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Deutsche BahnNächster Halt Gemeinwohl?

Die Bahn hat eine neue Firma unter ihrem Dach, die Gleise und Bahnhöfe auf Vordermann bringen soll. Wir haben Fragen – und Antworten.

Wo geht’s hin mit der Bahn? Mit der InfraGo sollen Sanierungen schneller gehen Foto: MMimages/imago

Warum gibt es eine neue Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn (DB)?

Die Infrastruktur der Bahn kriselt schon lange, das Schienennetz ist bekanntermaßen marode, viele Bahnhofsgebäude brauchen dringend einen neuen Anstrich. Um das zu beheben, hat die DB seit dem 1. Januar 2024 eine eigene Gesellschaft – die InfraGO. Im September 2023 hat der Aufsichtsrat der Bahn beschlossen, zwei ihrer Tochtergesellschaften zusammenzuführen: die DB Netz, zuständig für den Erhalt der Schieneninfrastruktur und den Zugang zum Schienennetz, und die DB Station & Service, die sich bislang um die Bahnhöfe gekümmert hat. Die beiden Sparten bilden jetzt zusammen die InfraGO.

Aus zwei mach eins – wie soll das etwas verändern?

Die Hoffnung ist, dass Sanierungen so schneller gehen – und dass dafür mehr Geld da ist. Die neue InfraGO soll sich nämlich anders als seine beiden Vorgängerinnen am Gemeinwohl orientieren (dafür steht auch das GO im Namen). „In Zukunft soll nicht mehr allein die Gewinnerzielung im Zentrum stehen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) kurz vor dem Start. Wenn die InfraGO trotzdem Gewinne erwirtschaftet, sollen sie in die Taschen des Bundes fließen, der das Geld gleich wieder in die Schiene stecken will. Bisher hat der Bund Profite der Bahn, die zu hundert Prozent dem Staat gehört, unter Umständen in andere Bereiche investiert.

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Also ist die Bahn weiterhin auf Gewinne aus?

Im Prinzip ja. Die InfraGO ist nicht komplett von der Deutschen Bahn AG getrennt, sondern immer noch Teil der Mutterfirma. Von der erwartet der Bund eine „marktübliche Rendite“. Andererseits steht schon im Grundgesetz, dass die Bundesregierung beim Ausbau und Erhalt der Schieneninfrastruktur dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet ist. Die Satzung der InfraGo lässt weitgehend offen, wie sich das Gewinnstreben des Staatskonzerns und die Gemeinwohlorientierung miteinander vereinbaren lassen.

Die Bahn hatte ohnehin Sanierungen geplant, der Bund wollte mehr Geld in die Schiene stecken. Reicht das nicht?

Der Zustand des deutschen Schienennetzes hat sich 2022 weiter verschlechtert, das zeigt der neueste Netzzustandsbericht der InfraGO. Werte für 2023 liegen noch nicht vor. Mit der Generalsanierung vielbefahrener Strecken wollen die Bahn und das Bundesverkehrsministerium die Probleme angehen. Diese Sanierung ist jetzt die wichtigste Aufgabe der InfraGO. Bis 2030 sollen rund 40 vielbefahrene Strecken grundlegend instandgesetzt werden, dafür braucht es teilweise rund sechs Monate lange Sperrungen. Für die Finanzierung hatte der Bund bis 2027 tatsächlich rund 40 Milliarden Euro zusätzlich zugesagt. Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts über den Klima- und Transformationsfonds, der Haushaltsdebatte und drastischen Kürzungen, vor allem bei den Investitionen in die Schiene, ist diese Summe nicht mehr niet- und nagelfest. Matthias Gastel, der bahnpolitische Sprecher der Grünen, schlägt vor, nach österreichischem Vorbild einen mehrjährigen Schienenfonds einzurichten, finanziert durch Staatskredite und damit unabhängig von den jährlichen Haushaltsverhandlungen. Ein solcher Fonds war bei der Gründung der InfraGO zunächst nicht Thema.

Hat die InfraGO schon etwas verändert?

Die InfraGO hat vergangene Woche angekündigt, die Trassenpreise um 13,4 Prozent zu erhöhen. Trassenpreise zahlen Eisenbahnunternehmen an die InfraGO dafür, dass sie das Schienennetz der DB benutzen können. „Die InfraGO legt damit einen Fehlstart hin“, kritisierte Peter Westenberger, Geschäftsführer der DB-Konkurrenz Die Güterbahnen. Er befürchtet, dass die Preiserhöhung die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene gefährdet und den privaten Bahnunternehmen Wettbewerbsnachteile aufgedrückt werden.

Moment, mehr Wettbewerb, ist das nicht gut?

Konservative Stimmen, etwa der CSU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange, fordern schon lange die vollständige Trennung von Netz und Betrieb auf der Schiene. Das Schienennetz in Staatshand, der Betrieb vollprivatisiert – und dafür dann mit ordentlich Wettbewerb. DB-Konkurrent:innen hätten eine Chance auf dem Markt und die Preise für die Fahrgäste könnten sinken. Das Bündnis Bahn für Alle setzt sich für das genaue Gegenteil ein: Schon die Gründung der InfraGO habe die „Einheit von Rad und Schiene zerstört“, kritisierte Carl Waßmuth, Sprecher des Bündnisses. „Statt die Bahn zu spalten, muss die ganze Bahn gemeinnützig werden“ – ohne Wettbewerb und Profitstreben. Was sich Volker Wissing von der InfraGO erhofft und ob sie dem Gemeinwohl dient, wird in der kommenden Woche vielleicht klarer: Da spricht der Bundesverkehrsminister in Berlin mit Ver­tre­te­r:in­nen der Branche über die Ziele der neuen Gesellschaft.

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10 Kommentare

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  • Wenn weder für ortdunkundigen Auto- noch für Fußgängerverkehr im Städtchen irgendetwas richtung Bahnhof ausgeschildert ist, dann...



    * pennt der Bürgermeister



    * isses ihm egal



    * weiß er selbst nich so genau, wo der Bahnhof is.



    Dabei wäre selbstverständlich die Stadtverwaltung die einzige Instanz, die der DEEBEEStatiohneService auf die Füße treten könnte und müsste, immer und überall. Etwa, wenn sich der Taubenkot mehrerer Jahrzehnte im Treppenaufgang einer nordbadischen Bahnhofsüberführung in eine veritable Guano-Landschaft verwandelt hat. Des Städtchens Visitenkarte feinster Art.

  • Konservative Stimmen, etwa der CSU-Verkehrspolitiker Ulrich Lange, fordern schon lange die vollständige Trennung von Netz und Betrieb auf der Schiene. --- Aber Hallo. Lange Jahre waren CSU Politiker Verkehrtminister des Bundes und haben diese Trennung immer erfolgreich verhindert. Und jetzt so tun, als ob die CSU immer für Trennung war, ist einfach den Leuten in das Gesicht gelogen!

  • WETT



    ..en dass mit Wettbewerb as Wettbewerb can der Takt auf der Strecke bleibt ? Schon jetzt kann, wer billigbucht, die Flexibilität stündlicher Verbunden-heit von Start- und Zielort überhaupt nicht nutzen, weil ticketmäßig seit Wochen schon auf eine einzige Abfahrtsstunde festgelegt. Künftig fährt dann jeder von 3 (oder 5) Wettbewerbern die Strecke nur noch viermal am Tag - flexibel adé. Und nachts fährt nix ....

    Der bereits eigeführte Wettbewerb im Nahverkehr entkoppelt regionale und lokale Firmen von ihren Strecken: Wer weiß, "in spätestens 7 Jahren bin ich hier weg vom Fenster und gewinn (mit Glück) paar Strecken ganzwoanders" diederdas geht nicht mit Liebe, nicht mit Engagement und nicht mit Phantasie (und nicht mit Personal vom Ort) ans Besser-Machen. Der Karlsruher S-Bahn-Gesellschaft AVG wird so ihr halbes Netz zerschlagen, von dessen Strecken sie im Verlauf der Vergangenen 30 Jahre mehrere schlicht vor der DB-Stlllegung gerettet und andere vor der SPNV-Ausdünnung bewahrt hat, sie teils elektrifiziert und mit neuen zusätzlichen Haltepunkten versehen. Solches Engagement wird künftig am einen oder anderen fernen Ministerium, einer Landesverkehrsgesellschaft (BaWÜ) oder einem Riesenverbund (wie den hessischen) hängenbleiben. Engagement mit Ortskenntnis und Knowhow: auch adè

  • Viele Bahnhofsgebäude brauchen einen neuen Anstrich....sehr vornehme Formulierung für dysfunktionale, tote und kloakenähnliche dystopische Steinhüllen am Schienenstrang, vornehmlich im ländlichen Regionen.

  • mal ein kleines Lob an die Autorin:

    schöner klarer Schreibstil mit passenden Zwischenüberschriften.



    So bekommt man schnell alle wichtigen Informationen und das Lesen macht Spass.

  • „Statt die Bahn zu spalten, muss die ganze Bahn gemeinnützig werden“



    Dito! Das wäre es. Schließlich sollte Mobilität zur Daseinsvorsorge gehören. Hingegen geht Wettbewerb zumeist zu Lasten der Löhne, Arbeitsbedingungen und Infrastruktur. In jenen Bereichen würde nämlich Geld gespart, was bei den Arbeiter*innen im Portemonnaie, für eine ausreichende Personalmenge (d.h. größere Arbeitsdichte und -belastungen für die verbliebenen Arbeiter*innen) und für die Instandhaltung fehlt. Aktuelle Bahnbedingungen sind ja bereits so übel, weswegen die GDL ja auch streikt, um Verbesserungen durchsetzen zu können. Den Egoist*innen, die sich ein Auto leisten können, dürfte dies weniger stören, da sehr viel in die Straße investiert wird und sogar Autokäufe (Dienstwagenprivileg, "Umweltbonus") subventioniert werden und so können jene beruhigt weiter Auto fahren. Dass sie dadurch übermäßig viel Klima und Umwelt belasten, stört sie weniger. Die Folgen der Belastung wird ihnen ja kaum vorgeworfen bzw. sie nicht direkt an den Kosten beteiligt.

    • @Uranus:

      Es geht dabei auch um die Wirtschaft:



      Wenn wegen der kostenoptimierten Bahn Arbeiter zu spät zur Schicht erscheinen, Angestellte erst irgendwann die Arbeit aufnehmen, Waren zu langsam ausgeliefert werden und Produktionsmaterialen wegen Verzögerungen im Betriebsablauf nicht da sind, entstehen Kosten.



      Halt nicht beim Verkehrsminister, sondern in anderen Ministerien.

      • @Limonadengrundstoff:

        Das auch. Mit schlechtem Service (Unpünktlichkeit, dreckige oder kaputte Toiletten) begrenzt mensch allerdings das Bahnfahrpotenzial und Umsatz. Inwieweit die Bahn tatsächlich kostenoptimiert ist, müsste mensch wohl durchleuchten. Andererseits kann die Bahn auch nur mit den Mitteln arbeiten, die sie zugeteilt bekommt. Das war in der Vergangenheit im Vergleich bspw. zur Schweiz sehr wenig und ist aktuell auch noch nicht viel.

    • @Uranus:

      Wieso können? Wo keine Bahn und kein Bus ist muss man sich leider ein Auto leisten.



      Leider wird immer wieder vergessen das 45% der Deutschen nicht in einer Grossstadt leben und von stündlichen ÖPNV Takt noch nicht mal träumen!

      • @Bernd Simon:

        Der schlechte Zustand vielerorts ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern ist bereits seit vielen Jahren so. Viele haben eben auch kaum Parteien gewählt, die eine andere Politik als die vergangene und vorherrschende bezüglich Bahn und ÖPNV fahren. Wer hat CDU, CSU, FDP, AFD und ja durchaus auch SPD (opportunistische Autofan Giffey & Co) denn gewählt? Die meisten empfinden das Auto als normal, hinterfragen es nicht, würde ich meinen. Es ist bequem und für viele Normalität. Die damit einhergehende Verschwendung und Umweltzerstörung wird kaum gesehen. Es besteht kaum der Wille daran etwas zu ändern. Sogar



        viele jener, die sich immerhin PV auf ihre Häuserdächer legen lassen, kaufen und werben für E-Autos. Die Zerstörungskraft der hiesigen Lebensweise, zu der auch das Auto gehört, wird in der Praxis kaum hinterfragt. Auto fahrend, Tierprodukte konsumierend, in den Urlaub fliegend, mit dem Kreuzfahrtschiff reisend ... jammern manche, dass das Ökosystem "vor die Hunde geht", dass Flutkatastrophen ihr Hab und Gut bedrohen bzw. schädigen. Konsequenzen werden kaum gezogen ...