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China-Besuch von Kongos PräsidentWie China die DR Kongo ausbeutet

Vor fünfzehn Jahren verschleuderte der kongolesische Präsident Kabila wertvolle Bergbauvorkommen an China. Jetzt will sein Nachfolger nachverhandeln.

Die Kupfer- und Kobaltmine in Kolwezi gehört zum kongolesisch-chinesischen Konzern Sicomines Foto: Aaron Ross/reuters

Brüssel taz | Wenn der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi an diesem Mittwoch zu einem fünftägigen Staatsbesuch nach Peking reist, steht die globale Rohstoffpolitik auf der Agenda. 70 Prozent der weltweiten Förderung von Kobalterz entfallen auf die Demokratische Republik Kongo – 80 Prozent der kongolesischen Mineralienexporte fließen in die Volksrepublik China. Chinesische Firmen dominieren sowohl den kongolesischen Bergbau als auch die weltweite Versorgung mit Kobalt, ohne die es keine globale Energiewende geben kann.

Seit fast einem Jahr streiten die beiden Regierungen aber über ihre Bergbauverträge. Im Jahr 2008 hatte der damalige kongolesische Präsident Joseph Kabila chinesischen Firmen weitreichenden Zugriff auf heimische Bergwerke gewährt, im Gegenzug für erwartete chinesische Milliardenhilfen für Investitionen in den Bau von Infrastruktur.

Kern dieses „Jahrhundertwerks“, das als „Win-win“ gepriesen wurde, war die Gründung des chinesisch-kongolesischen Joint Venture Sicomines (Sino-Congolaise des Mines), in dem ein chinesisches Konsortium aus China Railways und der Wasserfirma Sinohydro 68 Prozent hält und die staatseigene Bergbaufirma Gécamines 32 Prozent. Sicomines erhielt Förderrechte für Bergbaureserven mit einem Exportwert von 90 Milliarden US-Dollar – geschätzte 10,6 Millionen Tonnen Kupfer und 630.000 Tonnen Kobalt.

Im Gegenzug sollte die chinesische Seite Investitionen mit einem Wert von 9 Milliarden US-Dollar finanzieren – die Liste umfasste 3.500 Kilometer Straße, 3.500 Kilometer Eisenbahn, 31 Krankenhäuser, 145 Gesundheitsstationen sowie Wasserkraftwerke. Als der Internationale Währungsfonds Bedenken über die daraus entstehende kongolesische Auslandsschuldenlast äußerte, wurde der Investitionswert auf 6,5 Milliarden US-Dollar gesenkt.

Unklar, wann China eigentlich bezahlen muss

Im Februar prangerte der kongolesische Rechnungshof IGF (Inspection Générale des Finances) die ungerechte Anwendung der Verträge an. Chinas Firmen hätten in den vergangenen zehn Jahren damit 10 Milliarden US-Dollar verdient, aber zugesagte Investitionen lediglich in Höhe von 822 Millionen geleistet. IGF-Direktor Jules Alingete sprach von „Wirtschaftskolonialismus“.

Alingete kritisierte auch, dass die Verträge nicht klar definierten, wann die chinesische Seite die dort vereinbarten Investitionen bezahlen muss, und im Ergebnis sei deren Wert inzwischen von 6,5 auf 3 Milliarden US-Dollar gesunken. Am 7. April wurden drei Leiter der staatlichen Behörde ACGT (Agence Congolaise des Grands Travaux), die von Kabila zum Management der chinesisch finanzierten Investitionsprojekte gegründet worden war, der Unterschlagung beschuldigt und festgenommen.

Am 12. April bezichtigte der zivilgesellschaftliche Watchdog ODEP (Observatoire de la Dépense Publique) beteiligte chinesische Firmen, seinen eigenen Präsidenten Florimond Muteba durch das Angebot eines Vertreterjobs korrumpieren zu wollen.

Aus all diesen Gründen will Präsident Tshisekedi, der 2019 auf Kabila folgte, nun China dazu bringen, seine Investitionen in der DR Kongo auf 20 Milliarden US-Dollar zu steigern. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2023 hatte er gesagt, es sei nötig, zu einem besseren Gleichgewicht mit China zu finden. Am 11. April stimmte das kongolesische Parlament für eine Neuverhandlung der Chinaverträge. Und Finanzminister Nicolas Kazadi fordert von Sicomines eine Übergewinnsteuerzahlung von 200 Millionen US-Dollar, da die Rohstoffpreise stark gestiegen sind.

China kritisiert schlechte Regierungsführung im Kongo

China findet das alles unfair. Die chinesische Botschaft in Kinshasa nannte die IGF-Vorwürfe im Februar „unbegründet“ und betonte, es handele sich um ein „Win-win-Geschäft“. Sicomines sagt, es habe bereits 43 Infrastrukturprojekte in der DR Kongo realisiert. Allein das Wasserkraftwerk Busanga mit einer Kapazität von 240 MW habe 660 Millionen US-Dollar gekostet – es wird von der Tochterfirma Sicohydro (Sino-Congolese Hydroelectric) betrieben.

„Sicomines begann 2015 mit der Förderung“, erklärt der chinesische Botschafter Zhu Jing und wirft IGF vor, mit aufgeblähten Zahlen zu operieren. „Seine Kupferproduktion währte sechs Jahre. Hätte Sicomines mehr als 9 Milliarden US-Dollar verdient, hätte der Kupferpreis in diesen sechs Jahren bei über 14.000 Dollar pro Tonne liegen müssen. Aber erst ab 2019 erreichte er 8.000 und 9.000 Dollar.“ Sicomines verweist auch auf die in den Verträgen vorgesehenen Schlichtungsmechanismen für Konfliktfälle und wirft IGF vor, nicht angehört worden zu sein.

Moïse Ekanga, Leiter des von Kabila geschaffenen „Büros zur Koordination des chinesisch-kongolesischen Programms“ und Mitglied des Senats, verteidigt den Deal. „Wir haben nicht auf den Knien verhandelt“, sagte er dem Radiosender Top Congo FM in Kinshasa. „Wir haben unsere Mineralienreserven nicht an chinesische Firmen verkauft, wir haben sie für eine gemeinsame Ausbeutung zur Verfügung gestellt.“

Aus chinesischer Sicht besteht das Problem in schlechter Regierungsführung auf kongolesischer Seite, vor allem in der Behörde AGCT. Die sei dafür verantwortlich, das von den 822 Millionen US-Dollar, die die chinesische Seite nachweislich bisher für Infrastrukturbau gezahlt habe, nur 300 Millionen überhaupt auffindbar sind. Die AGCT wurde mittlerweile von Tshisekedi aufgelöst und durch ein neues Kontrollbüro ersetzt.

Streit auf allen Ebenen

Es sei, sagt Sicomines weiter, auch Sache der AGCT gewesen, die Infrastrukturmaßnahmen zu organisieren – Sicomines überweise dafür bloß das Geld. Und wenn es bisher nur 822 Millionen Dollar waren, läge das daran, dass die kongolesische Seite keine adäquaten Projekte zur Finanzierung unterbreitet habe und auch am Mangel an Elek­trizität, was die Förderung in Sicomines’ Tagebauminen bei Kolwezi beeinträchtige. Das Wasserkraftwerk Busanga, das 2022 den Betrieb aufnahm, könnte dieses Problem lösen, heißt es.

Aber man sollte die Entschlossenheit Kinshasas zur Neuverhandlung nicht unterschätzen. Im September 2022 suspendierten die kongolesischen Behörden die Zollfreiheit für Sicomines-Importe, die in den Verträgen festgeschrieben ist. Die Sicomines-Förderung – 155.000 Tonnen Kupfer und 886 Tonnen Kobalt im Jahr 2020 – könnte schrumpfen, wenn das so bleibt, und damit auch weniger Geld für kongolesische Infrastruktur zur Verfügung stehen, warnt das Unternehmen.

Sicomines ist nicht der einzige Streitpunkt zwischen Kinshasa und Peking. Mehrere chinesische Goldförderer, die im Osten Kongos aktiv waren, sind aus dem Land geworfen worden. Und das staatliche kongolesische Bergbauunternehmen Gécamines streitet mit der chinesischen Firma CMOC (China Molybdenum Company) über die Verteilung der Einnahmen aus der gemeinsamen Tochterfirma TFM (Tenke Fugunrume Mining), aus deren gleichnamiger Mine unweit von Kolwezi 15 Prozent des Kobalts auf der Welt kommt. Seit Juli 2022 waren Kobalt-Lagerbestände im Wert von 1,5 Milliarden US-Dollar deswegen unverkäuflich. Erst am 19. April dieses Jahres wurde eine Einigung gefunden.

Es gibt Stimmen, die die Hand der USA hinter dem Streit zwischen Kinshasa und Peking sehen. Die US-Regierung unterstützt den kongolesischen Wunsch nach Neuverhandlung der Verträge mit China. Der kongolesische Bergbauanalyst Christian-Geraud Neema glaubt, dass die Neuverhandlung eine Bedingung war, damit die USA einem IWF-Hilfsprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar für die DR Kongo zustimmten.

Am Ende bleiben die Demokratische Republik Kongo und China voneinander abhängig, als weltgrößter Produzent und weltgrößter Verbraucher von Kobalt. Im Februar verkündete Sicomines, zusätzliche 500 Millionen US-Dollar für Infrastrukturfinanzierung in der DR Kongo freizugeben.

Und nach den verheerenden Überschwemmungen vor einigen Wochen, die im Osten des Landes mehrere Hundert Tote forderten, finanziert Sicomines jetzt mit 300.000 US-Dollar die humanitäre Stiftung der kongolesischen First Lady, Tshisekedis Ehefrau Denise Nyakeru, um im Katastrophengebiet „die Geschädigten zu unterstützen“. Das Unternehmen betonte in einer Erklärung seine „soziale Verantwortung“ und seinen Willen, „noch mehr zur Entwicklung der Demokratischen Republik Kongo und zum Glück des kongolesischen Volkes beizutragen“.

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8 Kommentare

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  • Keine Ahnung ob man "Ausbeutung" nur auf China beschränkt sehen sollte. Die Kolonialmächte haben da viel tiefergehende Einflüsse und Möglichkeiten.



    Aber klar: Zur Erzeugung enes Feindbildes taugt dieser titel allemal!

  • genauso wie der westen es immer macht....beide gleich schlimm.

  • Kritik an den Chinesen wäre angebracht wenn Europa Afrika nie ausgebeutet hätte.

    • @AndreasHofer:

      Ach so, weil ich Europäer bin und damit eine kolonialistische Erbsünde mit mir trage, darf ich China nicht kritisieren?

    • @AndreasHofer:

      Was ist das denn für eine Logik? Eine fragwürdige Handlung ist eine fragwürdige Handlung, auch wenn andere ebenfalls fragwürdige Handlungen begangen haben.



      Kritik an fragwürdigen Handlungen muss immer erlaubt sein.

  • China ist ein Segen für viele Despoten dieser Erde.



    Das System funktioniert so. China besticht den ein oder anderen Machthaber, übernimmt dann im Land wichtige Funktionen und das arme Volk muss dafür bluten.



    So geschehen in Sri Lanka. Ein neuer Flughafen und ein neuer Hafen für Milliarden. Nur braucht man diese beiden überhaupt nicht.



    Wirtschaftlich, so hört man, hat das Sri Lanka um 20 Jahre zurückgeworfen. Das Volk muss bezahlen.



    Im Kongo und anderswo dürfte es nicht anders laufen. Wenn einer aufmuckt, wird die Armee geschickt.

    • @M. Stockl:

      Wir sind genauso.

    • @M. Stockl:

      Bezüglich bestechung sollte man mal bei den ganzen "Diktatoren" nachfragen, ob dessen geld nicht vielleicht aus Europa kommt?