Umweltverein darf nicht klagen: Bürokratie oder Blockade?
Ein Umweltverein kann nicht gegen das LNG-Terminal in Brunsbüttel klagen, weil das Kieler Umweltministerium einen Bescheid falsch erstellt hat.
Inzwischen ist der Verein landesweit aktiv und hat laut Homepage rund 3.000 Mitglieder. Thematisch befassen sich die Aktiven um den Vorsitzenden Reinhard Knof zurzeit vor allem mit dem LNG-Terminal in Brunsbüttel. Doch zuletzt geriet die Arbeit ins Stocken: Dem Verein fehlte eine Anerkennung des Umwelt- und Energiewendeministeriums.
Die braucht es aber, um in Anhörungsverfahren eine Stimme zu haben oder um rechtliche Schritte einzuleiten. Knof sah die Initiative ausgebremst: „Die notwendige Anerkennung wird vom Minister und beiden Staatssekretär:innen beharrlich verweigert“, sagt er. Das Ministerium unter der Leitung des Grünen Tobias Goldschmidt ist sich auf Nachfrage der taz keiner Schuld bewusst – will aber trotzdem „zum Zwecke der Rechtsklarheit“ nachbessern.
Das deutsche Vereinswesen ist eine Sache für sich, das musste die Bürgerinitiative erfahren: „Ich musste mich auch erst mal reinarbeiten“, sagt Reinhard Knof.
Die erste Hürde ist der Eintrag im Vereinsregister beim örtlichen Amtsgericht. Die Anerkennung als e.V., eingetragener Verein, bringt Vorteile – steuerlich, aber auch rechtlich, denn ein Verein gilt als juristische Person, die Klagen führen darf. Jede Änderung in der Satzung des Vereins muss beim Gericht angezeigt werden.
Für Umweltorganisationen besteht aber eine zweite Hürde: Damit sie in der Gesetzgebung mitreden und Klagen gegen politische Entscheidungen erheben dürfen, brauchen sie eine Anerkennung nach dem „Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz“, einem seit 2003 geltenden Bundesgesetz.
Eigentlich sind die Hürden dafür nicht sonderlich hoch: Die Gruppe muss laut ihrer Satzung „ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Umweltschutzes fördern“, mindestens drei Jahre bestehen und fachlich wie personell so aufgestellt sein, dass sie in der Lage ist, an Genehmigungsverfahren mitzuwirken.
Auf die Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager treffen die Voraussetzungen eigentlich zu – dennoch klappte es nicht mit der notwendigen Anerkennung, berichtet Knof. An dem bürokratischen Hin und Her der vergangenen Jahre hätte „Franz Kafka seine helle Freude gehabt“.
Das Problem liegt in der Historie des Vereins. Da er als regionale Bürgerinitiative mit einem eng umrissenen Thema entstand und dann seine Aufgabe auf andere Regionen und Themen ausweitete, passte er mehrfach seine Satzung an und hinterlegte das entsprechend im Registergericht. Die Anerkennung nach dem Bundesgesetz, die Basis für die Mitwirkung ist, muss jeweils auf der Basis der aktuellen Satzung erfolgen. Doch das Ministerium hat nur die Satzung von 2018 anerkannt, nicht die von 2021. „Man fragt sich, ob das nur eine bürokratische Panne ist oder ob eine gezielte Verzögerung dahintersteckt“, sagt Reinhard Knof.
Weder noch, heißt es aus dem Ministerium. Die Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager sei bereits seit 2017 als landesweit tätige Umweltvereinigung anerkannt und habe seitdem die Möglichkeit, Rechtsbehelfe auf der Grundlage des Umweltrechtsbehelfsgesetzes einzulegen. „Jene erste Anerkennung umfasste bereits das gesamte Gebiet von Schleswig-Holstein einschließlich der dazugehörigen Gebiete der Nord- und Ostsee und berücksichtigte damit die landesweite Tätigkeit des Vereins“, sagt Ministeriumssprecher Matthias Kissing.
Neuer Bescheid angekündigt
Das sei für die geänderte Satzung von 2018 bestätigt worden. Die neuste Satzungsänderung, die die Initiative 2021 beschloss, enthält nach der Sicht der juristischen Abteilung des Ministeriums „lediglich kleine, rein redaktionelle Anpassungen“, die „keine Änderungen in der Sache ergeben“.
Doch die falsche Jahreszahl im Anerkennungs-Schreiben habe bereits Folgen gehabt, berichtet Knof. Denn dadurch sei der Verein nicht in der Lage gewesen, fristgerecht in das Widerspruchsverfahren gegen das schwimmende LNG-Terminal bei Brunsbüttel einzutreten: „Uns ist von Seiten des Gerichts die kostenpflichtige Ablehnung unserer Klage angedroht worden“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Unser Anwalt hat uns abgeraten, weiterzugehen.“
Das soll künftig anders werden. In der Antwort auf die Anfrage der taz verspricht das Ministerium nun, der „Bürgerinitiative einen neuen Anerkennungsbescheid unter Bezugnahme auf die Satzungsänderung 2021 zu erteilen“.
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