Hausprojekt in Prenzlauer Berg: Der letzte Aufstand
Die Kastanienallee 12 war eine rebellische Oase in Prenzlauer Berg. Jetzt wollen die Bewohner verhindern, dass das Haus Spekulationsobjekt wird.
Von der Mühe, um die es hier geht, kann Angela Dreßler ein Lied singen. Seitdem die Besitzerin der Kastanienallee 12 gestorben ist, suchen die etwa 100 Mieterinnen und Mieter eine Lösung, um ihr Haus vor Spekulation zu retten. „Die beiden Erben haben sie dabei auf ihrer Seite“, sagt Angela Dreßler, die der Kastanienallee 12 seit vielen Jahren verbunden ist und die Bewohnerinnen und Bewohner unterstützt. Anders als im zuletzt öffentlich diskutierten Fall Oranienstraße 169 in Kreuzberg, wo linke Vermieter das Haus an Spekulanten verkaufen wollen, sind die Erben bereit, an eine Genossenschaft zu verkaufen.
Es wäre die Lösung, die auch Dreßler und die Bewohner des Hauses bevorzugen. „Hirschhof“ haben sie vor langer Zeit ihr Haus mit den 54 Wohnungen genannt. Vor der Wende war es einer der beiden Zugänge in den ersten selbstverwalteten Hinterhof der DDR. Durch drei Hinterhöfe musste man gehen, dann stand man in der Oase des rebellischen Prenzlauer Berg, die man über die Oderberger Straße wieder verlassen konnte. Seitdem die Eigentümer dort den Zugang zum Hof privatisiert haben, erinnert nur noch die „K12“ an diese Geschichte.
Mit einem Verkauf an Spekulanten wäre auch diese Erinnerung verloren. Und ein Haus, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner, so wie die zahlreichen Künstlerinnen und Künstler, noch zu bezahlbaren Mieten leben und arbeiten können. Ob es so weit kommt, liegt bei Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Seine Verwaltung entscheidet darüber, ob es rechtzeitig Förderkredite für den Erwerb der Kastanienallee 12 durch eine Genossenschaft gibt.
Kaufpreis 7 Millionen Euro
Die Mietergenossenschaft Selbstbau, die in den Nachwendejahren mit der Sanierung zweier Häuser in der Rykestraße angefangen hat, ist gern bereit, das Haus in der Kastanienallee zu kaufen. Um den Kaufpreis von 7 Millionen Euro finanzieren zu können, braucht sie allerdings eine sogenannte Ankaufförderung aus dem Fördertopf, den Geisels Verwaltung für Genossenschaften bereithält.
Doch selbst wenn diese Förderung kommen würde, wären nicht alle Hürden genommen. Dass die Mieten bislang niedrig sind, liegt auch daran, dass die verstorbene Eigentümerin wenig in das Haus investiert hat. Zusätzlich zu den Erwerbskosten müsste die Selbstbau-Genossenschaft also eine „nachgeholte Instandhaltung“ in Höhe von 2,5 Millionen Euro finanzieren. Ohne Förderung, heißt es dort, sei das nicht machbar.
In einem Schreiben an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat die Selbstbau eG nun ein Finanzierungskonzept vorgelegt und eine „Einzelfalllösung“ verlangt.
Eine Reaktion aus der Verwaltung gibt es noch nicht „Wir sind aber im Gespräch“, betont Geisels Sprecher, Martin Pallgen, gegenüber der taz. „Wir haben der Kastanienallee 12 deutlich gemacht, dass wir unterstützen, wo wir können.“ Pallgen versicherte, dass man „auf einem guten Weg“ sei.
Allerdings drängt die Zeit. Denn die beiden Erben haben bereits eine Teilungsversteigerung beim zuständigen Amtsgericht beantragt. Mit einer solchen Versteigerung könnten sie die Schulden begleichen, die ihnen durch das Erbe entstanden sind. Aber auch die Selbstbau käme nicht zum Zuge. Bis zum 30. November muss es eine Förderzusage durch den Senat geben, heißt es vonseiten der Genossenschaft. Der Förderbescheid müsse bis im Dezember vorliegen, sodass der Kaufvertrag noch im Dezember unterzeichnet werden könne.
Unterstützung bekommen die Mieterinnen und Mieter von Klaus Mindrup, der lange Zeit für die SPD im Bundestag saß. „Alle Parteien sagen, dass sie MieterInnen, vor allem mit geringen Einkommen, schützen wollen“, sagt Mindrup der taz. „Am Beispiel der Kastanienallee 12 wird es nun konkret.“ Mindrup fordert, die Fördermittel, die zum Teil aus Bundesmitteln bestehen, „sinnvoll einzusetzen und gemeinsam mit den MieterInnen und der Mietergenossenschaft ein langfristig tragfähiges Modell umzusetzen“.
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