Vor dem Super Bowl: Demokraten hoffen auf Kansas City
2024 ist das Mega-Event des Footballs um zwei Facetten reicher: Star Travis Kelce gilt als „Freund von Taylor Swift“ – und in den USA ist Wahljahr.
Es ist wieder so weit, das größte Einzelsportereignis des Jahres, der Super Bowl, steht auf dem Plan. Das diesjährige Endspiel der amerikanischen Football-Profiliga NFL wird in Las Vegas ausgetragen. Wenn die San Francisco 49ers am frühen Montagmorgen deutscher Zeit auf die Kansas City Chiefs treffen, dann werden wieder mehr als 100 Millionen Amerikaner vor den Fernsehgeräten sitzen.
Doch neben dem Geschehen auf dem Spielfeld, wo die Chiefs um Star-Quarterback Patrick Mahomes versuchen, ihren Titel aus dem Vorjahr zu verteidigen, gibt es auch abseits des Rasens viele weitere interessante Storylines.
Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass ausgerechnet Republikaner der Mannschaft aus dem liberalen San Francisco den Daumen drücken werden. Oder die Tatsache, dass das Endspiel nur unweit des berühmten Las Vegas Strip abgehalten wird, einem Ort, der aufgrund seiner langen Historie im Bereich legaler Sportwetten über Jahre hinweg von den der NFL und anderen Sportligen gemieden wurde wie die Pest.
Zugleich befinden sich die USA in einem Wahljahr, und Nevada, der Bundesstaat, in dem sich Las Vegas befindet, hat erst vor wenigen Tagen seine republikanischen und demokratischen Vorwahlen abgehalten. Republikaner durften dabei sogar zweimal wählen, doch nur für Donald Trump gab es am Ende Delegierte. Und als wäre dies alles noch nicht genug, gab es in dieser Woche in Washington ein Drama nach dem anderen.
Doch der Reihe nach. Das Topthema vor dem diesjährigen Super Bowl ist das neue Promi-Traumpaar schlechthin: Musik-Superstar Taylor Swift und Kansas-City-Spieler Travis Kelce. Die Romanze der beiden hat der NFL in den vergangenen Monaten noch mehr Aufmerksamkeit gebracht als sie ohnehin schon hat. Die Spiele der Chiefs sind spätestens seit der offiziellen Bestätigung der Beziehung nationale Großereignisse. Fernsehsender positionieren seither auch Kameras strategisch in den Stadien, um die Reaktionen der Sängerin auf Schritt und Tritt zu verfolgen. Am Sonntag wird dies nicht anders sein. Und keine Sorge, trotz ihres Konzerts am Vortag in Tokio wird Swift rechtzeitig für das Spiel in Las Vegas sein. Die japanische Botschaft in Washington bestätigte dies sogar schriftlich.
Taylor Swift und die Sorgen der Republikaner
Swift ist aufgrund ihrer großen Beliebtheit doch weitaus mehr als nur ein Popsternchen, für Republikaner ist sie sogar eine Gefahr. Seit mehreren Wochen kursiert in konservativen Medien eine Verschwörungstheorie, die besagt, dass die 34 Jahre alte Musikerin Teil eines Plans der Demokraten sei, um sicherzustellen, dass Präsident Joe Biden die diesjährige Wahl erneut gewinnt. Sie soll dazu ihre Heerschar von jungen Fans motivieren, damit diese im November für Biden stimmen.
„Es ist völlig lächerlich“, kommentierte der republikanische Kommunikationsexperte Douglas Heye die Swift-Theorie im Gespräch mit der taz. Dass allerdings eine solche Theorie überhaupt Erwähnung findet, zeigt, wie erfolgreich und einflussreich Swift aktuell ist.
Laut der Verschwörungstheorie, in die auch die NFL selbst verwickelt sein soll, wird Kansas City den Super Bowl am Sonntag gewinnen. Konservative TV- und Radioexperten sowie Anhänger von Ex-Präsident Donald Trump, die dieser Theorie Glauben schenken, werden daher vermutlich auf einen Sieg der 49ers hoffen.
Es ist eine bizarre Entwicklung, wenn man bedenkt, dass die frühere Hippie-Hochburg für die meisten Republikaner ein abschreckendes Beispiel für die ausufernde liberale Politik der Demokraten darstellt. „Ich weiß, dass wir uns seit Jahren über eure Stadt lustig machen, aber ich biete euch einen zweiwöchigen Waffenstillstand an“, schrieb Rogan O’Handley, ein Influencer der rechten Szene, nach den Halbfinalspielen Ende Januar auf X.
Laut den Wettbüros sind die 49ers tatsächlich leichter Favorit. Für Las Vegas, das Glücksspiel-Eldorado in der Wüste Nevadas, ist der Super Bowl das zweite Sport-Großereignis innerhalb weniger Monate. Erst im November war die Metropole Austragungsort eines Formel‑1‑Rennens. Für die Stadt sind diese Veranstaltungen nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, sie festigen auch den Platz von Las Vegas als das neue Reiseziel für Sportfans.
Das Sportereignis und die Hochburg der Wettbüros
Über Jahre hinweg wollte keine der großen vier US-Sportligen (NFL, NBA, NHL, MLB) ein Team in Las Vegas haben. Die Begründung war immer, dass der legale Zugang zu Sportwetten die Integrität der Ligen und des jeweiligen Sports untergraben würde. Doch nachdem die Vegas Golden Knights im Jahr 2017 den Spielbetrieb in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL aufnahmen und ein Jahr später der Oberste Gerichtshof der USA das landesweite Verbot für Sportwetten aufgehoben hatte, öffnete dies die Schleusen.
Die Las Vegas Aces aus der Frauenbasketball-Liga WNBA und die Las Vegas Raiders aus der NFL sind die neusten Ergänzungen. Und in ein paar Jahren werden auch die Oakland A’s aus der Baseball-Liga MLB in die Wüste umsiedeln.
„Es hat für unseren Ruf und unsere Marke einen großen Unterschied gemacht, dass wir diese Mannschaften und diese Veranstaltungen jetzt in der Stadt haben“, sagte Steve Hill, Geschäftsführer der regionalen Tourismusvereinigung LVCVA, gegenüber der taz. Die Organisation rechnet mit mehr als 330.000 Besuchern für das Super-Bowl-Wochenende.
Wer das Spiel live im Stadion miterleben will, muss laut der Online-Ticketbörse Ticketmaster mindestens 6.500 Dollar investieren. Nach oben sind keine Grenzen gesetzt. Sollten die Kansas City Chiefs einen weiteren Super-Bowl-Sieg einfahren, dann wären sie das erste Team seit den New England Patriots 2004 und 2005, das seinen Titel erfolgreich verteidigen konnte. San Francisco wartet hingegen seit der Saison 1994/95 auf eine weitere Meisterschaft. Bereits vor vier Jahren standen sich die beiden Teams im Endspiel gegenüber, mit dem besseren Ende für die Chiefs.
Wer sich nur am Rande für das Spiel interessiert, der kann sich auf die Halbzeitshow mit Usher freuen. Und natürlich werden auch wieder einige mit Spannung erwartete Werbespots zu sehen sein. Für einen 30-Sekunden-Spot mussten Firmen dieses Jahr 7 Millionen Dollar hinblättern.
Doch ob der Super Bowl wirklich Einfluss auf die Präsidentschaftswahlen haben wird, das wird sich erst im November zeigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Schuldenbremsen-Dogma bröckelt
Auch Merz braucht Geld
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“