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Energiewende und ErdgasAbhängigkeit beenden

So könnte es gehen: Der Fachrat Energieunabhängigkeit legt eine Finanzierungsstrategie für die Abkehr vom Klimakiller Erdgas vor.

Gasanschlüsse wie dieser sollen bald überflüssig werden Foto: Christian Ohde/imago

Berlin taz Die gerade in Kraft getretene Förderung für klimaschonende Heizungen hat eine soziale Untiefe: Zwar bekommen Ei­gen­tü­me­r:in­nen mit weniger als 40.000 Euro jährlichem Haushaltseinkommen bis zu 70 Prozent der Anschaffungskosten als staatlichen Zuschuss – aber mit so geringen Einkünften dürfte es fast nicht möglich sein, die Finanzierung der übrigen 30 Prozent zu stemmen oder einen Kredit zu bekommen.

Gefüllt werden könnte die Lücke durch staatliche Bürgschaften für solche Darlehen. Dieser Vorschlag ist Teil der Empfehlungen, die der Fachrat Energieunabhängigkeit am Dienstag veröffentlicht hat. Der Ende 2022 gegründete Rat aus Ex­per­t:in­nen aus Finanzwirtschaft, Wirtschaftspolitik und Technik hat eine Strategie erstellt, wie Deutschland unabhängig von Erdgas wird und wie dafür Kapital mobilisiert werden kann.

Zwar ist es der Bundesregierung gelungen, sich aus der Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu lösen – vor allem durch Flüssiggasimporte aus den USA und Katar. Aber: „Auch diese neuen Abhängigkeiten sind riskant“, sagte Jonathan Barth, Sprecher des Rats und Direktor des ZOE-Instituts für zukunftsfähige Ökonomien bei der Präsentation in Berlin. Das zeigt etwa die angespannte Lage im Roten Meer vor dem Suezkanal, durch den LNG-Transporte aus Katar transportiert werden. Auch wie es mit Flüssiggasimporten aus den USA weitergeht, ist angesichts einer möglichen Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump ungewiss.

1,5 Millionen Ei­gen­tü­me­r:innen haben Probleme, den Heizungstausch zu finanzieren

Nach Auffassung des Rats sollte die Unabhängigkeit von Gas ganz oben auf die Agenda der Bundesregierung gesetzt werden. „Technisch ist eine Unabhängigkeit möglich“, sagte Barth. „Wenn wir jetzt handeln, können wir Deutschlands Abhängigkeit von Erdgas um 78 Prozent reduzieren.“ Dafür sind nach Einschätzung der Fachleute Investitionen von 526 Milliarden Euro bis 2045 nötig. Davon entfallen 482 Milliarden Euro auf den Gebäudesektor und 44 Milliarden Euro auf die Industrie.

Hälfte aller Wohnungen wird mit Gas beheizt

Der Erdgasverbrauch könnte um ein Drittel sinken, wenn beim Heizen von Gebäuden auf Erdgas verzichtet würde. Die Hälfte aller Wohnungen wird mit Gas beheizt. Das soll sich in den kommenden zwei Jahrzehnten ändern. Zu Jahresbeginn ist das Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) in Kraft getreten, das den Ausstieg aus fossilen Heizquellen vorsieht.

Nach Berechnungen des Fachrats haben mindestens 1,5 Millionen private Ei­gen­tü­me­r:in­nen aber Probleme, den Heizungstausch finanziell zu stemmen. Deshalb schlägt er ein „Wärme für alle“-Programm in Form einer Ausfallbürgschaft des Staates vor. Dabei soll das Geld direkt an die Firma überwiesen werden, die den Austausch vornimmt.

Mietheizung von den Staftwerken

Um den Umstieg auf erdgasfreie Wärme zu beschleunigen, empfehlen die Ex­per­t:in­nen außerdem, dass Stadtwerke Ei­gen­tü­me­r:in­nen Mietheizungen anbieten. Das würde Stadtwerken ein neues Geschäftsfeld eröffnen – was die dringend brauchen. Denn heute hängt ein Viertel ihrer Einnahmen vom Erdgas ab.

In der Industrie können Investitionen in Höhe von 10 Milliarden Euro zu einer Halbierung des Verbrauchs führen. Um den Wandel zu beschleunigen, sei es wichtig, vorbildliche Unternehmen zu belohnen und sichtbar zu machen, sagen die Expert:innen. Sie plädieren für die Gründung einer „Industriewende-Beschleuniger-Plattform“. Sie soll eine „Drehscheibe“ für den Wissens­aus­tausch, Kooperationen und die Investitionsförderung werden. Dazu gehört eine zentrale Schnittstelle für die Förderberatung für Unternehmen.

Die Abkehr vom Erdgas soll nach Auffassung des Fachrats vor allem durch private Mittel finanziert werden. Der Staat müsse allerdings einen verlässlichen Rahmen schaffen, hieß es. Einen Anreiz für private Investitionen soll es zum Beispiel durch Zinsvorteile geben. So soll die Europäische Zentralbank (EZB) ein Programm einrichten, bei dem es Vergünstigungen bei der Vergabe von Krediten gibt. Auf diese Weise sollen Banken ermutigt werden, mehr Kredite für Projekte zu vergeben, die in die Unabhängigkeit von Erdgas investieren.

In dem anstehenden Transformationsprozess müsse die soziale Frage im Vordergrund stehen, mahnte die Politökonomin Maja Göpel bei der Vorstellung der Empfehlungen. „Es ist eine große Tragik, dass das Klimageld vernachlässigt wurde.“ Das Klimageld sollte ursprünglich höhere Kosten durch den steigenden CO2-Preis ausgleichen, der auch für den Verbrauch von Erdgas zum Heizen bezahlt werden muss. In dieser Legislaturperiode wird es nicht mehr kommen.

Wichtig sei, Ansätze wie einen höheren Mindestlohn, Härtefallregelungen, eine Abgabe für Vermögende oder den Abbau umweltschädlicher Subventionen zu verfolgen, sagte Göpel. Sonst drohe ein Akzeptanzverlust.

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9 Kommentare

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  • Warum werden hier wieder nur Eigentümer bei der sozialen Frage berücksichtigt, die sogar bereits ein Zuschuss- bzw. Förderangebot bekommen haben, aber die Lage von Mietern überhaupt nicht berücksichtigt werden (diese sind ja noch schlechter dran, da sie erst gar kein kein Eigentum haben).



    Gerade diese sind doch gezwungen den Großteil der Kosten, sei es über den Gasverbrauch oder aber auch über die auf sie umlagefähigen Anschaffungs-bzw. Sanierungskosten der neuen Heizungen, tragen zu müssen, komplett ohne rechtliche Möglichkeiten überhaupt Einfluss nehmen zu können und ohne Alternativen.



    Diese auf sie umlagefähigen Sanierungskosten (Mietkostenerhöhungen) sind zudem zeitlich unbegrenzt, also auf Lebenszeit zu zahlen, egal, ob diese bereits dadurch irgendwann abbezahlt sind.



    Zudem gehen diese Sanierungsleistungen in das Eigentum des Immobilieneigentümer über, führen also damit zu einer Wertsteigerung deren Immobilie/dessen Eigentums.

    Mieter sind also auf Gedeih und Verderb gezwungen dies alles sogar übermäßig zu finanzieren, dies ohne Möglichkeit zur Einflussnahme, ohne irgendwelche Förderungen/Ausgleiche, und bezahlen damit sogar Übergewinne im Eigentum des Vermieters.

    Unsozialer geht es gar nicht!

    • @Privatkundig:

      Vollkommen richtig.



      So könnten die Förderungen der Investitonen der Eigentümer über die Mietbeiträge erfolgen. So würde sich die Miete reduzieren und der Vermieter bekäme seine Investitionsförderung. Eine win-win-situation. Damit wäre dann auch eine Sanierung ohne Vermietung eher ausgeschlossen, da es bei Nichtvermietung keine Förderungszahlung gäbe, bzw. ausgesetzt wäre.



      Die Mieter werden leider sehr oft vergessen, da die Entscheider und Denkfabriken meist von Eigentümern vertreten werden.



      die 40TEuro Verdinstgrenze soll wohl die besitzenden Rentner berücksichtigen. Die haben aber meist zu wenig Finanzkraft um jegliche Sanierung zu finanzieren. Da bleibt meist nur der Werteinsatz der Immobilie übrig. Hier könnte der Staat sicherlich auch eintreten, um schon laufende Betrugsmaschen mit Übertragungen vorzubeugen. So könnte sich die öffentliche Hand langfristig Wohnraum zurückkaufen, umgehend eine Sanierung umsetzen und nach dem Ableben des Altbesitzers Sozialmietflächen anbieten. Abbezahlt hat sich die Investition dann allemal, aufgrund der eingesparten Energiekosten, falls diese nicht verwendet werden, um die laufenden Kosten für die Altbesitzer aufgrund zu geringer Rente zu verwenden, um die letzten Lebensjahre noch etwas zu verbessern.



      Auf geht' s liebe Denkfabriken. Es gibt so viele Varianten und Möglichkeiten.

      • @Sonnenhaus:

        Die Immobilienwerte haben u.a. auf Grund dessen, dass der Immobilien- und Liegenschaftsmarkt ca. ab der 1990ger der freien Spekulation frei gegeben wurde (und Verkauf von Sozialbaumwohnungen ab ca. 2005 etc. ehemals v.a. durch die FDP aber auch CDU/CSU massiv durchgesetzt) übermaßen an Wertzuwachs erfahren.



        Diesen Zuwachs nun auch in eine Erneuerung einer veralteten Technik/Heizungsanlage zu investieren, halte ich nicht für überzogen und auch nicht "unsozial".



        In Immobilien fallen Instandhaltung, Instandsetzung und Sanierungen an, dies zu ignorieren, oder sich dies vom Staat finanzieren zu lassen ist unsozial.







        Auf den gestiegenen Wert des Hauses können auch Rentner eine Hypothek eintragen lassen, um dies zu finanzieren, falls sie dafür dummer weise nichts zurückgelegt haben.

        Wohneigentum wird auch bei Sozialleistungen geschont, Geldwerte hingegen nicht bzw. ab einem verhältnismäßig geringen Freibertrag.



        Also hier wird von falscher Seite gejammert.

        Zu den neuerdings immer häufiger zitierten " Denkfabriken" also "Think Tanks":



        Diese kenne ich aus GB, als diese meinungsbildend wurden, und zum Brexit führten.



        Es hat sich herausgestellt, dass diese Thinktanks qualitativ unkontrollierte Verbünde sind, in GB waren es reine Lobbygruppen, die den Brexit wollten, Die Bevölkerung war nämlich eigentlich größtenteils dagegen.



        Warum dies von D übernommen wird, ist seltsam, bestimmt nicht desswegen, weil es in GB funktioniert hat, je nach dem von welcher Seite man dis sieht!!!

      • @Sonnenhaus:

        "Die Mieter werden leider sehr oft vergessen, da die Entscheider und Denkfabriken meist von Eigentümern vertreten werden."

        Mehr als nur das.

        In der BRD ist "das Eigenheim" ein Fetisch. Gefühlt hat jede*r eins oder spart drauf. Im ländlichen Raum ist es noch schlimmer als im urbanen - auf dem Dorf ist "Mieter" im Ansehen knapp über "Obdachloser".

        D.h. was an Wahrnehmungsverzerrung aus eigentümerdominierten Kreisen kommt, wird von der wohneigentumfetischisierenden Gesellschaft bereitwillig aufgegriffen und amplifiziert.

        In der Realität ist der Anteil von Menschen, bei denen Wohneigentum und Wohnbesitz identisch sind, in der BRD aber im europäischen Vergleich exorbitant *niedrig*.

        Wäre das Verhältnis der bundesdeutschen *Gesellschaft* zum Wohneigentum nicht von Mystifikation geprägt, und das zur Miete nicht von Herabsetzung und Verächtlichmachung, dann würden die Ideen der genannten "Entscheider und Denkfabriken" als weltfremderkannt und einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit zurückgewiesen werden.

        So aber fallen sie auf fruchtbaren Boden.

        Es ist ähnlich wie beim Mindestlohn, der für über 1/4 der der Arbeitenden in der BRD aus irgendeinem Grund einfach komplett irrelevant ist: die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit nimmt *implizit* an, als ob alle Arbeitsplätze tarifgebunden oder zumindest reguläre seien.

        Über die schäbige Realität mag kaum jemand gerne offen reden, denn das stigmatisiert dich als beim leitkulturellen "Schaffe, spare, Häusle baue" gescheiterte Existenz.



        Selbst bei vielen Leuten die zur Miete wohnen, aber immer noch von irgendwelchem trickle-down träumen, mit dem auch sie eines Tages ihr "Eigen Heim, Glück allein" (denken Sie mal über die Aussage dieses Sprüchleins nach![*]) haben werden.

        [*] Vergleiche auch "My home is my castle" - dort wird *kein* Eigentumsverhältnis impliziert, sondern das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Wohnraums. Also nicht das Eigentumsverhältnis, sondern ein *völlig anderer* Aspekt des Wohnens steht im Vordergrund!

        • @Ajuga:

          Sie haben Recht, mit der Missachtung der realen Lebens-, Einkommens- und Wohnverhältnisse in der Politik wird diese von vielen Bevölkerungsgruppen auffallend schön geredet.

          Auch die angeblich "hohen" Rechte von Mietern, aber auch der Angestellten arbeitenden Bevölkerung, werden nicht auf ihre faktische Um- bzw. Durchsetzbarkeit hin betrachtet bzw. diskutiert.



          Was haben Sie von Rechten, deren Rechtsfassung derart konstruiert wurde, dass diese faktisch kaum wirken bzw. durchsetzbar oder unterminierbar sind (Tarifbindung, Gründung von Betiebsräten und Gewerkschaften, Beweislast bei Mietmissständen etc.).

          Ggf. sind diese nur dazu da, damit sich bestimmte Bevölkerungsschichten, die davon profitieren, nicht in Frage stellen lassen müssen, und sich auf diese quasi nur scheinbaren Rechte berufen können.

          Ich habe das Phänomen der Gründung von ehemals Pegida bis hin zur AFD ( immerhin schon seit der CDU-Merkel-Ära) genau beobachtet, mein Eindruck ist, dass diese genau durch diese o.g. Bürger, deren faktische Lebensverhältnisse und sozialen Missstände, sowohl in der Gesellschaft, aber auch in der Politik ignoriert werden, begründet wurden.



          Diese Menschen, die oft dem normalen Klein- bis Bürgertum angehörten, und meist auch auf dem Boden der Verfassung standen, wurden dann von der Politik, als auch von den Medien ungeachtet deren Themen, in die Rechte Ecke gestellt. Diese Ignoranz fliegt uns



          mE. nunn um die Ohren, und führt sogar zur Demokratiekrise.



          Wohlgemerkt, ich lehne sowohl Pegida, als auch die AFD vollständig ab, und halte diese Bewegungen mittlerweile für regelrecht demokratiegefährdend, m.E. ist dies aber durch die lange Reihe an Gorkos und nun die erste kleinteilige Dreierkoalition selber verursacht.



          Auch die Medien bieten hier durch ihren qualitativ schlechten Journalismus einen Bärendienst.

  • ".... Mietheizungen anbieten. Das würde Stadtwerken ein neues Geschäftsfeld eröffnen – was die dringend brauchen. ...." Warum habe ich bei sowas ein schlechtes Gefühl? Warum müssen Stadtwerke, die ja auch privatisiert sein können eigentlich neue Geschäftsfelder eröffnen? Müssen die gewinnorientiert sein, warum nicht gemeinwohlorientiert im Sinne der Daseinsvorsorge? Haben die mit Fernwärmeausbau nichts zu tun? .... und zuletzt, wo soll das Personal dafür herkomnen, die haben doch schon Probleme.

  • Wieder keine einzige Silbe darüber, wie wir in unserer gemeinsamen Zivilgesellschaft die tägliche irrsinnig gigantische Verschwendung an Kraftstoff, Energie und Wasser stoppen!!!

    • @Dr. Enseleit Jürgen:

      Hallo Herr Dr. hier geht es doch um Energieeinsparung im Gebäudesektor. Aufgepasst und mitgedacht....

    • @Dr. Enseleit Jürgen:

      Welche meinen Sie, die der Industrie/Wirtschaft oder die der Privathaushalte?



      Betrachten wir auch die auf Grund unserer Importe in den Exportländern generierte Verschwendung?