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Wahlen im SaarlandScholz kann mitstrahlen

Anna Lehmann
Kommentar von Anna Lehmann

Die SPD mit Anke Rehlinger hat im Saarland einen glänzenden Sieg eingefahren. Der Bundeskanzler hat damit auch den ersten Stimmungstest bestanden.

Glänzend bestanden: Anke Rehlinger und Olaf Scholz Foto: Felix Zahn/imago

K larer Sieg für Anke Rehlinger: Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin und ihre Landes-SPD gewinnen die Landtagswahl im Saarland. Erstmals seit 1999 wird die SPD im Saarland wieder stärkste Partei. Der amtierende Ministerpräsident Tobias Hans und seine CDU sind deutlich abgeschlagen. Ein Machtwechsel, der zwar vorausgesagt wurde, aber kein Selbstläufer ist.

Es ist vor allem der Erfolg der Ex-Leichtathletin Rehlinger, die als Vize-Ministerpräsidentin und Wirtschaftministerin einen soliden Job und im Wahlkampf keine Fehler machte sowie von teilweise wirren Auftritten des CDU-Amtsinhabers profitierte. Gegen Hans konnte sie sich erfolgreich als Macherin profilieren.

Die überregionale Bedeutung dieser Landtagswahl ist nicht zu unterschätzen. Es ist die erste Landtagswahl seit dem Amtsantritt von Bundeskanzler Olaf Scholz. Die Bundes-SPD kann diesen Stimmungstest für sich verbuchen, unter: glänzend bestanden.

Das war schon mal anders. 1999 wurde der sozialdemokratische Amtsinhaber im Saarland, Reinhard Klimmt, in den Sog der sinkenden Popularitätswerte der damaligen rot-grünen Regierung gezogen und abgewählt. Auch damals herrschte in Europa Krieg. Die Nato und die rot-grüne Regierung entschieden sich, aktiv einzugreifen, man bombardierte völkerrechtswidrig serbische Ziele. Anders als damals hat der Kurs der heutigen SPD-geführten Bundesregierung breite Unterstützung in der Bevölkerung, eine Mehrheit der Bür­ge­r:in­nen ist dafür, die Ukraine weiter mit Waffen zu beliefern.

Saarland Wahl Grafiken

Am 27. März 2022 hat das Saarland einen neuen Landtag gewählt: Die SPD ist klare Siegerin. Daneben ziehen nur CDU und AfD in den neuen Landtag ein. Die Linkspartei, die Grünen und die FDP scheitern an der 5-Prozent-Hürde. Wer hat wie viele Prozentpunkte gewonnen? Wer verloren? Und wohin sind die Wäh­le­r:in­nen gewandert? Wie wurde in den Wahlkreisen gewählt?

Von diesem Rückhalt für die Bundespolitik profitierte auch die Saar-SPD. Ob diese Wahl aber tatsächlich der Auftakt für ein „sozialdemokratisches Jahrzehnt“ ist, bleibt abzuwarten. Gegen die CDU-Amtsinhaber in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen werden es die sozialdemokratischen Herausforderer ungleich schwerer haben.

Für Friedrich Merz und die Bundes-CDU ist diese Wahl eine Ohrfeige. Dass Merz sich vorzeitig aus dem Wahlkampf verabschiedete, für einen gemeinsamen Auftritt mit Hans angeblich keine Zeit hatte, unterstreicht nur, wie sehr man im Konrad-Adenauer-Haus um die Außenwirkung dieser Landtagswahl weiß. Das hat nicht nur der Landespartei geschadet. Merz und Co. hätten wenigstens den Anschein erwecken können, sie besäßen genug Anstand, bis zum Schluss loyal zum eigenen Ministerpräsidenten zu stehen. Aber der unbarmherzige Umgang mit Wahlverlierern hat ja Tradition in der CDU.

Es ist auch die erste Wahl in Deutschland seit Beginn des Ukrainekrieges. Dort wird unter anderem das Recht auf friedliche Machtwechsel durch Wahlen verteidigt. Ein sonniger Wahlsonntag wie dieser macht deutlich, wie kostbar solche scheinbar normalen Freiheiten sind und wie wichtig es ist, dass Putin diesen Krieg nicht gewinnt.

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Anna Lehmann
Leiterin Parlamentsbüro
Schwerpunkte SPD und Kanzleramt sowie Innenpolitik und Bildung. Leitete bis Februar 2022 gemeinschaftlich das Inlandsressort der taz und kümmerte sich um die Linkspartei. "Zur Elite bitte hier entlang: Kaderschmieden und Eliteschulen von heute" erschien 2016.
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10 Kommentare

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  • Alles nur relativ !



    Wieder einmal ein Wahlergebnis, das die Abkehr vieler Menschen von diesem Parlamentarismus darstellt: Waren bei der letzten Saar-Wahl noch über 70% zur Wahl gegangen, so sind es diesmal unter 70%. Und vor allem die Alten, die auch mehrheitlich die SPD gewählt haben, weil ihr früherer Favorit, die CDU weiter Kredit verloren hat. Da die ältere Bevölkerung sich ein neues System nicht mehr vorstellen kann (sie können nicht mhr neu anfangen und sind dringend auf einen noch für sie funktionierenden Staat angewiesen, bleibt ihnen keine bessere Wahl, zur Not haben sie sogar Grüne gewählt. Wieder haben sich -insbesondere bei den Jüngeren- viele Wahlberechtigte einfach abgemeldet, ein Trend, der ja schon in B.W. zu beobachten war. Also hat eine SPD realativ besser abgeschnitten, aber kaum mehr Stimmen bekommen -ein paar Linksnostalgiker, die Oskar-Wähler kamen zurück. Die SPD bekam viele Stimmen, die von der CDU deutlich enttäuschter waren als von der SPD. Überzeugend sind solche Wahlen eben nicht !



    PS, Interessant auch, dass die Schnellschuss-Demoskopen diesmal lange Zeit nicht ganz auf der Höhe waren: Viele vorsichtige, wohl Ältere, wollten sich nicht anstecken lassen....

  • „Die Bundes-SPD kann diesen Stimmungstest für sich verbuchen, unter: glänzend bestanden“



    Es ist jedes Mal so, es langweilt schon! Hat eine Partei bei einer Landtagswahl gewonnen, möchte auch die Bundes-Partei auch etwas davon haben – siehe die gehabte Saar-Wahl!



    Hat die Partei dagegen die Wahl verloren, grenzt sich die Bundespartei ab: Das war doch eine Landtagswahl, und im Bund ist die Situation doch gaaanz anders!

  • „Es ist auch die erste Wahl in Deutschland seit Beginn des Ukrainekrieges. Dort wird unter anderem das Recht auf friedliche Machtwechsel durch Wahlen verteidigt. Ein sonniger Wahlsonntag wie dieser macht deutlich, wie kostbar solche scheinbar normalen Freiheiten sind und wie wichtig es ist, dass Putin diesen Krieg nicht gewinnt.“



    Ich hoffe, hier wird Ihnen keiner widersprechen!

  • Alles nur relativ !



    Wieder einmal ein Wahlergebnis, das die Abkehr vieler Menschen von diesem Parlamentarismus darstellt: Waren bei der letzten Saar-Wahl noch über 70% zur Wahl gegangen, so sind es diesmal unter 70%. Und vor allem die Alten, die auch mehrheitlich die SPD gewählt haben, weil ihr früherer Favorit, die CDU weiter Kredit verloren hat. Da die ältere Bevölkerung sich ein neues System nicht mehr vorstellen kann (sie können nicht mhr neu anfangen und sind dringend auf einen noch für sie funktionierenden Staat angewiesen, bleibt ihnen keine bessere Wahl, zur Not haben sie sogar Grüne gewählt. Wieder haben sich -insbesondere bei den Jüngeren- viele Wahlberechtigte einfach abgemeldet, ein Trend, der ja schon in B.W. zu beobachten war. Also hat eine SPD realativ besser abgeschnitten, aber kaum mehr Stimmen bekommen -ein paar Linksnostalgiker, die Oskar-Wähler kamen zurück. Die SPD bekam viele Stimmen, die von der CDU deutlich enttäuschter waren als von der SPD. Überzeugend sind solche Wahlen eben nicht !

  • Es ist interessant, wie Frau Lehmann das Landtagswahlergebniss im Saarland in einen Bezug zum Ukrainekrieg bzw. der hierzulande geführten politischen Debatte über den Krieg bringt ... und sie liegt nicht daneben.



    Man kann auch sagen, dass Merz' Strategie, als Oppositionsführer den Kanzler Scholz in der Frage der Unterstützung der Ukraine als Zauderer und unsichern Kantonisten vorzuführen und die Ampel somit vor sich her zu treiben, gründlich misslungen ist.



    Insofern ist es nicht übertrieben, die Saar-Wahl auch als Stimmungstest für den aussenpolitischen Kurs der Bundesregierung zu interpretieren ... wie die Mehrheit der Deutschen wollen sich die Saarländer - bei aller Solidarität mit der Ukraine - nicht in ein militärisches Abenteuer hineinziehen lassen, das ganz Europa in eine atomare Wüste verwandeln könnte.

  • 3G
    32051 (Profil gelöscht)

    Wenn die Grünen und die FDP so wären, wie die AfD, würden sie jetzt "sChIebUnG" und "wAhLbeTrUG" zetern.

    Sind sie aber nicht.

  • Prognosen über irgendwelche "Jahrzehnte", ob sozi-kratische oder sonstige, sind schon reichlich frivol: WIR SIND IM KRIEG !

    • @lesnmachtdumm:

      Wo sind wir im Krieg?

    • @lesnmachtdumm:

      Falsch ... WIR sind nicht im Krieg. Und die Mehrheit der Deutschen solidarisiert sich vorbehaltlos mit den angegriffenen Ukrainern, wünscht aber - über die bisherige Unterstützung bzw. die schon durchgeführten und angekündigten Wirtschaftssanktionen und Waffenlieferungen hinausgehend - keine militärische Beteiligung Deutschlands und der NATO an diesem Krieg. Aus gutem Grund.



      Bundespolitisch bedeutet diese Landtagswahl insofern eine deutliche Zustimmung zu der außenpolitischen Position der Bundesregierung ... die Strategie der CDU/CSU-Opposition, die Ampel wegen einer angeblich zaudernden Haltung in dieser Frage vorzuführen, ist also gescheitert ... und somit der Versuch Merz', aus diesem schrecklichen Krieg innenpolitisches Kapital zu schlagen. Das wird in den nächsten Wochen und Monaten noch deutlicher zutage treten.

    • @lesnmachtdumm:

      Was schlagen Sie vor - eine Auszeit für die parlamentarische Demokratie?