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Die VerständnisfrageWann bekommst du endlich ein Kind?

Warum fragen Menschen Frauen Anfang 30 ständig nach ihrer Familienplanung?, fragt eine Leserin. Weil ihr so lange wartet, antwortet eine Rentnerin.

„Wann bekommst du eigentlich endlich Kinder?“ Viele junge Frauen können diese Frage nicht mehr hören Foto: habrovich/imago

In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.

Karin Klöpfe, Ingenieurin, 31 aus Schkopau bei Leipzig fragt:

Warum fragen Menschen Frauen Anfang 30 oft danach, wann sie endlich planen, ein Kind zu bekommen?

***

Antwort von Petra Schwab, Rentnerin, 64, Wuppertal

Ich habe früher auf der Arbeit immer unsere jüngeren Kolleginnen und Azubis gefragt, wie es mit der Familienplanung aussieht. So was frage ich natürlich nicht bei der ersten Begegnung, sondern wenn ich die Person besser kenne und weiß, wie sie tickt.

Mir ist es wichtig, dass es ein Vertrauensverhältnis gibt und ich mich mit der Person verstehe. Ich habe auch von mir viel Privates erzählt und finde es dann auch nicht unhöflich zu fragen, ob eine Kollegin gerne Kinder bekommen oder heiraten will.

Auf meine Fragen hat nie jemand böse oder genervt reagiert, denn die Leute kannten mich und meine neugierige Art. Ich spreche gerne über Privates und da gehört für mich die Familienplanung ganz besonders dazu. Ich hätte nie eine junge Kollegin gefragt, von der ich schon wusste, dass sie da nicht drüber sprechen möchte.

wochentaz

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Junge Männer habe ich nicht so oft gefragt. Nur manchmal, wenn sie frisch verheiratet waren, kam das Thema auf und ich habe nachgefragt. Ich weiß, dass das noch alte Bilder in meinem Kopf sind, aber früher hat man geheiratet und Kinder bekommen. Dann war die Frau dafür zuständig. Deshalb will ich heutzutage wissen, wie es bei den Paaren aussieht und welche Pläne sie haben. Die Pläne und Wünsche können ja ganz unterschiedlich sein.

Ich habe selbst mit 20 schon ein Kind bekommen und frage mich öfter, warum Frauen immer länger mit den Kindern warten. Klar, Karriere kann da eine Rolle spielen, aber ich würde mich auch freuen, wenn Kinder wieder jüngere Mütter hätten. Daher finde ich es auch verständlich, wenn man Frauen in ihren Dreißigern einfach mal nach Kindern fragt. Und wenn sie antworten, dass Kinder nicht zu ihrem Leben passen, dann ist das eben so.

Meine Tochter ist erst mit 30 Mutter geworden und wir haben vorher immer wieder über Kinder und Familienplanung gesprochen. Sie wusste, dass ich gerne Enkel haben wollte, und ich finde es auch wichtig, in der Familie offen über diese Themen sprechen zu können.

Ich will mit meinen Fragen aber natürlich niemanden unter Druck setzen. Ich denke dennoch, dass ich als Mutter auch mal Fragen stellen oder Wünsche äußern darf. Mittlerweile habe ich drei Enkelkinder und freue mich sehr darüber. Auch wenn sie öfter zu Besuch kommen könnten.

Häh? Haben Sie manchmal auch diese Momente, wo Sie sich fragen: Warum um alles in der Welt sind andere Leute so? Wir helfen bei der Antwort. Wenn Sie eine Gruppe Menschen besser verstehen wollen, dann schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.

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10 Kommentare

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  • Mit Ü35 wird es dann bei vielen biologisch schwieriger, Kinder zu bekommen.

  • "Ich weiß, dass das noch alte Bilder in meinem Kopf sind, aber früher hat man geheiratet und Kinder bekommen. Dann war die Frau dafür zuständig."

    Nur so am Rande: Dieses "früher" sagt ein Mensch, der gerade mal drei Jahre älter ist als ich. Das Aufbrechen dieser Verkrustungen war schon ein großes Thema, als ich noch zur Schule ging. Viel ist offenbar nicht passiert :-(



    Abgesehen davon kann Frau Schwab sich ihr "ich bin halt neugierig" sonstwohin stecken: Man fragt Menschen nicht so aus. Die Gründe wurden in anderen Kommentaren ja reichlich angeführt.

  • Ich will nicht nach Familienplanung gefragt werden, weil ich dann unter Rechtfertigungsdruck gerate. Leute können ein: "Ich will halt nicht", nie stehenlassen und ich schulde es niemandem von meiner furchtbaren Familie zu erzählen. Es ist egal was ich sage, am Ende bin ich immer die Spinnerin, die Dumme -- die, bei der was kaputt sein muss. Also bitte nicht fragen. Oder wenn, dann müssen alle gefragt werden. Auch die Männer. Und dann müssen konsequenterweise auch alle Eltern gefragt werden, warum sie Kinder bekommen haben.

  • Ich finde schon immer, dass die Familienplanung niemanden etwas angeht - insbesondere bei KollegInnen finde ich die Frage unangemessen. Als junge Frau wird man ja schon interessiert gemustert, wenn man keinen Alkohol trinkt. Das nervt!

    Wir haben vor 2 Jahren ein Kind kurz nach der Geburt verloren. Seitdem ist die Frage "wie viele Kinder hast du" für mich alles andere als small-talk. Ich habe darüber auch sehr viele Familien kennengelernt, bei denen die Familienplanung traumatische Züge hat. Sowas vergisst man wenn alles nach Plan läuft sehr schnell und tut damit ungewollt einen sehr weh (und das sind deutlich mehr, als man denkt).

    • @Coelin:

      Stimme Ihnen zu. Die Frage hat gerade am Arbeitsplatz überhaupt nichts verloren. Zum einen, weil es höchstprivat ist. Zum anderen wegen Diskriminierung: nach wie vor werden Männer bei Beförderungen usw. eher berücksichtigt, weil sie nicht durch Schwangerschaft und Mutterschutz ausfallen. Wer die Frage stellt, sollte nicht mit einer (ehrlichen) Antwort rechnen.

  • Es ist und bleibt aus meiner Sicht total übergriffig, Menschen - egal ob Mann oder Frau oder alles dazwischen und darüber hinaus - nach der Familienplanung zu fragen, außer man kennt sich sehr, sehr gut und weiß, dass man niemanden damit verletzt oder dass das Gegenüber sich nicht attackiert fühlt. Es gibt Menschen, die möchten keine Kinder, es gibt Menschen, die haben vielleicht ein Kind oder mehrere verloren und es gibt auch solche, die keine bekommen können. So oder so ist das eine absolute Privatsache und geht niemanden außer die betroffene Person und ggf. seinen/ihren Partner*in etwas an. Die Nachfragen der Rentnerin aus diesem Artikel hätte ich mir schlicht verbeten.

  • Immer noch steckt in den Köpfen eine Art implizite Vermehrungspflicht für Frauen. Obwohl die Möglichkeiten, nicht mehr quasi "automatisch" schwanger zu werden, sich spätestens seit der Pille sehr erweitert haben. Dennoch wird Frau und Mutter in eins gesetzt, Frau als Person ist anscheinend immer noch ein seltenes Phänomen, zudem diese sich auch noch zu rechtfertigen hat. Stichwort: "Die singuläre Frau."



    Mann war schon immer Person, egal, ob er Vater wurde oder nicht.



    Das alles ist so rückständig, dass mir diese Kolumne wie eine Satire erscheint.

  • Meine Erfahrung: Zwischen 25 und 35 hat Mann und Frau mehr Kraft für Kinder. Obwohl das natürlich mit individueller Reife und Lebensplanung zu tun hat. Zudem ist es auch für Kinder nett, Eltern zu haben die halbwegs jung sind.



    Meiner subjektiven Wahrnehmung nach gibt es immer mehr alte Väter. Ich glaube das ist keine gute Entwicklung. Kinder brauchen stabile Rahmenbedingungen. Auch und speziell in diesen Zeiten

    • @Isar21:

      Warum sollten ältere über 35 Kindern keine stabilen Rahmenbedingungen bieten können?

    • @Isar21:

      Eltern brauchen aber auch stabile Rahmenbedingungen. Und die ist seit Jahren schon nicht mehr gegeben.