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Zugangssperren in U-BahnhöfenVom Zaun zum Kreuz

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Um Obdachlose draußen zu halten, wollen Polizei und CDU nach dem Görlitzer Park auch U-Bahnhöfe absperren. Doch das wird nicht funktionieren.

Zugangssperre in Brüssel Foto: dpa

D ie Idee, Obdachlose oder Drogenabhängige im Stadtbild unsichtbar zu machen, elektrisiert. Seit Tagen berichten Berlins Medien über den Vorschlag von Markus van Stegen, Leiter der für Kreuzberg und Neukölln zuständigen Polizeidirektion 5, U-Bahnhöfe mit Zugangskontrollen in Form von Drehkreuzen auszustatten. Am Dienstag frohlockte der Berliner Kurier auf seiner Titelseite: „Experten fordern Drehkreuze gegen Drogen, Elend und Gewalt. Werden Berlins U-Bahnhöfe abgeriegelt?“

Die einfache Antwort darauf lautet: Nein. Das zeigen ähnliche Debatten aus den vergangenen Jahrzehnten ebenso wie das Bemühen von Logik. Trotzdem werden viele Zeilen darauf verwendet, Po­li­ti­ke­r:in­nen befragt und Vergleiche mit anderen Städten herangezogen. Dass das Bedürfnis groß ist, sozialen Problemlagen mit Absperrungen zu begegnen, hat zuletzt schon der geplante Zaun um den Görlitzer Park gezeigt. Was sich aber überirdisch zumindest praktisch umsetzen lässt, scheitert unterirdisch an den Gegebenheiten.

Trotz der Berliner Sehnsucht, Weltmetropole zu sein, sind New York, Paris oder Moskau kein Vorbild. Vielen U-Bahnhöfen hier fehlt es schlicht und einfach am Platz, um Sperren einzurichten; man denke nur an die Bahnhöfe der Gründerzeit, etwa auf der U6, deren schma­le Treppen von der Straße direkt auf den U-Bahn-Steig führen. Ad absurdum werden Drehkreuze auch durch Aufzüge geführt, die direkt von der Straße auf die Bahnhöfe führen.

Zugangsbeschränkungen setzen eine Zwischen­ebene voraus, um gefährliche Stausituationen zu vermeiden – und bleiben doch eine Gefahr, etwa im Fall eines Brandes. Ein solcher, im U-Bahnhof Deutsche Oper im Jahr 2000, beendete schon einmal das Vorhaben, Sperren einzurichten. Nicht zuletzt: Die Installation und der Betrieb durch dauerhaftes Stationspersonal würde Unsummen verschlingen, Geld, das in einen funktionsfähigen Fuhrpark oder mehr Fah­re­r:in­nen deutlich besser investiert wäre.

Auf all das weisen Ver­kehrs­ex­per­t:in­nen der BVG oder des Fahrgastverbands hin – aber im Sicherheitsdiskurs zählen selten Argumente. Unterstützung für den Polizeivorschlag kommt wenig überraschend aus der CDU. Man möchte antworten: Wer Drehkreuze will, soll doch Schwebebahnen bauen.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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10 Kommentare

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  • Vielleicht sollte man erst mal klar sein, dass die UBahn nicht als für die Stadt billige Wärmestube oder Aufenthaltsraum für Obdachlose bzw. Schwer Abhängige dienen sollte. Ich hatte bisher den Eindruck, dass die Stadt da stillschweigend einen schlanken Fußß macht und sich dann wundert, wenn bestimmte Stationen gemieden werden.

  • Für Drehkreuze spricht eigentlich nur, dass man weder in London noch in New York regelmäßig trotz gültigem Fahrausweis von Kontrolleuren eingeschüchtert oder bedroht wird. Die beeinträchtigen mein Sicherheitsempfinden mehr als Obdachlose und Junkies, die in der Regel einfach anwesend sind und niemanden offensiv belästigen.

  • Ein wichtiger Punkt, weswegen wir keine Drehkreuze in deutschen U-Bahnen haben, ist die große Vielfalt an unterschiedlichen Tickets. Das sind ja nicht nur BVG-Papierschnipsel und QR-Codes, sondern auch bedruckte Plastikkarten unterschiedlichen Formats und von den unterschiedlichsten Institutionen, Schwerbehindertenausweise, Ersatzpapiere, wenn man mal seine Plastikkarte verloren hat, ja sogar die Uniform der Bundeswehr ist zumindest für die Bahn ein gültiges Ticket. Dieser Wust macht den Beruf der*s Fahrkartenkontrolleurin*s in Deutschland ziemlich nicht-automatisierbar, ohne bundesweit Millionen Fahrberechtigten ein anderes Ticket zu geben, oder ihnen die Mitfahrt zu verweigern.

    Dass Leute fordern, feindliche Architektur aufzustellen, ohne dass damit überhaupt Kontrolleure eingespart und der Betrieb effizienter gemacht werden könnte, sagt schon viel über diese Leute aus. Eine Menschenfeindliche Scheindebatte ist das.



    Leuten zu wünschen, dass sie wegen eines bockigen Zugangstores den Zug verpassen, ist nicht nett, aber vielleicht würde es die entsprechenden Politiker und Polizisten zu der Einsicht bringen, dass feindliche Architektur auch normalen Nutzern schadet.

  • Das geht in Berlin schon aus Platz- und Brandschutzgründen (Fluchtwege!) nicht. Ein einsprechender Umbau zur Erweiterung der Zugangswege und Flächen würde mehrere Milliarden kosten, viel aufwändiger etwa als die barrierefreie Erschließung, bei zweifelhaften bis gar keinem Mehrwert.

  • Bewegt man sich in Paris, London oder New York mit der U-Bahn hat man ein ganz anderes Sicherheitsgefühl als in der U8.

    Das ist eben der Vorteil geschlossener Systeme. Die können natürlich die sich verschärfenden sozialen Probleme wie Obdachlosigkeit oder Sucht nicht lösen, sondern nur verdrängen.

    Baulich umsetzbar wäre das sicher nicht ohne weiteres, aber nach und nach vielleicht doch.

    Die Kostenfrage hat man in London so gelöst:

    Dort sind die Sperren („faregates“) vom Hersteller gratis aufgestellt worden – dafür wird er an den Fahrgeld-Mehrerträgen beteiligt. Die mehr als 3400 Sperren, die in den damals 379 Londoner U-Bahnhöfen standen, stammen von Cubic Transportation Systems.

    • @Jim Hawkins:

      wollen Sie denjenigen die Obdachlose auf asoziale Weise raus in die Kälte schicken wollen mit ihren Vorschlägen helfen?

      • @ingrid werner:

        Ich wollte nur einen Stein ins Wasser werfen.

    • @Jim Hawkins:

      Ich habe sehr lange in London gewohnt und wohne jetzt in Berlin.



      Berlin ist viel sicherer als London, nicht nur in der UBahn auch generell. Ich fuehle mich in beiden Staedten sicher, aber objektiv ist Berlin sicherer.



      Ich bin eine junge Frau, also ein leichtes Ziel. Die Menschen, die mir Angst machen und mich bedraengen werden durch Absperrungen nicht aufgehalten. Das sind naemlich nicht obdachlose Menschen, die nur einen warmen Platz zum schlafen suchen, sondern junge betrunkene Maenner, oft in Gruppen. Ich und meine Freundinnen haben viele Erfahrungen gemacht mit Belaestigung und ausser Schreien (wegen einer offensichtlichn mentalen Krisensituation) wurde ich noch nie schecht behandelt von einer wohnungslosen Person.

      • @lisalein:

        OK, das glaube ich ihnen natürlich. Ich kenne diese Städte nur aus der touristischen Perspektive.

        Was aber auch stimmt ist, dass sich die Sicherheitslage im öffentlichen Raum in Berlin innerhalb weniger Jahre deutlich verschlechtert hat.

        Ich habe einige Jahre im Wrangelkiez gelebt. Da war es schon immer laut und nervig, jetzt ist dort das blanke Elend auf der Straße zu sehen.

        Und ich kenne mehr als einen, der dort lebt und überfallen wurde.

  • Hier ist langfristiges Denken gefragt. Solche Sicherheitsschleusen können auch über mehrere Jahre gestreckt errichtet werden und müssen nicht wie verschreckende Kreuzberger Straßensperr-Findlinge quasi über Nacht errichtet werden