Neue Musik aus Berlin: Mit besonderem Kompass
Das Christian Marien Quartett gruppiert sich um seinen Schlagzeuger. Das Debüt „How Long Is Now“ ist experimentell-kratzbürstig. Jazz, der Zähne zeigt.
S o schließt sich ein Kreis, ohne ab- oder auszuschließen: Im Januar 2022 debütierte das Christian Marien Quartett mit einem Konzert beim Jazzkeller 69 im Kühlspot Social Club in Weißensee, zwei Jahre später feiert es sein Debütalbum in den Räumen, die der Jazzkeller 69 im Industriesalon Schöneweide bespielt. „How Long Is Now“ enthält bei einer Laufzeit von 50 Minuten sieben Stücke und erscheint als LP und CD.
Die Band bilden: Tobias Delius (Tenorsaxofon, Klarinette), Jasper Stadhouders (Gitarre), Antonio Borghini (Kontrabass), Christian Marien (Schlagzeug). In der sechsminütigen Eröffnung „40 Love – Goldrausch“ hat Mariens Spiel fast Latin-Flair. Doch dann schreit das Saxofon.
Das kürzeste Stück, das sich langsam steigernde, dann wieder ruhiger werdende „The Lobster“, ist vier Minuten lang. Gleich zwei Tracks bringen es auf neun: „Lily – Doppelhertz“ führt in kratzbürstige Freiheit mit einer Gitarre, welche die Zähne zeigt. Gestrichener Bass eröffnet „The Landing“, das sich über Saxofon- und Gitarrensplitter zu einem der experimentellsten Stücke entwickelt.
Christian Marien Quartett: „How Long Is Now“ (MarMade Records); Record Release Konzert am 14. April um 15 Uhr im Industriesalon Schöneweide, Reinbeckstr. 9
„Deesse“, der Abschluss, überzeugt umgekehrt mit einem enorm perkussiven ersten Teil und ab der dritten Minute durch eine ruhige Schönheit. Ornette Coleman und Charles Mingus dürfen als Inspirationen vermutet werden, sicher auch die Beiträge von Drummern als Bandleader, Max Roach im mittlerweile klassischen Modern Jazz oder unlängst Gard Nilssen. Das Christian Marien Quartett spielt mit Kompass, aber ohne Diktat.
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