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Strafen für private SeenotretterFaeser rudert zurück

Innenministerin Faeser will härter gegen Schleuser vorgehen. Die Seenotrettung ist wohl nicht in Gefahr, aber Hilfsorganisationen fordern Klarheit.

Gefährliche Überfahrt: Viele Geflüchtete nehmen die Route übers Mittelmeer Foto: Francisco Seco/AP/dpa

Berlin taz/dpa | Das Bundesinnenministerium hat einen Bericht der Süddeutschen Zeitung (SZ) zurückgewiesen, laut dem Strafen für private Seenotretter im Mittelmeer geplant seien. Die Zeitung hatte am Mittwoch über eine geplante Reform des Aufenthaltsgesetzes berichtet. Demnach sei in der Novelle die Möglichkeit vorgesehen, private Seenotretter strafrechtlich „wie gewerbsmäßige Schleuser“ verfolgen zu können.

Auf taz-Anfrage sagte ein Sprecher von Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD), dies sei nicht der Fall. „Es ist nicht zutreffend, dass die zur Rettung von Menschenleben erfolgende Tätigkeit von privaten Seenotrettern künftig durch eine etwaige Strafbarkeit erschwert werden soll.“ Derartige Handlungen seien „als gerechtfertigt anzusehen, um Gefahren für Leib und Leben abzuwenden.“

Die SZ hatte sich auf Formulierungen der geplanten Änderung des Paragrafen 96 des Aufenthaltsgesetzes bezogen. Der stellt das „Einschleusen von Ausländern“ unter Strafe.

Die Ampel will die Norm nun verschärfen, um härter gegen Schlepper vorgehen zu können. Das Kabinett verabschiedete den Gesetzentwurf im Oktober, der Bundestag muss ihm noch zustimmen. Bislang geht die Justiz in Deutschland nur dann von Schlepperei aus, wenn ein geldwerter Vorteil erzielt oder versprochen wird. Humanitäre Hel­fe­r:in­nen sind demnach von Strafverfolgung ausgenommen. Der Darstellung der SZ zufolge soll das Kriterium des geldwerten Vorteils künftig keine Rolle mehr spielen.

Bestraft werden könne dann bereits, wer „Ausländern dabei hilft, ohne Visum in die EU einzureisen“, und zwar „wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern“ – auch ohne dafür eine finanzielle Gegenleistung zu verlangen. „Der Vorschlag muss sofort zurückgenommen werden“, sagte Sea-Watch-Sprecher Oliver Kulikowski. „Die Todeszahlen im Mittelmeer sind so hoch wie seit Jahren nicht, und das Innenministerium plant den massivsten Angriff auf zivile Seenotrettung seit unserem Bestehen.“

Eindeutige Position zur Seenotrettung gefordert

Der Sea-Eye-Sprecher Gordon Isler sagte, auch Reedereien könnten in rechtliche Unsicherheiten gebracht werden, da sie ebenfalls keinen finanziellen Vorteil hätten, wenn sie Menschen in Seenot versuchen zu retten. „Wir fordern, dass dieser Vorschlag verworfen wird und dass sich die demokratischen Abgeordneten des Bundestags jetzt eindeutig zur Seenotrettung positionieren“, so Isler. Auf X, vormals Twitter, schrieb Isler zum Dementi des Ministeriums: „Wenn das die Position des Bundesinnenministers ist, muss der Entwurf zum §96 Aufenthaltsgesetz korrigiert werden und eine unmissverständliche Ausnahme für humanitäre Organisationen beinhalten.“

Ansonsten seien die Worte „unglaubwürdig und es gäbe keine Rechtssicherheit. Das Vertrauen ist dahin.“ Griechenland und Italien gehen seit Jahren gegen private Ret­te­r:in­nen vor. In den beiden Ländern standen vielfach Menschen wegen angeblicher Schlepperei vor Gericht und wurden teils verurteilt, ohne dass sie Geld für die Seenotrettung bekommen hätten.

Auf Sizilien etwa läuft seit 2022 der Prozess gegen die Crew des beschlagnahmten deutschen Rettungsschiffes Iuventa. Ihnen drohen Jahrzehnte Haft. Die EU hatte vor Jahren eine Richtlinie erlassen, die es ermöglicht, das Kriterium des geldwerten Vorteils als Grundlage der Strafbarkeit für Schlepperei zu streichen. Ju­ris­t:in­nen sprechen von der gehäuften Verfolgung von „Solidarity Crimes“ in den Mittelmeerländern. Die Ampel hatte im vergangenen Jahr entschieden, die private Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer mit finanziellen Zuwendungen zu unterstützen.

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16 Kommentare

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  • vielleicht gibts ja mehr geld für frontex als ausgleich..... na unrechtsstaat halt. das können wir

  • Das SPD-Innenministerium formuliert anders, als es das Gesetz verstanden haben will - und ein AfD-Innenminister wird es dann ohne weitere Änderung im Wortsinn und im Sinn der AfD umsetzen lassen.

  • Faeser ist Juristin...daher sollte Sie wissen, wie dümmlich der Vorschlag war, ein durch INTERNATIONALES SEERECHT gedecktes und sogar verpflichtendes Recht in irgendeiner Art und weiße kriminalisieren zu wollen!



    Jeder Kapitän, ist allein durch seine Berufsehre dazu verpflichtet, auf offenem/internationalem Gewässer (und dort werden diese Menschen aufgelesen) aufzunehmen und in einen sicheren Hafen zu bringen! Die Entscheidung, welches der nächste sichere Hafen ist obliegt EINZIG UND ALLEIN dem Kapitän.

  • "solidarity crimes", was für eine menschenverachtende Bezeichnung.



    Kriminell ist unsere Bundesregierung und die EU.

  • Solidarität ist kein Verbrechen!

  • "Die EU hatte vor Jahren eine Richtlinie erlassen, die es ermöglicht, das Kriterium des geldwerten Vorteils als Grundlage der Strafbarkeit für Schlepperei zu streichen" Das also sind die vielbeschworenen Europäischen Werte. Ich verzichte darauf. Was ist denn, wenn ich im Liegestuhl am Strand sitze und ein Mensch schleppt sich noch so gerade ins Falcwasser. Wenn ich dem helfe und Pech habe, dass es ein "Illegaler" ist - gehe ich dann in den Knast? Na ja, dort gibt es ja christliche Seelsorger, die mich dann trösten können...

    • @Perkele:

      Gab es doch schon vor Jahren: Wenn sich ein Flüchtling unter deinen LKW geklemmt hat, z.B. um über den Ärmelkanal zu gelangen, wirst du als Fahrer verhaftet.

      Heute ist jeder Mensch betroffen, der hilft. Danke EU!

  • An dieser Frage entscheidet sich bei mir, ob die Grünen noch wählbar sind.

    • @LeSti:

      Diese Aussage ist leider sehr schwammig, da nicht mal klar ist, sind Sie pro oder kontra zu diesem Thema.

      • @Mario 9136:

        Naja, die Grünen würden wohl nicht dadurch wählbaren, dass sie die Kriminalsierung von humanitärer Lebensrettung mittragen. Aber deutlich: wenn die Grünen das auch nur durch Enthaltung tolerieren sind sie bei mir raus.

  • Nehmen wir mal an, ein kurdischer Politiker hat keine Chance mehr, muss sofort die Türkei verlassen und seine Freunde in Deutschland helfen ihm, damit er nicht ungerechtfertigt ins Gefängnis muss oder damit er am Leben bleibt, nach dieser Definition hier wären sie Schlepper und das Handeln der Freunde wäre kriminell. Ich halten diese Vorgehensweise für sehr sehr schwierig, weil es im GG ein Recht auf Asyl gibt, wenn das jemand in Anspruch nehmen will, aber damit andere kriminalisiert, damit er das überhaupt hierher schafft?

    Ich glaube es geht der Regierung nur noch darum, jede Form von Migration möglichst zu unterbinden. Egal, was der Einzelfall ist oder was es zu beachten gibt. Es gibt in der Türkei Schlepper, die das fast ehrenamtlich machen, weil viele Syrer dort diskriminiert, verprügelt werden, weil deren Lebensumstände extrem schlecht werden, es gibt Schlepper die aus diesen Gründen 'Fluchthilfe' betreiben und die glauben, dass es OK ist. Manchmal helfen die sogar ohne Geld zu bekommen, sind sie dann auch schwerkriminell? Wäre es nicht besser mit der Türkei anders zu reden? Bringt das vor allem was?

    • @Andreas_2020:

      Einerseits glaube ich nicht, dass Ihr Eindruck stimmt - andererseits finde ich nachvollziehbar, dass der Eindruck entsteht. Die Regierung ist entweder zu "faul zu unfähig oder zu feige", genauere Kriterien zu entwickeln, wie man reguläre und irreguläre Migration trennt. So kommt es, dass man immer wieder von gut integrierten Menschen liest, die das Land verlassen müssen und andere bleiben trotz schwerster Straftaten. Immerhin gibt es hier jetzt den "Spurwechsel", der das erste wohl öfter mal verhindert. Aber insgesamt müsste klarer unterschieden werden, wer nicht willkommen ist (war zum Beispiel Terror bejubelt) und wie man ihn wieder los wird, statt einfach pauschal bei allen zu kürzen.

      • @Dr. McSchreck:

        Liefe vermutlich auf eine weitere Grundgesetzänderung hinaus, "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht, sofern sie keinen Terror bejubeln" o. dergl. Ich sag mal so, es gab Zeiten, da waren Menschenrechte noch unteilbar.

        • @derzwerg:

          Schon die Genfer Konvention sieht vor, dass man den Flüchtlingsschutz verlieren kann, wenn man eine Gefahr für die Bewohner des Landes darstellt - was bei Islamisten sicher anzunehmen ist.

          Asylberechtigt sind übrigens nur ungefähr 1 Prozent, alle anderen fallen unter andere Schutznormen.

    • @Andreas_2020:

      Es gibt ein Recht darauf einen Asylantrag zu stellen zu dürfen, aber keinen Weg ein sicheres Land, auf legalem Weg, zu erreichen um diesen überhaupt zu stellen.

      Um einen Antrag zu stellen muss ein Flüchtling also zwangsläufig das Gesetz brechen.

      Das Recht auf Asyl beinhaltet aus diesem Grund auch eine Straffreiheit für die notwendige illegale Einreise.

      Diese Straffreiheit erstreckt sich jedoch nicht auf Helfer*innen, diese können auch jetzt schon als Schlepper angeklagt und verurteilt werden.

      Konret bedeutet dies: Ein Flüchtling kann straffrei alleine in einem Boot das Mittelmeer überqueren. Sitzt in diesem Boot jedoch eine weitere Passagier*in wird der Steuermann oder die Steuerfrau als Schlepper*in angeklagt und verurteilt. Das "Gerichtsverfahren" dauert dann oft genug sogar nur wenige Minuten.

      Ob die Person die das Boot gesteuert hat, selbst für die Überfahrt gezahlt hat, spielt juristisch kaum eine Rolle in Italien oder Griechenland.

      Deutschland ist über das Mittelmeer eher schwer mit dem Boot zu erreichen.

      Ich habe mich schon mal gefragt was passiert, wenn alle Insass*inenn das Boot eine Weile steuern. Müsste dann nicht für alle die Straffreiheit gelten? Es können ja nicht alle Insass*innen Schlepper*innen sein, weil das wäre ein Wiederspruch in sich.

    • @Andreas_2020:

      "Manchmal helfen die sogar ohne Geld zu bekommen, sind sie dann auch schwerkriminell? Wäre es nicht besser mit der Türkei anders zu reden? Bringt das vor allem was?"

      ------------------------

      a) Ja, sie sind auch dann Kriminell.



      b) Die Türkei hat ein massives Zuwanderungsproblem, die sind froh über jeden Syrer, der das Land verlässt. Egal in welche Himmelsrichtung.