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Fußball-Kinderturnier ohne RusslandKinder bestrafen für Putins Krieg?

Der Norway Cup ist das weltgrößte Turnier für Kinderfußball. Auch hier greifen Sanktionen. Die Frage ist, ob das gerecht ist.

Kinder beim Norway Cup im Jahr 2005 Foto: imago/Digitalsport

Weil jetzt Kinder in der Ukraine leiden, schließt Norwegen die Grenzen für russische Kinder. Diese Logik erschließt sich mir absolut nicht“, sagt Sylo Taraku: „Das ist völlig daneben.“ Der Staatswissenschaftler, der selbst 1991 als Flüchtling aus dem Kosovo nach Norwegen gekommen war, befürchtet, dass diese Reaktion nicht nur unüberlegt ist, sondern auch „Putins Propagandakrieg bekräftigen kann“. Da werde ja sowieso „die Erzählung vom Westen als rücksichtslos und brutal gepflegt: Wollen wir wirklich so ein Signal senden?“.

Die Verantwortlichen für den Norway Cup, das weltweit größte Fußballturnier für Kinder- und Jugendteams, das jährlich Ende Juli oder Anfang August in Oslo stattfindet, haben in der vergangenen Woche beschlossen, Mannschaften aus Russland und Belarus dieses Jahr von der Teilnahme auszuschließen. „Wir folgen damit der Aufforderung des Norwegischen Sportverbands“, lautet die offizielle Begründung.

„Wir hätten sie ja gerne dabei“, verteidigt Norway-Cup-Generalsekretär Pål Trælvik den in der 50-jährigen Geschichte dieses Turniers einmaligen Beschluss gegenüber der Nachrichtenagentur NTB: „Aber wenn der Sportverband das bestimmt, wäre es falsch.“ Der Sportverband NIS hatte seine Aufforderung seinerseits damit begründet, dass der „völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf das ukrainische Volk international verurteilt und sanktioniert werden muss“.

Aber auch, indem man achtjährige Kinder bestraft? „Kinder sind doch ganz unschuldig. Wenn man erwachsene Sportler ausschließt, kann man zumindest die Hoffnung haben, dass die die Meinung und damit die Machthaber zu Hause beeinflussen können. Kinder dagegen können solchen Druck nicht ausüben“, argumentiert Taraku. Er vertritt damit einen Standpunkt, dem sich in den letzten Tagen neben Unicef Norwegen mehrere andere Kinderrechtsorganisationen angeschlossen haben. Die Menschenrechtsorganisation NIM sieht in dem Beschluss sogar einen Verstoß gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen.

Die Veranstalter überdenken ihren Beschluss

Eine Teilnahme russischer Jugendlicher könne ja auch dazu führen, dass diese wegen der Wut auf das Regime in Moskau beim Norway Cup Protesten oder Belästigungen ausgesetzt seien, gibt dagegen Pål Trælvik zu bedenken: „Wir wollen nicht, dass sie so etwas hier erleben. Und wir könnten sie auch nicht die ganze Zeit davor beschützen.“

Meldungen, wonach bereits jetzt in Norwegen lebende „Kinder und Jugendliche mit russischen Eltern oder russischer Herkunft Trakasserien erleben“, verurteilte die norwegische Save-the-Children-Sektion Redd Barna schon in der vergangenen Woche. Alle Erwachsenen, speziell LehrerInnen und Eltern hätten eine große Verantwortung, dass dies nicht geschieht, appellierte deren Vorsitzende Monica Sydgård: „Keine Jugendlichen hier sollen dafür verantwortlich gemacht werden, was im Kreml passiert und keine Kinder für das gemobbt werden, was Erwachsene tun.“

Aber wird eine solche Stimmung nicht gerade auch durch Beschlüsse wie die des Norway Cup befördert, die nicht zwischen Spitzen- und Breitensport unterscheiden und Erwachsene wie Kinder und Jugendliche unterschiedslos für Putins Handlungen verantwortlich machen wollen? „Kinder sind immer unschuldig an einem Krieg“ schreibt SOS-Kinderdörfer: Bestrafe man Kinder, wachse die Gefahr, dass sie lernen, „ihre Nachbarn zu hassen“. Von einer „Blutgrätsche gegen junge Fußballer aus Russland“ spricht Arild Hermstad von den norwegischen Grünen.

Die Kritik scheint auch die NIS-Funktionäre nicht unbeeindruckt zu lassen. Am Freitag kündigte der Sportverband eine erneute „gründliche und gute Diskussion“ zum Thema der „Sportbeteiligung von Kindern aus Kriegsgebieten, die von der Entscheidung betroffen sind“, an.

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.
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14 Kommentare

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  • Ich Deutscher bin als kleines Kind Anfang der 1960er Jahre im Hollandurlaub mit Steinen beschmissen worden. Ich hab es damals natürlich nicht kapiert. Doch es war eine Lektion, die ich glücklicherweise mein ganzes Leben nicht vergessen habe.

  • Leute, - ehrlich,



    Kinderfussballmannschaften, einbeinige Olympioniken, Pianisten, Dirigenten, Schriftsteller und Artisten boykottieren...



    ...aber wer hier gerade die höchsten Spekulationsgewinne seit Langem? aller Zeiten? allein mit der AUSSICHT macht, das könnte alles knapp werden - tja da fehlt es dann. Weil, soll ja irgendwie so linke alte marxistische Ideologie sein.



    Was von Ökonomie, vor allem Kriegs- und Krisenökonomie zu verstehen.

    Denn noch ist ja gar nichts knapp. Ist nur in Aussicht. Also viel Spass, wenn es dann wirklich knapp ist.



    Geile Marketing-Strategie. Mache die höchste Rendite und gebe den Leuten dabei das Gefühl: Sie zahlen und darben jetzt heroisch für den Sieg der Demokratie.



    Mehr enteignet kann man kaum sein. Und mehr die Demokratie Beute weniger wohl auch.

    Die, die dran verdienen sind eben nicht bloss die Oligarchen des oligarchisch-kapitalistischen Russlands.



    Jaja. Der Nationalismus ist offenbar keine argumentative Einbahn-Schuldzuweisung.

    Also vielleicht mal nicht vom Hartz4-Empfänger in den Vorstadtsiedlungen der Welt" Solidarität" einfordern. Beim nicht mehr Miete und Heizung bezahlen können.

    Hören wir von den Energiekonzernen der Welt, verkünden die CEO´s und Börsenspekulanten ein Preis-Börsen-Spekulations-Moratorium?

    Ich empfehle "Brennpunkt" /ARD. 8.3.22



    Interview Habeck. Vor allem gegen Ende. Vielleicht ist es eine Projektion aus meiner Befindlichkeit: Das abgrundtief angewidert starre Gesicht des Energieversorgungs-Daseinsvorsorge-Ministers. Konfrontiert mit Sanktionsforderungen und journalistischer Untiefe, die nur Parolen für den Solidarität-Instagram-Account suchen.

    Ich hab noch nie auch nur den Gedanken gehabt, eine us-amerikanische Sportmannschaft vom Wettbewerb ausszuschliessen Um mich so als Teil der Sieger, der angeblich Guten zu fühlen.

    Und zwar nicht, weil ich nicht wusste, dass der kommerzielle Sport immer auch Propaganda ist.



    Sondern weil man so die Kriegsherren der Welt nicht besiegt.

  • "Die Frage ist, ob das gerecht ist."



    Meine persönliche Antwort lautet Ja. Denn ich halte es für gerecht, Staaten, die einen Angriffskrieg durchführen, zimindest für die Dauer dessen von sportlichen Veranstaltungen auszuschließen, und zwar von allen. Und, so leid es mir um die Nachwuchssportler tut, auch, wenn es sich dabei um Kinder handelt.



    Denn es geht dabei nicht darum, dass andernfalls Sportler die Meinung und damit die Machthaber zu Hause beeinflussen könnten, sondern darum, dem Staat die Möglichkeit zu verwehren, international in eine unverfängliche, womöglich vermeintlich positive, Erscheinung zu treten.

  • Was hier in der Diskussion noch fehlt: es scheint ein Turnier für Vereinsteams zu sein. Bei nationalen Auswahlmannschaften wäre für mich der Fall klar. Bei Vereinen wirds schwieriger.

    • @LeSti:

      Also fanden Sie auch den Ausschluss von Spartak Moskau wegen des Krieges in der Ukraine aus dem Wettbewerb der UEFA-Europ.League schwierig?

      • @AusBerlin:

        Nein. Da geht's nämlich anders als bei U10 Kindern und Geld und Reichweite. Natürlich müsste man auch bei den Kindervereinen genau hinschauen. Spartak Moskau ist eine Aktiengesellschaft, die im wesentlichen zwei Lukoil-Oligarchen gehört.

  • Ein weltweites Fußballturnier ist kein Kinderspieltreff. Auch wenn achtjährige hier mitspielen, stehen da knallharte wirtschaftliche Interessen dahinter.



    Die Kinderturniere laufen zu lassen, weil die Kinder einem leidtun, die Jugendlichen und erwachsenen Sportler aber heimzuschicken entspricht keiner Logik. Es ist die gleiche Art von Veranstaltung.

  • Russische und belarussische Kinder sind unschuldig am Krieg, den Putin führt - das stimmt. Sie werden es jedoch überleben, wenn sie dieses Jahr nicht an dem Turnier teilnehmen.



    Die Kinder in der Ukraine werden es nicht alle überleben, dass russische Soldaten ihr Land bombardieren. Sie werden sterben oder ihr Zuhause verlieren, ihren Vater oder Bruder vielleicht nie wiedersehen, sie haben eine mehr als ungewisse Zukunft, ihre Kindheit endet gerade auf brutalste Weise.



    Es erscheint mir unangemessen, darüber zu klagen, dass ein paar Kinder aus Russland nicht Fussball spielen dürfen, während ihre Väter ukrainische Kinder beschießen.

  • Mein Gott, was macht ihr euch für Probleme! Grundsätzlich muss man sich doch fragen, was der einzelne russische Bürger für die Geisteskrankheit von Putin kann! Ja- ein großer Teil hat ihn gewählt, ein auch nicht zu vernachlässigender Teil unterstützt in aktiv.

    Bitte haltet diesen Ball flach!

    • @fvaderno:

      Ja, bitte halte Sie diesen Ball flach!



      Es geht nicht um den einzelnen russischen Bürger, sondern um den Auftritt offizieller russischer Vertreter, und das sind auch Vereinssportler, auf der internationalen Bühne.

  • Russland wird nicht ausgeschlossen weil Kinder in der Ukraine leiden, sondern weil Russland einen Angriffskrieg führt.

    Wie genau soll die Antwort bitte aussehen? Militärische Maßnahmen wurden ausgeschlossen, Sanktionen schaden russischen Kindern direkt (Ausschluss vom Fußball) oder indirekt (wirtschaftliche Folgen, Arbeitslosigkeit der Eltern,...) also ist das auch vom Tisch?

    Ich würde sagen da wäre es ehrlicher der SPD sehr nahe zu legen Scholz durch Schröder zu ersetzen und freundlich im Kreml nachzufragen ob wir für einen öffentlichen Kotau einen Sonderrabatt beim Gas bekommen.

  • Der Ausschluss von Kindermannschaften macht genau so viel Sinn wie der Aussschluss von Erwachsenen. Der Ausschluss zeitgt der Russischen Gesellschaft und den Erwachsenen im Umfeld der Kinder wir akzeptieren keinen Angriffskrieg.



    Kinderrechte werden durch die russischen Bomben viel mehr mit Füßen getreten als ein Ausschluss von einem Turnier!

  • Wir sollten nicht den Hass fördern zwischen den verschiedenen Menschen



    und Völkern. Die Verantwortlichen sind doch identifiziert.



    Es sind nicht die einfachen Menschen. Es ist eine zynische und machtbesessene Elite..

    • @KielerSprotte:

      Es geht nicht um Hass, es geht um Konsequenz. Hinter den Fussball spielenden Kindern stehen Erwachsene. Und es dürfte auch Ihnen bekannt sein, dass gerade der Sport eine Rolle spielt in Putins Propaganda (wie bei allen Diktatoren).



      Im Übrigen sind es nicht nur die 'zynischen und machtbesessenen Eliten', die Putins Politik beipflichten. Da sollte man mal getrost die Blauäugigkeit gegenüber den "einfachen Menschen" ablegen.