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McDonald's-Rückzug aus RusslandMoskau ohne goldenes M

Nach dem Rückzug von McDonald's aus Russland öffnen einstige Filialen unter dem Namen „Lecker und Punkt“. Was sagen die Kun­d:in­nen dazu?

Neues Logo, fast identische Gerichte: ehemalige McDonald's-Filiale in Moskau mit neuem Namen Foto: dpa

Moskau taz | Dmitri hat sich Pommes frites bestellt und einen Cheeseburger. „So wie immer“, sagt er. „So wie immer“ ist er in die Filiale an der Dorogomilowskaja-Straße gekommen, in der Nähe des Kiewer Bahnhofs im Westen Moskaus. „Schmeckt so wie immer“, sagt der 35-jährige Programmierer an diesem Sonntag, an dem Russland seinen sogenannten „Tag Russlands“ feiert und an dem McDonald’s endgültig kein McDonald’s mehr ist. „Wkusno i Totschka“ (Lecker und Punkt) heißen nun die Schnellrestaurants, die der sibirische Unternehmer Alexander Gowor übernommen hat.

1990 hatte die US-Fastfoodkette ihre erste Filiale in Russland eröffnet. Knapp 5.000 Menschen hatten damals am Puschkinplatz mitten in Moskau angestanden, um ihren ersten BigMac zu probieren und sich so ihrer sozialistischen Geschmackssinne zu entledigen. Nun sitzen am Puschkinplatz ein paar Dutzend vor allem jüngere Menschen in der Sonne. „Die Bezeichnung ändert sich, die Liebe bleibt“ steht auf einem Schild über ihnen. Die Mit­ar­bei­te­r*in­nen laufen in hellen Hemden und Blusen mit bunten Punkten und verteilen Luftballons. Einen BigMac gibt es hier nicht mehr, dafür aber ein „Kombo mit Grand“ (Pommes, Hamburger, ein Getränk). Die Verpackung ist weiß. Es wirkt, als spiele hier jemand Restaurant. „Es wird nicht schlechter werden, ich würde sagen, dass es vielleicht sogar besser wird“, sagt der neue Chef vor der Presse.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, die in Russland nur „militärische Spezialoperation“ genannt werden darf, hatte McDonald’s seine Arbeit zunächst eingestellt und sein Russlandgeschäft schließlich ganz aufgegeben. Der 61-jährige Gowor, ein einstiger Schachtarbeiter im Kohlebergbau, übernahm alle 825 russischen McDonald’s-Filialen im Land.

1.100 ausländische Unternehmen meldeten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine ihren Rückzug an. Nur ein Drittel von ihnen ist wirklich weg. Obi läuft unter russischem Management weiter, das französische „L’occitane“ verkauft seine Kosmetikprodukte nun unter dem russischen Namen „L’oksitan“. Und der Ex-McDonald’s hat nun seine ersten russischen zwölf „Wkusno i Totschka“-Läden in Moskau. Der neue Inhaber spricht sogleich von Änderungen: Die Preise würden steigen, einige Produkte ersetzt werden müssen, vielleicht sogar typisches russisches Essen auf dem Menü stehen – „wir werden uns nach den Kundenwünschen richten“.

So mancher Kunde ist skeptisch. „Eine lange Zukunft gebe ich ihnen nicht“, sagt Dmitri in der Filiale an der Dorogomilowskaja-Straße. „Sie sind gesichtslos geworden.“

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10 Kommentare

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  • Was wenig oder gar nicht kommuniziert wird ist, daß zahlreiche westliche Unternehmen Lizenzen für ihre Produkte an russische Partner vergeben haben. Z.B. sind trotz des russischen Lebensmittelembargos nach 2014 die Supermarktregale immer gut gefüllt mit u.a. Danone-Produkten. Ein medienwirksamer Rückzug von westlichen Firmen kratzt in etlichen russischen Branchen niemand. Man erspart sich höchstens die Lizenzgebühren. Und was der Westen nicht mehr liefert, kommt jetzt halt aus China, Korea oder Lateinamerika.

  • Das Logo find ich genial.

  • Der Bayer-Konzern bleibt in Russland. Wahrscheinlich wollen die ihr Glyphosat dort verhökern.



    Metro, Globus, Merck, Ritter Sport, und andere Firmen bleiben an Putins Seite!

    Das ist die vielbeschworene Einigkeit Europas.



    Mit anderen Worten "Profit first".



    Man kann nur hoffen, dass diese Firmen abstürzen.

    Ritter Sport ist bei mir ab sofort gestrichen!!!

  • Mc dreck bleibt mc dreck - völlig egal unter wessen Fuchtel.

    • @Moe479:

      Burger gab es lange vor McDonalds und wird es auch lange danach noch geben. Ebenso wie leider dumpfe Vorurteile.

      • @Adam Weishaupt:

        Es gibt richtig gute Bürger. Allerdings nicht bei McDonalds. In so fern können die Russen durch den neuen Besitzer eigentlich nur gewinnen.

  • „endgültig kein McDonald’s mehr“ - Die Russen werden kapitulieren.

  • Ich nehme diesen Beitrag als skandalös unkritisch wahr. Scheinbar findet die Autorin nichts dabei, aus dem russischen Alltag eine scheinbar exotische Kuriosität zu berichten, während Oppositionelle ins Gefängnis wandern und die Ukraine leidet.



    Angebrachter fände ich z.B. einen Bericht darüber, wie der erwähnte Unternehmer eigentlich an die Filialen kommen konnte. Gute Kreml-Connection?

    • @Sebastian1341:

      Mal abgesehen davon das ich "skandalös unkritisch" als völlig überzogene Bezeichnung wahrnehme, kann ich Ihnen ja mal darlegen was man so über Alexander Govor weiß.



      Es ist gar nicht so leicht nach ihm zu googlen, alles ist voll mit der McDonalds Meldung, aber ich wurde auf Business Insider fündig. Ich übersetze mal den Inhalt: Govor war Minenarbeiter, kaufte mithilfe internationaler Geldgeber in der Zeit der "Liberalisierung" in den 90ern einen Kohlekonzern. Unter seiner Führung starben dort 100 Minenarbeiter. 2013 verkaufte er den Laden an einen anderen Oligarchen. Seitdem ist er im Ölgeschäft und besitzt/hat Anteile an einem Agrarkonzern - besonders Tierhaltung. Er hatte schon 25 McDonalds Läden als Franchiseholder.



      Es gibt noch ein paar Meldungen zu seiner Wohltätigkeit in der Kunst, sonst scheint wenig bekannt zu sein. Wie üblich dürfte er sich sowieso nicht oft zeigen und es gibt sicherlich nicht allzuviele Informationen, so wie das die meisten Oligarchen halt handhaben.



      Ehrlichgesagt sind diese Informationen auch wenig wert. Fast alle russischen Oligarchen wurden in den 90ern reich als sie sich Industrien der zerfallenden Sowjetunion billig krallten. Russland verdient hauptsächlich mit Öl, Gas, Landwirtschaft Geld. Also auch da keine Überraschungen seiner Geschäftsfelder. Tatsächlich finde ich den Bericht über den Alltag der Russen da deutlich interessanter.

    • @Sebastian1341:

      Geht's noch?



      Benehmen Sie sich!



      Man wird ja wohl neben dem Kriegsgeschehen auch über den Alltag berichten dürfen!