Bericht der Weltwetterorganisation WMO: Der Amazonas kippt
Teile des Regenwaldes sind laut der Weltwetterorganisation WMO keine Kohlenstoffsenke mehr. Vielmehr würden sie nun zur Klimakrise beitragen.
Der Südosten des Regenwalds in Südamerika hat sich von einer Kohlenstoffsenke zum Nettoemittenten gewandelt. Das teilte die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Montag in Genf mit und bezieht sich dabei auf atmosphärische Messungen zwischen 2010 und 2018.
Die Aufnahmekapazität des größten Regenwalds der Welt als Ganzes sei damit signifikant reduziert, warnte die für Forschungsfragen zuständige Abteilungsleiterin der WMO, Oksana Tarasova. Dies sei besonders kritisch, weil Kohlenstoffsenken die Hälfte der Treibhausgase absorbierten und damit Voraussetzung dafür seien, die Pariser Klimaziele zu erreichen.
Als Grund für den dramatischen Wandel nannte Tarasova Abholzungen und teils künstlich gelegte Brände im brasilianischen Teil des Regenwalds. Der westliche Teil des Amazonas nehme seine Funktion als Senke aktuell noch wahr. „Wir können aber nicht sagen, wie lange noch.“
Neuer Höchstwert seit Beginn der Industrialisierung
Die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre nahm vergangenes Jahr weiter zu. Zwischen 2019 und 2020 stieg der Anteil von Kohlenstoffdioxid um 2,5 parts per million (ppm) oder 0,61 Prozent und damit ähnlich stark wie im Jahr zuvor. In 2020 betrug der CO2-Anteil in der Atmosphäre demnach 413,2 ppm und damit knapp eineinhalb mal so viel wie vor Beginn der Industrialisierung im Jahr 1750, ein neuer Höchstwert.
Die Covidpandemie habe keinen dämpfenden Effekt auf den Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases gehabt, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Der Anteil von Methan in der Atmosphäre stieg auf 262 Prozent, der von Lachgas auf 123 Prozent des Niveaus von 1750. Methan ist 25-, Lachgas sogar 300-mal klimaschädlicher als CO2, das für zwei Drittel der Erderwärmung verantwortlich ist. Letzteres braucht zudem Jahrhunderte, bis es wieder abgebaut wird.
Die Zahlen enthielten eine klare wissenschaftliche Botschaft für den Klimagipfel in Glasgow, so Taalas: „Wenn der Treibhausgasausstoß ungebremst weitergeht, dann werden wir am Ende dieses Jahrhunderts eine Temperaturzunahme sehen, die weit über die in Paris vereinbarten 1,5 bis 2 Grad hinausgeht.“ Eine vergleichbare Konzentration von CO2 auf der Erde habe es zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren gegeben, als die Erde zwischen zwei und drei Grad wärmer gewesen sei. „Damals lebten aber keine 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde“, sagte Taalas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen