Russland und die Wahl Trumps: Sieben Jahre Fake News
Dass Trump aufgrund russischer Einflussnahme Präsident geworden sei, ist nicht bewiesen. „Russiagate“ war vielmehr ein Ablenkungsmanöver.
E s ist amtlich: „Russiagate“ war ein Schwindel. Mich hat diese bedeutende Enthüllung nicht besonders froh gestimmt. Seit sieben Jahren werden wir mit Fake News gefüttert und von den tiefgreifenden Veränderungen abgelenkt, von der Krise des Neoliberalismus und der damit einhergehenden Krise der Demokratie – und von dem seit fast einem Jahr laufenden verheerenden Krieg in der Ukraine. Aber ich versuche mir einzureden, dass damit zumindest endlich die Hohlheit und Verlogenheit der Politik der Demokratischen Partei entlarvt ist.
Die Twitter-Dokumente beweisen, dass es zwischen FBI und der Demokratischen Partei einerseits und Twitter und den liberalen Nachrichtenmedien auf der anderen enge Absprachen gegeben hat. Vermutlich lief es mit anderen Social-Media-Giganten genauso, um Inhalte zu unterdrücken, die möglicherweise von russischer Seite beeinflusst waren.
Die Demokraten propagierten wissentlich den Russiagate-Schwindel, um die Wahlen von 2016 zu diskreditieren. Russiagate hatte einen doppelten Zweck: die unerklärliche Popularität von Trump zu erklären (die Forderung nach „Jobs, Jobs, Jobs!“ kommt eindeutig nicht bei Elitedemokraten an) sowie alles zu unterdrücken, was Joe Bidens Sieg 2020 gefährdet hätte.
Jetzt konnte man in der Washington Post lesen: „Russische Trolle auf Twitter hatten 2016 wenig Einfluss auf die Wähler.“ Der Artikel zitiert eine Studie des New York University Center for Social Media and Politics. Sie konnte „minimale Auswirkungen russischer Einflussnahme auf Twitter im Wahlkampf zwischen Clinton und Trump“ nachweisen.
Keine Beweise, aber verworrene Verschwörungstheorien
Trump ist nicht wegen russischer Einflussnahme Präsident geworden, schon gar nicht, weil er von Putin erpresst wurde. Überflüssig, dass die Washington Post, die New York Times oder der New Yorker Fehlverhalten zugeben: Der Mueller-Report von 2019 fand keine Beweise dafür, dass Trumps Wahlkampagne mit Russland koordiniert war, um die Wahl von 2016 zu beeinflussen. Aber als der Mueller-Report herauskam, wurden die der Demokratischen Partei nahestehenden Medien erwischt, wie sie die Geschichte in noch verworrenere Verschwörungstheorien verdrehten.
In diesem Prozess wurde nicht nur die Demokratie untergraben, er hatte auch weitreichende Konsequenzen für die Weltpolitik: Die Geschichten über „heimliche Koordination mit Russland“ haben die Spannungen zwischen den beiden mächtigsten nuklear bewaffneten Nationen der Welt verschärft – und jetzt haben wir den Ukraine-Krieg mit Putin als perfektem Bösewicht, dem wir uns stellen müssen.
Russiagate war ein Ablenkungsmanöver
Aber wenn man sich für die Zukunft des Kampfes für den Sozialismus interessiert, war Russiagate (zusammen mit der Angstmacherei vor dem Faschismus) ein Ablenkungsmanöver. Dieser Kampf wird nicht von Status-quo-Parteien, schon gar nicht von der Linken (nicht einmal Sahra Wagenknecht!) geführt, sondern nur von einer internationalistischen proletarisch-sozialistischen Partei, die darauf abzielt, die Staatsmacht in den USA an sich zu reißen – zusammen mit gleichgesinnten Parteien in anderen Ländern.
Ich würde lieber darüber streiten, was sie tun könnte, anstatt darüber, welche der inkompetenten und verantwortungslosen Parteien der herrschenden Klasse bei den nächsten Wahlen als das kleinere Übel unterstützt werden sollte.
Jetzt, da eine postneoliberale Welt Gestalt anzunehmen beginnt, besteht die Aufgabe darin, wachsam gegenüber neuen politischen Initiativen zu werden und zu sehen, welche Möglichkeiten, wenn überhaupt, diese neue Weltordnung für den Kampf für den Sozialismus bieten kann.
Aus dem Englischen von Stefan Schaaf
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen