Maßnahmen gegen Lärm in Berlin: Motorradfahrer enteignen!
Der Bund für Umwelt und Naturschutz fordert zur Beteiligung am Lärmaktionsplan auf – es geht um nächtliches Tempo 30 und lärmträchtiges Verhalten.
Bei den Berliner Lärmaktionsplänen, die auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes aufgestellt werden, geht es fast ausschließlich um Verkehrslärm. Andere großflächig wirksame Lärmquellen – etwa durch industrielle Anlagen – gibt es in Berlin praktisch nicht. Schwerpunkte des Plans für 2024–2029 sind neben dem Schutz von „städtischen Ruhe- und Erholungsräumen“ die Vermeidung von „lautem Verkehrsverhalten“, etwa durch sogenannte Posing-Fahrten, und ein Tempo-30-Konzept für die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr.
Ein stark ausgeweitetes nächtliches Tempolimit hatte schon der Lärmaktionsplan 2018–2023 in Aussicht gestellt. Derzeit gilt nur auf rund einem Viertel des 1.550 Kilometer umfassenden Hauptverkehrsstraßennetzes Tempo 30 in den Nachtstunden. „Vor allem nachts brauchen Menschen Erholung, Lärm ist für viele Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich“, sagt BUND-Referent Martin Schlegel. Manja Schreiner habe allerdings schon Skepsis signalisiert, das nächtliche Tempolimit stark auszuweiten. „Die Spitze der Verkehrs- und Umweltverwaltung darf politische Ziele nicht über den Gesundheitsschutz stellen“, so Schlegel.
Ein Zehntel leidet gesundheitlich unter Lärm
Im Rahmen einer Bestandsaufnahme kam der letzte Aktionsplan zu dem Schluss, dass „durch den Straßenverkehr fast ein Zehntel der Wohnbevölkerung Lärmpegeln ausgesetzt ist, die auf Dauer gesundheitsgefährdend sein können“. Trotz aller seitdem durchgeführten Maßnahmen, die neben Tempolimits auch Straßensanierungen mit „Flüsterasphalt“ oder Lärmschutzwände beinhalten, dürfte dieser Anteil nicht oder zumindest nicht deutlich gesunken sein – dafür spricht schon die fortschreitende Verdichtung der Stadt.
Beim verhaltensbedingten Verkehrslärm beklagt der BUND die „viel zu laute Lärmlobby“ der Auto- und Motorradindustrie. Gerade bei Motorrädern, die oft für extreme Lärmspitzen verantwortlich sind, handele es sich um „Freizeitlärm“, so Martin Schlegel: „Die viel zitierte Krankenschwester fährt eher mit dem Rad oder dem ÖPNV zur Arbeit.“
Schlegel fordert den Senat auf, sich an einem Antrag gegen Motorradlärm zu beteiligen, den Baden-Württemberg im Bundesratsantrag eingebracht hat. Seine Idee, wie mit den lärmenden Karossen selbst umzugehen ist, dürfte es aber ganz sicher nicht auf die schwarz-rote Agenda schaffen: „Viel zu laute Motorräder und SUV gehören aus dem Verkehr gezogen und für die Landeskasse versteigert.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein