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Insolvenz des Fahrradherstellers VanMoofVernetzt und weg

Kommentar von Svenja Bergt

Die Pleite der E-Bike-Marke VanMoof zeigt die Probleme mit Smart-Systemen. Steht man bald vor der Haustür, wenn dann die Schloss-App nicht mehr geht?

Ein Mann fotografiert ein VanMoof-E-Bike vor dem Firmensitz in Amsterdam Foto: Peter Dejong/ap

E s ist die Insolvenz eines Fahrradherstellers, die gerade einen kleinen Blick in die gar nicht so entfernte Zukunft eines immer stärker digital vernetzten Lebens erlaubt. Warum ein Fahrradhersteller? Nun, es geht um E-Bikes der niederländischen Marke VanMoof. Diese entfalten ihre volle Funktionsfähigkeit erst in Kombination mit einer zugehörigen App. So funktioniert zum Beispiel das automatische Entriegeln des Schlosses, wenn man sich dem eigenen Rad nähert, nur per Smartphone, Tablet oder Smartwatch.

Bei den Be­sit­ze­r:in­nen der VanMoof-Räder geht nun eine Sorge um: Was, wenn die Firma, die derzeit nach Möglichkeiten sucht, etwa über einen Verkauf an ein anderes Unternehmen noch weiter Fahrräder bauen zu können, nicht gerettet werden kann? Und was, wenn sie dann, was eine logische Konsequenz wäre, doch die Server abschaltet, die für die Anbindung der App notwendig sind?

Der Fall ist deshalb ein kleiner Blick in die Zukunft, weil sich diese Geschichten in einer vernetzten Welt häufen werden. Weil Hersteller von Staubsaugerrobotern, vernetzten Küchenmaschinen, Smart-Home-Systemen oder Alarmanlagen pleitegehen. Weil sie dann ihre Produkte inklusive digitaler Steuerungswerkzeuge nicht weiterentwickeln, Sicherheitslöcher nicht stopfen oder Server gleich ganz abschalten – und man im ungünstigsten Fall vor dem smarten Schloss der Wohnungstür steht, das plötzlich den Dienst verweigert.

Lösung Open Source

Die etwas schadenfrohe „Selber-Schuld“-Karte, die in solchen Fällen gerne gespielt wird, trumpft hier nur bedingt. Denn schon heute ist beispielsweise das vernetzte Auto Standard. Und noch problematischer wird es im medizinischen Bereich, wenn etwa der Hersteller einer vernetzten Prothese oder eines Implantats insolvent ist.

Zumindest in einem gewissen Rahmen ließe sich solchen Problemen vorbeugen, wenn die Hersteller – freiwillig oder verpflichtet – stärker auf Open Source und offene Schnittstellen setzen würden. Das wird umso wichtiger, je vulnerabler die Betroffenen nach einer eventuellen Insolvenz zurückbleiben.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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14 Kommentare

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  • Zitat Untertitel "Steht man bald vor der Haustür, wenn dann die Schloss-App nicht mehr geht?"

    Schon passiert [1]. Zu "Open Source": wem an der gesellschaftlichen Relevanz des Dings liegt buchstabiert es lieber "Freie Software".

    @STUBENHOCKER1337

    Very leet indeed. Wissen Sie, als das GNU-Projekt geboren wurde gab es Google gar nicht. Und die konnten erst so gross werden, weil sie alles kostenlos mitnutzen konnten, was aus dieser Ecke kam...

    [1] www.bbc.com/news/technology-59357306

  • Für mich wäre schon ein Fahrrad mit Hilfsmotor freiheitseinschränkend.

  • So was aber auch. Technik die entgeisterst. Bin schon gespannt auf die langen Gesichter wenn im kommenden Winter die nächtlichen Stromabschaltungen einzelner Stadtteile zunehmen werden.

    Alle denken Strom kommt aus der Steckdose. An überlastete Stromnetze wegen zu vieler E-Autos im Auflademodus und Wärmepumpen am Netz denkt keiner.

    VanMoof's und Haustüren lassen sich ohne Strom dann auch nicht mit Open Source entriegeln.

    Eine seltsame Technikgläubigkeit haben wir.

  • Egal wie hip: ich vermeide jegliche nur vernetzt funktionierenden Dinge. Alleine ein Stromausfall könnte reichen, und die Tools funktionieren nicht mehr. Weniger Digitales ist manchmal mehr.

  • Gerade die Katzenklappe im Haus installiert. Da unsere beiden Viecher seltenst ihr Smartphone dabei haben, werden die über den implantierten Chip identifiziert. Wäre viellleicht auch was für smarte Radfahrer.

    • @Der dreckich Katz:

      Ich hoffe Sie haben auch die umliegende Vogelgemeinde über die Chip-Kennung Ihrer Süßen informiert.

  • Open Source ist da leider keine Lösung.



    Open Infrastructure wäre da ein Ansatz.



    Aber warum nicht ohnehin dem Verbraucher die Entscheidung überlassen wie er sich "vernetzen" will?

  • Open source bezahlt aber keine Server.

    • @sociajizzm:

      Die Server sind weniger das Problem. Das Problem bei Open Source ist, dass wenn ein Projekt aufgegeben wird, sich nur selten jemand findet der das weiterführt.

      • @sonicprisma:

        Auch kommerzielle Projekte werden aber irgendwann eingestellt und nicht mehr weiter gepflegt. MS hat etwa inzwischen das Ende von Win10 angekündigt und sehr viele Rechner bringen nicht die Voraussetzungen mit um sich auf 11 updaten zu lassen. Den Usern bleibt also nur die Wahl zwischen dem Kauf eines neuen Rechners, dem Arbeiten auf einem dann unsicheren System oder der Umstieg auf *nix.

  • Ein gutes Beispiel für schlechtes Produktdesign. Warum muss die Kommunikation zwischen Fahrrad und Smartphone über den Server des Herstellers laufen? Dazu die Inkombatibilität der Van Moof App mit vielen Smartphones hat mich dazu bewogen ein anderes Fahrrad zu kaufen, zum Glück!

    • @Xanyd:

      Die bessere Frage ist doch: warum brauche ich bei einem Fahrrad ÜBERHAUPT eine Kommunikation zwischen Fahrrad und Smartphone....

  • Offene, dokumentierte Schnittstellen sind das eine (Open Source ist aus meiner Sicht nachrangig), genauso wichtig ist aber das Vorhandensein von Fallback-Lösungen, d.h. z.B. ein Smart-Schloss muss auch "konventionell" zu öffnen sein usw.

  • Ich möchte folgende Anmerkung zu OpenSource nicht unerwähnt lassen:



    OpenSource alleine bedeutet nicht automatisch, das jemand den Code für jemanden erstellt hat oder wartet.



    In privater Hand bedeutet das, sobald dein Fahrrad einen Bug hat, ist das dein Problem, nicht das des Maintainers. Wenn der Maintainer den Bug beheben will ist das erfreulich, er kann aber genau so gut sich ein Jahr oder zwei eine Auszeit geben.



    Auf der Gegenseite gibt es viele OpenSource Projekte von Großkonzernen wie Facebook, Netflix, Uber, Google. Hier ist der Support etwas besser, aber die Projekte existieren nur weil der Konzern selbst einen Bedarf nach einer Lösung sah.

    I use arch btw, sollte dies als Insider Joke meiner Erfahrung mit OpenSource etwas Glaubwürdigkeit verschaffen.