Dürre, Steuer, Masern: Frenetische Finnin
Kann auch eine Premierministerin mal ihren Namen tanzen? Oder dürfen das nur Masernimpfgegner:innen? Außerdem: ein röhrender Hirsch namens Kubicki.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Dürre, Trockenheit, staubige Flußbetten.
Und was wird besser in dieser?
Ich will mein Sommerloch zurück.
Die Regierung hat die ermäßigte Mehrwertsteuer auf Gas verkündet. Wo würden Sie denn gerne mal weniger Mehrwertsteuer zahlen?
Ich kaufe ein „d“: Mehrwerdsteuer. Volkstümlicher Spitz- bzw. Stumpfname „Märchensteuer“, weil sie als abstrus, ungerecht und unbegreiflich empfunden wird. Finanzminister Lindner könnte sich standrechtlichlich verdenkmalen, wenn er da mal mit dem Kamm durchginge. Landläufige Beispiele: Kaffee 19 %, mit ordentlich Milch 7%, zum Mitnehmen 7%, aber mit Milch vor Ort getrunken wieder 19. Wer Knieschmerz ohne Medikamente – 19 % – durchsteht, bekommt irgendwann die Prothese günstig – 7 %. Der Bundesrechnungshof moniert das seit Jahrzehnten. Da wird doch der Hund – 19 % – in der Pfanne verrückt: bei Verzehr nur noch 7%. Wohlsein. Für den Gaspreis schallert der „Deckel für den Mindestverbrauch“ aus Nachbarländern herüber; also 7 % und Preisgrenze für den Mindestverbrauch, wer darüber herumgast zahlt eben mehr. Was die Ampel stattdessen tut, ist nur, eine miese Schlagzeile im Herbst zu verhindern: „Lindner verdient sich am Gaspreis dumm und dusselig“. Musser nich, isser schon.
Wir bleiben beim Gas. FDP-Vize Wolfgang Kubicki spricht sich für eine Öffnung von Nord Stream 2 aus. Ist das eine gute Idee oder der Aufreger der Woche?
Kubicki ist sowas wie die FDP-Ultras: Im April staunte er über das Fiasko mit Russland: „50 Jahre meiner politischen Agenda haben sich in Luft aufgelöst“. Die pumpt er nun, gut erholt, in aller verfügbaren Pipelines und schaut mal, wie es verpufft. Unter Gorbi und Jelzin waren das sehr liebe Projekte, und unter Putins NachfolgerIn werden sie es wieder sein: Wenn westhörige Oligarchen oder Konzerne die Deals machen. Alle Ost-West-Pipelines sind schnöde Technik, nicht gut noch böse, sondern logische Verbindungen zwischen Rohstoffquellen und potenten Verbrauchern. Kubicki, der röhrende Hirsch, ahnt das Wutpotenzial bei den Verbrauchern und versucht, ähnlich wie bei Corona, die FDP als menschliche Alternative zu AfD und Linke zu positionieren.
Die finnische Premierministerin Sanna Marin feiert, und das Internet rastet aus. Was ist so besonders an tanzenden Politiker*innen?
Von Friedrich Merz kursierte neulich auch ein Tanzvideo, bei dem er seinen Namen eurythmisch darbot. Vorausgesetzt, er heißt insgeheim „verkrampfte Dampflok“. Grüne luden bereits solidarisch ein Filmchen mit swinging Baerbock zu Twitter hoch, Kathrin Göring-Eckart entstammt einer TanzlehrerInnen-Dynastie und steht also unmittelbar vor einem Comeback. Boulevard, fass: „Kanzler Scholz – er hat nur Angst vor der Damenwahl“.
Am Freitag musste Olaf Scholz sich den Fragen eines Untersuchungsausschusses zur Cum-Ex-Affäre stellen. Ist Schweigen eigentlich die Spezialität unseres Kanzlers?
Wissen ist Macht, Nichtwissen macht Arbeit: Scholz ist glänzend vorbereitet. Es muss viel mehr Arbeit machen, rechtzeitig Nichtwissen zu organisieren.
In der Ukraine hat sich der türkische Präsident Erdoğan mit Selenskyj und dem UN-Generalsekretär getroffen. Erdoğan als Streitschlichter, geht das?
Die deutsche Außenministerin hat sich moralisch hochwertig aus dem Spiel genommen. Friedensappelle tadelte sie im Juli als „naiv, verstörend, überheblich“, mit Russland gebe es nichts zu verhandeln. Sie wird verantworten müssen, ob sie damit die Ukraine noch unterstützt oder schon radikalisiert hat. Etwa, indem sie in der Schlange mit der weißen Fahne ziemlich weit hinten steht.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Masernimpfpflicht in Kitas und Schulen bestätigt. Sehen wir bald eine neue Welle an protestierenden Impfgegner*innen?
In Deutschland sind gut 93 % geimpft, bei 95 % setzt die Medizin die „Ausrottung“ an. Sprich: Jedes milde Mittel, die letzten 2 % zu holen, ist besser als Autorität, gegenseitige Verunglimpfung und Fundidebatten.
Es geht um die Pommes. Eine Ikea-Filiale in Bayern möchte aufgrund der Klimaschädlichkeit keine Pommes mehr verkaufen. Essen in Möbelhäusern – muss das überhaupt sein?
Möbelhäuser in Essen gibt's doch auch. Im dortigen Ikea aß ich einen Hot Dog, wegen der Gratismentalität. Man darf Röstzwiebeln und marinierte Gurken unbegrenzt nachnehmen. Und die Wurst selbst: Erstaunlich, was Ikea aus minderwertigem Holz alles hinkriegt.
Und was machen die Borussen?
Rache für Malaga 2013, als wir nach der 90ten mit 2 Toren das Spiel drehten. Das Universum vergisst nix.
Fragen: Larena Klöckner
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