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Foto: Heike Holdinghausen

Waldumbau in ThüringenSchlag um Schlag

Eine Bürgermeisterin will Fällarbeiten in einem Vogelschutzgebiet verhindern. Das Forstamt sagt, sie behindere damit sinnvollen Naturschutz. Aber wer kontrolliert, was das ist?

W ie schafft diese Frau das so schnell über den schlammigen Waldweg, ohne auszurutschen? Zielstrebig umkurvt sie Matsch und Pfützen, springt mal links, mal rechts auf den hohen Wegrand und ist schließlich am Ziel. „Jetzt schau’n Sie sich das an“, ruft sie mit ihrem breiten oberbayerischen Zungenschlag. Sie starrt auf die weite Fläche vor ihr. „Ich könnt heulen.“

Die weite Fläche, deren Anblick Daliah Natascha Bothner so bewegt, war mal ein Fichtenforst. Jetzt bilden Äste und Nadeln ein federndes, kniehohes Gewirr. Behende klettert Bothner, ehrenamtliche Bürgermeisterin von Grumbach, einem Ortsteil von Wurzbach ganz im Süden von Thüringen, darüber hinweg. Die Bürgermeisterin erklimmt einen breiten Baumstumpf und reckt ihren Kopf. Eine kleine, schlanke Frau, die schwarzen Haare elegant zurückgesteckt. So steht sie an einem eher trüben Tag im Juli auf dem Baumstumpf und späht wütend zum Waldrand.

Vor zehn Jahren ist Bothner vom Tegernsee nach Grumbach gekommen. Als Orientierungspunkt die nächstgrößere Stadt zu nennen ist schwierig. Grumbach liegt irgendwo im Grünen zwischen Hof, Jena und Suhl, an der Landesgrenze zu Bayern. Die Gegend ist sanft hügelig, waldreich und beschaulich. Für die Bergkuppe bei Grumbach gilt das allerdings nicht mehr.

Dort, im Blickfeld von Bothner, arbeitet ein Harvester, eine baggergroße Erntemaschine mit langen Greifarmen, die Baumstämme packen, abschneiden und umlegen können, als wären sie Grashalme. Sie schnappen sich eine Fichte, sie wackelt kurz, es staubt, es kracht, dann liegt sie. Brutal sieht das aus. Äste ab, Krone ab, in Sekundenschnelle wird aus dem Baum ein Stamm, der auf einem großen Stapel landet. Eine zweite Erntemaschine greift ihn und transportiert ihn schwankend über das Ast-Nadel-Dickicht zum Waldweg. Dort schichtet sie den Stapel auf einen noch größeren Stapel; in Lkw-Höhe säumt er den Waldweg. Dahinter noch einer und noch einer. „Das war mal ein Wanderweg“, sagt Bothner und bahnt sich hüpfend einen Weg zurück: „Den haben sie total zerstört.“

Seit März verwandeln Erntemaschinen den Fichtenforst auf der Bergkuppe nahe dem Örtchen in eine Reihe von harzig duftenden Holzstapeln. Sie arbeiten im Auftrag der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), vor Ort vertreten durch ihren zuständigen Bundesforstbetrieb Thüringen-Erzgebirge – der Forst ist ein Staatswald. Er ist zugleich auch ein Vogelschutzgebiet nach europäischem Recht und entsprechend streng geschützt, der Schwarzstorch kommt hier vor.

Die Fällarbeiten in diesem Forst, ist Bothner deshalb überzeugt, sind illegal. Sie ist auch davon überzeugt, dass dort Windkraftanlagen gebaut werden sollen, am Willen der Bürger vorbei. Eine objektive Grundlage für Bothners Windkraft-Befürchtungen gibt es allerdings nicht, doch um Windkraftanlagen soll es hier auch nicht gehen. Seit März, seitdem die Holzfäller unterwegs sind, liegt Bothner nächtelang wach, sie schaltet frühmorgens um drei Uhr ihren Rechner an und googelt nach Möglichkeiten, die Erntemaschinen zu stoppen.

Weil der Zustand der Natur in Europa sich rapide verschlechtert, schreibt die EU derzeit an einem Renaturierungsgesetz

Sie hat sich an die Forstverwaltung gewandt, an Naturschutzverbände, an das Bundesamt für Naturschutz, an die Kriminalpolizei, das Bundesumwelt-, das Bundesjustiz- und das Landwirtschaftsministerium, und auch an die EU-Kommission. Es könne doch nicht sein, sagt sie, dass mitten in der Brutzeit ein streng geschütztes Vogelschutzgebiet abgeholzt wird: „Ich darf in der Zeit nicht mal meine Hecke schneiden, und die räumen hier den ganzen Wald ab?“

Tatsächlich erscheint Bothners Frage nicht abwegig. Weil der Zustand der Natur in Europa sich rapide verschlechtert, schreiben EU-Kommission, Parlament und Rat seit Anfang Juli am „Nature Restauration Law“, dem EU-Renaturierungsgesetz, das Schutzgebiete mit konkreten Vorgaben und Maßnahmen wieder in gute Lebensräume verwandeln soll. Wie kann es also sein, dass in einem Schutzgebiet die Harvester anrücken?

Zuständig für das Vogelschutzgebiet bei Grumbach sind, einige Ebenen unterhalb der EU-Kommission, zunächst mal: Heiko Günther und Veit Müller. Günther, 55, leitet den Fachdienst Umwelt des Landkreises Saale-Orla-Kreis und ist somit unter anderem auch Chef der unteren Naturschutzbehörde. Die muss den gesetzlichen Artenschutz im Landkreis überwachen und durchsetzen. Müller, 32, ist seit Anfang des Jahres stellvertretender Leiter des Forstamtes Schleiz. Günther hat sich im türkisfarbenen Poloshirt hinter den Besprechungstisch seines schmalen Büros im Land­rats­amt Schleiz gequetscht und erklärt geduldig, wie seine Behörde den Artenschutz bei Grumbach sicherstellt. Und dass die Fällmaßnahme den Wald nicht vernichten, sondern schützen soll.

Mit Wut im Wald unterwegs: die Grumbacher Bürgermeisterin Daliah Natascha Bothner Foto: Heike Holdinghausen

Der zuständige Förster des Bundesforsts Thüringen-Erzgebirge hatte im Frühjahr das Gespräch mit dem Forstamt Schleiz gesucht. Wie an vielen Stellen in der Region hatte der Borkenkäfer die Fichten auch in den bundeseigenen Forsten bei Grumbach befallen. „Normalerweise würde sich eine gesunde Fichte gut gegen den Käfer wehren können“, schreibt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Bonn auf Nachfrage. „Wenn er sich in die Rinde bohrt, sondert der Baum Harz ab und tötet so den Käfer. Nur wenige Exemplare schaffen es dann einzudringen und sich dort zu vermehren.“

Aufgrund der Trockenheit der vergangenen Jahre seien die Fichten jedoch häufig so geschwächt, dass sie nicht mehr ausreichend Harz produzieren könnten, der Borkenkäfer könne die Fichten ungehindert befallen, sich explosionsartig vermehren und so auch gesunde Bäume und ganze Forste vernichten. Deshalb sei es „dringend notwendig, befallene Bäume zu fällen und aus dem Wald zu entfernen, bevor sich die Borkenkäfer fertig entwickelt haben“, so die Bundesanstalt.

Im Fall Grumbach lief die Sache so ab, wie sie üblicherweise abläuft: Der Förster des Bundesforstes wandte sich an die Kollegen vom Forstamt Schleiz. Der Bundesforst fungiert als Überwachungsbehörde und übernimmt hoheitliche Aufgaben. Auf die Frage, ob man sich in Grumbach durch die behördlichen Maßnahmen überwacht fühle, lächelt Müller: „Wir besprechen sie“, sagt er.

Leuchten die Maßnahmen ein – und das sei in Grumbach der Fall gewesen, der Borkenkäfer müsse bekämpft werden, sagt Müller –, dann füllt der Bundesförster ein Formular aus, eine sogenannte Erheblichkeitsprüfung. In diesem Formular wird abgefragt, ob die Maßnahme einen „erheblichen Eingriff“ in das Schutzgebiet bedeutet. Die Einschätzung, ob ein Einschlag in einem Forst einen erheblichen Eingriff darstellt, nimmt also der Förster vor, der den Einschlag plant.

„Ein erheblicher Eingriff wäre etwa, wenn der Horst eines Schwarzstorches betroffen wäre“, sagt Müller. Wenn es Vorkommen von geschützten Tieren gebe, wie etwa Schwarzstorch oder Haselhuhn, dann lege man dort auch ein Augenmerk drauf, „wir gehen ja nicht mit geschlossenen Augen durchs Kreisgebiet“. Das Formular geht an die untere Naturschutzbehörde, dort wird es abgeheftet. Eine Prüfung erfolgt nur bei einem begründeten Verdacht auf eine erhebliche Beeinträchtigung. Ist der Eingriff nicht erheblich, kann die Maßnahme stattfinden. Ist er erheblich, wird weiter geprüft.

Bei der Maßnahme in Grumbach sei das nicht nötig gewesen, sagt Günther. Ein Kahlschlag, wie die Ortsbürgermeisterin kritisiere, werde dort auch gar nicht durchgeführt. Bei „Borkenkäfersanierungsmaßnahmen“ handele es sich aus rechtlicher Sicht auch nie um Rodungen und Kahlschläge, sagt Förster Müller. Der Waldbesitzer sei gar zu Fällarbeiten verpflichtet, weil umliegende Waldflächen gefährdet seien und eine weitere „rasante Verbreitung des Borkenkäfers dem Gemeinwohl der Gesellschaft“ entgegenstehe.

Also hat die untere Naturschutzbehörde die Sache zu den Akten gelegt – bis Bürgermeisterin Both­ner loslegte.

Eine einzelne Mitarbeiterin hat Günther in seiner unteren Naturschutzbehörde, die für den Artenschutz zuständig ist. „Sie macht den gesamten Artenschutz in den Biotopen, aber sie überwacht auch die Exoten, Vogelspinnen, Papageien, Schildkröten und so weiter“, sagt Günther. Die Mitarbeiterin kontrolliert also das Forstamt und stellt sicher, dass es den Artenschutz berücksichtigt? Günther und Müller lachen. „Ich würde nicht von kontrollieren, sondern vielmehr von einem Zusammenspiel sprechen“, sagt Günther. Es müsse ja nicht sein, dass die Verwaltung sich gegenseitig beschäftige, sagt Müller.

Ob die Mitarbeiterin regelmäßig ein Monitoring der Arten in den Schutzgebieten des Kreises durchführe? Günther guckt ungläubig. „Dazu kommt sie doch gar nicht“, sagt er, „das Monitoring macht das Land.“ Wie oft? Die Schutzgebiete würden auf jeden Fall gut gemanagt, sagt er. Und, fügt er hinzu, dass die Gesetzgeber in Berlin und Brüssel sich überlegen müssten, wer das vor Ort alles umsetzen solle, was sie so beschließen. Jede neue Bestimmung über Grenzwerte in Industrieanlagen, neue Vorschriften für Verpackungsabfälle, Gewässer- oder eben Artenschutz – all das müssten sie hier im Kreis überwachen und durchsetzen.

Der Staat ist zugleich Waldbesitzer und -schützer: „Das geht nicht gut“, sagt Silvester Tamás vom Nabu Foto: Heike Holdinghausen

Wie viele Mit­ar­bei­te­r:in­nen er bräuchte, um mögliche neue Aufgaben nach dem geplanten EU-Renaturierungsgesetz in Vogelschutz- und FFH-Gebieten zu übernehmen, will er nicht abschätzen, „ich kenne ja das Gesetz noch nicht einmal“. Dass seine einzige „Sachbearbeiterin Artenschutz“ keine freien Kapazitäten mehr hat, braucht er nicht dazusagen; von zusätzlichem Geld für Landkreise und Kommunen, von denen langfristig Stellen finanziert werden könnten, ist bislang nicht die Rede.

Fehler habe seine Behörde in dem Vogelschutzgebiet bei Grumbach jedenfalls nicht gemacht, sagt Günther, alles sei ordnungsgemäß geprüft worden – erst recht nach den Einwänden von Bürgermeisterin Bothner. Da habe es sogar Ortstermine gegeben, man habe sich das persönlich angeschaut. Natürlich sei so eine großflächige Fällung ein krasser Eingriff, der die Landschaft verändere, sagt Förster Müller. „Das Problem verursacht der Klimawandel“, sagt er, „wir werden die Wälder so, wie wir sie kennen, nicht halten können“. Er verstehe, dass das die Bevölkerung verunsichere.

Geduldig erklärt der Chef der zuständigen Naturschutzbehörde,dass die Fällmaßnahme den Wald keinesfalls vernichten – sondern ihn vielmehr schützen soll

Dabei, sagt Silvester Tamás, seien sichtbare, flächendeckende Fällungen wie bei Grumbach ja nicht mal das größte Problem des Thüringer Waldes. Tamás sitzt auf einer Bank mit Blick in die Gleistalhänge, eine Landschaft wie gemalt. Sanft schwingen sich grün bewaldete Hügel, am Horizont scheinen sie dunkelblau. In den Tälern goldgelbe Stoppelfelder, dazwischen ein Dorf. Sanft fällt Landregen auf die Wiese vor der Bank, „endlich mal“, sagt Tamás, der sich beim Naturschutzbund Nabu Thüringen um Beutegreifer kümmert, also um Wolf, Wildkatze und Luchs. Und Tamás kümmert sich um den Wald.

Auch hier bei Tautenburg, nördlich von Jena, war es im Juli heiß und trocken. Jetzt ist es angenehm, das richtige Wetter für einen Spaziergang. Der Wald duftet im Regen, sattgrün glänzen die Blätter der Buchen und Eichen, ein nach der europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtline, kurz FFH, geschützer Waldmeister-Buchenwald. „Eigentlich“, sagt Tamás wandernd, „müssten die Bäume hier ein geschlossenes Krondach bilden, und sie müssten sooolche Umfänge haben“. Weit breitet er die Arme aus. Fledermäuse fänden in dicken, alten Stämmen Nistplätze, am Abend könnten sie zwischen ihnen über den freien Boden segeln und Insekten jagen.

Aber statt dicker Stämme und geschlossenem Krondach spaziert der Wanderer durch dichtes Grün, nur die Rückegassen alle 20 Meter geben den Blick ins Waldinnere frei. Sieht idyllisch aus, saftig und gesund – Wald eben. „Das sieht vielleicht gut aus“, sagt Tamas, „ist es aber nicht.“ Die regelmäßige „Durchforstung“ des Waldes, also die Entnahme besonders alter, mächtiger Bäume, bringe seine Struktur durcheinander. Werde das Krondach eingerissen, erhitze sich der Waldboden an dieser Stelle und trockne aus. Jeder Quadratmeter Sonne, der hier einfalle, sorge für mehr Hitzestress. „Die Sonne frisst sich in den Wald“, sagt Tamás, „das macht die umliegenden Bäume krank.“

Einen geschützten Wald wie den von Tautenburg müsse man einfach in Ruhe lassen, der brauche auch keine Pflege. Der dichte Bewuchs junger Bäume – „Krautwald“, sagt Tamás abfällig, biete keinen Lebensraum für Fledermäuse und Insekten. Aber ist er nicht immer noch besser als gar kein Forst mehr, wie bei Grumbach?

Tamás kennt den Fall Grumbach, auch ihn hat Bothner um Hilfe gebeten. „Man kann als Naturschützer darüber streiten, ob man die Fichten dort wirklich fällen muss“, sagt der studierte Archäologe und Historiker, „der Borkenkäfer ist doch schon längst ausgeflogen.“ Und wenn man die Bäume fälle, dann solle man wenigstens das Totholz vor Ort lassen und nicht abtransportieren. „Aber“, fügt Tamás an, „richtig schade ist es um den Fichtenforst nicht, der ist unter den ­heutigen Klimabedingungen sowieso nicht zu retten“.

Trotzdem hält er das Engagement der Ortsteilbürgermeisterin für wichtig: „Wir brauchen solche Leute, die den Forstämtern und Umweltbehörden helfen, ihre Fehler zu korrigieren.“ Er selbst habe jahrelang versucht, in gemeinsamen Projekten mit ihnen partnerschaftlich zusammenzuarbeiten. „Inzwischen habe ich gelernt, dass das nichts bringt.“ Der Staat sei Waldbesitzer, Waldverwalter und Waldschützer in einem, „die kontrollieren sich selbst“. Das könne ja nicht gut gehen, „und das geht auch nicht gut“. Der Thüringer Nabu bereitet derzeit eine Klage gegen die ThüringenForst vor, die landeseigene Forstverwaltung, wegen unrechtmäßiger Eingriffe in geschützte Wälder.

Bernhard Zeiss, Leiter des Forstamts Jena-Holzland, holt tief Luft, als man ihm das am Telefon berichtet. Selbstverständlich würden auch in FFH-Gebieten alte Bäume gefällt, „wenn es dem Managementplan des Gebiets entspricht“. Sei beispielsweise vorgesehen, dass in einem Gebiet Eichen wachsen, müsse man Buchen entnehmen, um den lichtliebenden Eichen Raum zu geben.

Der Tautenburger Wald sei auf dem Weg zum Dauerwald, mit einer natürlichen Verjüngung. „Unter dem Dach der großen Bäume stehen seit Jahrzehnten die jungen, die ans Licht wollen und die jetzt übernehmen“, sagt Zeiss. Auch in einem naturnahen Wald sterbe einmal ein großer Baum ab und lasse Licht auf den Waldboden.

Er verstehe das ja, sagt Zeiss, „natürlich würde sich der nichtstaatliche Naturschutz freuen, wenn er mehr mitreden dürfte im Wald, genau wie die Jäger, Brennholzerwerber, die Holzindustrie, der Staat, der Geld braucht, die Jogger, die Wanderer“. Sie, die Förster, müssten all diese Ansprüche gegeneinander abwägen.

Das klingt vernünftig, einerseits. Es funktioniert aber, andererseits, in den Augen von Bothner und Naturschützer Tamás nicht effektiv. Das ist wohl das Problem, dass der Wald im Klimawandel und alle, die an ihm ein Interesse hegen, eigentlich haben: dass es bislang keinen Ort gibt, an dem all diese Interessen gerecht und auf Augenhöhe verhandelt werden können.

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28 Kommentare

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  • Dieser " Waldumbau" in Thüringen ist ja eine milliardenschwere Idee: Die kaufen günstig ein Natura-2000-Schutzgebiet als " Stilllegungswald". Dann holzen die unter dem Deckmäntelchen " Borkenkäferkalamität" alles ab, denn diese " außerordentliche Holznutzung" der " Käferholzkalamität" unterliegt nur dem HALBEN STEUERSATZ. Wenn die Schutzgebietsfläche dann so zerstört ist, dass sie ohnehin ihr Schutzziel verfehlt, wird auf der ehemaligen, gut erschlossenen Schutzgebietsfläche in Höhenlage ein Windpark errichtet. Die obrigkeitshörigen Beamten stellen dafür dann ebenso die Genehmigungen aus, wie für die Abholzung des EU- Schutzgebiets in der Brutzeit. Blöd nur, dass man in diesem Fall mit dem Schutzwald auch die Trinkwasserschutzzone einer Trinkwassertalsperre in Bayern platt gemacht hat!

  • DerArtikel "Schlag auf Schlag" errinnert mich stark an den Artikel von Norbet Panek "Natura 2000 im Deutschen Wald" Im Buch "Der Holzweg" von 2021. Dort zitiert er Beispiele wo in FFH Gebieten die Gesamtvorräte auf ein Niveau unterhalb halb von normalen Wirtschaftwäldern abgesenkt wurden.



    In der "Der Holzweg" ist auf Seite 69 zu lesen: Das Bundesverfassungsgericht stellte am 30. Mai 1990 heraus: »Die Bewirtschaftung des … Staatswaldes … dient der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes, nicht der Sicherung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse.«

  • Eigentlich eine tolle Idee, zu diesem Sachverhalt mit den zuständigen Behörden zu sprechen. Leider geht hier einiges durcheinander. Die Bundesforst als Teil der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hat eben gerade keine hoheitliche Funktion und überwacht auch keine anderen (staatlichen) Waldbesitzer. Das ist Aufgabe der unteren Forstbehörden. Diese sind je nach Bundesland bei den Landesforsten oder eben wie hier bei den Landkreisen angesiedelt.



    Da die beteiligten Personen ja alle im Artikel zu Wort kamen, gehe ich davon aus, dass die Zusammenhänge ursprünglich korrekt geschildert wurden, aber irgendwie verquer aufgeschrieben worden sind.

    In jedem Fall wird klar, dass die forstlichen Sachverhalte von Fachleuten offenbar anders bewertet werden als von von empörten Spaziergängern. Ja, es werden regelmäßig Maschinen eingesetzt. Nein, es ist fast nie ein Kahlschlag und noch viel seltener ein ungesetzlicher.

  • Ein gewisses Grundvertrauen in ausgebildete Experten kann auch mal gut tun, selbst wenn diese d e r S t a a t sind. ;-)

    • @doofi:

      Die Fachleute haben dann auch ihre "Experten-Fachgebiete" und dazu kommen noch Weltanschauungen in der Waldnutzung.



      Olle Buchen wegzukloppen, weil in nem Gebiet zuwenig Eichen stehen ist wohl genauso zielführend wie Aufforstung auf vertrockneten/borkenkäfergefressenen Baumäckern. Ein großer Schritt für ne Entwicklung naturnäherer Baumflächen wäre die Abschaffung der Doktrin, daß "der Staat" mit seinen Wäldern wirklich konsequent betriebswirtschaftlich arbeiten muß.

    • 3G
      31841 (Profil gelöscht)
      @doofi:

      Expertise und Zuständigkeit auf die Weise zu regeln, dass Kontrolle effizient ist, hat nichts mit Grundvertrauen zun tun, Es handelt sich um die Frage, ob der Vollzug der Kontrolle gesetzlich zielführend geregelt ist und ob der Vollzug nach dem Gesetz erfolgt.



      Nachhaltigkeit ist Gesetz. Das muss auf die gesamtökologische Nachhaltigkeit ausgelegt werden.

      Waldexpertin Susanne Winter (WWF) - Jung & Naiv: Folge 586



      www.youtube.com/watch?v=-VpLlYnFFZU

  • Kahlschlag zwischen März und Oktober - dafür müssen schon ganz massive Gründe vorliegen. Normal ist das jedenfalls nicht.

    • @Ajuga:

      Borkenkäfer z.B.



      Stürme kommen auch gern mal im Sommer, damit kann die Tierwelt auch umgehen.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Vielen Dank an Frau Holdinghausen für dieses Resümee:



    "Das ist wohl das Problem, dass der Wald im Klimawandel und alle, die an ihm ein Interesse hegen, eigentlich haben: dass es bislang keinen Ort gibt, an dem all diese Interessen gerecht und auf Augenhöhe verhandelt werden können".

    Zuletzt hier erkennbar geworden im Bericht



    "Die Jäger treten in den Klimastreik



    Ein modernes Jagdrecht ist wichtig für den Waldumbau. In Rheinland-Pfalz und Brandenburg drohen neue Jagdgesetze einmal mehr zu scheitern.



    taz.de/Es-soll-meh...n-werden/!5944826/

    Das Problem ist ein globales.



    Was wegen Deutschland zu Lasten von Wäldern in andereren Ländern geht, liegt auch an der Nachfrage in bzw. aus Deutschland.



    Was wir nicht selbst haben oder produzieren können, wird einfach woanders eingekauft. Und schon sind wir wieder beim Resümme des Arikels. Wer wohl letzlich den Kürzeren zieht und warum?

    • @31841 (Profil gelöscht):

      "Was wir nicht selbst haben oder produzieren können, wird einfach woanders eingekauft."



      Dauerwald in Plenterbewirtschaftung mit malerischen Landschaftsbildern und Deckung des Holzbedarfs schließen sich einfach aus.



      An den Wald werden Ansprüche gestellt, die einfach unerfüllbar sind. Der Holzbedarf ist nun mal hoch und soll sogar noch steigen (Stichwort "Bauen mit Holz") Bei uns wird Nadelholz aus dem Wald verbannt, dabei ist es das Bauholz schlechthin. Das kommt dann künftig aus Holzplantagen in Schweden...



      Es muß auch anerkannt werden, das der Wald ein Nutzobjekt ist und kein Park. Wenn aber oft genug bei Arbeiten im Wald Bürger sich aufregen, wie denn jetzt wohl Holzeinschlag betrieben werden kann, (falscher Zeitpunkt, falsche Größenordnung, zu viel, zu alte Bäume etc.) wird`s schwierig.



      Um unseren Holzbedarf zu decken müssten wir Nadelholz anpflanzen noch und nöcher, dass das nicht richtig ist ist auch klar. Aber eine ungefähre Mitte müsste es schon sein. Buchen allein sind`s auch nicht. Die Nutzung ist arg beschränkt.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @nutzer:

        Grundsätzliches - über die Frage der Bewertung der konkreten Konflikte im Wald, über den im Artikel bereichtet wird.

        "Bedarf ist nun mal hoch" ... führte schon in historischen Zeiten in den Ruin. Die "Reparatur" mit Nadelholzanbau ermöglichte den Entwicklungsboom, durch den eine Nachfrage (=Bedarf?) entstand, dessen Erfüllung kaum mehr nur nachhaltig erfolgen kann aber nur dürfte. "Darf" steht sinngemäß im Gesetz. "Wiederherstellung der Natur" (EU) bedeutet die Nachhaltigkeit auf die gesamtökologischen Funktionen auszurichten. Die forstliche "Kielwassertheorie" hat ausgedient, sie weil sie gesamtökologisch nicht gegriffen hat.

        Wissenschaftlicher Diskussionsbeitrag dazu:



        "Multifunktionalität des Waldes



        Marc Hanewinkel"



        WSL Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, 2011



        www.dora.lib4ri.ch...hed_version%29.pdf

        Das hätte schon viel früher rauskommen können, wenn die Kontrollen nicht weitgehend dem System der Holzproduzenten überlassen worden wären. Im Artikel wurden die Verhältnisse beispielhaft dargestellt. Bei anderen Standorten wirkt sich das noch viel weitergehender aus. Darum ist das Fazit des Artikel so treffend.



        Meine Behauptung: Die Taktik der Holzproduzentenlobby besteht darin, die Fäden nicht aus der Hand zu geben.

        • @31841 (Profil gelöscht):

          Das Problem, auch bei dieser Arbeit, es wird immer nur von Wald geredet, als ob es nur einen Wald gäbe.



          Im Sinne des Naturschutzes wäre es aber erstrebenswert zu erkennen, dass es verschiedene Waldformen gibt, mit verschiedenen Nutzungen und verschiedenen Lebensformen, die dort vorkommen können.



          Die jetztige Waldvorstellung als ein Dauerwald mit Einzelbaumentnahme, ist eine Form von Wald, aber nicht die Form von Wald, die für alle Lebewesen vorteilhaft ist.



          Auch Nutzungsformen, wie Niederwälder, Mittelwälder, auch Kahlschlagkulturen beherbergen und begünstigen Arten, die im Dauerwald nicht vorkommen oder nur sporadisch z.B. bei Schadereignissen.



          Es ist möglich und nötig verschiedene Nutzungen anzustreben, auch für die verschiedenen wirtschaftlichen Funktionen. Ganz provokant, es braucht auch Nadelholz.



          Als plakatives Beispiel gegen den Dauerwald, die ehemals heimischen Hühnervögel, wie Birkhuhn, Auerhuhn und Haselhuhn sind allesamt auf lichte Waldstrukturen mit verschiedenen Strukturen angewiesen und auf Nadelhölzer. Ein dichter geschlossener Dauerwald ist nicht das, wo die Waldhühner leben können. Dort können dann aber andere Arten leben.



          Die Fokussierung auf Buche, Dauerwald und geschlossene Kronenflächen ist in der Absolutheit nicht erstrebenswert, nicht aus wirtschaftlicher, nicht aus naturschützerische Sicht.

          • 3G
            31841 (Profil gelöscht)
            @nutzer:

            Alles Faktoren, die relevant sind. Aber nicht berücksichtigt werden die waldhydrologischen Gesichtspunkte. Die neuzeitlichen Techniken erfordern eine zergliedernde Walderschließung auf den Flächen und bedingen Bodenverdichtung auf bis zu 20 % der Holzbodenfläche durch die Fahrspuren, je nach Abstand der Spuren. In Summe führ das mittel- langfristig zu einer Minderung der Luft- und bodenfeuchte in den Forsten. Das hat Folgen für die Bestände und die gesamte Landschaft, auch für die Landwirtschaft und die Siedlungen. Hier müsste die Rechnung aufgemacht werden, welche Nutzungsformen und -intensitäten auf welchen Standorten welche Folgen haben. Diese Kalkulation muss über die Gesamtfläche des Landes bilanziert werden, Das fehlt bisher, sodass die Gewährleistung der Nachhaltigkeit in Bezug auf die Wasserbilanz nicht abgesehen werden kann - und alle weiteren Faktoren die damit in Rückkopplung stehen.

      • @nutzer:

        Nicht nur "Bauen mit Holz". Schlimmer find ich "Heizen mit Holz", wo statt Lebensraum für Tiere oder Wohnraum für Menschen für einen kurzen Zeitraum ein bisschen Wärme erzeugt wird, für die es oft bessere Alternativen gibt. Bevor das Holz verbaut werden kann, isses im nächsten Winter schon wieder verbrannt. "Wächst ja wieder nach."

        • @Tetra Mint:

          Die Mittelwaldnutzung, vor allem zur Brennholzgewinnung kann durchaus naturnah erfolgen. Dort gibt es andere Arten als im Dauerwald, aber eben auch typische und wichtige Arten.



          Brennholznutzung muß nicht schlecht sein, auf das Wie kommt es an.

  • Menschen mögen keine Veränderung, aber der Wald ist nun mal ein Wirtschaftobjekt. Die Naturschutzrelevantnis eines Fichtenwaldes besser Forsts dürfte auch kaum gegeben sein. Entgegen der allgemeinen Auffassung sind auch Kahlschläge, also flächige Fällungen nicht so unnatürlich wie geglaubt. Es gibt eine Reihe von Tieren und Pflanzen die davon wieder profitieren. Der Unterschied zu natürlichen Ereignissen ist allein die Masse. Kahlschläge sind aber zumeist nicht mehr genehmigungsfähig und relativ selten.



    Anstatt immerzu nur eine Form der Waldnutzung als "natürlich" zu betrachten, wäre es ratsam anzuerkennen, dass es verschiedene Waldnutzungen gibt. Solange es eine Mischung gibt, finden auch viele verschiedene Lebewesen ihren Platz.



    Ein Dauerwald, so schön er erscheint bietet nicht allen Tieren Lebensraum und ganz nebenbei, irgendwo, muß das Holz auch herkommen.



    Deer Streit um den deutschen Wald wird zu Lasten anderer nichtdeutscher Wälder ausgetragen.

    • @nutzer:

      Der Wald ist in erster Linie ein Biotop. Zum "Wirtschaftsobjekt" machen ihn erst wirtschaftliche Interessen seiner BesitzerInnen. Ich sehe allerdings vom Standpunkt der Allgemeinheit, die vom Wald profitieren sollte, keinen Grund, die Biotopfunktion als wichtigste Eigenschaft der Wälder anzuerkennen.

      • @Frau Sperling:

        In unserer Welt ist es eben kein reines Biotop. Es gilt eine Balance zu finden.



        Vieles was als natürlicher Wald angesehen wird, ist gar nicht natürlich und viele Arten, kämen im natürlichen Wald (laut PNV potentiell natürliche Vegetation) gar nicht vor.



        Verschiedene Waldnutzungsformen begünstigen verschiedene Arten, ob Pflanze oder Tier. Dies muß man anerkennen. Die Mehrheit der mitteleurop. Arten ist an Biotpe gebunden, die durch menschl. Nutzung entstanden sind. Die Arten des Dauerwaldes sind in der Minderheit.

      • 3G
        31841 (Profil gelöscht)
        @Frau Sperling:

        Es geht um die Bewertung, wie sich die Summe der Folgen verschiedener Nutzungen auf die öklogischen Grundlagen selbst auswirken, die die Nutzung erst mäglich machen.



        Daher die Erfordernis zu serioser Kontrolle, neudeutsch Monitoring durch Dritte. Ohne seriöses Monitoring ist keine Sicherung der Nachhaltigkeit möglich.

  • Im Wald gibt es immer mehr Wirtschaftswege.Geschottert ,damit auch ein 30 Tonner durchkommt.Die Holzernter hinterlassen eine Mondlandschaft. Naturschutz??? Wenn es nicht so traurig wäre, zum lachen.

    • @Reinhard Roller:

      Das wird uns bald auf die Füße fallen. Die kaputt gefahrenen komprimierten Böden, die nicht mehr in der Lage sind, Wasser zu speichern, die auch nicht mehr fruchtbar sind, weil alles Leben in ihnen erstickt und zermalmt wurde. Der Planet hat Zeit. Nach der nächsten Eiszeit haben wir wieder gesunde Böden, wo etwas wachsen kann. Dann vielleicht ohne Menschen,



      die alles unbegrenzt "nutzen" wollen, bis zum bitteren Ende.

  • Ein Amt für Immobilienaufgaben soll sich um Wald kümmern. Klingt irgendwie nach Bock und Gärtner und so ...

    • @Tetra Mint:

      Das stimmt so nicht. In der BImA wird Bundesbesitz zentral verwaltet, was ja auch Sinn macht. Das hat aber nichts damit zu tun, dass nicht andere Fachbehörden letztendlich ihre Fachkompetenz einbringen.

      • @uffbasse:

        Wie kommt es, dass der Wald dem Bund gehört? Normalerweise gehört Staatswald doch den Ländern.

        • @Francesco:

          Das ist ja kein Widerdpruch. Grenzanlagen, Militärflächen, Übungsflächen etc. gehören in der Regel dem Bund. Hinzu kommt, dass ehemalige Flächen der DDR, die nicht Privateigentum waren, sondern Staatseigentum blieben, auf dem Bund übergegangen sind.

          • @uffbasse:

            Eben letzteres wundert micht. Warum ging Staatseigentum nicht auf die Länder über, so wie das in den alten Ländern der Fall ist?

            • @Francesco:

              Bitte nichts durcheinander bringen. "Eigentümer" des Staatsforstes sind Land, der Bund und die Gemeinden. Damit nicht drei Förster verwalten, gibt's einen. Die Fortsbehörde ist auf Landesebene angesiedelt. Die Eigentümer beauftragen die Landesforstbehörde und müssen für diese Dienstleistungen bezahlen bzw. bekommen den Ertrag.

        • 3G
          31841 (Profil gelöscht)
          @Francesco:

          Ehemaliges Militärgelände.