Millionen demonstrieren in Frankreich: Gewerkschaften stellen Ultimatum
Der Widerstand gegen die Rentenreform ist ungebrochen, Frankreichs Regierung hält dagegen. Eine Ausweitung der Proteste ist für den 7. März angekündigt.
Es war bereits der vierte Aktionstag gegen die Reform, die namentlich eine Erhöhung des gesetzlichen Ruhestandalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht. Die Vorlage wird derzeit in der Nationalversammlung von den Abgeordneten debattiert, und die Regierung hat weiterhin nicht die geringste Absicht, ihren Text zurückzuziehen oder wesentlich modifizieren zu lassen. Die Gewerkschaften wollen darum den Druck nicht nur aufrechterhalten, sondern verstärken. Ultimativ drohen sie der Staatsführung damit, ab 7. März das Land lahmzulegen.
Bereits am 16. Februar aber sind neue Streiks und Kundgebungen angekündigt. Dass eine Eskalation der Proteste erst für den 7. März in Aussicht gestellt wird, hat zwei Gründe. Erstens sind dann in ganz Frankreich die Schulferien vorbei, und zweitens soll der 8. März als Tag der Frauenrechte benutzt werden, um gegen eine Rentenpolitik zu demonstrieren, die – selbst gemäß Eingeständnis von Regierungsmitgliedern – die ohnehin schon benachteiligten Frauen noch härter trifft als die männlichen Kollegen.
Die Gewerkschaften der Pariser Verkehrsbetriebe RATP haben ab 7. Februar einen unbefristeten, von Tag zu Tag fortgesetzten Streik angemeldet, in anderen Sektoren sind ebenfalls solche „härteren Aktionen“ geplant, damit die Regierung merkt, dass das Ultimatum nicht bloß Propaganda ist. Die Gewerkschaftsverbände halten in ihrer totalen Ablehnung der Reform zusammen und ihre Sprecher sind zusehends aufgebracht.
Der sonst für seine Kompromissbereitschaft und gemäßigte Rhetorik bekannte Vorsitzende der CFDT, Laurent Berger, bezeichnete es als „anachronistisch“, dass Staatspräsident Emmanuel Macron vom EU-Gipfel in Brüssel an den Verantwortungssinn der Reformgegner*innen appelliert und sie bittet, das Land nicht zu blockieren und das Parlament arbeiten zu lassen. Die Gewerkschaften seien ja „von Beginn nicht verantwortlich für das Chaos“, wenn – wegen Streiks und Ausfällen – der Alltag durcheinanderkomme und das Wirtschaftsleben beeinträchtigt werde, so Berger.
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