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Petersberger KlimadialogScholz will Klimaziele einhalten

Der Bundeskanzler bekräftigt Deutschlands Weg aus den fossilen Energien. Außenministerin Baerbock fordert mehr Hilfe für Entwicklungsländer.

Soll Partner bei der Gewinnung von Wasserstoff werden: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, neben ­Baerbock und Scholz Foto: Andre­as Gora/ddp

Berlin taz | Trotz rasant steigender Energiepreise und dem russischen Spiel am Gashahn will Deutschland bis 2045 gänzlich auf Kohle, Öl und Gas verzichten und klimaneutral werden. „All das bestärkt uns nur in diesem Ziel“, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz zum Auftakt des Petersberger Klimadialogs am Montag. Er beteuerte, dass die derzeitigen Investitionen in Kohle und Flüssiggasterminals zeitlich eng befristet seien und nicht zu neuen dauerhaften Abhängigkeiten von fossilen Energien führen würden.

Der Kanzler war zu Gast im Außenministerium, das den Dia­log zum ersten Mal ausrichtet. Auf Einladung der grünen Außenministerin Annalena Baerbock, die Klimaaußenpolitik zu einem Kern ihrer Arbeit erklärt hatte, treffen sich Ver­tre­te­r:in­nen aus 40 Staaten, um die 27. Klimakonferenz, die COP 27, im November im ägyptischen Scharm al-Scheich vorzubereiten. Darunter ist auch der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi, den Scholz anschließend ins Kanzleramt einlud. Nach dem Gespräch verkündete Scholz, dass man mit Ägypten im Bereich der Gewinnung von Wasserstoff zusammenarbeiten wolle. Man kann sich seine Partner auf dem Weg zur Weltrettung nicht immer aussuchen.

Baerbock fordert Einhaltung der Zusagen

Baerbock bezeichnete die Klimakrise als die größte Bedrohung für Frieden und Stabilität unserer Zeit, die das Leben von Millionen von Menschen bedrohe. Und sie sieht die Verantwortung dafür, diese abzuwenden, selbstkritisch zunächst im Kreis der Industrieländer. Baer­bock mahnte, Deutschland müsse seine Ambitionen beim Klimaschutz verdoppeln. Das geht über das Scholz’sche „Mit gleicher Kraft voraus“ hinaus. Denn dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden will, ist ja bereits gesetzlich verankert.

Baerbock forderte die Industrieländern auf, die eigenen Zusagen gegenüber dem Süden einzuhalten. „Das bedeutet, endlich das 100-Milliarden-Dollar-Ziel für Klimafinanzierung zu erreichen.“ Die Industrieländer hatten diese Summe bereits ab 2020 für Klimaprojekte im Globalen Süden versprochen. Bislang fließen nur 80 Milliarden. Auch der deutsche Anteil ist noch nicht erreicht. Schon 2021 wollte man jährlich 6 Milliarden Euro in Klimaprojekte im Süden investieren, aktuell sind es 4,2 Milliarden. Eine Erhöhung ist im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr nicht vorgesehen.

Scholz und Baerbock forderten beide, dass sich die Indus­trie­länder als größte Emittenten von Treibhausgasen stärker für die Folgen des Klimawandels in Entwicklungsländern verantwortlich fühlen müssten. Das Thema Klimaschäden ist ein heikles, da hier die Tür für milliardenschwere Schadenersatzforderungen geöffnet werden könnte. Scholz versprach, die Suche nach praktikablen Lösungen im Umgang mit klimawandelbedingten Schäden und Verlusten werde auf der COP27 ein größeres Thema sein.

Die FDP bremst

Passend dazu stellte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am Montag das Konzept eines Schutzschirms gegen Klimarisiken vor – mit Frühwarnsystemen in besonders gefährdeten Ländern und schnellen Finanzierungssystemen. „Wenn dann zum Beispiel die Dürre kommt, steht das Geld schon bereit“, erläuterte Staatsekretär Jochen Flasbarth.

Jan Kowalzig, klimapolitischer Referent bei der Entwicklungsorganisation Oxfam, lobte, dass Deutschland das Thema Klimaschäden auf die Tagesordnung setzt. Allerdings fordert er insbesondere von Scholz mehr Ehrlichkeit und Impulse. „Es steht bereits fest, dass Deutschland auch in diesem Jahr seine Klimaziele in den Bereichen Verkehr und Gebäude verfehlen wird, weil sich die Ampel nicht einig ist.“ Die FDP bremst und will einige Maßnahmen, etwa ein Tempolimit, nicht mittragen. „Hier hätte sich der Kanzler ruhig aus dem Fenster lehnen und die Einhaltung der Ziel einfordern können.“

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8 Kommentare

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  • "Außenministerin Baerbock fordert mehr Hilfe für Entwicklungsländer"



    Frage: Müssen wir die ganze Welt mit retten, haben wir wirklich so viel Geld übrig?

    • @Rudi Hamm:

      Wenn Sie die Nahrungsmittel von dort bekommen, die Rohstoffe von dort bekommen, fragen Sie doch auch nicht: Könnten die das nicht dort gebrauchen?

      Geiz ist geil, solange man nur selbst davon profitiert oder?

    • @Rudi Hamm:

      Wir haben 100 Mrd übrig für Aufrüstung

      Wir leisten uns Reiche, die für die Klimakatastrophe weit mehr verantwortlich sind als Mittelschichten und Arme.



      taz.de/Ungleichhei...issionen/!5868721/

      Wir gehören zu den "reichen Ländern", die die Klimakatastrophe zu verantworten haben, unter der die ärmeren Länder überproportional zu leiden haben.

      Da geht es nicht irgendwie um "die ganze Welt retten", sondern darum, eine Schuld abzutragen und weiteres Elend und Ansteigen von Flüchtlings-Hunger-Strömen zu verhindern.

      Das Geld dafür sollten wir uns von den Reichen holen.

      • @Brot&Rosen:

        Danke. Genau die richtigen Worte. Aber ich glaube nicht das es ankommt.

      • 9G
        93851 (Profil gelöscht)
        @Brot&Rosen:

        Solange es Öl & Gas gibt, wird es auch verkauft! Griechenlands Reeder schippern fleißig mit Putins Öl durch die Meere! Merkwürdige Sanktionen sind das!



        Fragen Sie mal nach in der Golfregion, ob auch die Saudis etc. ihr Öl "einstampfen" ...!



        Dem gegenüber basteln sich Länder wie China, USA, etc. einen CO2-Ausstoß zusammen, dagegen ist Deutschland ein kleines Licht.

        Scholz will..., Habeck will..., die Regierung will und drückt "die Kippe" auf dem Buckel der ganzen Bevölkerung, vorzugsweise derer aus, die ohnehin keine Reichtümer gescheffelt haben.

        Die Regierung will..., dreht allen "das Wasser ab" bevor sie weiß, wie die Löcher denn genau gestopft werden — das ist doch unrealistisch ohne Ende!

        "...sollten wir uns von den Reichen holen." Ja bitteschön, dann legen Sie mal los, oder wie jetzt? Das längst überfällige Thema fassen die "lieben" Staatsbeamten ja nicht an! Wie soll das gehen ....(?)

        Fazit: unrealistisches Regierungsgefasel trifft auf zerbröseltes Besserwissertum, gell'!?

        "Kinder, die was wollen, kriegen was auf die Bollen", ruft gerade 'Kranich', der benachbarte Papagei.

      • @Brot&Rosen:

        Alles alte Kamellen. Damit locken sie keinen mehr hinterm Ofen vor.

      • @Brot&Rosen:

        Ab wann genau ist man "reich"?



        Wer in München eine kleine Eigentumswohnung mit 60m² besitzt ist fast schon Millionär.

        • @Rudi Hamm:

          Wie wäre es damit:

          "Millionäre besteuern: Wir wollen Vermögen (abzüglich Schulden) oberhalb von 1 Millionen Euro mit 1 Prozent besteuern. Bis zu einem Nettovermögen von 50 Millionen steigt der Satz auf 5 Prozent an. Für Betriebsvermögen gelten Freibeträge von mindestens 5 Millionen Euro"



          www.die-linke.de/themen/steuern/

          und damit:

          "Konzerne besteuern: Die Körperschaftssteuer soll auf 25 Prozent erhöht werden. Managergehälter oberhalb von 500.000 Euro im Jahr dürfen nicht mehr als Betriebsausgaben steuerlich abgezogen werden." (ebd.)