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Klimaschutz in der IndustrieNicht nur finanzielle Gründe

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

Wirtschaftsminister Robert Habeck will den klimafreundlichen Umbau der Industrie unterstützen - gut so. Sogar die Rezepte der FDP dürften helfen - an einigen Stellen.

Duisburg, Nordrhein Westfalen: Blick auf das Holcim-Zementwerk und den Stahl-Hochofen in Marxloh Foto: Rupert Oberhäuser/imago

D ie 30 klimaschädlichsten Industrieanlagen sind allein für acht Prozent aller CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich. Das zeigt eine Untersuchung des Öko-Instituts, das sich im Auftrag der Umweltorganisation WWF den ökologischen Fußabdruck der Industrie genauer angeguckt hat. Besonders CO2-intensiv sind die Eisen- und Stahlerzeugung, aber auch Zement- und Chemiebranche sind unter den „Dirty Thirty“.

Es ist deshalb überfällig, dass die Bundesregierung den ökologischen Umbau der Industrie in Angriff nimmt. Das hätten schon die Merkel-Kabinette tun müssen, statt die Konzerne bei der Energiewende immer nur mit Rabatten und Ausnahmen ruhigzustellen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat am Montag ein entsprechendes Subven­tions­programm angekündigt. In sogenannten Klimaschutzverträgen will er festhalten, dass der Bund Unternehmen Mehrkosten ersetzt, die durch das ökologische Umsatteln der Produktion entstehen.

Sind die grünen Alternativen irgendwann billiger als die klimaschädlichen Fossilen, müssen die Firmen Geld zurückzahlen. Dass es beim Klimaschutz in der Industrie bislang kaum vorangeht, hat aber nicht nur finanzielle Gründe – die Umstellung ist in diesem Bereich auch schlicht schwer. Zement wird beispielsweise aus Kalkstein gelöst, dabei entsteht das klimaschädliche CO2. Den Strom im Zementwerk auf erneuerbare Energien umzustellen reicht also nicht – das Problem liegt im Prozess selbst.

Hier könnte die Stunde der FDP beim Klimaschutz geschlagen haben: Die teuren, knappen und teils riskanten Technologien, die die Neoliberalen gern als Rundum-Lösung für die Klimakrise propagieren, werden in der Industrie tatsächlich gebraucht. Die Zementindustrie dürfte beispielsweise auf das Abscheiden und unterirdische Speichern von Kohlendioxid zurückgreifen müssen. Stahl- und Chemieindustrie brauchen dringend grünen Wasserstoff. Wichtig wäre deshalb, dass diese Technologien nicht unnötig verschleudert werden, indem man mit ihnen das fossile Heizen, Autofahren oder Stromerzeugen rettet.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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6 Kommentare

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  • Da hat die Autorin wohl etwas falsch verstanden:



    "Stahl- und Chemieindustrie brauchen dringend grünen Wasserstoff. Wichtig wäre deshalb, dass diese Technologien nicht unnötig verschleudert werden, indem man mit ihnen das fossile Heizen, Autofahren oder Stromerzeugen rettet."

    Die Menge des Grünen Wasserstoffs hängt in erster Linie von der Nachfrage ab. Mehr Nachfrage - mehr realisierte Projekte. Das könnte auch mal anders werden, wenn viele Länder gleichzeitig klimaneutral werden wollen, aber bislang gibt es mehr Projekte und Kapazitäten der Anlagenbauer (z.B. PV-Modulhersteller) als Nachfrage. Heizen, Autofahren oder Stromerzeugen mit Wasserstoff oder fahren mit daraus erzeugten E-Fuels ist dann auch nicht mehr fossil.

    Um das in Gang zu setzen, wären Quotenregelungen wünschenswert, wonach beim Verbrauch von Kohlenwasserstoffen im Verhältnis dazu Grüner Wasserstoff erzeugt werden muss (und zugehörige Erzeugungskapazität aufgebaut), ebenso beim Einbau einer neuen Gasheizung, die am normalen (Erdgas-) Netz angeschlossen ist.

    Auf diese Weise käme die Grüne-Wasserstoffwirtschaft in Gang, wovon auch die Industrie über Lernkurven- und Skaleneffekte sowie durch die Kapazitätsausweitung profitieren würde. Möglich wäre außerdem, dass der mittels Quote erzeugte Grüne Wasserstoff gar nicht dem Erdgasnetz beigemischt wird und anteilig zu den dort angeschlossenen Gasverbrauchern gelangt, sondern dass dieser in der Industrie verwendet wird, zuerst dort, wo heute schon Wasserstoff benötigt wird (Grüner Wasserstoff aus den Quoten der Autos käme z.B. in Raffinerien, die den dort zum Cracking nutzen können), oder wo Ammoniak benötigt wird (leicht auf dem Schiff zu transportieren), oder in neuen Anwendungen wie der Stahlindustrie.

    Zustimmen möchte ich Frau Schwarz aber, dass mit Abgasen fossiler Energien nicht die begrenzte Lagerkapazität für CO2 im Erdreich "verschleudert" werden soll. Beim Autofahren oder bei Kleinheizungen kommt das aber sowieso nicht in Betracht.

  • Erst einmal gilt grundsätzlich festzustellen, dass der Vorschlag nicht in erster Linie etwas mit Klimaschutz zu tun hat, sondern damit, die Industrien und deren globale Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. Wie zuvor schon die Entlastung energieintensiver Unternehmen bei den Energiepreisen, zulasten der Allgemeinheit.



    Die "Mehr Fortschritt wagen" Koalition hat Veränderungen versprochen. Diese beschränken sich darauf, jede Weiter-so Entscheidung mit Klimaschutz und Hirn erweichendem Unfug wie "CO₂ Kompensation" zu begründen, eine ausschließlich rein rechnerisch mögliche "Klimaneutralität" mittels eine mathematische Gleichung (Bezugsgrößen 1990) zu versprechen, und nicht hinreichend entwickelte Technologien und nicht ausreichend vorhandene EE als Lösungen anzupreisen.



    Während sofort wirksame CO₂ Einsparungsmöglichkeiten und sofort möglicher Schutz von CO₂-Senken nicht umgesetzt werden. Kein Tempolimit, kein Verzicht auf Autobahnen, kein Stopp des Braunkohlebergbaus etc. Die Ansiedlung und der Aufbau von neuen Gewerbe- und Industrieanlagen genießt oberste Priorität, als gäbe es keinen Zusammenhang zwischen dem globalen Temperaturanstieg und der Industrialisierung. Als gäbe es den Faktor Zeit nicht, der jede heute zusätzlich freigesetzte Tonne CO₂ Jahrhunderte in der Atmosphäre verbleiben lässt, während eine vermeintlich "klimaneutrale" Industrieanlage vielleicht 30 oder 50 Jahre und ein "klimafreundliches" Akku-Auto 10 oder 15 Jahre in Betrieb bleibt.



    PS: Stichwort Rückzahlung: Auf die versprochene Rückzahlung unserer Steuergelder, die wir zur Rettung der Banken nach der Lehmann-Pleite gegeben haben, warten wir noch heute.

    • @Drabiniok Dieter:

      Der "Unfug wie CO₂ Kompensation" spielt keine bedeutende Rolle bei dieser Bundesregierung, auch nicht in sinnvollen, weil nachprüfbaren und wirklich additiven Fällen.



      Ich kritisiere aber sehr wohl die zu hohen Emissionsobergrenzen, die nicht 1,5 Grad-kompatibel sind und deren Überschreitung.

      PS: Viele Banken in Deutschland haben die Hilfen nach der Lehmann-Pleite zurückgezahlt. An der Commerzbank ist der Bund jedoch noch mit 15,6% beteiligt, und hat ziemlich sicher Kurzverluste im Vergleich zum ursprünglich ausgegebenem Geldbetrag erlitten. Durch die Umwandlung von Darlehen in Eigenkapital gibt es jedoch keine Rückzahlungsforderung, sondern nur die Möglichkeit des Anteilsverkaufs.

      • @meerwind7:

        "Der "Unfug wie CO₂ Kompensation" spielt keine bedeutende Rolle bei dieser Bundesregierung, ..."



        Ich erinnere mich sehr wohl an Aussagen von Regierungsmitgliedern, Wissenschafts- und Wirtschaftsinstituten, Klimaschützer:innen und Medienschaffenden, die als Fürsprecher von CO₂-Kompensation (dem industriellen und privaten Ablasshandel, der CO₂-Zertifizierung) aufgetreten sind, die begeistert von der Bullshit-Idee waren, weltweit mehrere Millionen Bäume zur CO₂-Kompensation zu pflanzen und/oder den Kompensationseffekt durch die Wiedervernässung von Mooren und ähnlichen Maßnahmen das Wort geredet haben. (Ich bin für Wiedervernässung, aber sie hilft wenig, wenn die Weiter-so Politik fortgeführt wird.)



        Immer und ausnahmslos wurde und wird der Zeitfaktor ignoriert. Bewusst ignoriert! Autos werden zu Schrott, bevor Bäume ausgewachsen sind. Ein wieder vernässtes Moor wächst etwa 1 Millimeter pro Jahr, 100 bis 300 Jahre dauerte es, bis sich 1 Zentimeter Humusboden entwickelt hat. Auf den zusätzlich versiegelten und verdichteten Flächen für das "grüne Wachstum" wächst nichts, außer den Renditefantasien von Investoren, Spekulanten und ihren politischen Fußtruppen.

  • Habeck will ein bisschen helfen. Durch Verlosung von Unterstützungsgeldern. Das ist kein wirtschaftliches Konzept. Das ist ein Anzeichen von "nichts verstehen" und von versagen! Seine Ideologien sind ihm wichtiger als Staat und Bürger.

    • @Gerdi Franke:

      Nanu ... Die Seite der Bild-Zeitung sieht doch ganz anders aus ?