebedürftigen noch weiter verschärfen. Aktuell sind in Deutschland fünf Millionen Menschen pflegebedürftig. Bis 2055 wird diese Zahl laut der Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes um 37 Prozent auf etwa 6,8 Millionen ansteigen.

„Um jetzt und in Zukunft genügend Menschen für einen Pflegeberuf zu gewinnen, ist es wichtig, dass diese Berufe auch im Vergleich zu anderen Berufen attraktiver werden,“ sagt Barbara Susec von verdi. Zwar trage eine bessere Bezahlung maßgeblich dazu bei. Doch Susec sieht in den belastenden Arbeitsbedingungen die Hauptursache dafür, dass Pflegekräfte entweder ihre Arbeitszeit reduzieren oder aber den Beruf verlassen.

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