Schüsse bei Superbowl-Parade: Vom Ende der Leichtigkeit

Die Schüsse bei der Superbowl-Parade nehmen dem US-Sport eine bislang besondere Immunität. Das wird die Atmosphäre in den Stadien verändern.

Viele Menschen, Gegenstände auf der Straße, Krankenwägen im Hintergrund

Großes Durcheinander nach der Schießerei auf dem Gelände der Siegesparade in Kansas City Foto: Reed Hoffmann/ap

Es gibt nichts Amerikanischeres als den Superbowl und es gibt nichts Amerikanischeres als Massenschießereien, und so war es im Grunde nur eine Frage der Zeit, bis die beiden aufeinandertreffen würden. Am vergangenen Mittwoch, während die Chiefs in der Innenstadt von Kansas City ihren dritten Superbowl innerhalb von vier Jahren und den zweiten in Folge mit ihren Fans feierten, war es dann so weit.

Die Football-Helden um Patrick Mahomes und Taylor-Swift-Boyfriend Travis Kelce waren gerade winkend und tanzend auf offenen SUVs und Doppeldeckerbussen den Grand Boulevard heruntergerollt, als die Schüsse fielen. Plötzlich waren die Stars mit ihren Fans auf eine ganz andere Art vereint, als sie sich das je ausgemalt hätten. Sie rannten mit ihnen von den Schüssen weg und suchten Deckung. Offensive Lineman Trey Smith schnappte sich einen fünf Jahre alten Jungen, der im Chaos verlorengegangen war, und zog ihn mit sich in den Wandschrank eines Restaurants.

Es war die 48. Massenschießerei in den USA in diesem Jahr, im Grunde ein Tag wie jeder andere im öffentlichen Leben eines Landes, das gegenüber derartigem Irrsinn abgestumpft ist. Man hörte danach die reflexhaften Phrasen, die man jedes Mal hört. Es wurden „Thoughts and Prayers“ angeboten – gute Gedanken und Gebete –, es wurden wieder einmal schärfere Waffengesetze gefordert, wohl wissend, dass sich diese doch nicht durchsetzen werden. Und es wurde rhetorisch gefragt, wie oft dies noch passieren muss, bevor es genug ist.

Neu war an der Tragödie lediglich, dass es nun das größte Sportereignis des Landes erwischt hatte. Der Sport schien bislang gegenüber der Epidemie der Waffengewalt weitestgehend immun. Es schien, als bringe er noch immer die Menschen auf eine Weise zusammen, die anderen Bereichen des amerikanischen Lebens versagt zu sein scheint. Obwohl schon lange kein öffentlicher Raum der USA mehr sicher ist – keine Schule, kein Kino, kein Nachtclub, kein Einkaufszentrum –, ging Amerika bislang noch vergleichsweise unbeschwert ins Stadion.

Das ist nun vorbei, nachdem bereits die NBA-Feier der Denver Nuggets im vergangenen Sommer mit einer Schießerei geendet hatte. Künftig wird man nie mehr so entspannt auf der Tribüne sitzen und ein Spiel genießen wie bisher.

Das gilt auch für die Fans, die planen, zur Fußball-WM 2026 in die USA zu reisen. Gewiss wird es sich manch eine AnhängerIn jetzt zweimal überlegen, ob sie den teuren Trip antreten möchte oder doch lieber die Warnungen zahlreicher Regierungen sowie der Menschenrechtsorganisation Amnesty International ernst nimmt, dass die USA ein gefährliches Reiseland sind. Freilich wird auch dieser mögliche wirtschaftliche Schaden die Gesetzgeber nicht dazu bewegen, etwas zu unternehmen. Solange republikanische Politiker in Washington, in den 50 Staaten und in kommunalen Regierungen Waffengesetze verhindern können, werden sie dies auch tun.

Am schlimmsten betroffen ist derweil nicht einmal der Profisport. Bei High-School-Spielen, die in vielen Gegenden der USA die wichtigste Unterhaltung kleiner Kommunen sind, sind Schießereien schon lange an der Tagesordnung. Im Jahr 2023 gab es 38 solcher Vorfälle mit insgesamt vier Toten.

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