Prozess in Simbabwe: Dem Regime zu unbequem
In Simbabwe geht der Schauprozess gegen die mit einem Deutschen verheiratete Tsitsi Dangarembga weiter. Die Schriftstellerin gibt sich kämpferisch.
Ende Juli 2020 wurden Dangarembga und ihre Mitstreiterin, die Journalistin Julie Barnes, während eines Protestmarsches außerhalb der Hauptstadt Harare entlang einer Überlandstraße verhaftet, angeblich wegen Verstoßes gegen die Corona-Auflagen. Ihr Gesicht versteckt hinter einer Maske zum Schutz gegen Corona, mit einer Mütze auf dem Kopf, hielt sie damals ein Schild in der Hand: „Wir wollen unsere Institutionen besser reformieren“, stand darauf.
Gründe, in Simbabwe zu protestieren, gibt es genug. Das einst wohlhabende Land liegt schon seit Jahrzehnten wirtschaftlich am Boden, seine Inflationsrate ist eine der höchsten Afrikas. Die Hoffnung auf Veränderung und Besserung, die sich 2017 nach dem Sturz des alten, gebrechlichen Robert Mugabe kurzzeitig eingestellt hatte, ist schon lange verpufft. Dessen Nachfolger, Emmerson Mnangagwa, führt die autoritäre Politik gegen Kritiker unverändert fort.
Das zeigt der Prozess gegen Dangarembga nur allzu deutlich – und das ist wohl mitunter der Grund, warum die Frau, die in Berlin mit einem Deutschen verheiratet ist und dort Kinder hat, vor zwei Wochen freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt ist, um sich dort dem Gericht zu stellen. Zuvor war sie noch in Europa auf Lesetour, hat zahlreiche Interviews gegeben. Darin hat sie nicht in erster Linie über ihre Bücher gesprochen, sondern über die schwierigen Verhältnisse in ihrer Heimat.
Gravierende internationale Aufmerksamkeit
28 Verhandlungstage dauert das Verfahren vor dem Korruptionsgericht, das direkt dem Präsidenten untersteht und nicht dem Justizministerium, in Harare schon an. Zuletzt hat das Gericht einen Haftbefehl gegen sie erwirkt. Zum letzten Verhandlungstag am 4. August war die Autorin aufgrund von Krankheit nicht erschienen, so ihr Anwalt. Bis zuletzt war Dangarembga zuversichtlich, dass die Anklage gegen sie fallen gelassen wird, immerhin hat ihr Fall gravierende internationale Aufmerksamkeit erzeugt.
Doch das Gericht zieht den Prozess nun durch. Ein Grund dafür mag sein, dass im nächsten Jahr Wahlen in Simbabwe anstehen. Es sind die ersten Wahlen seit der Machtübernahme 2017 durch einen Putsch gegen den alten Präsidenten Mugabe durch Mnangagwa.
Beide gehören derselben Partei an, Zanu-PF (Zimbabwe African National Union/Patriotic Front), die schon seit Jahrzehnten an der Macht ist. Bei den nächsten Wahlen geht es also um den Fortbestand des korrupten autoritären Regimes. Einflussreiche Regierungskritiker:innen, die weltweit bekannt sind, stören dabei enorm.
„Ich habe keine Angst“
Das hat die Schriftstellerin bewogen, so sagt sie in einem Interview vor ihrer Abreise aus Europa, sich dem Gericht zu stellen, auch wenn es gefährlich für sie ist. Es drohen hohe Haftstrafen. „Ich bin simbabwische Staatsbürgerin. Ich habe mein Zuhause und meine Arbeit dort. Ich werde diese Turbulenzen durchstehen“, versicherte sie. „Ich habe keine Angst.“
Als Beobachterin mit vor Ort in Harare ist Cornelia Zetzsche, Vizepräsidentin des Schriftstellerverbands PEN-Zentrum Deutschland. Laut Zetzsche gilt Dangarembga als „unbequeme Kritikerin“ in Simbabwe. Doch „Autokraten wollen keine Kritiker“, so Zetzsche: „Ein friedlicher Protest wird hier kriminalisiert.“
Im Gerichtsaal werden heute die Zeugen der Verteidigung gehört. Bislang war die Strategie des Gerichts offenbar eher Zermürbung, denn zahlreiche Termine wurden nur halbherzig durchgezogen, mitunter tauchten weder Staatsanwalt noch Richter auf. Dreimal wurde der Richter sogar ausgetauscht.
Wie der Prozess ausgehen wird, ist unklar. Dangarembga selbst nennt ihr Verfahren einen „kleinen Fall“, denn in Simbabwe sitzen bereits zahlreiche Journalisten, Anwälte und Oppositionelle in Haft, die das Regime kritisiert haben.
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