Nato-Verteidigungsminister in Brüssel: Der Nachschub wird knapp

Der Ukraine und ihren Unterstützern geht die Munition aus. Deutschlands Verteidigungsminister fordert höhere Militärausgaben als nur 2 Prozent.

Nato-Generalsekretär Stoltenberg und der deutsche Verteidigungsminister Pistorius stehen beieinander und lachen

Gut gelaunt für höhere Rüstungsausgaben: Jens Stoltenberg und Boris Pistorius in Brüssel Foto: Olivier Matthys/ap/dpa

BRÜSSEL taz | Kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar hat die Nato beim Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel ernste Probleme bei der Versorgung des Landes mit Waffen und Munition eingeräumt. Die versprochenen Leopard-Panzer lassen auf sich warten, die Lieferung von Kampfjets bleibt umstritten – und die Munition wird so knapp, dass sich Rufe nach Sonderschichten für die Waffenschmieden häufen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an die Alliierten, mehr Munition zu liefern und die Produktion im Eiltempo hochzufahren. Es sei „äußerst wichtig sicherzustellen, dass alle bereits gelieferten Systeme so funktionieren, wie sie sollten“, so Stoltenberg. Dies ist nicht mehr selbstverständlich. Außer bei der Munition gibt es auch Probleme mit Ersatzteilen und der Wartung.

Um dem Mangel beizukommen, will Großbritannien ukrainische Soldaten für einen Kampf auf Sparflamme ausbilden. „Die Ukraine verbraucht riesige Mengen Munition, um sich selbst zu verteidigen“, sagte Verteidigungsminister Ben Wallace. „Das ist einer der Gründe, warum wir sie darin unterrichten, auf westliche Art zu kämpfen.“ Das russische Vorgehen sei zu „munitionslastig“.

Der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigte an, die Produktion von Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard wiederaufzunehmen. Die Verträge mit den Herstellern seien unterschrieben, sagte Pistorius in Brüssel. Die Reserven müssten noch bis zum Sommer reichen, danach werde es eng. Bisher liegt die Produktion vor allem in der neutralen Schweiz, künftig soll Rheinmetall liefern.

Die Nato soll noch mehr Geld für Militär ausgeben

Pistorius rief die Nato-Partner auch zu höheren Rüstungsausgaben auf. Es werde künftig „nicht reichen“, bis zu zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, betonte der SPD-Politiker. Er teile die Auffassung Stoltenbergs, dass das bestehende Zweiprozentziel der Nato nur eine „Untergrenze“ sein könne. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz unterstütze diese Position. Deutschlands Verteidigungsausgaben liegen allerdings noch unter dieser Schwelle.

Dennoch gab sich Pistorius kämpferisch. Während er bei seinem Amtsantritt vor drei Wochen noch wegen des Panzer-Streits unter Druck stand, ging er diesmal in die Offensive. Deutschland habe geliefert, nun seien andere dran. Das Ziel, eine deutsche Panzerkoalition zu schmieden und ein Bataillon mit Panzern vom Typ Leopard 2A aufzustellen, wurde in Brüssel zwar verfehlt. „Wir sind auf einem guten Weg“, erklärte Pistorius dennoch.

Als Erfolg verbuchte er auch die Diskussion über das geplante europäische Luftabwehrsystem Sky Shield. Dänemark und Schweden hätten ihre Teilnahme zugesagt, sagte er. Dies sei gut, weil es die Sicherheit erhöhe und die Kosten reduziere. Das System soll Angriffe durch Raketen, Drohnen und Flugzeuge abwehren. Die Luftabwehr gilt als militärische Achillesferse der Ukraine.

Nato muss mehr tun, um Russland zu stoppen

Offen blieb beim Nato-Treffen, wie es mit dem Krieg in der Ukraine weitergeht. Pistorius sagte, er rechne mit einem länger andauernden Konflikt. „Es wird kein kurzfristiges Ende des Kriegs geben, einen kurzfristigen Sieger sehe ich auch nicht.“ Stoltenberg erklärte, die vor dem Jahrestag am 24. Februar befürchtete russische Großoffensive habe im Grunde bereits begonnen.

Die Nato müsse daher mehr tun, um Russland zu stoppen. Eine Kriegspartei sei die Allianz aber nicht: „Weder die Nato noch Nato-Alliierte sind Teil des Konflikts“, sagte Stoltenberg. Dass der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow an den Beratungen in Brüssel teilnahm und detaillierte Forderungen stellte, sei kein Widerspruch. Schließlich werde das Land ja eines Tages der Nato beitreten; zunächst müsse es aber den Krieg gewinnen.

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