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Corona-Schutzausrüstung in NRWMasken fürs Feuer

Zu Beginn der Pandemie bunkerte NRW Millionen Masken, Kittel und Handschuhe. Weil das Haltbarkeitsdatum abläuft, müssen diese nun vernichtet werden.

Haltbarkeitsdatum abgelaufen: In NRW stapeln sich die Schutzmasken Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Düsseldorf dpa | Das Land NRW lagert laut Gesundheitsministerium zurzeit rund 10 Millionen Schutzmasken, die verbrannt werden müssen. Außerdem erreichen dieses Jahr mehr als 7,2 Millionen Schutzkittel das Verfallsdatum, die dann ebenfalls entsorgt werden müssen. Die Kittel stammen laut Ministerium größtenteils vom Hersteller van Laack.

Die Textilfirma aus Mönchengladbach hatte zu Beginn der Pandemie über den Sohn des damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) Kontakt zur Landesregierung bekommen. Das Gesundheitsministerium bestellte im Frühjahr 2020 nach Prüfung des Angebots 10 Millionen Kittel für rund 45 Millionen Euro. Über die Auftragsvergabe gab es monatelange Diskussionen. Die Opposition beauftragte sogar ein eigenes Gutachten zur Qualität der Kittel – weil belieferte Kliniken einige Chargen aussortiert hatten.

Die Landesregierung hatte stets betont, dass man im umkämpften Markt zu Beginn der Pandemie froh war, ordentliche Schutzmaterialien zu bekommen. Zunächst waren sie in einem zentralen Lager an der Düsseldorfer Messe gesammelt und von dort verteilt worden. Bei einem Ortstermin im Juni 2020 präsentierte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Paletten voller Masken, Wegwerf-Kittel und Einmal-Handschuhe.

Inzwischen werden die Schutzmaterialien vom Land dezentral gelagert. Auch die 7,2 Millionen Schutzkittel gehören zu dieser sogenannten „Landesreserve Gesundheitsschutz“, die für einen neuen Pandemie-Ausbruch angelegt wurde. Zu der Notreserve gehören laut Ministerium auch 4,3 Millionen medizinische Masken, rund 800.000 FFP2-Masken, 4.000 KN95-Masken und 38.000 Schutzvisiere. Handschuhe und Desinfektionsmittel sind nicht mehr vorrätig.

Sowohl für einen Großteil der Schutzvisiere als auch für sämtliche KN95-Masken und nahezu alle Schutzkittel im Bestand läuft in diesem Jahr die Haltbarkeit ab. „Sofern kein Abruf aufgrund des Pandemiegeschehens erfolgt und das Verfallsdatum überschritten wird, erfolgt die thermische Verwertung (Entsorgung)“, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

Im sogenannten „Sperrlager“ sind unterdessen bereits Sachen, die abgelaufen sind – oder wegen Qualitätsmängeln aussortiert wurden. Sie werden nach Angaben des Ministeriums sukzessive verbrannt. Darunter befinden sich:

– 9,4 Millionen medizinische Masken

– 1,2 Millionen KN95-Masken

– 1,4 Millionen Schutzkittel

– 1 Million Schutzbrillen

– 728.000 Handschuhe

– 90.000 Teststäbchen

– 30.000 Schutzvisiere

Vergleichsweise niedrig: Der Bestand an Coronatests. 194.400 hat das Land laut Ministerium auf Lager: „Diese wurden und werden Gesundheitseinrichtungen zur Verfügung gestellt.“ An den Schulen des Landes werden laut Schulministerium noch mehr als 6,4 Millionen Tests gebunkert (Stand Ende Dezember). Laut Hersteller halten die Test-Kits 24 Monate.

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19 Kommentare

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  • Ich gebe zu bedenken, das ein(e) jede(r) im Auto einen Verbandskasten mit Ablaufdatum hat. Das Material wird typischerweise kaum bis gar nicht verwendet.

    In Deutschland sind etwa 48 Millionen Fahrzeuge angemeldet, macht bei angenommenen 2 Jahren Haltbarkeit etwa 24 Millionen notwendige Erneuerungen pro Jahr. Der größte Teil der Materialien landet sicher im Müll. Bei 10 Euro pro Kasten, sprechen wir über einen 240 Millionen Euro Turnaround pa.

    Die im Artikel erwähnten Masken und Kittel werden im Rahmen des Katastrophenschutzes verwahrt. Ein normaler Vorgang. Sieht im Alltag nur niemand. Die genannten Größenordnungen erscheinen mir somit im Rahmen. Im Rahmen waren seinerzeit, zu Beginn der Pandemie, nicht die Mitnahmequalitäten mancher "Händler".

    Dabei möchte ich nicht die seinerzeitige Kontaktfindung kritisieren. Zu Beginn der Pandemie war Not an Schutzmaterial, die Unwissenheit groß und die Totenzahlen schnellten in die Höhe.

  • Sollte es für diesen Deal eine Provision gegeben haben ???



    Die Scheine würden dann wohl auch aus Haltbarkeitsgründen verbrannt werden müssen !



    Sind aber mit Sicherheit vor dem Ablauf des MHD genutzt worden ?

  • Ja diese Artikel verrotten eben soooo schnell. Die bestehen ja aus besonders materialstabilem Kunststoff - also bedingt durch die Anforderungen nicht aus natürlichen Stoffen. Bei 'Kitteln gilt das ja weniger.

    Wozu dient denn hautsächlich dieses Haltbarkeitsdatum: Die Hersteller und ihre Lobby sind ja schließlich um ihr zukünftiges finanzielles Wohl besorgt. Welchen Schaden sie mit der vermehrten Entsorgung von Plastikartikeln anrichten, geht ihnen an einem hinteren Körperteil vorbei.

  • Gott! wie dumm kann man sein?



    Wie dumm ?



    Herr, lass Hirn vom Himmel regnen !

    Man hätte die Masken und natürlich auch den anderen Kram ja wohl rechtzeitig auf den Markt werfen können. Z.B. über einen der diversen Konkurs- und Restpostenaufkäufer.

    Aber diese bodenlose Dummheit wird sicher einen ganzen Blumenstrauß von Ausreden finden. Es ist ja nicht deren Geld !!!!

    • @Bolzkopf:

      Und ich Dummer hätte in den Pandemiezeiten mal täglich meine FFPMaske wechseln sollen statt nur alle 3 Tage. Dann hätte unsere geliebte NRW-Landesregierung jetzt den Schlamassel nicht.



      Nein, Laschet ist nicht schuld, das sind die Knickrigen und Hygieneresistenten unter uns!



      Mann, Millionen Euro so einfach verbrannt … ist da Ironie eigentlich noch zulässig?

      • @Abdurchdiemitte:

        Wieso hätte die NRW-Landesregierung den Schlamassel nicht ?



        Von DEN Masken hätten sie doch eh keine bekommen.

        Es wird wirklich allerhöchste Zeit die Schuldigen anzuprangern, namentlich zu nennen und alle Kandidatenlisten auf denen solche Gestalten zu finden sind zu meiden wie der Teufel das Weihwasser.

  • Einfach in die Türkei oder sonstwohin schicken, wo sie gebraucht werden.

    MHD für Plastikmasken und Kittel - voll behämmert

    • @frank:

      Die Hersteller können an der Stelle nichts dafür. Die Angabe und Einhaltung zwingender MHDs sind durch das Medizinproduktegesetz und als mitgeltendem Dokument in der EN-ISO-13485 vorgeschrieben.

      Das mag an manchen Stellen zu komischen Effekten füren, wenn zB Masken entsorgt werden müssen, die ganz sicherlich noch nicht vergammelt sind, nur weil das MHD abgelaufen ist.

      Aber insgesamt ist diese Vielfalt an Regelungen in der Healthcare-Industrie ein Segen für die Patientensicherheit, auch wenn sie hier und da zu Mehrkosten führen mag.

      (Und es ist ein Segen für Leute, die gern in bequemen Büros sitzen und gegen Geld den ganzen Tag QM-Dinge tun.)

      • @Carcano:

        Verwunderlich ist doch, dass MINDESThaltbarkeitsdauer immer als HÖCHSThaltbarkeitsdauer gelesen wird.



        Persönlich rieche ich mal am abgelaufenen Joghurt - und dann esse ich ihn. Hatte noch nie einen, der am Tag nach Ablauf der MHD tatsächlich schlecht war.



        Bitte jetzt nicht sagen "Masken sind kein Joghurt". Nö, sind sie nicht, die halten deutlich länger über das MHD hinaus.

        • @Stechpalme:

          > Verwunderlich ist doch, dass MINDESThaltbarkeitsdauer immer als HÖCHSThaltbarkeitsdauer gelesen wird.

          Dies ist nicht verwunderlich, sondern gesetzlich so vorgeschrieben. Nicht bei Joghurt, möglicherweise, aber jedenfalls bei Medizinprodukten. Das Zeug DARF nach Ablauf des MHD nicht mehr verwendet werden, egal, in welchem Zustand es ist.

          Tut man es trotzdem, und es treten dann Probleme damit auf, ist man dafür haftbar. Dagegen für Probleme, die vor dem MHD auftreten, ist der Hersteller haftbar.

          Und deshalb werden Sie in der Gesundheitsindustrie keinen ernstzunehmenden Player finden, der Medizinprodukte nach Ablauf ihres MHD noch einsetzt.

  • Wie kann denn die Haltbarkeit eines Schutzkittels verfallen?

    • @john kling:

      Indem die Dichtung der Verpackung nachlässt.

      Er ist dann nicht mehr steril.

      • @rero:

        FFP 2 Masken und Schutzkittel sind nicht steril verpackt

      • @rero:

        So ist es.

        Der standardmäßige Lagerzeitraum für Sterilgüter liegt in Deutschland idR bei 180 Tagen. Danach muss das Zeug erneut verpackt und sterilisiert werden, bevor es zum Einsatz kommen kann, weil die Hersteller der Sterilverpackungen idR nicht für einen längeren Lagerzeitraum garantieren.

        Für Medizinprodukte der Klasse kritisch-A sind möglicherweise längere Lagerzeiträume bestimmt, und möglicherweise fällt dieses Maskenzeugs darunter. Wie lang auch immer aber der Lagerzeitraum ist: Wenn der und damit das MHD überschritten wird, kann man sich in Teufels Küche bringen, wenn man es ohne Resterilisation trotzdem einsetzt oder in Verkehr bringt.

        (Quelle: Ich arbeite in der Branche und sehe, was da abgeht. All diese dem Laien ggf. absurd erscheinenden Regelungen sind sehr notwendig.)

      • @rero:

        Weshalb muss eine FFP2-Maske steril sein, die im Alltag eingesetzt wird? Im OP bzw. Krankenhaus kann ich es versteben.

        • @CarlaPhilippa:

          Die Masken sind nicht für den Alltag produziert.

      • @rero:

        Und wie kann die Dichtung nachlassen? Das ist Plastik...das Zeug baut sich bestenfalls durch UV ab und selbst das dauert Jahrzehnte, je nach Kunststoff.

        Ich denke, da geht's einfach um Ersatz beschaffen, also Geld umsetzen.

        • @Mitch Miller:

          Das ist nicht nur Plastik, es sind Sterilgutverpackungen mit einer Kunststofffolie auf der einen, und einer dampfdurchlässigen Gaze auf der anderen Seite; das Zeug wird ja vor der Sterilisation darin verpackt und gesiegelt. Diese dampfdurchlässige Sterilbarriere hält halt nicht ewig, weil es am Ende doch irgendein Zellulosezeugs ist.

          Und deswegen haben diese Verpackungen eine begrenzte Lebensdauer, und ebenso das darin verpackte Zeug; dabei ist es völlig unerheblich, wie sinnvoll es ist, daß im Alltag getragene Masken steril sein müssen; es ist vorgeschrieben, dass diese Masken als Sterilgüter verpackt und behandelt werden müssen, und damit auch, dass sie ein MHD haben.

          Diese Vorschriften können auch nicht mehr geändert werden, denn das kommt inzwischen alles von der EU.

          Die Gesundheitsindustrie ist nicht irgendein Gemüsehandel, wo noch die Salatblätter und der Kassenbon vom letzten Kunden im Korb liegen, sondern dort herrscht, jedenfalls auf dem Papier, Ordnung.

  • taz: "Die Textilfirma aus Mönchengladbach hatte zu Beginn der Pandemie über den Sohn des damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) Kontakt zur Landesregierung bekommen." – Soll ich dazu wirklich noch einen Kommentar schreiben?

    taz: "Zu der Notreserve gehören laut Ministerium auch 4,3 Millionen medizinische Masken, rund 800.000 FFP2-Masken, 4.000 KN95-Masken und 38.000 Schutzvisiere." – Hartz-IV-Bezieher, arme Rentner und Niedriglohnempfänger mussten sich in der Corona-Zeit von ihrem wenigen Geld Masken kaufen, und jetzt werden Millionen Masken vernichtet. Was ist in diesem Land eigentlich los?