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„Tradwives“ – traditionelle FrauenEin bisschen Haushalt für die Klicks

Tradwives inszenieren auf Instagram ein Frauenbild, das an die Fünfzigerjahre erinnert. Das Hausfrauen-Dasein wirkt leicht – aber auch realitätsfern.

Zurück in die 50er? Foto: Pond5 Images/imago

A uf Instagram werden mir in letzter Zeit diese „Tradwives“-Videos in den Feed gespült. Ich bin selbst schuld, ich hab mir eines dieser Videos in voller Länge angesehen, weil ich einigermaßen fassungslos war, dass da eine topgestylte Frau in einem schwarzen, federbesetzten Morgenmantel in ihrer Küche steht und zweierlei Cereals – diese Getreideerzeugnisse, die in den USA mit viel Zucker versetzt auf dem Frühstückstisch landen – morgens für ihre Kinder „from scratch“, also komplett selbst macht, anstatt sie wie Normalsterbliche im Supermarkt zu kaufen.

Jetzt denkt der Algorithmus, dass mich das interessiert. Und was soll ich sagen, es tun sich Abgründe voller Lächerlichkeiten auf. Denn während es total in Ordnung ist, sich als Mutter dafür zu entscheiden, eine Hausfrau sein zu wollen – sofern es aus freien Stücken, finanziell gleichberechtigt und mit einigermaßen realistischen Erwartungen einhergeht –, haben diese Trad­wives mit realen Hausfrauen so viel gemeinsam wie Luke Mockridge mit Menschen, die lustig sind – überhaupt gar nichts.

Tradwives sind ein Internetphänomen. Es geht im Grunde um die verbale oder optische Glorifizierung der traditionellen Ehefrau, die zu Hause bleibt, sich um die Kinder kümmert, ständig kocht und ihrem Ehemann huldigt – alles immer top­gestylt und gut gelaunt. In diesen Videos sieht alles ein bisschen so aus, als hätten die 50er Jahre oder die Amish People ins Zimmer gekotzt.

Nun wird viel diskutiert, ob das schon rechtes Gedankengut ist, oder ob es nicht vielmehr Teil der feministischen Emanzipation ist, dass Frauen selbst entscheiden dürfen, keine Karriere zu verfolgen und kein Geld zu verdienen, wenn sie das denn wollen. Der Witz an der Sache ist aber, dass das Accounts sind, die Tausende – oder wie die Dame in Federn gar über 2 Millionen – Follower haben. Per Definition sind das Influencerinnen. Das ist ein Job, mit dem man Geld verdient. Eine Karriere sozusagen.

Fernab der Realität

Diese Frauen sind also Unternehmerinnen, die viel Geld damit verdienen, zwischendurch Gesichtscremes in die Kamera zu halten. Andere Tradwives haben wiederum reiche Familien, wie Hannah Neeleman, die Ballerina ist und mit Mann und acht Kindern das einfache Farmleben inszeniert.

Das wirkt alles sehr durchsichtig, doch das eigentliche Problem findet man in den Kommentaren: junge Frauen, die sich mit diesen beigen Videos voller Glück, Schürzen und Nudelhölzer identifizieren möchten. Die denken, das, was sie da sehen, hätte auch nur irgendwas mit der Realität einer Hausfrau und Mutter in einem durchschnittlichen Haushalt zu tun.

Denn man sieht diese Frauen nie tun, was Hausfrauen hauptsächlich tun: die Küche dreimal täglich putzen. Die Kinder genervt ermahnen, dass die dreckige Wäsche in den Korb gehört und nicht auf den Fußboden. Den Windelmüll unter Brechreiz aus dem Eimer hieven. Verschwitzt mit den Kindern von einem Termin zum anderen hetzen. Immer mehr Verachtung für den Partner entwickeln, weil man ständig Socken aufsammelt, Wäsche wäscht, eingetrocknetes „Cereal“ vom Boden kratzt, Essen auftischt; weil man all diese Dinge macht, die mit der Zeit keiner mehr sieht. Außer natürlich man stellt Videos davon auf Instagram.

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Saskia Hödl
Autorin
Jahrgang 1985, ist freie Autorin in Wien und schreibt über Politik, Medien und Gesellschaft. Ehemalige taz panter Volontärin, taz eins Redakteurin und taz2&Medien Ressortleiterin.
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11 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Hat dein Leben keinen Sinn?



    Werde Influencer*in!

  • "Tradwives sind ein Internetphänomen."

    Eben. Sie sollten da nicht so viel Energie reinstecken. Für jeden Lebensstil finden sich Internetblasen. Für die modern-emantipierten Großstädterinnen werden Sie auch welche finden.

  • Dass Instagram allenfalls eine gründlich aufpolierte Projektion von Realität darstellt, dürfte aber ein universelles Phänomen sein - egal ob sich die betreffenden Influencer nun als beliebt, modisch, sportlich, ständig auf Reisen, öko oder beruflich aktiv darstellen wollen. Wer Hausarbeit und Elternschaft naturalistisch als frustrane Blut-Schweiß-Tränen-Tätigkeit dargestellt sehen möchte, kann das gerne selbst tun, aber Follower gibt's dafür halt nicht. Vielleicht sollten die frustrierten Leid-Tragenden da draußen sich aber auch mal fragen, ob es wirklich diejenigen sind, die Spaß an ihrem Leben haben, die Anderen das ihre versauen...

  • Hallo Frau Hödl, ein schöner Artikel. Er beweist mir, daß wir das Internet, also die digitale Welt, nicht mit der Realität, also der analogen Welt, verwechseln bzw. gleichsetzen dürfen.



    Ich habe mir neulich mal Content von disesem"Supermax" von der AfD angesehen. Das wird natürlich gezählt. 1 Click mehr. Kann mir nicht vorstellen, daß es viele Jugendliche gibt, die den gur finden. Aber viele, die sich beömmeln und es mit ihren Freunden teilen. Klicks sind keine Wählerstimmen.



    Bei den " Fratziweibchen-Clips" könnte ich mir vorstellen, daß sie mehr als Satire zu verstehen sind und die Macherinnen einfach Spaß an so einem Rollenspiel hatten. Möglicherweise ist auch schon KI im Spiel und es spielen gar keine Menschen mehr vor der Kamera.



    Social-Media sind dennoch gefährlich. Sie verbrauchen enorme Energiemengen, also schlecht fürs Klima. Sie werden teilweise manipulativ eingesetzt, verwischen die Grenzen zwischen real und virtuell und vergiften das gesellschaftliche Klima. Vernünftige Menschen machen da nicht mit. Also raus aus X, Insta, Facebook und Co! Dann müssten allerdings einige Leute richtig arbeiten, um reich zu werden.

  • "...als hätten die 50er Jahre oder die Amish People ins Zimmer gekotzt."



    /



    Das mit den Amish People mag lustig gemeint sein, ist aber eher grenzwertig in Sachen Respekt, denke ich.



    /



    "Die Amish sind eine protestantische Glaubensgemeinschaft. Religiöse Leben bestimmen das ganze Leben, lediglich die Auslegung unterscheidet sich je nach Gemeinde.



    Vor allem Werte des Neuen Testaments sind wichtiger Bestandteil der religiösen Grundlagen. Dazu zählen die Taufe, Gewaltlosigkeit, die Trennung von Kirche und Staat sowie die Ablehnung von Eiden."



    Quelle prosieben.de



    Die Überschneidungen mit anderen, u.a. sog. "orthodoxen" Glaubens-Gemeinschaften sind klar, die hätte hier aber niemand adressiert.

  • Wie wäre es mal mit einer RealTradwife-Serie mit allen im letzten Absatz genannten Aktivitäten? Könnte unter "Horror" oder "Thriller" laufen ;-) Wahrscheinlich könnte man damit sogar Geld verdienen.

  • Wer erwartet auf Instagram Realität?

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Viel zu viele.

      • @Herma Huhn:

        Na ja. Vielleicht ist es ja doch Realität. Eine Influencerin mit Millionen Followern kann sich evtl. Personal leisten.

        Oder Putzroboter und andere Hightech für den Haushalt.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          "Vielleicht ist es ja doch Realität. Eine Influencerin mit Millionen Followern kann sich evtl. Personal leisten.



          Oder Putzroboter und andere Hightech für den Haushalt."



          Man fragt sich glatt, wie es die Hausfrauen früher geschafft haben, so ganz ohne Follower, Putzroboter oder anderer unverzichtbarer Dinge.

          • @Encantado:

            Sie haben die Arbeiten gemacht. Allerdings sahen sie dabei nach Arbeit aus, nicht nach Wellness.

            PS: Wieso man 3 mal am Tag die Küche putzen muss, erschießt sich mir auch nicht. Selbst wenn ich Kinder einrechne.