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Rauchen, Pupsen, LügenWir brauchen Tabus

Ständig geht es um Enttabuisierung, doch viele Tabus braucht es für ein harmonisches Miteinander. Ein Plädoyer für fünf, die wir beibehalten sollten.

Pickel ausdrücken macht Spaß, ja, aber bitte nicht in der Öffentlichkeit Foto: Boy Anupong/Moment/getty

Lügen für die Freundschaft

Die Bilder sind so lala. Aber meine Freundin malt und malt und malt mit Freude – Landschaften, Stadtansichten, Blumen, alles, was ihr in den Sinn kommt. Sie liebt es und kann, seit sie damit angefangen hat, nicht mehr davon lassen. Aquarelle, Wachsmalerei, Bleistiftzeichnungen. Manchmal schickt sie mir ganze Serien über WhatsApp zu und fragt: Wie findest du die? Das ist der Moment, an dem ich mich für unsere Frauenfreundschaft und gegen die Wahrheit entscheide.

Ich antworte kurz, so was wie „Nein, das bist du nicht“, wenn sie ein Selbstporträt produziert hat. Sie malt sich häufig unvorteilhaft, mit Körperproportionen, die nicht ihre sind, mit einem verhärteten Gesicht, das sie auf keinen Fall darstellt – sie ist eine fröhliche, lebensbejahende, humorvolle Frau. Aber manche Bilder, in denen sie sich verewigt, zeigen genau das Gegenteil.

In diesen Fällen widerspreche ich. Aber bei all den Landschaften, den Blumen, dem Meeresrauschen halte ich mich vornehm zurück. Ich will meine Freundin nicht verletzen, auch wenn sie um Kritik bittet. Nun könnte ich sagen: Ist nicht mein Geschmack. Das müsste ich aber fast jedes Mal tun. Das ist nicht nur langweilig, sondern vor allem ungerecht. Sie ist keine professionelle Künstlerin, die harte Kritik einstecken muss. Sie ist eine Freizeitmalerin, die wachsende Freude daran hat, sich auf einen italienischen Marktplatz zu setzen und eine Kirche zu zeichnen. Dabei schaue ich ihr gern zu und bewundere ihre Versunkenheit beim Malen. Kommt es nicht genau darauf an? ­Simone Schmollack

Polizei rufen bei Lärmbelästigung

Es ist der Klassiker auf jeder zweiten WG-Party: Spätestens um 2 Uhr nachts, selbst am Wochenende, steht wegen Lärmbelästigung die Polizei vor der Tür. Ich gehöre nicht zu jenen jungen Menschen, die für sich das Recht beanspruchen, jederzeit laut sein zu dürfen. Und dann über die „Spießer“ ablästern, die um Ruhe bitten und ihnen damit den Spaß verderben wollen. Es gibt Nachbar:innen, die absolut legitime Gründe haben, zum Beispiel Menschen mit Babys oder jene, die im Schichtbetrieb arbeiten und für die es essenziell ist. Was aber wirklich der Inbegriff deutscher Spießigkeit und dazu ziemlich feige ist: Die Polizei vorzuschicken, statt einfach mal kurz zu klingeln und zu fragen, ob’s nicht leiser ginge.

Das sorgt nicht nur für unverhältnismäßig blöde Situationen, es kann für manche Menschen mitunter bedrohlich werden. Zum Beispiel für die einzige nichtweiße Person aus der Gruppe, die rausgezogen und schikaniert wird, wie es einem Bekannten von mir neulich geschehen ist. Also, liebe Hausgemeinschaft: Bitte nicht die 110 rufen in Situationen, die man easy selbst klären kann! Clara Engelien

Pupsen in der Öffentlichkeit

Er ist zwar noch nicht wirklich auf dem Weg der Enttabuisierung, aber sein kleiner Bruder, der Rülpser, wird immer salonfähiger, und so könnte es mit dem Pups auch nicht mehr weit sein. Pupse sind so vielfältig wie das Gasgemisch, aus dem sie bestehen. Es gibt sie laut und leise, neutral- und übelriechend. Und genau darin liegt das Problem.

Da ist das Maß der Lautstärke. Dazu ein Beispiel aus der Empirie: Mein Vater entlüftet sich für sein Leben gern, am liebsten laut und öffentlich. Es ist seine Art, gegen bürgerliche Konventionen aufzubegehren. Er machte sich lange einen großen Spaß daraus, wenn ich das ultrapeinlich fand.

Einmal trat er zum Rauchen auf den Balkon. Auf dem angrenzenden Balkon saß die Nachbarin, bei Kerzenschein und vollen Tellern, vermutlich ein Rendezvous. Da drehte mein Vater einmal kurz, aber unüberhörbar das Ventil auf, das Gespräch nebenan verstummte, ich verließ fluchtartig den Balkon. Hinterher behauptete er kichernd, das Dinner auf dem Nachbarbalkon hätte er gar nicht bemerkt. Ich glaubte ihm kein Wort.

Heute kann mich mein Vater damit nicht mehr schocken. Ich würde so weit gehen, dass ich dem öffentlichen Flatulieren geradezu offen gegenüberstehe. Schließlich gilt es als ungesund, sich Gase zu verkneifen, und wer will schon ungesund leben? Wäre da nicht noch das andere Maß.


Empirisches Beispiel Nummer 2: Als Kind habe ich mich mal druckwellenartig übergeben, weil der Pups eines Kumpels nach zwei Tellern Chili con Carne so ekelerregend stank. Das ist die wahre Kehrseite des öffentlichen Blähens und eine Zumutung, die keine Revolution gegen jedwede Spießbürgerlichkeit rechtfertigen kann. Solange Menschen also noch nicht erspüren können, welche Duftmarke ihr Pups hinterlässt, möge er in der Öffentlichkeit ein Tabu bleiben. Nora Belghaus

Pickel Ausdrücken im Freien

Neulich saß ich mit Freunden in einem Park. Es war schon spät, da ging einer noch mal los, um am nächsten Späti eine Flasche Wein zu besorgen. Er kam verstört zurück. Folgendes war passiert: Im Kiosk hatte ihn, hinter der Kasse stehend, eine Verkäuferin mittleren Alters begrüßt. Als er nach einigem Suchen nach dem richtigen Wein wieder zwischen den Regalen und Getränkekisten hervortrat, stand sie immer noch dort. Doch nun hatte sie sich tief über den Tresen gebeugt, ihren Busen entspannt neben der Kasse abgelegt und drückte in aller Seelenruhe einen Pickel zwischen ihren Brüsten. Mein Freund blieb irritiert stehen. Er räusperte sich, vielleicht hatte sie ihn ja nur nicht bemerkt. Doch die Dame blickte kurz auf, sagte: „3,99 Euro“ und widmete sich dann wieder der Arbeit an ihrer Talgdrüse.


Mein Freund verließ fluchtartig den Laden. Und ich verstehe ihn. Auch ich bin schockiert. Und ich vermute so langsam die Erosion einer gesellschaftlichen Übereinkunft, auf die ich viel Wert lege: Seit wann ist es in Ordnung, vor anderen Menschen Pickel auszudrücken? Eigene? Fremde? Denn auch das erlebe ich immer wieder, sogar in meinem eigenen Freundeskreis: Paare, die sich gegenseitig im Gesicht, am Rücken, an den Oberarmen herumfummeln – weil sie einander Pickel ausdrücken.

 Vielleicht liegt es an mir: Ich komme nicht zurecht damit, wenn Menschen öffentlich ihr Innerstes nach außen kehren. Und damit meine ich nicht, was Sie jetzt denken. Wir alle kennen dieses berauschende Gefühl der Befriedigung, nachdem wir einen monströsen Pickel gedrückt haben. Meinen Freunden steht es nach jeder ihrer Minioperationen ins Gesicht geschrieben. Dieser unverhohlene Stolz nach erfolgreich getaner Arbeit, die Begeisterung, ich ertrage es nicht. Solche Regungen gehören nicht in die Öffentlichkeit. Zurück damit ins Private! Ich fordere: Pickel drücken nur vorm heimischen Badezimmerspiegel! Lale Artun

Rauchen auf der Straße

Rauchen auf der Straße. Es ist kein Tabu in Deutschland, sollte aber eines sein – und wird bereits regional in Japan umgesetzt. Denn was für Rau­che­r:in­nen einen kleinen Eingriff in ihren Alltag bedeutet, ist für Mehrheitsgesellschaft und Umwelt ein großer Gewinn. In der Nähe von japanischen Bahnstationen, Convenience Stores oder Sehenswürdigkeiten befinden sich stets Rauchbereiche. Raucht man außerhalb und wird dabei von der Polizei erwischt, gibt es Bußgeld. Mit gutem Grund.

Wenn jemand gemütlich quarzend die Straße entlangläuft und man selbst muss hinter dieser Person hinterherdackeln, bekommt man den Qualm gratis in die Lunge mitgeliefert – ob man will oder nicht. Zudem interessieren sich viele Rau­che­r:in­nen nicht für die Entsorgung danach, auf Deutschlands Bürgersteigen finden sich stets plattgetrampelte Stummel und Filter. Das dadurch verpestete Grundwasser bleibt für alle nicht gebührenfrei.

Außerdem verliert der Akt das Prestige der Coolness und den Mitläufereffekt: Denn mit Abhängigen abzuhängen, vergeudet auf Dauer viel Zeit. Man ist stets damit beschäftigt, gemeinsam nach Raucherspots zu suchen und darauf zu warten, dass sie endlich aufquarzen, um weiterziehen zu können. Der Druck der Gruppe ist vielleicht sogar die beste Therapie, um aufzuhören. Shoko Bethke

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40 Kommentare

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  • & vor allem - Ihr Modderatistas di



    Netti⛓🪚 🪓-Infernos - is dich doch:



    SOWAS VON SCHÖÖÖÖN -



    Wie ihr eure Tabus der spießbürgerlichen Bourgeoise - bis zum Abwinken pflegt! Gellewelle 🧹 🧹🧹 •

    Wie die 🐁 in dem steinalten Witz =>



    - “HICK PUP - CHA-CHA-CHA“ - 🙀🥳😂 -



    Brand: - GARANTIERT HUMORFREI - •

    Na Mahlzeit

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Wir sind die 'Journalist:innen', vor denen unsere Eltern uns immer gewarnt haben."

  • Da kann ich Ihnen nur zustimmen was Lärmbelästigung betrifft. Bin auch aus Berlin und hatte mehrfach mit dieser Situation namens Lärmbelästigung zu tun. Häufig sind die Leute nicht im geringen Umfang abgefüllt und pöbeln dann rum, wenn man sich freundlich bemüht die Situation ohne Polizei zu klären. Teilweise werden sie sehr aggressiv, beleidigend und drohen Einem sogar, dank der Enthemmung durch Alkohol. Will man da es riskieren sich eine Schelle einzufangen oder Schlimmeres? Oder ruft man da nicht lieber die Polizei? Aber es gibt auch sehr positive Beispiele. Einmal informierte mich der Nachbar persönlich, dass er eine Partiy feiert zu seinem 18ten Geburtstag und meinte es könnte laut werden und länger als 0 Uhr dauern die Party. Es ging ungefähr bis 4 Uhr. Und es war laut. Trotzdem konnte man vernünfig mit dem Herrn reden und er macht die Musik nur einen Tick leiser trotz Alkohol im Blut. Und jetzt muss ich hier meine persönliche Erfahrung teilen. Dieser Herr war das Kind von einem Paar netter "Nichtdeutscher". Die Leute die einen anpöbeln, beleidigen, aggressiv werden und sogar Prügeln androhen hingegen waren zum sehr, sehr hohem Anteil "deutscher Herkunft". Meiner Erfahrung nach sind "Einheimische" eher erpicht ihren Willen durchzusetzen ohne Rücksicht auf ihre Mitbewohner des Hauses und mit allen Mitteln als, "zugewanderte" Mitbewohner. Ist nur meine persönliche Erfahrung. Aber ich bin der Meinung dass Menschen mit ausländischen Wurzeln mehr Benehmen und Anstand haben in diesen Dingen als die "Einheimischen". Wieso, Warum entzieht sich meines Wissens. Aber wenn es "Probleme" gibt was solche Dinge betrifft sind wir Deutschen sehr engstirnig und egoistisch. Eine Art "Ich darf das weil ich hier lebe und das mein Recht ist." - Mentalität geht zur Zeit um bei uns Deutschen. Selbst wenn die Polizei vor der Tür steht, wird noch diskutiert und zwar genau mit diesem Argument "Ich darf das weil ich hier lebe und das mein Recht ist.". Rücksichtnahme dabei gleich 0!

  • Rauchen auf der Straße ist sehr ärgerlich. Noch schlimmer ist es aber, wenn die Nachbarschaft am Fenster oder auf dem Balkon rauchen und der Rauch ins Schlafzimmer zieht.

    Auch die Qualmerei in Bars und Clubs ist ein Unding, handelt es sich doch um eine Ausgrenzung aller Menschen, für die Qualm ein Problem darstellt, z.B. AstmathikerInnen.

    mybrainmychoice.de/nichtraucherschutz/

  • Rauchen hat im Gegensatz zum Internet nicht das Potential, die Erde zu zerstoeren. Dieses wird ausgebaut, jenes zurueckgedraengt: inkonsistent, boesartige Scheinheiligkeit.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    Tolles Foto - als Lektion, Internet und Mahlzeit zu trennen.



    Lecker.

  • Tabu sollte erst mal gar nichts sein. Aber das heist ja nicht, dass es keine Anstandsregeln geben sollte, oder keine Rücksichtnahme auf andere.



    Doch ein Tabu, ist unhinterfragt, strikt, bedingungslos und universell, und ein oft unausgesprocher stillschweigender bestandteil der sozialen Norm. Somit empfinde ich jedes Tabu erstmal als etwas schlechtes.



    Da es jede sachliche debatte dazu unterbindet. Und so getant wird, als ob es das Thema gar nicht gäbe.

  • Also wenn schon das Rauchen derart diffamiert wird, der Gesundheit zuliebe, sollte man doch den Alkohol und die Drogen nicht vergessen. Ein Raucher verursachte meines Wissens kaum einen Verkehrsunfall, alkoholisierte und mit Drogen vollgedröhnte Mitbürger aber schon. Das wird aber von der Gesellschaft toleriert, doch wehe wenn einer raucht, dann ist er der schlimmste Täter den man hoffentlich hart bestraft. Das nenne ich Heuchelei denn Alkohol und Drogen belasten unser Gesundheitssystem mehr als Raucher, die eh nur noch recht Wenige sind.

  • Ich hatte auf den Artikelvorschlag beim Öffnen der Suchmaschine geklickt, weil ich mich auf meiner Webseite mit Tabus beschäftige. Ich war wirklich neugierig, was mich nun erwartet...

    Warum nicht noch Pinkeln im See/Freibad, Schwarzfahren, den Mittelfinger zeigen? ;-)

  • Auch Frauen ähmmm beherrschen den gedrechselten Thomas Gottschalk- Witz,

    Hoffentlich ruft niemand die Polizei , sonst ahnt man schon , wer als Zigarettenschmugglein nach Bautzen muss....

  • Also wenn schon das Rauchen derart diffamiert wird, der Gesundheit zuliebe, sollte man doch den Alkohol und die Drogen nicht vergessen. Ein Raucher verursachte meines Wissens kaum einen Verkehrsunfall, alkoholisierte und mit Drogen vollgedröhnte Mitbürger aber schon. Das wird aber von der Gesellschaft toleriert, doch wehe wenn einer raucht, dann ist er der schlimmste Täter den man hoffentlich hart bestraft. Das nenne ich Heuchelei denn Alkohol und Drogen belasten unser Gesundheitssystem mehr als Raucher, die eh nur noch recht Wenige sind.

    • @marco benz:

      Als jemand der schon auf der Lungenstation als Pflegekraft gearbeitet hat, muss ich doch widersprechen bei diesen Vergleichen.



      Erstmal ist es etwas unfair Alkohol und Drogen zusammen zu werfen und gegen die eine einzige Droge Nikotin zu stellen. Und dann ist Rauchen definitiv ungesünder - 127.000 Tote jährlich gegen 74.000 Tote beim Alkohol und das obwohl mehr Leute trinken als Rauchen. Bei Gesundheitskosten für die Allgemeinheit sieht es ähnlich aus.



      Andere Drogen sind alle noch illegal, sind also sicher nicht akzeptierter als das Rauchen und wenn das Cannabis freigegeben wird, erfährt es als primär gerauchte Droge alle Einschränkungen von Tabak und dann noch einige mehr, weil man damit bestimmt nicht Autofahren dürfen wird.



      Es mag ja sein das wir aktuell strikter gegen Raucher sind als gegen das Trinken, aber deswegen braucht man sich als Raucher nicht gegängelt fühlen, es ist eine scheiß Sucht und wir alle dürfen den Mist in der Öffentlichkeit mitatmen.



      Ach und übrigens ist Deutschland im weltweiten Vergleich schon ein Raucherland. Platz 30 von 167 laut Wikipedia.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @marco benz:

      Ein Besuch der nächsten, lokal zuständigen Lungenkrebsstation wäre zur Aufklärung dieses Irrtums ratsam.



      Pro Immun-Therapie ca. 13.000 EUR im Monatstakt - solange das Leben des Patienten weitergeht.



      Rauchen wird nicht diffamiert, es diffamiert das Dasein des Rauchers.



      Wenn dann die "wenigen" Raucher röchelnd am Tropf hängen kann man nur dankbar für die hiesige Fürsorge und das Gesundheitssystem sein.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        Rauchen diffamiert auch die Umstehenden, z.B. an Bushaltestellen. Vor allem haben diejenigen Probleme, die Atemwegserkrankungen haben und für Kinder ists schon gar nichts.

  • Clara Engelien meint hier ernsthaft, wegen nächtlicher dauerhafter Ruhestörung in einem Mehrfamilienhaus (WG-Feier) hat eine Nachbarin die Polizei bestellt, diese klingelt dann bei den Partymachern und bittet nicht etwa um Ruhe, sondern sucht dort gezielt nach der, Zitat „einzigen nichtweiße Person aus der Gruppe“ um diese dann unverhältnissmässig zu schikanieren? Echt? Klingt für mich hier nach Ausrede für Rücksichtslosigkeit und hat mE mit Radial Profiling nichts zu tun.

    Eine Freundin von mir wurde monatelang von der „Party-WG“ in ihrem Mehrfamilienhaus geschnitten, als sie nach der Geburt ihres ersten Kindes dort öfter freundlich darum bat, jetzt bitte weniger Lärm zu veranstalten. Das Mobbing endete erst dann, als die Freundin des Partylöwen auch ein Kind zur Welt brachte… Meiner Meinung nach gehört heutzutage im woken Milleu eher Mut dazu, wenn nötig mal die Polizei zu rufen.



    Und Frauen die sich beschweren bekommen auch häufig einen Namen angehängt: Hexe, Spassbremse etc.

    • @Basine:

      Sie behaupten also die Frau lügt wenn sie sagt dieser Fall ist genau so passiert?



      Und das mit der Ausrede für Rücksichtslosigkeit denken Sie sich gerade auch nur aus.



      Vorher erst mal selbst nach Ruhe fragen sollte der Standard sein. Daran ändert Ihr genannter Einzelfall genauso wenig, wie der Einzelfall der Autorin beweist das Racial Profiling in diesem Zusammenhang ein großes Problem wäre.



      Das mit dem "Woken Milieu" und dem Mut zum Polizei rufen können Sie sich auch sparen. Irgendwelche Buzzwords auspacken, macht Sie kein bisschen überzeugender sondern Sie klingen wie ein Ideologe.

      Vielleicht sollte man einfach Situationsabhängig sehen ob persönlich Beschweren oder gleich Polizei rufen die richtige Entscheidung ist, das kommt sehr drauf an wer sich von wem gestört fühlt. Einfach mal eine Situation einschätzen und dann entscheiden, so wie man das von vernunftbegabten Menschen erwarten sollte, die sich nicht von politischer Einstellung gegen "woke" oder die Polizei verblenden lassen.

    • @Basine:

      Es wäre vielleicht auch ganz gut, die angemessene Reihenfolge im Blick zu behalten. Nicht die, die schlafen wollen, müssen um Ruhe betteln – es ist an denen, die feiern wollen, vorzuwarnen und um Verständnis zu bitten, zum Beispiel mit einem freundlichen Aushang. Dann geht das schon. Wer aber seine Nachbarn nicht mitdenkt und aus heiterem Himmel wach hält, darf sich auch nur begrenzt wundern, wenn gleich die Polizei vor der Tür steht.

      • @TAZelbär:

        Meinen Sie, ich könnte besser schlafen, wenn vorher eine Ankündigung gemacht wird. Ich nehme mal an, es geht nicht um monatliche Feiern, sondern mindestens wöchentliche.

        Und wieso kommen diese Feiernden eigentlich nicht auf mal selbst die Idee, Rücksicht auf andere zu nehmen?

        Es gibt zwei Möglichkeiten:



        A) sie ziehen gar nicht in Betracht, dass sie jemanden stören könnten.



        B) es ist ihnen egal.

        Ich weiß nicht, was trauriger und rücksichtsloser ist.

  • Rauchen auf der Straße: kurz die Luft anhalten, kurz stehen bleiben, und schon kann man wieder die schöne Stadtluft einatmen.

    Beim Pupsen würde ich unterscheiden: solange die nicht stinken, ist doch alles in Ordnung. Ein Augenzwinkern dazu, und schon löst sich die zwischenmenschliche Spannung. Sozusagen ein Eisbrecher.

    Es ist übrigens meiner Meinung nach auch wichtig nicht zu vergessen, was es heißt, Mensch zu sein. Und dazu gehören zu einem gewissen Maß auch Körpergeräusche und Gerüche. Auch wenn wir die nicht auf den Hochglanzwerbungen sehen.

    • @Knudsenkarl:

      Zum Rauchverbot...LOL

  • Was ist denn das??

    Als ich den Artikel mit diesem Titel öffnete, erwartete ich eine Diskussion über die Funktion von Tabus als moralischer Kompass und für den Erhalt einer sozialen Ordnung. Warum manche Tabus destruktiv sind und manche nützen können, und den Versuch einer Einordnung, was die Einen von den Anderen unterscheidet.

    Die hier aufgeführten Beispiele erscheinen mir da ziemlich irrelevant. Lästige Dinge. So what? Wollen wir wirklich alles tabuisieren, was irgendwie mal unangenehm sein könnte und uns im persönlichen Umgang mit unseren Mitmenschen herausfordert? Und was für eine Gesellschaft würden wir damit kreieren? Für mich eine schreckliche Vorstellung.

    Bei Tabus, die wirklich relevant sind, und bei denen es sich m.E. lohnt, sich mit einer genauen Differenzierung zu beschäftigen, denke ich z.B. an Pädokriminalität vs. Pädophilie. Können wir es schaffen, dass ein solches Handeln tabu ist, aber der menschliche Umgang mit Menschen, die eine solche Neigung empfinden, ohne ihr nachzugeben, nicht?

    Man könnte darüber sprechen, dass es sehr konstruktive neue Tabus gibt in Bereichen, die früher keine Tabus waren. Kinder schlagen, zum Beispiel. Und dass es zwar hilfreich ist, dass ein solches Handeln tabuisiert ist, aber überhaupt nicht hilfreich, wenn zugleich auch das Sprechen darüber tabuisiert wird. Das hilft nämlich weder den von Gewalt betroffenen Menschen, noch denen, die ihr Handeln verändern sollen, noch der Gesellschaft.

    Ich finde auch, dass man z.B. am Beispiel des Tabubrechers Donald Trump sehr schön zeigen könnte, in welche Welt es führen kann, wenn alle Tabus eingerissen und missachtet werden: Lügen verbreiten, Fakten verdrehen - kein Problem? Rücksichtsloses Handeln ausschließlich zum eigenen Vorteil - kein Problem? Demütigen und beleidigen - kein Problem? Rechsstaatliche Strukturen und Verfahren deligitimieren, unterlaufen, zerstören - kein Problem? "Grab them by the pussies" - kein Problem?

    Usw. usf.

    Aber die Beispiele hier... REALLY?

  • Also für mich ist das doch alles Pipifax.



    Die wahren Dinge, die zu Tabus werden sollten, werden ja gar nicht angesprochen, weil es alle machen.

    Erstes Beispiel: Auto fahren. Allein die Umweltbelastung beim anmachen (von der Stinkerei (da muss ein Raucher lange für Quarzen) und gesundheitlichen Belastung gar nicht zu reden) sollte ein Tabus sein.



    Dann noch das peinliche Zurschaustellen vom Statussymbol Auto, ohne zu bedenken, wie schrecklich jedes einezelne Auto für den Planeten Erde ist.



    Auch Häusle bauen, ein Smartphone oder auch der Computer an dem ich gerade sitze: eigentlich sollten diese Sachen einem peinlich sein: Kinderarbeit, massive Umweltbelastung, lebensgefährliche Arbeit in den Bergwerken für seltene Erden. und noch mal massive Umweltbelastung bei der Entsorgung.

    Noch ein schönes Beispiel was einem peinlich sein sollte und man es deshalb besser verschweigt: ein Haustier haben. der CO2 Fussabdruck eines Hundes entspricht ungefähr dem eines SUV. Wobei der SUB peinlicher ist. IMHO.

    Tabus: ja bitte. Aber bitte die Richtigen.

  • SPUCKEN in der Öffentlichkeit möchte ich hinzufügen!



    Ausnahme Fußballplatz? NEIN.



    Frauen spucken ja auch nicht.

    • @Soniarosa:

      meine volle Zustimmung....als Ergänzung dazu...die Hinterlassenschaft des Hundes einfach liegen zu lassen, bzw. die gefüllte Tüte im nächstten Hausteingang abzulegen. Erstaunliches Argument einiger Hundehalter*innen, man bezahle ja schließlich Hundesteuer und deshalb sei die städtische Staßenreinigung dafür zuständig.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Habt ihr vor dem Schreiben mal nachgeforscht, was ein Tabu überhaupt ist. Wenn öffentlich über die Legitimität oder Illegitimität eines Verhaltens diskutiert wird, ist das schon längst kein Tabu mehr.



    Grüße an Tabubrecher von der taz.

  • 9G
    93851 (Profil gelöscht)

    "Die Polizei vorzuschicken, statt einfach mal kurz zu klingeln und zu fragen, ob’s nicht leiser ginge."

    Klar doch, wenn man heutzutage riskieren will, dass der Ruhestörer einen anschreit oder gar "direkt umnietet" o.ä. ...



    Vielleicht hat die Freundin ja schon den "kunstvollen" Artikel gelesen...;-))

    "Pupsen, Pickel & vielleicht noch Pommes to Go..." — steht sowas jetzt auch in der TAZ ?

  • Was die Kunst betrifft, wäre vielleicht mal ein umfangreicheres Gespräch mit der Freundin möglich, nicht nur ein kurzer, ablehnender Kommentar. Wenn die Hobby-Künstlerin sich selbst als das "Gegenteil" von dem malt, wie die Autorin sie sieht, stellt sich vielleicht eher die Frage, warum sie sich selbst so wahrnimmt. Selbst wenn es doch nur fehlende Kunstfertigkeit wäre, zeigte es der Freundin doch, dass sie ernstgenommen würde.

    • @Tetra Mint:

      Gut erkannt und analysiert!

  • Lügen, Pupsen und Pickel ausdrücken sind in der Öffentlichkeit gewisse Tabus.



    Rauchen und Lärm aber nicht. Das sind eher Störungen, mehr oder weniger persönlicher Natur. Wenn man zB Rauchen auf der Strasse verbieten will (= zum Tabu erklären), warum dann nicht auch übermäßigen Körpergeruch oder übermäßiges Parfümieren (welches auf manche allergisch wirkt)?



    Ansonsten kann man nur hoffen, dass vor dem Artikel ein Gespräch über die Kunst stattgefunden hat, oder das die Freundin nie die TAZ liest. Sonst hat sich das Thema mit der dann ex-Freundin eh erledigt.

    • @fly:

      Rauchen kann Körperverletzung sein, v.a. wenn jemand eine Atemwegserkrankung hat; in Gegenwart von kleinen Kindern sollte das auch vermieden werden. Das ist also etwas völlig anderes als Körpergeruch.

      • @resto:

        Kaffee und Schokolade essen ist eine Körperverletzung, dass sieht aber keiner weils weit weit weg ist. Dazu noch die Folgen des Müll aus einwegbehältern die schlecht oder nicht wieder verwertbar sind. Das ist auch eine Körperverletzung, welche aber erst auftritt wenn der Verursacher wohl nicht mehr lebt.



        Beides ist toleriert... Bzw gewollt.

        • @panda:

          Ach ja, da kommen wieder die militanten Raucher aus ihren Löchern gekorchen und verteidigen ihre Sucht. Erst einmal ist Kaffee trinken nicht schädlich, sondern gesund. Darüber können Sie ja gerne einmal mit dem Mediziner Ihres Vertrauens sprechen. Zweitens schadet man mit der Schokolade nur sich selbst und nicht anderen. Anders ist es mit dem Rauchen: Wenn ein Baby im Café am Tisch nebenan im Kinderwagen liegt, kann es Ihrem schädlichen Gestank des Rauchens nicht ausweichen. Oder bewerfen Sie das Baby eventuell zusätzlich noch mit 300 g Schokoladentafeln?

          • @Jim Knopf:

            Bitte mal über den Tellerrand (Tassenrand) schauen.



            Kaffee und Kakao muss angebaut und gepflückt werden, das ist meistens schlecht bezahlte und gesundheitsschädliche Arbeit.



            Darum besser fairtrade-Produkte kaufen.

  • Nachbarn hatten vor einer großen Gartenparty bei allen umliegenden Häusern brieflich und mit einer kleinen Schokolade angekündigt, dass es am Wochenende laut wird und falls es gar zu schlimm wird, solle man es sagen. War kein Problem. Ohne Vorankündigung wäre sicherlich von jemandem die Polizei gerufen worden. Beiderseitiges Verständnis ist von Vorteil.

    • 6G
      658349 (Profil gelöscht)
      @resto:

      Genau so kann es funktionieren.



      Aber es gibt Mitmenschen, die einfach mal 2 Tage am Stück einen Rave im Garten feiern oder jedes zweite Wochenende meinen, daß 1 Uhr noch kein Grund zum Schlafen ist...

  • Ich hatte einen Dauerstreit mit meinem quarzenen Nachbarn direkt neben meiner Terrasse. Nachdem er meinte, er dürfe auf seinem Grundstück machen, was er wolle, habe ich ihn auf die geltende Rechtsprechung verwiesen. Nun hat er sich zum Rauchen indie hintere Ecke seines Gartens verzogen.

    • @Heinrich Ebbers:

      Der Typ war wohl Kettenraucher, nicht wahr?

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