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Große Mehrheit in UmfrageGentechnik soll erkennbar bleiben

Die EU-Kommission wollte die Kennzeichnungspflicht für neue Gentechnik in Lebensmitteln abschaffen. Der Großteil der Verbraucher aber ist dagegen.

Die Mehrheit der Deutschen besteht darauf zu wissen, ob Lebensmittel gentechnisch verändert wurden Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Berlin taz | Die meisten Menschen in Deutschland wollen, dass mithilfe neuer Gentechnik hergestellte Nahrungsmittel auch künftig geprüft und gekennzeichnet werden müssen. Das zeigt das Ergebnis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts forsa, die die Verbraucherorganisation Foodwatch am Montag veröffentlicht hat.

Die EU-Kommission hatte Anfang Juli jedoch vorgeschlagen, die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel aus vielen Pflanzen aufzuheben, die durch Methoden wie der Genschere Crispr geschaffen wurden. Auch Tests auf Gesundheitsrisiken sollen weitgehend wegfallen. Das soll der Gentechnik zum Durchbruch verhelfen, die zwar grundsätzlich erlaubt ist, aber kaum genutzt wird. Die EU-Kommission verspricht sich davon zum Beispiel mehr Getreide, das besser mit der Klimakrise klarkommt. Umweltschützer bezweifeln diese Versprechen und warnen etwa vor einem erhöhten Pestizideinsatz.

Laut forsa stimmten 92 Prozent der rund 1.000 im September telefonisch Befragten dieser Aussage zu: „Lebensmittel, die gentechnisch verändert wurden, müssen gekennzeichnet werden. Unabhängig davon, ob neue gentechnische Verfahren oder klassische Gentechnik angewendet wurde.“ 96 Prozent forderten: „Wenn Pflanzen mit neuen Verfahren gentechnisch verändert werden, sollten mögliche Risiken immer untersucht werden.“

Auch FDP-Wähler:innen wollen weiter Transparenz

Foodwatch bezeichnete die Ergebnisse als „deutliches Signal an Bundesernährungsminister Cem Özdemir, sich in Brüssel für eine lückenlose Gentechnik-Kennzeichnung einzusetzen“. Während sich Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) für die Kennzeichnung und Prüfung von neuer Gentechnik ausgesprochen hat, stimmt die FDP den Plänen der Kommission zu. „Dabei zeigt die Umfrage: Auch 94 Prozent der befragten FDP-Anhänger:innen wünschen sich eine Risikoprüfung und 85 Prozent eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln“, so Foodwatch.

Die meisten Befragten wollten sogar eine Verschärfung des Gentechnikrechts. „87 Prozent befürworten eine Kennzeichnung von Tierprodukten, bei denen die Tiere mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert wurden.“

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22 Kommentare

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  • @EINAR LOFTSON

    Was spricht denn dagegen,das darauf zu schreiben, was drin ist?

    Ich entscheide dann, ob ich es kaufe oder nicht. Einfach, oder?

    • @tomás zerolo:

      Nachprüfen was drin ist, kann aber niemand. Neue Gentechnik ist nicht nachweisbar. Im Übrigen wird alte Gentechnik auch nicht draufgeschrieben.

      • @Bernhard Hellweg:

        Andersrum könnte es vielleicht funktionieren, man könnte gentechnikfreie Lebensmittel kennzeichnen. Verifizierbar ist das ganze aber nicht!

  • Meine Fresse, was für eine Diskussion.



    Wir wollen frisch selber kochen, aber entsprechende "Lebensmittel" suchst du im sog. Einzelhandel meist vergebens - dafür "Fertig zubereiteter Sch... nur zum warm machen". Und wer will wissen, was da alles drin ist? Fehlanzeige! Hier wäre etwas mehr Bildung auch nicht gerade fehl am Platze. Wann gibt es endlich mehr mündige Verbraucher die massenweise diesen "Mist" einfach liegen lassen? Wir sind die Sklaven dieses blödsinnigen "Wachstums-Geseieres" derer, die einfach nur die Rendite sehen und sonst gar nix!! Dafür sind genau die sogar bereit, mittlerweile Milliarden nur in Werbung einzusetzen. Soviel zum dummen Geschwätz die Welt besser ernähren zu wollen. Ich könnt nur noch k......!

    • @MahNaMahNa:

      Meine Fresse, was für ein Gejammer.

      ich hab bisher noch alles im Supermarkt gefunden (ausser Berberitzen- da muss ich Ihnen Recht geben) Fertigsch... muss ja niemand essen, und was drinn ist steht drauf. Der mündige Bürger greift zu, wer hat schon Bock auf selberkochen? Bildung ist gerade im Bezug zu Gentechnik wirklich Mangelware, sonst würde man solch alberne Diskussionen nicht führen. Da könnt ich auch k...,.

  • Herr Özdemir, enttäuschen Sie mich nicht!



    Die Kennzeichnungspflicht muss bleiben, ohne jegliche Einschränkungen. Selbst ohne die, welche es jetzt leider schon gibt (

  • @BERNHARD HELLWEG

    Dass es "wo anders eh schon falsch gemacht" ist keine Rechtfertigung dafür, es hier auch falsch zu machen.

    Ich würde mich auch für Kennzeichnung von mutagenetisch erzeugten Sorten einsetzen -- machen Sie mit?

    • @tomás zerolo:

      Das sind vermutlich inzwischen alle normal erhältlichen.

    • @tomás zerolo:

      die Krux ist doch, dass es sich gar nicht mehr von einer "herkömmlichen" Züchtung unterscheiden lässt. Wollen Sie jedes Saatkorn tracken? und wozu? Mir sind keine Gesundheitsschäden nach Verzehr von GMO bekannt. Mutagenese wird jetzt seid bald 100 Jahren angewendet, niemand kann mehr sagen welche Züchtung wie entstanden ist. Die meisten holländischen grasssorten sind z.B. wahrscheinlich durch Mutagenese oder andere gentechnische Verfahren entstanden. Gentechnik ist allgegenwärtig! Gewöhnt euch dran! Bei Medikamenten oder Impfstoffen frag doch auch keiner nach ob GMO zum Einsatz kamen. Deutsche Angst in Reinform!

  • > Die EU-Kommission verspricht sich davon zum Beispiel mehr Getreide, das besser mit der Klimakrise klarkommt. Umweltschützer bezweifeln diese Versprechen

    Wie ist das gemeint; diese Versprechen werden bezweifelt? Höhere Hitzeresistenz sowie weniger Wasserbedarf sind hinreichend belegt. Wer zweifelt das denn an?

    > Unabhängig davon, ob neue gentechnische Verfahren oder klassische Gentechnik angewendet wurde.

    Diese Ferne von der Wissenschaft ist bedenklich. Es gibt in der heutigen Landwirtschaft ABSOLUT REIN GAR NICHTS, das genetisch so ist, wie es mal "ursprünglich" war. Hier wird seit jeher gezielt gezüchtet. Jedes Lebensmittel, das in irgendeiner Form in diesem Land angebaut wird, ist das Resultat von "klassischer" Gentechnik. Das gilt für die Kresse auf dem Fensterbrett genau wie für Kartoffeln oder Zuckerrüben auf den Feldern.

    Gerne alles genau kennzeichnen, aber vielleicht auch ein paar Euro mehr in Bildung investieren. Die Leute sollten schon wissen, was sie essen.

    • @Chris12:

      Sie wissen es genau, aber gerne kompakt: Es werden zwar gerne Pflanzen versprochen, die besser mit Hitze oder Trockenheit klarkommen, aber hauptsächlich werden Resistenzen gegen eigene Herbizide entwickelt. Das Idealprodukt ist gegen hauseigene Gifte resistent, die im Paket mitverkauft werden, und es kann bzw. darf nicht selbst reproduziert oder gar weiterentwickelt werden. Es geht um Kundenbindung, Marktmacht und Profite. Der Hunger in der Welt ist Mittel zum Zweck.

  • In fast allen Pflanzen ist Gentechnik drin, nennt sich Mutagenese, ein gentechnisches Verfahren mit der Nutzung von Radioaktivität oder Zellgiften. Dieses Verfahren wird in der Pflanzenzucht schon lange genutzt, ist nicht transparent und wird auch im Bio-Landbau verwendet. Neue Gentechnik um der es jetzt geht, ist wesentlich präziser und greift nicht so breit ins Genom der Pflanze ein. Hat man das den Befragten vorher erklärt?

    • @Bernhard Hellweg:

      "Neue Gentechnik um der es jetzt geht, ist wesentlich präziser und greift nicht so breit ins Genom der Pflanze ein"

      Vier Haken:



      1. präziser - immer nur nach dem aktuellen Stand des Wissens



      2. was wurde eventuell neben den eigentlichen gewünschten Targets noch alles geändert? (zB Einbacu von Selektionsmarker?)



      3. sind diese Pflanzen dann so patentgeschützt, dass ihre Samen nicht mehr vom Bauer in Indien beispielsweise als neue Saat verwendet werden können?



      4. letztlich geht es um Marktmacht

      Letzten Endes sind diese fachlichen Diskussionen aber vollkommen obsolet. Es geht um Transparenz der Produkte - und dies sollte Vorrang haben, was eben der Kunde wünscht.



      Dies ist eigentlich die Selbstverständlichkeit bei der Sache. Überzeugen können Sie den Kunden dann immer noch von Ihrer Sache - wenn es denn wirklich überzeugend genug ist.

      Schliesslich werden gerade bei Futtermittel damit auch grosse Marktanreize gesetzt, wie sich die Landwirtschaft in Zukunft weiter entwickeln wird.

    • @Bernhard Hellweg:

      Mutagenesis simuliert grob gesagt einen natürlichen (dann aber viel langsameren) Prozess, der wie sie sagen, zwar breit ins Genom eingreift, aber eben nicht so tief.



      Die spontane Entstehung von Artfremden Proteinen, bis hin zu Medikamenten etc. ist dadurch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich nicht möglich.



      Eben diese präzise Manipulation sollte in jedem Falle gekennzeichnet sein, wie wir unsere Konzerne so kennen bauen die gerne (auch bewusst) Mist. Einen Kopfsalat angereichert mit Nikotin, hohem Zuckeranteil und vielleicht noch einem Statin oder Antibiotika bekommen sie mit Mutagenese jedenfalls nicht hin.

      • @Höhlen!=:

        "Einen Kopfsalat angereichert mit Nikotin, hohem Zuckeranteil und vielleicht noch einem Statin oder Antibiotika bekommen sie mit Mutagenese jedenfalls nicht hin"

        Mit Crispr auch nicht

        • @Kaboom:

          Nicht alleine, ist jedoch ein Mittel um den Prozess zielgerichtet steuern zu können. Anstatt wahllos irgendwo ein Transgen einzufügen, was wiederum haufenweise unerwünschte Auswirkungen haben kann. Irgendwo muss man den Anfang ja ziehen. Ich bleibe bei Breite und Tiefe, für beschleunigte Breite ist es zu spät, also dann gerne bei Tiefe. Ob sie die Produkte dann konsumieren wollen, bleibt ja Ihnen überlassen. Sie sollen ja nur gekennzeichnet werden.

      • @Höhlen!=:

        "Breit" und "tief" haben in diesem Zusammenhang keine wissenschaftliche Grundlage. Radioaktive Strahlung und mutagene Chemikalien verursachen tausende von Mutationen überall im Genom. Diese können auch ziemlich grosse Veränderungen im Genom verursachen. Es gibt auch keine Regionen, die davor geschützt sind, wie oft behauptet wird. Wenn für die Pflanze lebensnotwenige Gene mutieren, spriesst sie halt einfach nicht mehr.

        Genome Editing macht keine "tieferen" Eingriffe, aber man kann besser bestimmen, wo die Mutationen geschehen. Mit neuen Methoden wie dem Base Editing können sogar nur einzelne Basen verändert werden.

        Der Regulationsentwurf der EU nimmt nur Pflanzen von der GMO-Regulierung aus, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Transgene Pflanzen bleiben in jedem Fall weiterhin wie bisher reguliert.

        • @Nik:

          Ob sie knock-ins nicht zu Genome editing zählen wollen, überlasse ich ihnen. "Tiefer" würde ich sie jedoch nennen.

    • @Bernhard Hellweg:

      Die deutsche Gentechnikdebatte wird leider von Fundamentalisten dominiert. Ironischerweise sind es oft die gleichen Protagonisten die sonst so gern auf die Wissenschaft hören wollen.

      • @Šarru-kīnu:

        Die Erfahrung hat gelehrt, dass deutsche Gentechniker ungeachtet ihrer massiv ausgeprägten Inkompetenz im Kontext Ökologie und Pflanzenphysiologie jeden Mist in der freien Natur ausprobieren, ohne die geringste Ahnung zu haben, was die Folgen sind. Die Blamage beim Genwein hat das gezeigt. Kein Wunder, dass die Leute der Gentechnik nicht vertrauen.

  • Das sind sehr gute Nachrichten!

    „Dabei zeigt die Umfrage: Auch 94 Prozent der befragten FDP-Anhänger:innen wünschen sich eine Risikoprüfung und 85 Prozent eine Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln“



    In der Tat: Transparenz ist eine entscheidender Bedingung für das Funktionieren einer freuen Marktwirtschaft (siehe VWL Lehrbücher)







    Für mich ist es unverständlich, dass die EU Kommission immer wieder Versuche unternimmt, die Rechte des Verbrauchers sowie die Grundfundamente des eigenen wirtschaftlichen Systems zu umgehen.

  • Kann man machen. Aber bitte wenn dann konsequent, also auch Kennzeichnung von bei der Züchtung "mit mutagenen Chemikalien behandelt" oder "harter radioaktiver Strahlung ausgesetzt", beides mit völlig unkontrollierten Genveränderungen verbunden. Es gibt einige Pflanzenarten, bei denen das auch bei praktisch allen im Bioanbau angepflanzten Sorten draufstehen muss.