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Obdachlose in BerlinWeniger Wärme für Obdachlose

Die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise bringen Träger der Obdachlosenhilfe in Not. Unterkünfte werden teurer – gleichzeitig steigt der Bedarf.

Die Kosten für die Notübernachtung für 100 Menschen am Containerbahnhof steigen um 14.000 Euro Foto: Fabian Sommer/dpa

Berlin taz | Knapp zwei Wochen vor Beginn der Kältehilfesaison machen sich soziale Einrichtungen Sorgen, wie sie die Notübernachtungsplätze für Obdachlose angesichts der gestiegenen Energiepreise finanzieren sollen. „Allein die Traglufthalle am Containerbahnhof wird uns im nächsten Jahr fast 10.000 Euro mehr kosten“, sagt Barbara Breuer von der Berliner Stadtmission zur taz.

Und das sind nur die Kosten für Gas. Die Stromkosten mit eingerechnet würden sich die Mehrkosten für die Halle hinter dem Lichtenberger Ringcenter, in der jeden Winter mehr als 100 obdachlose Menschen untergebracht werden, auf rund 14.000 Euro belaufen – 30 Prozent mehr als in den vergangenen Jahren.

Ob die Mehrkosten für die Unterbringung von Obdachlosen vom Berliner Senat übernommen werden, sei bislang unklar. „Wir hoffen, dass nicht ausgerechnet bei den Ärmsten gespart wird“, so Breuer. Zumal deren Zahl angesichts der steigenden Inflation noch zunehmen dürfte.

„Wir rechnen mit mehr bedürftigen Menschen“, sagt die Sprecherin der Stadtmission. Schon jetzt gebe es bei den Essensausgaben einen erheblichen Mehrbedarf – insbesondere am Monatsende. Rund 600 Menschen seien zuletzt gekommen, bei der Kleiderausgabe seien es am vergangenen Wochenende rund 170 Bedürftige gewesen – vor der Krise waren es um die 100.

Spendenbereitschaft geht zurück

Die steigenden Kosten sind nicht das einzige Problem. Auch die Spendenbereitschaft geht zurück. „Die Menschen spenden weniger, weil sie selbst nichts mehr übrig haben“, glaubt Breuer. In der Kleiderkammer habe es noch nie so wenige Spenden gegeben wie jetzt. „Weil die Unterwäsche aus ist, müssen wir den Menschen sagen: Ziehen Sie ihren Schlüpfer doch noch mal an.“

Die Menschen spenden weniger, weil sie selbst nichts mehr übrig haben

Barbara Breuer, Stadtmission

Doch nicht nur Privatpersonen, auch die Märkte geben weniger ab. „Unsere Suppenküche musste erstmals seit 30 Jahren Brot dazukaufen“, so Breuer. Ware, die zuvor von Bäckereien gespendet wurde und nun Geld verschlingt, das an anderer Stelle fehlt. Etwa bei der Unterbringung von Obdachlosen, von denen es laut offiziellen Zahlen mindestens rund 2.000 in der Hauptstadt gibt.

Der Senatsverwaltung sind die Probleme der sozialen Träger bekannt – und sie verspricht Abhilfe. Genaue Zahlen soll es zwar erst Ende des Monats geben, ein Sprecher von Sozialsenatorin Kipping (Linke) sagt jedoch vorab zur taz: „Es sollen nicht weniger Plätze sein als in den Jahren zuvor.“ Die Kältehilfe in Berlin startet am 1. Oktober und dauert bis zum 30. April des kommenden Jahres. Zuletzt waren 1.000 Übernachtungsplätze zur Verfügung gestellt worden.

Darunter sollen auch in diesem Winter wieder Quarantäneplätze für an Corona erkrankte Obdachlose sein. Die drei Quarantänestationen des Landes Berlin waren mit dem Auslaufen der Kältehilfe im April geschlossen worden – mit verheerenden Auswirkungen für die Menschen auf der Straße. „In unserer Notunterkunft können wir derzeit keine Coronakranken aufnehmen, Menschen mit positivem Schnelltest müssen wir wegschicken“, erzählt Barbara Breuer. Für Obdachlose brauche es etwa aufgrund von Sucht­erkrankungen spezielle Quarantäneeinrichtungen mit medizinisch geschultem Personal, weshalb sie nicht in regulären Notunterkünften isoliert werden könnten.

Derzeit keine Quarantäneplätze für Obdachlose

Bereits im Juli hatten sich Berliner Notschlafstellen und soziale Träger mit einem offenen Brief an den Senat gewendet, in dem sie die aktuelle Situation als „unterlassene Hilfeleistung“ und „lebensgefährlich“ kritisierten. Der Senat verwies darauf, dass außerhalb der Kältehilfe die Bezirke für die Unterbringung von Obdachlosen, auch von infizierten, zuständig seien. Die halten in den meisten Fällen jedoch keine Quarantäneplätze für obdachlose Menschen bereit, wie eine taz-Umfrage ergab.

Für Barbara Breuer ist die derzeitige Praxis menschenunwürdig: „Wir bieten den Menschen jeden Tag ein Dach über dem Kopf, aber wenn sie krank werden, müssen wir sie wegschicken“, kritisiert sie. „Niemand möchte krank unter einer Brücke leben, insbesondere nicht, wenn es so kalt und nass ist wie jetzt.“

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