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Wirtschaftsforum in WladiwostokPutin teilt gegen den Westen aus

Der russische Präsident erklärt seine Weltsicht: Der Westen führe alle in den Abgrund, in der Ukraine werde er seine Pflicht bis zum Ende erfüllen.

Präsident Putin beim Austeilen auf dem Witschaftsforum in Wladiwostok am 7.9 Foto: Tass/reuters

Moskau taz | Knapp 30 Minuten sprach Russlands Präsident Wladimir Putin an seinem Stehpult auf dem 7. Östlichen Wirtschaftsforum in Wladiwostok von den Veränderungen in der Welt. In der Stadt am Pazifik erwähnte er die „Vorzüge des globalen Ostens“ und erklärte den „Weg zu einer multipolaren Welt“, wie das Forum im Fernen Osten Russlands überschrieben ist. Er sprach über „freundliche und unfreundliche Länder“ – in solche teilt Russland die Staaten seit dem Krieg in seinem Nachbarland ein. Ein Krieg, den es selbst angefangen hat, aber euphemistisch als „militärische Spezialoperation“ bezeichnet.

Er diagnostizierte dem Westen einen „Sanktionsschüttelfrost“ und unterstellte den USA, dass sie eine „Diktatur mit hoffnungsloser Währung“ seien. Die EU bezeichnete er derweil als „Kolonisatoren, die nicht aufhören zu lügen“, die nach Regeln leben, die nur ihnen selbst nützlich sind. Der Westen betreibe gerade „wirtschaftliche und technische Aggression gegenüber Russland“. Russland dagegen habe alles, um wirtschaftlich und sozial zu gedeihen. Wladiwostok sei ein Tor nach Osten, dem er mit vielerlei Finanzierungsprogrammen zum Bau neuer Wohnviertel und Unternehmen, zum weiteren Aufschwung verhelfen wolle.

Es ist die gewohnte Putin’sche Rhetorik: der Westen als Übel in der Welt, Russland als das starke, souveräne Land, das sich diesem Übel trotz aller Nadelstiche entgegenstellt. Schon setzte sich der Präsident aufs Podium zu seinen Gästen aus Myanmar, China und Armenien, und Ilja Doronow, der Moderator gab sich kritisch und sagte: „Sie haben die Ukraine mit keinem Wort erwähnt.“ „Ist sie denn in dieser Region?“, sagte Putin mit einer gewöhnlichen Portion Zynismus.

„Wir haben nichts verloren“

Das Ergebnis dessen, was gerade passiere, so fährt er fort, sei die „Stärkung der Souveränität Russlands“. „Wir haben nichts verloren und wir werden nichts verlieren.“ Die Polarisierung, auch innerhalb russischer Familien, geschehe „zum Wohle des Landes“: „Unbrauchbares, Schädliches wird abgestoßen.“ Russland habe lediglich „spiegelbildlich auf Handlungen unseres potenziellen Feindes“ reagiert: „Auf bewaffnetem Weg. Wir haben das bewusst getan.“ Die Situation verändere sich zum Besseren. „Wir werden unsere Pflicht bis zum Ende erfüllen.“

Europa sei auf Druck der Amerikaner in der Sanktionssackgasse gelandet

Russland werde keinen Schritt weichen, bevor das „Ziel“ der „Spezialoperation“ nicht erreicht sei, das sagt Russlands Präsident immer wieder. Seine Pro­pa­gan­dis­t*in­nen tragen es – durchaus erfolgreich – ins Volk. Das „Ziel“, mag es sich in einzelnen Sätzen und Ausdrücken auch immer wieder ändern, ist die Vernichtung der Ukraine. Und doch sagte Putin auch in Wladiwostok immer wieder: „Wir haben nichts angefangen.“ Oder: „Was haben wir denn damit zu tun?“

Jegliche Kritik wird als „Unsinn“ und „Fantasie“ abgetan. Gas und Öl als Waffe? „Wir sind außen vor“, sagte Putin. Europa sei „auf Druck der Amerikaner“ in der Sanktionssackgasse gelandet und schade sich selbst. Russland erfülle alle Verträge. Nord Stream 2 könne sofort eingeschaltet werden. „Wir müssen nur den Knopf drücken.“

Putin hat sich in seinem Irrglauben verfangen, die Ukraine sei Russland, hat sein Land in eine Spirale von einem übergroßen Feind im Westen, der Russland in seinem Gedeihen vernichten wolle, hineinmanövriert und bedient mit Mitteln der Gewalt dieses Narrativ der verdrehten Tatsachen. In manchen Ländern greift dieses Narrativ. China steht Moskau bei, afrikanische Länder sehen für sich neue Möglichkeiten und auch manche Eu­ro­päe­r*in­nen zeigen sich geradezu begeistert über die „tektonischen Verschiebungen“, wie Österreichs Ex-Außenministerin Karin Kneissl die Entwicklungen in der Welt in Wladiwostok nannte. Kritik an Putins Verdrehungen? Äußerte sie, die mit Putin auf ihrer Hochzeit tanzte, freilich nicht.

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8 Kommentare

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  • man muß aber schon einmal laut aussprechen, dass die Lage, wer die besseren Karten hat nicht so eindeutig ist, wie es manchmal erscheint.



    Europa droht eine Rezession, die vieles verändern kann und gleichzeitig sind die Wirkungen der Sanktionen nicht so unmittelbar fatal wie erhofft. Es entscheidet sich langfristig.



    Der, der den längeren Atem hat, wird den Konflikt gewinnen (damit meine ich nicht den Krieg, aber den Russland-Westen Konflikt)



    Was bis dahin alles passiert, weiß niemand. Aber der Konflikt ist mit den jetzigen Sanktionen nicht zu beenden. (Ich meine nicht "Sanktionen weg", aber es muß dringend überlegt werden, wie Europa wieder Oberwasser bekommt)



    Solange Europa noch so abhängig von Russland ist, Brennstäbe für franz. AKW`s, Aluminium etc. hat Russland noch viele Druckmittel Europa zu schaden... Wie das zu ändern ist, k.A. kurzfristig wohl nicht, aber die Selbsteinschätzung unserer Lage ist aus meiner Sicht etwas zu rosagefärbt.

  • "Kritik an Putins Verdrehungen? Äußerte sie, die mit Putin auf ihrer Hochzeit tanzte, freilich nicht."



    Klingt nicht, als wenn die Autorin das metaphorisch meint. Schon interessant, wie lange Putin seine Netze ausspannt und wer sich darin so verfangen hat. Nun ist Putin wohl kein Party Animal, sondern Geheimdienstmann. Würde mich interessieren, ob er ggn. all seine Freunde im Westen, die jetzt für ihn sprechen, belastendes Materiel gesammelt hat oder mit Morddrohungen unter Druck setzt. Im eigenen Land fallen ja schon verdächtig viele Entscheidungsträger aus dem Fenster ...

  • Der Mann hat inzwischen jeden Kontakt zur realen Welt völlig verloren. Vielleicht gibts ja beim Militär ein paar Leute mit Rückgrat, die ihn in das Haus mit den "Onkeln" mit den weißen Kitteln überführen

  • ...wie verschieden die Sichtweisen auf die Geschehnisse doch sein können...

    • @Alex_der_Wunderer:

      Immer interessant, nicht nur Einheitsbrei zu lesen.

      • @resto:

        ... darum lesen wir doch die TAZ ...

  • Putin hat nichts verstanden..und wird immer mehr zu einem Alterstarren Greis..

    Alles was er über den Westen sagt, trifft, wie üblich auf ihn selber bzw. die russische "Politik" zu..

    Der Mann steht so weit neben sich daß er nicht mal merkt wie durchsichtig sein Geschwafel ist...und wie viel er dabei ungewollt über sich selber aussagt.

    Das kann jeder erkennen, der bis drei zählen...außer bei der AfD vielleicht...die sind offenbar auf die selbe Art beschränkt wie Dr. Seltsam aus Moskau..

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    "Russland werde keinen Schritt weichen" in der Ukraine tönt der russische Diktator.



    Nein, Putin, es ist nicht "Russland".



    Es sind Sie und ein paar kriegslüsterne und machtbessenene Gesellen aus Ihrer Umgebung.



    Und die haben es leicht, wenn sie "nicht weichen" - genau wie Sie, Putin.



    Ihr müsst eure Köpfe für diesen verbrecherischen Überfall auf die Ukraine nicht hinhalten.



    Ihr steht nicht an der Front.



    Ihr lasst schießen, töten, verletzen, traumatisieren, vertreiben, zerstören.



    Ukrainer wie Russen müssen für eure Großmachtträume bluten.



    Aber es kommt der Tag, da reicht auch euch trotz aller Großmannssucht ein Fleckchen - wie jedem anderen Menschen auch.



    Und die Geschichte hat ihr Urteil über Sie, Putin, und ihre Gesellen schon gefällt.