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Dopingfall Kamila WalijewaSport als Ausbeutung

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Es ist einfach, den Ausschluss Russlands aus dem Weltsport zu fordern. Viel wichtiger ist, über brutale Trainingsmethoden und psychischen Druck zu reden.

Russland raus? Eiskunstläuferin Kamila Walijewa beim Training in Peking Foto: Jeff Roberson/ap

R ussland raus! Jetzt reicht es wirklich mit der ganzen Doperei. Jetzt füttern sie schon Kinder mit leistungssteigernden Medikamenten, die eigentlich dazu da sind, älteren Herzpatienten das Leben ein wenig leichter zu machen. Genug damit! Der Sport muss sauber sein. Moment mal! Ist das nicht eine Themenverfehlung? Ja, man kann nach dem irrwitzigen Dopingfall um Kamila Walijewa eine Diskussion über sauberen Sport führen, über faire Wettbewerbe und Chancengleichheit für alle Athletinnen.

Man kann auch zu dem Ergebnis kommen, dass man russische Athleten wirklich vom Weltsport ausschließen muss, bis die Funktionäre dort endlich eingesehen haben, dass sie Schluss machen müssen mit der systematischen Medikation ihrer Sportlerinnen.

Aber eigentlich müsste man über etwas anderes sprechen: über den Sport als Gefahrenraum für Heranwachsende. Psychischer Druck, brutale Trainingsmethoden bei Heranwachsenden, die zur Folge haben können, dass die Pubertät verzögert wird, oder problematische Vertrauensverhältnisse Jugendlicher zu ihren Trainern, die in sexualisierte Gewalt münden können – das sind die Themen, denen sich der Sport stellen muss.

Was die erfolgreichen Turnerinnen der USA um Simone Biles über ihren Trainingsalltag berichtet haben, zeugt von einer Sportkultur, in der es die Regel ist, junge Körper regelrecht auszubeuten. Auch die brutalen Methoden von Kamila Walijewas Trainerin Eteri Tutberidse zeigen, wie menschenverachtend Sport sein kann.

Es braucht Ansprechpartner

Ja, das kann und sollte man bestrafen. Wofür man aber zunächst sorgen sollte, sind sichere Räume für Sportler und Sportlerinnen – vor allem für die ganz jungen unter ihnen. Es braucht Ansprechpartner, an die sich Betroffene wenden können. Sie sollten unabhängig von den Sportverbänden agieren. Auch im Olympischen Dorf sollte es solche sicheren Räume geben, zu denen die medaillenversessenen Verbände keinen Zugang haben.

Man weiß nicht, ob Kamila Walijewa einen solchen Raum aufsuchen würde. Dennoch: Gäbe es ihn, es wäre schon viel gewonnen.

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Andreas Rüttenauer
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17 Kommentare

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  • Auf individueller Ebene gibt es doch nur die Wahl, Sport auf hohem Niveau machen wollen, oder bleiben lassen.



    Auf gesellschaftlicher Ebene wäre es durchaus möglich, das zugrunde liegende Brot-und-Spiele-Prinzip mal zu hinterfragen und gegenzusteuern.



    Die derzeitigen und ehemaligen Kinder opfern ihre Kindheit und Gesundheit ja hauptsächlich für "unseren" Jubel und "unsere" Unterhaltung.



    Und ohne Nachfrage dürfte sich auch das Angebot zusehends relativieren.

  • Hab mich abgemeldet, aus Liebe zum Sport!



    //



    taz.de/Sport-und-p...opaganda/!5823874/



    //

  • Ich habe mal eine Reportage gesehen über ein Turner-Internat in China. Es waren auch Kinder im Grundschulalter dabei. Mir ist schier schlecht geworden mit welcher Brutalität und Kälte diese armen Wesen von den Trainerinnen und Trainern behandelt wurden. Nein, keine Goldmedaille der Welt ist es Wert so eine Kindheit zu haben. Und nach der Hochleistungszeit hat man eine ruinierte Gesundheit. Ich selber schaue schon seid vielen Jahren kein Olympia mehr an.

  • Leistungssport, bzw Hochleistungssport ohne die Ausbreitung der Menschen und der Kinder gibt es nicht.

    Selbst, wenn sie erst mit 18 starten dürften (was ich so auch befürworten würde), müssen sie ja dennoch die Jahre davor ausnahmslos daraufhin trainiert werden und ihre gesamte Jugend darauf hin ausrichten. Denn mit 18 starten zu dürfen bedeutet nicht, mit 18 von 0 auf 100 zum Soitzensportler gemacht zu werden.

    Hochleistungssport beginnt bei den allermeisten Sportarten im frühen Kindesalter. Körperliche Ausbeutung inklusive. Da hilft nur der Umstieg auf Laiensport-Veranstaltungen (inkl. Fußball!).

  • Es gehören immer zwei dazu: jemand der ausbeutet und jemand, der sich ausbeuten läßt. Will heißen, daß die Trainingsmethoden, um "junge Körper regelrecht auszubeuten" leicht zu umgehen sind, wenn man den Sport nur als solches, nicht aber auf höchster Ebene, sprich auf Weltklasseniveau ausüben möchte.



    Ich will der/die beste sein aber nur mit Trainingseinheiten von bis und nur 90% funktioniert leider nur dann, wenn es alle so täten. Genau das aber wird nie passieren, so lange damit in irgendeiner Form Geld verdient werden kann.

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Lars B.:

      Wenn es um Erwchsene ginge, dann müsste man Ihnen evtl. zustimmen. Hier geht es aber um Kinder und Jugendliche.

      • @164 (Profil gelöscht):

        Und die haben keinen eigenen Willen und Verstand? Die werden von wem gegen ihren Willen und weshalb dazu gezwungen?

        • @Lars B.:

          Von den Eltern? Ich bin mir nicht sicher, was Sie mit zehn Jahren überblickt haben. Zudem: Kindern fehlt der Vergleich, sie machen erst Mal das, was die Eltern/Trainer/etc. sagen. Deswegen dürfen Sie ja auch keine Verträge schließen und nicht wählen - schon mal darüber nachgedacht?

        • @Lars B.:

          Inwiefern glaubst du, kann ein Kind von 4,5, vielleicht 6 Jahren Konsequenzen für das gesamte Leben einschätzen?

          Kinder lieben gewinnen. Und Kinder solcher Eltern bekommen dazu noch Erwartungsdruck und unheimlich viel Zuspruch, wenn sie gewinnen.

          Minderjährige, insbesondere im Einstiegsalter in den Leistungssport können da nicht realistisch darüber entscheiden und wenn sie mal erfolgreich sind, ist es schwer, das einfach aufzugeben.

        • 1G
          164 (Profil gelöscht)
          @Lars B.:

          Doch, haben die. Und trotzdem sind sie nicht in allen Belangen mündig und unabhängig. Verrückt, oder?

  • AUS "HUMANIUM" ZITIERT:



    //



    „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes an, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu einer Arbeit herangezogen zu werden, die wahrscheinlich gefährlich sind oder die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnte.“



    Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte, 1989

    UN- KINDERRECHTSKONVENTION

  • Naja, war das nicht so, dass die meisten Sportler*innen dopen, bspw. die Reicheren sich allerdings Dopingmittel und Methoden leisten können, die nicht so leicht auffliegen?

  • Was kommt als nächstes?



    Elfjährige beim Turmspringen?



    Kinder gehören nicht in den Leistungssport.

    • @Schängel:

      Was glauben Sie denn wann der Nachwuchs anfängt mit dem Hochleistungssport? Kurz bevor der den ersten Einsatz Seniorenbereich hat? Ob Fußball Turnen, Schwimmsport oder Rudern die kleinen Ehrgeizlinge mit den meist noch zielstrebigeren Eltern werden oft schon im Vorschulalter gedrillt. Wenn ein U11 Kind vom hiesigen FC jeden Tag aus 100km Entfernung rangekarrt wird ist das nicht ungewöhnlich, nützt dem Kleinen aber gar nix, wenn die Hochleistung nicht mehr stimmt, dann darf das sich ganz schnell verabschieden.

  • Guten Morgen! Dunnerweeder! Aufgewacht!



    Ausgeschlafen? Na dufte! Gellewelle.



    Back to - Leibesübungen! Ach was! © Loriot



    Statt - “Wer hat wem welches 🥚 durch die Hosenträger gezirkelt?!“



    Gähn 🥱 - Wie spannend - wa!



    Aber Hallo & =>



    Die Bartwickelmaschinen - nicht nur inne taz!



    Installiert spätestestens post 68 - & auf lautlos Ende der 70er gestellt.



    Mal wieder auf - Hörbar - Wahrnehmbar - stellen!



    Dank im Voraus! Wir dürfe gespannt sein!



    => - 🤢🤮🤑 -



    & die gleich mit in den Sack -



    Höschenschnüffler meets Schmierlapp



    taz.de/picture/794429/948/8623260.jpg



    Dank geht an Bettina Gaus



    “ Kolumne Macht: Die Mitte, so hohl



    Was Angela Merkel und Franz Beckenbauer in diesen Tagen verbindet?



    Sie bleibt, was sie war – er bleibt, was er war. Harmlos ist das nicht.“



    taz.de/Kolumne-Macht/!5248130/

    Soweit mal zu diesem Ray Ban-Krömmel inne Trööt! - 🥳 -

    • @Lowandorder:

      ...so ganz eigener Stil das.. und ich habe eiegntlich immer den Eindruck, ich muss mich dopen um folgen zu können. Oder? Nüchtern habe ich so ein Bauchefühl, das sich hinter diesem sich austobenden Verbal-Gestückel ein Stern verbirgt...

  • 4G
    49272 (Profil gelöscht)

    Gedopt erwischt? Lebenslange Sperre! Andere Frage stellt sich bei der Freigabe des Kindergartens bei Olympia. Teilnahme erst ab 18 und fertig. Ökologie und Menschenrechte sollten ab sofort im Mittelpunkt von Olympia stehen. Frag mich sowieso, warum die Winterspiele nicht längst in Dubai ausgetragen werden. Die könnten den Goldkettchen Bach noch besser schmieren und Menschenrechte werden da auch super einmassiert.