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Erdöldrosselung der Opec PlusBitte kein weiteres Drama

Felix Lee
Kommentar von Felix Lee

Mitten in der Energiekrise drosseln die erdölexportierenden Länder und Verbündete ihre Lieferungen. Doch ein massiver Preistreiber ist das nicht.

OPEC-Treffen in Wien: Ankunft des saudischen Energieministers bin Salman Al-Saud am Mittwoch Foto: Lisa Leutner/reuters

W as für eine Ohrfeige für Europa und die USA. Mitten in der größten Energiekrise kappen die erdölexportierenden Länder und ihre Verbündeten (Opec plus) ihre Erdöllieferungen um zwei Millionen Barrel pro Tag. Allen voran für die Eu­ro­päe­r*in­nen bedeutet das zu den ohnehin massiv gestiegenen Gas- und Strompreisen nun auch noch höhere Benzinkosten.

US-Präsident Joe Biden ist erbost und wirft den Ölländern vor, sich mit dem Aggressor Russland verbündet zu haben. Von einem „feindseligen Akt“ ist im Weißen Haus die Rede. Dabei waren sowohl Biden als auch Kanzler Olaf Scholz noch vor wenigen Wochen zu Besuch in Saudi-Arabien, um die saudischen Prinzen von einem solchen Schritt abzuhalten. Ohne Erfolg. Die Empörung des US-Präsidenten mag nachvollziehbar sein, zumal seine Partei vor den wichtigen Mid-Term-Wahlen steht. Hohe Benzinpreise kommen nie gut an. Die Reaktion ist dennoch völlig überzogen.

Die Drosselung ist vor allem auf eine sich massiv eintrübende Weltkonjunktur zurückzuführen. Schon vor diesem Beschluss haben einige der Ölstaaten sehr viel weniger gefördert, als die abgesprochenen Quoten ihnen gestattet haben. Chinas Festhalten an seiner Zero-Covid-Strategie, die weiter ganze Landesteile zum Stillstand bringt, anhaltende Lieferkettenprobleme, weshalb in Betrieben immer wieder die Maschinen still stehen, und die hohe Inflation in fast allen Ländern der Welt – all das führt dazu, dass Unternehmer und Haushalte sich wegen fehlender Planbarkeit mit Investitionen und Ausgaben zurückhalten. Entsprechend geht auch der Ölverbrauch zurück.

Zum Preishoch im August war der Ölpreis denn auch deutlich gefallen. Das bekam nur hierzulande kaum einer mit, weil der US-Dollar zum Euro deutlich gestiegen ist. Erdöl wird in Dollar gehandelt. Die Benzinpreise werden hoch bleiben. Einen massiven Preistreiber stellt die jüngste Drosselung aber nicht dar. Unnötig also, ein weiteres Drama in diesen ohnehin konfliktreichen Zeiten zu schaffen.

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Felix Lee
Wirtschaft & Umwelt
war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.
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4 Kommentare

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  • Es wäre wünschenswert, wenn nicht nur China, sondern weltweit die Produktion heruntergefahren und sich nur noch auf die lebenswichtigen Sektoren konzentriert werden würde, wie pflanzenbasierte Ernährung, tierfreie Bekleidung, Gesundheit und Bildung.

    Manchmal entsteht der Eindruck, dass die Gesellschaft die Klimakatastrophe noch immer nicht verstanden hat. Während das Klima zusammenbricht, kann es doch nicht bedauert werden, wenn klimaschädliche Produktionen reduziert werden.

    Sicherlich, China macht das nicht wegen des Klimas, leider:

    Die Emissionen in Europa STEIGEN, während die Klimakatastrophe ihren Lauf nimmt. Mittlerweile sind wir in einer Situation, wo es ohne Herunterfahren von Produktion und Konsum nicht mehr geht. Da ist jedes temporäre Herunterfahren ein kleiner Hoffnungsschimmer.

  • "Dabei waren sowohl Biden als auch Kanzler Olaf Scholz noch vor wenigen Wochen zu Besuch in Saudi-Arabien, um die saudischen Prinzen von einem solchen Schritt abzuhalten. Ohne Erfolg. "



    Mon Dieu! Ich stell mir gerade vor, wie die Welt in Deutschland zu Besuch wäre, um zu argumentieren, dass Luxusautos zu teuer sind.



    Ich geh jeden Tag zu Aldi und hoffe auf niedrigere Preise. Allein: Es passiert nichts.

    Ich würde mir mehr wirtschaftlichen Ernst wünschen und Realitätssinn von unseren Politiker:innen wünschen. Allein: Es wird - wohl (?) - ein frommer Wunsch bleiben.

    Auch die Äußerungen Habecks - man müsse bei befreundeten Ländern über den Preis reden - berfremden mich.

  • Wenn ich sehe wie und mit welchen Autos gefahren wird, kann den meisten Autofahrern der Sprit nicht zu teuer sein.

    • @Acadrian:

      Ach, Sie verkennen, dass das alle arme Schichtarbeiter*innen sind oder Altenpfleger*innen, die im Privatautos auch am Wochenende zu ihren Einsätzen fahren müssen oder Förster*innen und Bäuer*innen, die äh, zu ihren verstreut liegenden Betriebsteilen müssen. Und die Autos sind alle olle Rostlauben, die vorausschauend langsam zuckelnd über Land und durch Orte gefahren werden. Sie würden ja weniger fahren, aber sie können beruflich nicht anders. Und in der Freizeit fahren Alle sowieso mit dem Rad - den Kindern, Nichten, Neffen, Enkelkindern zu liebe. ;-)