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Gil Ofarim und das Westin HotelAussage gegen Aussage

Der Künstler Gil Ofarim hat eine zweite Strafanzeige gegen das Leipziger Hotel Westin gestellt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Sänger Gil Ofarim: Staatsanwaltschaft ermittelt Foto: Tobias Hase/dpa

Das Hotel Westin Leipzig sieht nach internen Untersuchungen durch eine Rechtsanwaltskanzlei die Antisemitismusvorwürfe des Musikers Gil Ofarim gegen einen Hotelangestellten als nicht bestätigt an. Wie die Betreiberin, die Hotelgesellschaft Gerberstraße Betriebs GmbH, mitteilte, werden keine „Maßnahmen gegen den Mitarbeiter eingeleitet“, da laut dem 118 Seiten langen Untersuchungsbericht „keine objektivierbaren Anhaltspunkte vorliegen, die es rechtfertigen würden, strafrechtliche und/oder arbeitsrechtliche Maßnahmen gegen den beschuldigten Mitarbeiter zu ergreifen“.

Für die Auswertung des vorliegenden Bild- und Videomaterials sei ein auf Bild- und Videoforensik spezialisierter Sachverständiger herangezogen worden. Als Ergebnis der hauseigenen Untersuchung sei der Hotelmitarbeiter wieder im Dienst, derzeit aus Sicherheitsgründen aber nicht im Hause.

Ofarim wollte am Abend des 4. Oktober im Hotel, in dem es aufgrund akuter technischer Probleme etwas hektischer als gewöhnlich zugegangen sein soll, einchecken. Später veröffentlichte er ein von ihm selbst produziertes Video, in dem er gegen einen Hotelangestellten den Vorwurf erhob, dieser habe ihn aufgefordert, seine Kette mit Davidstern einzupacken. Kurz darauf tauchten im Netz Videos und Filmstills auf, die zwar Ofarim in der Hotellobby zeigen – aber ohne die besagte Kette mit Davidstern. Seitdem steht der Verdacht im Raum, Ofarim habe die Unwahrheit gesagt. Das bestreitet der Künstler, die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt.

Hotel und Behörde wollen sich vorerst nicht weiter äußern

Der Staatsanwaltschaft liegt laut Oberstaatsanwalt Ricardo Schulz der hoteleigene Untersuchungsbericht vor, die Ermittlungen dauern an. Dazu werden unter anderem Videoaufnahmen der Überwachungskameras im Hotel durch die Ermittlungsbehörden und Sachverständige gesichtet und ausgewertet. Bis zum Ende der Ermittlungen steht Aussage gegen Aussage.

Der Staatsanwaltschaft zufolge gibt es neben den bisherigen Strafanzeigen – eine durch Ofarim gegen den Hotelangestellten sowie eine des Hotelangestellten gegen Ofarim wegen Verleumdung – seit Freitag eine zweite Anzeige Ofarims wegen falscher Verdächtigung. Darüber hinaus gebe es weitere Strafanzeigen unbeteiligter Dritter, zu denen sich die Staatsanwaltschaft jedoch nicht weiter äußert. Solange der Fall nicht abgeschlossen sei, wollen sich sowohl das Hotel als auch die Staatsanwaltschaft nicht mehr äußern.

Nachdem Ofarim sein Video veröffentlicht hatte, gab es vor dem Hotel Demos gegen Antisemitismus. Gleichzeitig werfen ihm manche im Netz Falschaussage vor.

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26 Kommentare

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    Die Moderation

  • Ich möchte den möglichen Grund genauer erläutern, warum der Hotelmitarbeiter möglicherweise "Packen Sie Ihren Stern ein." zu Ofarim gesagt hat.

    Ofarim stand vor ihm und beschwerte sich aufgeregt über jemanden, der ihm von hinten "Pack deinen Stern ein!" zugerufen hatte. Dabei trug er keinen sichtbaren Stern. Ofarim wirkte auf den Hotelmitarbeiter möglicherweise etwas gestört. Da hat der Hotelmitarbeiter ihm möglicherweise "Packen Sie Ihren Stern ein. Dann können Sie einchecken." gesagt.

  • Ofarim glaubte, dass er während des Vorfalls die Halskette offen getragen hatte, weil zwei Leute ihm gesagt hatten, er solle seinen Stern einpacken. Das ist ein Indiz dafür, dass zumindest einer ihm das gesagt hatte.

    Völlig unrealistisch hingegen ist die Vorstellung, Ofarim lebe so hinter dem Mond, dass er nicht wüsste, dass in der Lobby eines großen Hotels überall Überwachungskameras sind.

  • Ich glaube, dass jemand Ofarim von hinten zurief: „Pack deinen Stern ein!“ Warum sollte Ofarim den Mann erfinden? Angeblich wollte er doch nur den Hotelmitarbeiter anschwärzen. Außerdem stand er an der Rezeption und deutete nach hinten.

  • Aussage steht gegen Aussage. Es geht um die juristische und moralische Bewertung der Angestellten des Hotels. Gibt es keine Beweise, dann muss man die Angestellten entlasten.

    Vielleicht will er mit der Aktion nur Publicity machen? Das ist aber nur eine Vermutung.

    Auch verwehre ich mich dagegen, ihn als 'Künstler' zu bezeichnen. Denn so eine billige Unterhaltungsmusik sollte nicht mit diesem Prädikat verbunden werden.

  • Ich bewundere diesen Mann der einen völlig unbekannten, maskierten Schauspieler von hinten erkannt hat. Daß er ein nicht vorhandenes Schmuckstück gesehen hat, und den unbekannten Mann, aufgefordert hat dasselbe wegzutun stimmt mich allerdings bedenklich.

  • Wenn der wesentliche Teil einer Anschuldigung auf das tragen eines Gegenstand bezieht und dieser Gegenstand scheinbar nicht auf Vieoaufnahmen zu sehen ist , kann das schon ein Grund für ein kritische Nachhacken sein. Nicht mehr und nicht weniger.



    Ich weis ehrlich nicht, auf welcher Basis hier die Mitforisten eine irgendwie geartete Meinung bilden können. Macht es nicht Sinn einfach mal die Ermittlungen abzuwarten?

    • @Andi S:

      Der wesentliche Punkt der Anschuldigung ist nicht das Tragen eines Gegenstandes, sondern sind Worte, die möglicherweise zwei andere Menschen gesagt haben.

      Ich glaube Gil Ofarium wegen seines Instagramm-Videos.

  • Ich glaube Gil Ofarim.

    Derjenige der hinter ihm rief: "Pack deinen Stern ein!" wollte ihn bestimmt antisemitisch beleidigen. Dafür musste er in dem Augenblick nicht wirklich einen Davidstern gesehen haben, sondern sich nur an frühere Auftritte von Gil Ofarim erinnern.

    Gil Ofarim hat sich darüber bei dem Hotelmitarbeiter beschwert.

    Der Hotelmitarbeiter hat die Beschwerde möglicherweise mit dem Satz "Packen Sie Ihren Stern ein." abgelehnt. Dafür war es auch nicht erforderlich, dass er wirklich einen Stern sah.

    Im Übrigen ist es hoher Stress, wenn man in der Öffentlichkeit von einem Unbekannten verbal angegriffen wird. Wenn ich in der Öffentlichkeit wegen eines äußeren Merkmals verbal angegriffen werde, so glaube ich erst einmal, dass ich dieses Merkmal wirklich habe.

    • 3G
      34936 (Profil gelöscht)
      @Katefan:

      Interessant fand ich das Hecheln aus dem antisemitischen Lager, vom recht wie vom linken, (im linken verstecken sich viele gerne hinter der sogenannten Israelkritik oder einem Antizionismus), nachdem jene ominösen Videoaufnahmen thematisch durch die Presse gingen. Ich werde schnell stutzig, wenn ich das Gefühl habe, dass bestimmte gesellschaftliche Gruppen ein persönliches, ideologisches Bedürfnis nach einer bestimmten Vorverurteilungs-Erklärung erkennen lassen. Ich war nicht dabei, tendiere nach einem Videointerview mit Gil Ofarim aber eher dazu, den Musiker für glaubwürdiger zu halten als ein Hotel in Sachsen, das eventuell sogar rechte Verbindungen über seinen Sicherheitsdienst hat.

  • Welche Aussage gegen welche Aussage? Der Ofarim sagt doch gar nicht mehr, dass er den Stern offen sichtbar getragen habe. - Es war halt Antisemitismus von Seiten des Hotels OHNE seinen Stern, meint er.

  • 3G
    34936 (Profil gelöscht)

    Ich glaube ihm.

    • @34936 (Profil gelöscht):

      Es scheint derzeit keinen sachlichen Grund zu geben, ihm zu glauben, aber der Glaube gehört zur Meinungsfreiheit. Glauben

    • @34936 (Profil gelöscht):

      Der Glaube versetzt angeblich Berge. Sie hätten auch einfach schreiben können, dass sie eigene eigene Meinung haben.

      • 3G
        34936 (Profil gelöscht)
        @Mopsfidel:

        Der religiöse Glaube ist ein anderes Terrain und ich äußere mich so, wie ich mich äußere.

      • @Mopsfidel:

        nur mal so nebenbei.



        "falsche Verdächtigung"



        ein Ausdruck so komisch wie:



        "false pretence" in englisch.



        da es sich genau um eigentliche Verdächtigung und real pretence dreht.



        oder?

  • Eins hat er jedenfalls erreicht: Der Name, den ich noch nie zuvor gehört hatte, ist mir jetzt geläufig.

    In seiner eigenen Wahrnehmung ist er ja längst so berühmt, dass jeder (Hotelangestellte, Hotelgast) weiß, dass er eine Kette mit Davidstern trägt und er folglich aufgrund dieses Schmuckstücks selbst von hinten diskriminiert werden kann.

    • @Frl. Rottenmeier:

      Als nächstes behaupten Sie, noch nie etwas von Esther und Abi gehört zu haben?!

      • @Kai Nothdurft:

        Was hat der Vorgang mit seinen Eltern zu tun?

      • @Kai Nothdurft:

        Meine Güte, das war 1969 (!) vorbei - und seit Jahrzehnten hab ich die alten Nummern nirgends mehr im Radio gehört.



        Abi war danach doch bestenfalls mit seinem übermäßigen Drogenkonsum mal im Gespräch.

      • @Kai Nothdurft:

        Abi hab ich und Esther ist eine Figur aus dem AT. Oder wovon sollte man gehört haben?

      • @Kai Nothdurft:

        Wer sind Esther und Abi?

        • @Berlin:

          Esther ist immer noch eine tolle Sängerin. Bitte taz Artikel zu ihrem 80. Geburtstag lesen.

          • @schoni:

            Nein, wie kommen Sie darauf? Die einzige Esther, die ich kenne, ist erst Anfang 40.

    • @Frl. Rottenmeier:

      und hier gehen Sie jetzt den gleichen Schritt zu weit wie so viele, und drehen das ganze wieder um, nutzen es für eine Gelegenheit zum verdeckten Antisemitismus.

      Ja, wenn es eine falsche Beschuldigung war ist das daneben, hilft der Debatte nicht, richtet Schaden an, vielerorts.

      Den Rest können Sie sich sparen, tun Sie aber nicht weil hier offenbar wurde dass es endlich gesagt werden wollte

      • @Tongo:

        Worin genau sehen Sie den Antisemitismus in diesem Beitrag?