: Betonmischer-Unfall mit Folgen
Ermittlungen gegen Klimaaktivisten wegen Behinderung der Rettung, Polizei sucht Angreifer
Nach dem schweren Unfall auf der Bundesallee in Wilmersdorf, bei dem am Montag eine Radfahrerin durch einen Betonmischer-Lkw lebensgefährlich verletzt wurde, ermittelt die Polizei gegen zwei Klimaaktivisten.
Laut Feuerwehr war es wegen einer Blockadeaktion der „Letzten Generation“ auf der A100 zu Verzögerungen bei der Rettung gekommen. Einsatzkräfte mit Spezialgeräten seien wegen der Proteste erst verspätet am Unfallort eingetroffen, weshalb improvisiert werden musste, so ein Feuerwehrsprecher. Ob die Autofahrer eine Rettungsgasse gebildet hatten, konnte er nicht sagen. Das Fehlen von Rettungsgassen sei in der Hauptstadt ein tägliches Problem.
Gegen zwei der Blockierer, einen 63- und einen 59-Jährigen, wurden nun wegen unterlassener Hilfeleistung beziehungsweise der Behinderung hilfeleistender Personen Ermittlungen aufgenommen, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag.
Die Polizei sucht zudem weiter nach dem Mann, der nach dem Unfall den Fahrer des Baufahrzeugs mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hat. Der Angreifer ist laut Polizei bislang nicht bekannt. Die Ermittlungen zum Angriff und zum Unfallhergang dauerten an.
Zum Gesundheitszustand der Verletzten gab die Polizei am Dienstag keine neuen Auskünfte. Am Montag hatte es geheißen, dass der 64-jährige Fahrer des Betonmischers bei der Attacke schwer verletzt worden sei. Auch zum Zustand der 44 Jahre alten Radfahrerin machte die Polizei keine neuen Angaben.
Die Sprecherin der Klima-Protestgruppe „Letzte Generation“, Carla Hinrichs, sagte, die Gruppe hoffe inständig, dass sich der Gesundheitszustand der Frau durch die Verspätung des Feuerwehrspezialwagens nicht verschlimmert habe. Mitglied Lars Werner erklärte am Dienstag: „Wir werden weiterhin, wie bisher, mit größtmöglicher Sorgfalt darauf achten, dass durch uns keine Rettungseinsätze und Notärzte blockiert werden.“
Die Blockaden durch Klimaaktivist*innen waren auch Thema in der Senatssitzung am Dienstag. Man habe „sehr ausführlich darüber gesprochen“, so die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im Anschluss. Geeinigt haben sich die Senator*innen von SPD, Grünen und Linken darauf, dass man die Aktionen verurteile. „Die Form dieser Proteste, die zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen, ist unangemessen und nicht zielführend“, so Giffey.
Die Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz sollen nun einen „Statusbericht“ erstellen. Laut Giffey war der Vorfall am Montag nicht der erste dieser Art. Seit Beginn der Aktionen im Februar sei es bereits 18 Mal vorgekommen, dass Rettungsfahrzeuge nicht zu einem Unfall durchgekommen sind. Inzwischen gebe es fast 730 Verfahren gegen Blockier*innen bei der Staatsanwaltschaft, die Polizei habe rund 1.900 Strafanzeigen gestellt.
In die Debatte über eine verzögerte Rettung hatte sich am Montag auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingemischt. Er appellierte an die Klimaaktivisten, ihre Aktionen dürften nicht zur Gefährdung anderer beitragen. „Ich glaube, dass wir kritische Haltung, kritischen Protest akzeptieren müssen. Dass die Aktionen jetzt nicht auf sehr weitreichenden Beifall gestoßen sind, ist auch offensichtlich“, sagte Scholz. (dpa, taz)
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